Absolut. Hier ist eine detaillierte Zusammenfassung des Urteils 1C_130/2025 des Schweizerischen Bundesgerichts, basierend auf dem bereitgestellten Text:
Bundesgerichtsurteil 1C_130/2025 vom 12. Mai 2025
Gegenstand: Öffentlich-rechtliches Arbeitsverhältnis, Lohnklassifizierung, Öffentlichkeit der Gerichtsverhandlung
Parteien:
* Beschwerdeführer: A.__
* Beschwerdegegner: Staat Neuenburg (vertreten durch das Service des ressources humaines de l'État de Neuchâtel - SRHE)
Angefochtener Entscheid: Urteil des Kantonsgerichts Neuenburg, Cour de droit public, vom 31. Januar 2025.
Sachverhalt:
Der Beschwerdeführer, A.__, ist seit 2012 beim Centre professionnel neuchâtelois (CPNE, vormals CPLN) angestellt. Zunächst als Sekretär/Dokumentalist (Klasse 4), dann zusätzlich als Mediamatiker/Assistent der Direktion (Klasse 5). Seit 1. Januar 2021 (mit Tätigkeitsaufnahme als Verantwortlicher Kommunikation bereits per 1. Juni 2020, 90%) ist er Verantwortlicher Kommunikation des CPNE. Er beantragte eine Neubewertung seiner Funktion aufgrund neuer Verantwortlichkeiten. Das SRHE bewertete die Funktion per 1. Januar 2021 der Lohnklasse 5, Stufe 15 zugeordnet. Der Beschwerdeführer bestritt diese Einteilung und argumentierte, seine Tätigkeit sei komplexer geworden. Nach weiteren Einsprachen und Vergleichsanalysen durch das SRHE bestätigte der Staatsrat am 4. Dezember 2023 die Klassifizierung in Klasse 5 und wies die Beweisanträge des Beschwerdeführers (Zeugeneinvernahmen) ab, da die Einteilung auf der SRHE-Studie und den Aussagen des Vorgesetzten basiere. Die Klage des Beschwerdeführers vor dem Kantonsgericht Neuenburg wurde mit Urteil vom 31. Januar 2025 abgewiesen. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragt der Beschwerdeführer primär die Aufhebung des Kantonsgerichtsurteils und die Rückweisung der Sache zur Durchführung einer öffentlichen Verhandlung und Abnahme der beantragten Beweise.
Rechtliche Erwägungen des Bundesgerichts:
Das Bundesgericht prüfte zunächst die Zulässigkeit der Beschwerde (welcher Punkt gemäss Aufgabenstellung hier nicht detailliert dargestellt wird, aber das Gericht hat die Beschwerde als grundsätzlich zulässig erachtet, insbesondere da der Streitwert von 15'000 CHF in öffentlich-rechtlichen Arbeitsverhältnissen überschritten ist, Art. 83 lit. g, 85 Abs. 1 lit. b BGG).
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Gehörsanspruch (Art. 29 Abs. 2 BV):
- Der Beschwerdeführer rügte eine Verletzung seines Gehörsanspruchs, weil die Vorinstanz seinen Beweisanträgen nicht nachgekommen sei. Das Recht auf Gehör gewährleistet das Recht, relevante und entscheiderhebliche Beweismittel beizubringen und abnehmen zu lassen (E. 2.1). Das Gericht darf jedoch eine vorweggenommene Beweiswürdigung vornehmen und auf weitere Beweismittel verzichten, wenn es davon ausgehen kann, dass diese seine Überzeugung nicht ändern würden. Eine solche Verweigerung kann vor Bundesgericht nur unter dem Gesichtspunkt der Willkür (Art. 9 BV) gerügt werden.
- Anwendung auf den Fall:
- Vermisste Dokumente: Der Beschwerdeführer behauptete, ein "tableau récapitulatif de la classification des fonctions du SRHE" sei nicht beigebracht worden. Das Bundesgericht stellte fest, dass ein Auszug daraus vom SRHE eingereicht wurde. Bezüglich eines spezifischen Vergleichs von Kommunikationsfunktionen ergab sich aus dem angefochtenen Staatsratsentscheid, dass die relevanten Vergleichsposten und ihre Lohnklassen aufgeführt waren und somit genügend Informationen für den Vergleich vorlagen. Eine Verletzung des Gehörsanspruchs sah das Bundesgericht hier nicht (E. 2.2).
- Personaldossier: Der Beschwerdeführer rügte, dass sein "dossier personnel" nicht beigezogen worden sei. Das Bundesgericht hielt entgegen, dass der Beschwerdeführer nicht dargelegt habe, was dieses Dossier konkret über die bereits vorhandenen Informationen (detaillierte Aufgabenbeschreibung, Aussagen des Vorgesetzten) hinaus beitragen könnte.
- Mündliche Anhörung / Zeugeneinvernahmen: Der Beschwerdeführer beantragte seine eigene Anhörung und die Einvernahme mehrerer Zeugen. Das Bundesgericht erinnerte daran, dass Art. 29 Abs. 2 BV kein Recht auf mündliche Anhörung (E. 2.2 unter Hinweis auf ATF 140 I 68) oder auf Zeugeneinvernahme als solche gewährt (E. 2.2 unter Hinweis auf ATF 130 II 425). Der Beschwerdeführer habe nicht dargelegt, was seine Anhörung über seine schriftlichen Eingaben hinaus erbringen könnte. Angesichts der vorhandenen Vergleichsanalysen und Aussagen des Vorgesetzten erschien es dem Kantonsgericht nicht unhaltbar, die Zeugeneinvernahmen im Rahmen einer vorweggenommenen Beweiswürdigung abzulehnen. Das Bundesgericht stellte jedoch fest, dass die Rügen gegen diese vorweggenommene Beweiswürdigung nicht losgelöst von der materiellen Prüfung (Sachverhalt) untersucht werden könnten, sondern erst bei einer solchen. Formal wurde der Gehörsanspruch in Bezug auf diese Punkte daher (vorerst) nicht verletzt gesehen.
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Öffentlichkeit der Gerichtsverhandlung (Art. 6 § 1 EMRK, Art. 30 Abs. 3 BV):
- Der Beschwerdeführer rügte, das Kantonsgericht habe seiner Bitte um Durchführung einer öffentlichen Verhandlung nicht entsprochen.
- Grundlagen: Art. 6 § 1 EMRK gewährleistet jedermann das Recht, dass über seine zivilrechtlichen Ansprüche (worunter auch Streitigkeiten über Lohn oder andere Leistungen öffentlicher Bediensteter fallen, E. 3.1 unter Hinweis auf Urteile des EGMR Vilho Eskelinen und Grzeda) von einem unabhängigen und unparteiischen Gericht öffentlich verhandelt wird. Dieses Recht gilt grundsätzlich für die dem Bundesgericht vorgelagerten Instanzen. Der Beschwerdeführer muss eine klare und unzweideutige Anfrage stellen (E. 3.1 unter Hinweis auf ATF 141 I 97). Das Gericht muss dieser grundsätzlich entsprechen, ausser es liegen Ausnahmen gemäss Art. 6 § 1 Satz 2 EMRK vor (z.B. Ausschluss der Öffentlichkeit zum Schutz der Moral, der öffentlichen Ordnung, nationalen Sicherheit etc.) oder die Anfrage ist missbräuchlich, das Rechtsmittel offensichtlich unbegründet/unzulässig/begründet, oder es handelt sich um hochtechnische Fragen (E. 3.1 unter Hinweis auf ATF 134 I 331). Der EGMR hat klargestellt, dass nicht in jeder Prozedur eine mündliche Verhandlung nötig ist, insbesondere nicht bei ausschliesslich rechtlichen Fragen oder unbestrittenen Sachverhalten (E. 3.1 unter Hinweis auf EGMR Mutu et Pechstein). Auch kann eine Sache auf Basis der Akten entschieden werden, wenn die Entscheidung nicht von der Beweiswürdigung oder persönlichen Eindrücken abhängt, sondern nur von Rechtsfragen. Die Notwendigkeit einer öffentlichen Verhandlung hängt von den Umständen des Einzelfalls ab.
- Anwendung auf den Fall:
- Art. 6 § 1 EMRK ist auf die Lohnstreitigkeit anwendbar. Keine der expliziten Ausnahmen des Art. 6 § 1 Satz 2 EMRK liegt vor (E. 3.2).
- Der Beschwerdeführer hat in seiner Eingabe an das Kantonsgericht klar und unzweideutig "die Durchführung einer öffentlichen Verhandlung im Sinne von Artikel 6 Absatz 1 EMRK" beantragt. Entgegen der Ansicht des Kantonsgerichts bedurfte diese Anfrage keiner vertieften Begründung, welche Elemente öffentlich zu debattieren seien. Auch wenn der Antrag im Abschnitt zu den Beweismitteln platziert war, kann er nicht darauf reduziert werden, nur die Abnahme von Beweisen zu verlangen; er schloss das Recht, die Sache zu verhandeln (das "droit de plaider sa cause"), mit ein. Im Zweifel hätte das Kantonsgericht nachfragen müssen (E. 3.2 unter Hinweis auf andere Urteile).
- Die Streitpunkte vor dem Kantonsgericht betrafen den Inhalt der Aufgabenbeschreibung des Beschwerdeführers, ihre Komplexität und Bedeutung sowie den Vergleich mit ähnlichen Funktionen im Kommunikationsbereich. Der Streit betraf somit im Wesentlichen tatsächliche Erwägungen und nicht rein rechtliche oder hochtechnische Fragen.
- Die vom Beschwerdeführer vorgebrachten Rügen (Rechtsverletzung, unrichtige/unvollständige Sachverhaltsfeststellung, Ungleichbehandlung) liessen seine Beschwerde nicht als offensichtlich unbegründet erscheinen.
- Nichts deutete darauf hin, dass die Organisation einer öffentlichen Verhandlung dem Beschleunigungsprinzip entgegenstehen würde.
- Unter diesen Umständen gab es keinen konkreten Grund, die öffentliche Verhandlung zu verweigern, und die Vorinstanz nannte auch keinen solchen. Die Tatsache, dass der Beschwerdeführer Gelegenheit hatte, seine Argumente schriftlich darzulegen, stellte sein Recht auf Verhandlung nicht in Frage. Das Prinzip der Öffentlichkeit der Verhandlung (Transparenz der Justiz) darf nicht mit dem Gehörsanspruch verwechselt werden (E. 3.2 unter Hinweis auf ATF 147 IV 297).
- Fazit zur Öffentlichkeit: Da die klaren Antrag des Beschwerdeführers auf Durchführung einer öffentlichen Verhandlung unberechtigterweise abgelehnt wurde, ist das kantonale Verfahren mit einem Verfahrensmangel behaftet. Dieser Mangel führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils, unabhängig von den Erfolgsaussichten der Beschwerde in der Sache selbst (E. 3.3 unter Hinweis auf ATF 134 I 331). Die Sache muss an das Kantonsgericht zurückgewiesen werden, damit es die beantragte öffentliche Verhandlung durchführt und anschliessend neu über die Sache entscheidet. Im Rahmen dieser neuen Prüfung muss das Kantonsgericht auch die Zweckmässigkeit der weiteren beantragten Beweismittel erneut beurteilen. Das Bundesgericht hat sich im aktuellen Stadium nicht zu den materiellen Rügen geäussert.
Ergebnis:
Die Beschwerde wird gutgeheissen. Das angefochtene Urteil wird aufgehoben. Die Sache wird an das Kantonsgericht Neuenburg zurückgewiesen, zur Durchführung einer öffentlichen Verhandlung und anschliessenden neuen Entscheidung über die Klage des Beschwerdeführers.
Die Gerichtskosten des Bundesgerichtsverfahrens werden dem unterliegenden Staat Neuenburg auferlegt. Der Staat Neuenburg wird zudem verpflichtet, dem Beschwerdeführer eine Parteientschädigung für das Bundesgerichtsverfahren zu zahlen. Über die Kosten und Parteientschädigung des kantonalen Verfahrens wird das Kantonsgericht neu entscheiden.
Wesentliche Punkte in Kürze:
- Das Bundesgericht hat die Beschwerde wegen eines Verfahrensmangels gutgeheissen: Das kantonale Gericht hat das Recht des Beschwerdeführers auf eine öffentliche Gerichtsverhandlung (gemäss Art. 6 § 1 EMRK und Art. 30 Abs. 3 BV) verletzt, indem es dessen klaren Antrag ohne stichhaltigen Grund ablehnte.
- Dieses Recht auf Öffentlichkeit der Verhandlung gilt grundsätzlich auch für Streitigkeiten über Lohn oder andere Leistungen im öffentlich-rechtlichen Arbeitsverhältnis vor den kantonalen Gerichten.
- Der Verfassungs- bzw. Konventionsverstoss bezüglich der Öffentlichkeit führt unabhängig von der materiellen Begründetheit der Lohnklassifizierungsstreitigkeit zur Aufhebung des Urteils.
- Die Sache wird zur Durchführung der öffentlichen Verhandlung und neuer Entscheidung an das Kantonsgericht zurückgewiesen.
- Die vom Beschwerdeführer gerügte Verletzung des Gehörsanspruchs bezüglich der Nichtabnahme bestimmter Beweismittel (insbesondere Zeugeneinvernahmen und mündliche Anhörung) wurde vom Bundesgericht in diesem Stadium nicht als formelle Verletzung beurteilt, da die Rüge primär auf einer vorweggenommenen Beweiswürdigung basierte, deren Überprüfung der materiellen Neubeurteilung durch das Kantonsgericht nach der Rückweisung vorbehalten bleibt.