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Absolut. Hier ist eine detaillierte Zusammenfassung des Urteils 4A_159/2024 des Schweizerischen Bundesgerichts, einschliesslich der rechtlichen Argumentation und der wesentlichen Punkte.
Bundesgericht Tribunal fédéral Tribunale federale Tribunal federal
Urteil vom 23. April 2025 I. Zivilrechtliche Abteilung
Besetzung: Bundesrichter Hurni, Präsident, Bundesrichter Denys, Bundesrichterin May Canellas. Gerichtsschreiberin Fournier.
Parteien: A._ SA in Liquidation, Beschwerdeführerin, vertreten durch Advokat Thierry Amy, gegen B._, Beklagter, vertreten durch Advokat Youri Widmer.
Gegenstand: Arbeitnehmerhaftung (Art. 321e OR).
Beschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts des Kantons Waadt (Cour d'appel civile) vom 5. Februar 2024 (PT15.003566-221527 60).
Sachverhalt (Zusammengefasst):
Die Beschwerdeführerin, A._ SA, war eine Holdinggesellschaft in den Bereichen Finanzen, Medizin- und Hotelberatung. Durch Fusionen (2015) übernahm sie Aktiven und Passiven ihrer Gruppengesellschaften, einschliesslich der F._ SA. Der Beklagte, B._, ein erfahrener Asset-Management-Experte, war seit 2007 bei F._ SA (später in A.__ SA fusioniert) als COO und Verwaltungsrat, später als CEO und Verwaltungsrat angestellt. Sein Arbeitsvertrag enthielt strikte Geheimhaltungs- und Rückgabepflichten bezüglich vertraulicher Informationen und Dokumente bei Vertragsende. Das Arbeitsverhältnis wurde am 5. April 2011 per 5. Oktober 2011 gekündigt, mit sofortiger Freistellung. Die Geheimhaltungspflicht bestand fort.
Im Mai/Juni 2014 kursierten beunruhigende Gerüchte über die Bank K.__ und verbundene Gesellschaften, die im Juli 2014 zur staatlichen Rettung bzw. Liquidation führten und einen internationalen Finanzskandal auslösten.
Z._, eine Zeitung, veröffentlichte ab dem 4. August 2014 Artikel über die Verbindungen zwischen der A._-Gruppe und der K._-Gruppe. Die ersten Artikel nannten die Beschwerdeführerin (unter altem Namen) und warfen ihr vor, K._ bei der Schaffung und dem Verkauf dubioser Finanzprodukte geholfen zu haben.
Am 5. August 2014 wurde der Beklagte von einem Z.__-Journalisten kontaktiert und um Informationen gebeten. Der Beklagte gab zu, Informationen und Dokumente weitergegeben/validiert zu haben, da er zu einer "Bewegung" beitragen wollte.
Am 6. und 8. August 2014 stellte der Journalist der Beschwerdeführerin detaillierte Fragen, wobei er auf Zitate eines ehemaligen A._-Managers und auf Vorwürfe (EUR 1.25 Mrd. Verlust für K._ durch A.__) hinwies.
Ab dem 12. August 2014 veröffentlichte Z._ weitere Artikel, die sich explizit auf interne, vertrauliche Dokumente der A._-Gruppe (E-Mails, Memorandum) und Aussagen des "ehemaligen Managers" stützten. Diese Artikel stellten A.__ als zentral für den Skandal dar und lieferten detaillierte Beschreibungen ihrer angeblichen Rolle.
Angesichts der Medienberichterstattung beauftragte die Beschwerdeführerin ab Juli/August 2014 Kommunikationsagenturen (U._ AG in der Schweiz, V._ in Portugal) und eine Anwaltskanzlei in Portugal, um ihre Reputation zu verteidigen.
Prozessgeschichte:
Die Beschwerdeführerin erwirkte superprovisorische und provisorische Massnahmen gegen den Beklagten, die ihm untersagten, weitere Informationen preiszugeben, und ihn zur Hinterlegung aller Dokumente aufforderten. Der Beklagte hinterlegte Dokumente und einen Datenträger.
Am 25. September 2015 reichte die Beschwerdeführerin Klage ein. Neben den Unterlassungs- und Herausgabebegehren (die im BGer-Verfahren nicht mehr strittig sind) verlangte sie vom Beklagten die Zahlung von CHF 180'854.50 und EUR 18'094.04 als Ersatz für die Kosten der Kommunikations- und Rechtsberatung.
Die Kantonale Vermögenskammer des Kantons Waadt hiess mit Urteil vom 25. Oktober 2022 die Klage teilweise gut, einschliesslich der Zahlungsbegehren für die geltend gemachten Kosten (in reduzierter Höhe von CHF 80'855.50 und EUR 18'094.04).
Der Beklagte legte Berufung ein. Der Appellationshof des Kantons Waadt hiess die Berufung teilweise gut und wies die Zahlungsbegehren vollumfänglich ab. Das Gericht begründete dies hauptsächlich mit dem fehlenden Kausalzusammenhang zwischen dem Verhalten des Beklagten (Weitergabe von Informationen am 5. August 2014) und dem geltend gemachten Schaden (Kosten für Berater). Es argumentierte, der Reputationsschaden habe bereits vor dem 5. August 2014 begonnen (Beauftragung von Beratern im Juli 2014). Es sei nicht gesichert, dass die Kosten danach nur auf die Informationen des Beklagten zurückzuführen seien (andere Quellen). Die Höhe des Schadens nach dem 5. August sei zudem unklar, und Art. 42 Abs. 2 OR sei wegen unzureichender Beweisbemühungen der Klägerin nicht anwendbar.
Die Beschwerdeführerin reichte Beschwerde in Zivilsachen beim Bundesgericht ein und verlangte die Zusprechung der vom erstinstanzlichen Gericht zugesprochenen Zahlungsbeträge.
Rechtliche Erwägungen des Bundesgerichts:
Das Bundesgericht prüfte die Beschwerde, die sich auf die Zahlung der Beratungskosten stützte und somit die Arbeitnehmerhaftung nach Art. 321e OR betraf.
Prüfungsrahmen (Rz. 2): Das Bundesgericht prüft die Verletzung von Bundesrecht (Art. 95 lit. a BGG) von Amtes wegen (Art. 106 Abs. 1 BGG). Verfassungsrechtliche Rügen (z.B. Willkür nach Art. 9 Cst.) prüft es nur, wenn sie detailliert vorgebracht und begründet werden (Art. 106 Abs. 2 BGG). Das BGer legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, wie er von der Vorinstanz festgestellt wurde (Art. 105 Abs. 1 BGG), es sei denn, die Sachverhaltsfeststellung ist offensichtlich unrichtig (willkürlich im Sinne von Art. 9 Cst.) oder beruht auf einer Rechtsverletzung und die Behebung des Mangels ist entscheidend für den Ausgang des Verfahrens (Art. 97 Abs. 1 BGG). Rügen gegen den Sachverhalt unterliegen einer qualifizierten Rügepflicht (Art. 106 Abs. 2 BGG).
Voraussetzungen der Arbeitnehmerhaftung (Art. 321e OR) (Rz. 3): Für eine Haftung des Arbeitnehmers sind vier Voraussetzungen zu erfüllen: Schaden des Arbeitgebers, Vertragsverletzung durch den Arbeitnehmer, Kausalzusammenhang zwischen Verletzung und Schaden, sowie vorsätzliches oder fahrlässiges Verhalten. Der Arbeitgeber muss die Vertragsverletzung, den Schaden und den Kausalzusammenhang (natürlich und adäquat) beweisen (Art. 8 ZGB). Der Arbeitnehmer muss beweisen, dass ihn kein Verschulden trifft.
Vertragsverletzung und Verschulden (Rz. 3): Das Kantonsgericht stellte fest, dass der Beklagte vertrauliche interne Informationen an Z.__ weitergab. Dies verletzte seine Treuepflicht, Geheimhaltungspflicht und Sorgfaltspflicht (Art. 321a Abs. 4 OR i.V.m. Art. 717 OR). Es gab keine Rechtfertigungsgründe (insb. kein Whistleblowing, da er keine Behörden kontaktierte und die Weitergabe nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses erfolgte). Der Beklagte bestritt sein Verschulden im Berufungsverfahren nicht. Daher ist die schuldhafte Vertragsverletzung im BGer-Verfahren unbestritten.
Sachverhaltsrüge (Rz. 4): Die Beschwerdeführerin rügte willkürliche Sachverhaltsfeststellung, insbesondere, dass der Name A.__ erst nach dem 5. August 2014 in der Presse erschien. Das BGer wies dies zurück, da die Artikel vom 4. und 5. August 2014 den Namen bereits nannten. Auch die Rüge, der Beklagte sei die einzige Quelle gewesen, wurde zurückgewiesen, da offensichtlich andere Quellen vorhanden waren. Die Behauptung, der Skandal sei erst durch den Beklagten ausgelöst worden, war ebenfalls unzutreffend, da der Name der Firma bereits am 4. August 2014 mit dem Skandal in Verbindung gebracht wurde. Die Sachverhaltsfeststellungen der Vorinstanz zu diesen Punkten waren nicht willkürlich.
Kausalzusammenhang (Rz. 5): Dies war der zentrale Punkt der Beschwerde, da das Kantonsgericht den Kausalzusammenhang verneint hatte.
Schaden und dessen Höhe (Rz. 6):
Ergebnis (Rz. 7): Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen. Das Urteil des Appellationshofs wird bezüglich der Zahlungsbegehren abgeändert. Die Zahlungsbegehren werden in der vom Bundesgericht berechneten Höhe gutgeheissen.
Kosten und Entschädigung (Rz. 7):
Die Gerichtskosten (pauschal CHF 5'000) werden nach dem ungefähren Obsiegensanteil (ca. 1/3 für die Beschwerdeführerin) verteilt: 2/3 (CHF 3'500) zu Lasten der Beschwerdeführerin, 1/3 (CHF 1'500) zu Lasten des Beklagten. Die Parteientschädigung wird nach dem gleichen Schlüssel verteilt. Nach Verrechnung schuldet die Beschwerdeführerin dem Beklagten CHF 2'000 als Parteientschädigung. Die Sache wird zur neuen Verlegung der Kosten und Parteientschädigung des kantonalen Verfahrens an die Vorinstanz zurückgewiesen.
Kurze Zusammenfassung der wesentlichen Punkte:
Das Bundesgericht hiess die Beschwerde der A._ SA in Liquidation teilweise gut und verpflichtete den ehemaligen Mitarbeiter B._ zum Ersatz von Kosten für Kommunikations- und Rechtsberatung, die zur Abwendung von Reputationsschäden nach Medienberichten entstanden waren.
Kernpunkte des Urteils: 1. Vertragsverletzung und Verschulden: Die schuldhafte Verletzung der Geheimhaltungs- und Treuepflicht durch den Beklagten wurde vom Bundesgericht als unbestritten festgestellt. 2. Kausalzusammenhang: Das Bundesgericht hob die Verneinung des Kausalzusammenhangs durch das Kantonsgericht auf. Es stellte fest, dass die Weitergabe vertraulicher Informationen und Dokumente durch den Beklagten nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge adäquat kausal für den entstandenen Reputationsschaden und die notwendigen Verteidigungskosten war. Die Tatsache, dass der Ruf bereits zuvor angekratzt war und andere Quellen existierten, unterbrach den Kausalzusammenhang nicht, da die Informationen des Beklagten den folgenden Medienberichten eine neue, gravierendere Dimension verliehen. 3. Schaden und Quantifizierung: Das Bundesgericht bestätigte, dass die Kosten für Beratungsdienstleistungen einen ersatzfähigen Schaden darstellen können (auch als Passivenmehrung). Es stellte fest, dass Art. 42 Abs. 2 OR (Beweiserleichterung) nicht pauschal auf undetaillierte Rechnungen angewendet werden kann, aber Rechnungen mit ausreichender Detailtiefe zur Bestimmung der auf das schädigende Verhalten zurückzuführenden Kosten herangezogen werden können. Basierend auf solchen Rechnungen berechnete das BGer die ersatzpflichtigen Beträge.
Das Urteil bekräftigt die strikte Haftung des Arbeitnehmers für schuldhaft verursachten Schaden gemäss Art. 321e OR und präzisiert die Anwendung der Kausalitätsprüfung sowie der Schadensquantifizierung in Fällen, die durch komplexe Ereignisketten und mehrere mögliche Ursachen gekennzeichnet sind. Es unterstreicht, dass der Schutz vertraulicher Informationen eine Kernpflicht des Arbeitnehmers darstellt und deren Verletzung Haftungsfolgen haben kann, selbst wenn der Arbeitgeber bereits anderweitig von negativer Publizität betroffen ist.