Gerne, hier ist die detaillierte Zusammenfassung des Urteils 8C_148/2024 des Schweizerischen Bundesgerichts:
Bundesgericht, Urteil 8C_148/2024 vom 30. April 2025
Parteien:
Beschwerdeführerin: A.__
Beschwerdegegnerin: IV-Stelle Solothurn
Gegenstand: Invalidenversicherung (Invalidenrente, berufliche Massnahmen)
Vorinstanz: Versicherungsgericht des Kantons Solothurn (Urteil vom 5. Februar 2024)
Entscheid der Vorinstanz: Abweisung der Beschwerde gegen die leistungsabweisende Verfügung der IV-Stelle.
Antrag der Beschwerdeführerin an das Bundesgericht: Aufhebung des vorinstanzlichen Urteils, Verpflichtung der IV-Stelle zur Ausrichtung einer Invalidenrente nach Massgabe eines Invaliditätsgrades von mindestens 60 %, eventualiter Verpflichtung zu weiteren Abklärungen.
Entscheid des Bundesgerichts: Abweisung der Beschwerde.
Massgebende Rechtslage:
Das Bundesgericht stellt fest, dass die WEIV (Weiterentwicklung der IV, in Kraft seit 01.01.2022) zwar nach der Verfügung der IV-Stelle und dem Urteil der Vorinstanz galt, jedoch die beantragten Leistungen bereits zuvor entstanden sein könnten (frühestmöglicher Rentenbeginn ab Oktober 2019). Daher ist primär die bis zum 31. Dezember 2021 in Kraft gestandene Rechtslage massgebend. Das Bundesgericht legt die gesetzlichen Bestimmungen und Grundsätze zur Invalidität (Art. 8 Abs. 1 ATSG, Art. 4 IVG), zum Rentenanspruch und dessen Umfang (Art. 28 Abs. 1 und 2 IVG) sowie zur Aufgabenverteilung zwischen Ärzten und Verwaltung/Gericht (BGE 140 V 193 E. 3.2) und zum Beweiswert medizinischer Berichte und Gutachten (BGE 137 V 210 E. 1.3.4; 135 V 465 E. 4.4; 125 V 351 E. 3b/bb) als zutreffend dargelegt durch die Vorinstanz dar und verweist darauf.
Prüfungsrahmen des Bundesgerichts:
Das Bundesgericht prüft Rechtsverletzungen (Art. 95 f. BGG). Sachverhaltsfeststellungen der Vorinstanz sind für das Bundesgericht grundsätzlich bindend (Art. 105 Abs. 1 BGG) und können nur bei offensichtlicher Unrichtigkeit (Willkür) oder Rechtsverletzung korrigiert werden (Art. 97 Abs. 1, Art. 105 Abs. 2 BGG). Die Beurteilung des Gesundheitszustandes und der Arbeitsfähigkeit sind Tatfragen (BGE 132 V 393 E. 3.2). Hingegen sind Fragen des Untersuchungsgrundsatzes, der Anforderungen an den Beweiswert von Gutachten und Berichten sowie die Frage, ob und in welchem Umfang ärztliche Feststellungen auf eine Arbeitsunfähigkeit schliessen lassen (Indikatoren nach BGE 141 V 281), Rechtsfragen. Rügen bezüglich offensichtlicher Unrichtigkeit (Willkür) erfordern eine detaillierte Darlegung (Art. 106 Abs. 2 BGG).
Begründung des Bundesgerichts (Detaillierte Analyse der massgebenden Punkte und rechtlichen Argumente):
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Bewertung des interdisziplinären Gutachtens der SMAB AG (Expertise vom 26. April 2021):
- Vorinstanzliche Würdigung: Die Vorinstanz erkannte dem Gutachten Beweiswert zu. Sie ging von Diagnosen wie hochgradigem Verdacht auf Leberzirrhose bei primär biliärer Cholangitis und rezidivierender depressiver Störung (leichte Episode) aus. Die Gutachter attestierten interdisziplinär eine Arbeitsfähigkeit von 50 % in der bisherigen und 60 % in einer angepassten Tätigkeit.
- Abweichung durch RAD und Vorinstanz: Die Vorinstanz wich basierend auf den RAD-Stellungnahmen (12. Mai, 13. Juni 2022) teilweise vom Gutachten ab. Der RAD hielt fest, dass die bisherige Tätigkeit als Verwaltungsmitarbeiterin bereits eine angepasste Tätigkeit darstelle. Die Arbeitsfähigkeit in einer angepassten Tätigkeit sei daher gleich zu beurteilen wie in der aktuell ausgeübten 50 %-Stelle als Sachbearbeiterin. Die Vorinstanz folgte dem und ging von 50 % Arbeitsfähigkeit sowohl in der angestammten als auch in einer angepassten Tätigkeit aus.
- Rügen der Beschwerdeführerin und Würdigung durch das Bundesgericht:
- Rüge bzgl. Schlussbericht Eingliederung (40 % vs. 50 %): Die Beschwerdeführerin monierte, der gastroenterologische Gutachter habe sich nicht mit der im Eingliederungsbericht genannten Restarbeitsfähigkeit von maximal 40 % auseinandergesetzt. Das Bundesgericht hält fest, dass die Gutachter die Berichte kannten und die relevanten Symptome (Müdigkeit, Konzentrationsschwäche, Erschöpfung) berücksichtigten. Die Abweichung von 50 % (medizinisch-theoretisch) zu 40 % (im Abschlussbericht) sei nicht diametral. Die Vorinstanz sei nicht in Willkür verfallen, dies als nicht stichhaltig zu erachten (E. 4.1).
- Rüge bzgl. gastroenterologischem Teilgutachten ("circa" 50 %, fehlende Auseinandersetzung mit Tätigkeit, Widerspruch zu behandelnden Ärzten): Die Beschwerdeführerin beanstandete, der Gutachter habe sich nicht hinreichend mit der konkreten Tätigkeit auseinandergesetzt und die Angabe "circa" 50 % sei unzuverlässig. Das Bundesgericht bestätigt die vorinstanzliche Auffassung, dass die RAD-Stellungnahme, wonach die 50 %-Arbeitsfähigkeit sowohl für die angestammte als auch die angepasste Tätigkeit gelte, nachvollziehbar sei, auch wenn die Abstellung der Gutachter auf die aktuelle Beschäftigung für die "angestammte" Tätigkeit kritisierbar sei. Willkür liege nicht vor, da sich die 50 % aus dem interdisziplinären Gutachten ergäben (E. 4.2.2). Bezüglich der "circa"-Angabe teilt das Bundesgericht die Ansicht der Vorinstanz, dass diese Formulierung den Beweiswert nicht schmälere. Sie mache transparent, dass eine exakte Festlegung der zumutbaren Arbeitsfähigkeit nicht möglich war. Das Bundesgericht verweist dabei explizit auf sein Urteil 9C_672/2019 vom 12. August 2020 E. 5.2, das eine ähnliche Formulierung betraf (E. 4.2.3). Der angebliche Widerspruch zu den behandelnden Ärzten (Dr. B.) wird vom Bundesgericht zurückgewiesen, da sich der zitierte Bericht von Dr. B. primär auf psychische Gründe bezog und zudem zeitlich vor dem SMAB-Gutachten lag (E. 4.3).
- Rüge bzgl. neuem Bericht Prof. C. (Overlap-Syndrom) und willkürlicher Beweiswürdigung: Die Beschwerdeführerin stützte sich auf einen späteren Bericht von Prof. C. (28. Juni 2023), der ein Overlap-Syndrom diagnostizierte und geltend machte, dies sei dem SMAB-Gutachter nicht bekannt gewesen. Das Bundesgericht folgt der detaillierten vorinstanzlichen Würdigung. Die Vorinstanz habe willkürfrei festgestellt, dass im Rahmen der SMAB-Expertise eine Verbesserung der Leberwerte festgestellt wurde und keine Zeichen einer hepatischen Dekompensation vorlagen. Der internistische Gutachter habe zudem keine Hinweise auf assoziierte autoimmune Erkrankungen gefunden. Entgegen der Darstellung von Prof. C. sei die Information über die Ursodeoxycholsäure-Behandlung den SMAB-Gutachtern bekannt gewesen. Vor allem aber habe eine vom SMAB-Internisten empfohlene Abklärung ein Overlap-Syndrom serologisch und histologisch ausgeschlossen (Bericht Bürgerspital Solothurn vom 4. Juli 2021). Die Vorinstanz habe den Bericht von Prof. C. umfassend gewürdigt und schlüssig dargelegt, warum er den Beweiswert des SMAB-Gutachtens nicht in Frage stelle (E. 4.4).
- Rüge bzgl. neurologischem Teilgutachten (Schlafstörungen): Die Beschwerdeführerin machte geltend, Schlafstörungen hätten entgegen dem neurologischen Teilgutachten Auswirkung auf die Arbeitsfähigkeit. Das Bundesgericht erwidert, dies sei eine laienhafte Einschätzung, die derjenigen der Neurologin entgegenstehe. Die Neurologin fand nur ein leichtes RLS, die Müdigkeit/Erschöpfung sei im Wesentlichen nicht neurologisch bedingt, und die Schlafstörungen bestünden auch ohne RLS. Die vorinstanzliche Schlussfolgerung, wonach sich daraus keine verminderte Arbeitsfähigkeit ergebe, sei schlüssig (E. 4.5).
- Rüge bzgl. psychiatrischem Teilgutachten (Schweregrad, Widerspruch zu anderen Experten): Die Beschwerdeführerin wiederholte ihre Kritik, wonach das Teilgutachten (leichte depressive Episode) von der Beurteilung des behandelnden Psychiaters Dr. D. (mittelgradige Episode) abweiche und andere Gutachter die psychische Problematik schwerwiegender darstellten. Das Bundesgericht schliesst sich der vorinstanzlichen Würdigung an. Die Diagnosen stimmten überein, die Abweichung im Schweregrad basiere bei Dr. D. allein auf subjektiven Angaben der Beschwerdeführerin, was auch der RAD bestätigte. Zudem datierte der Bericht von Dr. D. vor der psychiatrischen Exploration bei SMAB. Die vorinstanzliche Feststellung, wonach dieser Bericht keine Zweifel am Gutachten begründe, sei nicht offensichtlich unrichtig. Bezüglich des angeblichen Widerspruchs zu anderen Teilgutachtern verweist das Bundesgericht darauf, dass somatische Gutachter für psychiatrische Beurteilungen weniger kompetent seien als der Facharzt. Die Beurteilung des Psychiaters sei in die interdisziplinäre Gesamtbeurteilung eingeflossen und mitgetragen worden (E. 4.6).
- Rüge bzgl. fehlender neuropsychologischer Begutachtung: Das Bundesgericht bestätigt die vorinstanzliche Auffassung, wonach eine neuropsychologische Abklärung nicht erforderlich war, da sich weder bei der Exploration noch in den Vorakten Anhaltspunkte dafür ergeben hätten. Die Beschwerdeführerin lege nicht dar, inwiefern diese Feststellung willkürlich oder bundesrechtswidrig sei (E. 4.7).
- Gesamtfazit zur medizinischen Beweislage: Das Bundesgericht kommt zum Schluss, dass die Vorinstanz dem interdisziplinären Gutachten der SMAB AG Beweiswert zuerkannt hat, ohne Bundesrecht zu verletzen. Die gestützt darauf – und unter Berücksichtigung der RAD-Korrektur – festgestellte Arbeitsfähigkeit von 50 % in der angestammten wie auch in einer angepassten Tätigkeit sei nicht willkürlich und damit für das Bundesgericht verbindlich (E. 4.8).
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Bewertung der Invaliditätsabklärung im Haushalt:
- Vorinstanzliche Würdigung: Die Vorinstanz erachtete die Situationsberichte (4. Juni 2021, 30. November 2022) als beweiskräftig, obwohl keine Abklärung vor Ort stattfand. Sie begründete dies damit, dass keine Anhaltspunkte für die Notwendigkeit einer solchen Abklärung vorlagen, da die Angaben der Beschwerdeführerin in den Berichten (Erledigung der Hausarbeiten in Etappen, mit Pausen, mit Unterstützung des Ehemannes) konsistent waren. Die Vorinstanz ging von einer Einschränkung im Haushaltsbereich von 10 % aus.
- Rügen der Beschwerdeführerin und Würdigung durch das Bundesgericht: Die Beschwerdeführerin monierte pauschal, dass die Abklärungsperson sich nicht die Mühe gemacht habe, die Einschränkungen vor Ort zu erfragen. Das Bundesgericht hält diese Rüge für unsubstantiiert. Die Beschwerdeführerin zeige nicht auf, inwiefern die vorinstanzlichen Erwägungen willkürlich seien oder was konkret durch den Verzicht auf eine Abklärung vor Ort übersehen oder falsch eingeordnet worden sei (E. 5.1.2).
- Schadenminderungspflicht (Mithilfe des Ehemannes): Die Vorinstanz hatte sich eingehend mit der Frage der zumutbaren Mithilfe des Ehemannes auseinandergesetzt (BGE 141 V 642 E. 4.3.2). Sie befand, dass es dem Ehemann trotz beklagter Gesundheitsprobleme zumutbar sei, im Haushalt mitzuhelfen, da er Arbeitstage von 12 Stunden bewältigen könne. Das Bundesgericht sieht auch hier keine Willkür. Die Beschwerdeführerin verwies auf ein ärztliches Zeugnis des Hausarztes ihres Ehemannes, das jedoch weder eine Diagnose noch medizinisch fundierte Befunde enthalte und sich neben gesundheitlichen auch auf berufliche Gründe für die fehlende Mithilfe stütze (E. 5.2).
- Gesamtfazit zur Haushaltsabklärung: Das Bundesgericht bestätigt, dass die Vorinstanz den Situationsberichten zu Recht Beweiswert zuerkannt und willkürfrei von einer Einschränkung im Aufgabenbereich Haushalt von 10 % ausgegangen sei (E. 5.3).
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Invaliditätsbemessung:
- Vorinstanzliche Berechnung: Die Vorinstanz ermittelte in Anwendung der gemischten Berechnungsmethode einen Invaliditätsgrad von 34 % (basierend auf 50 % Arbeitsunfähigkeit im Erwerb und 10 % Einschränkung im Haushalt).
- Würdigung durch das Bundesgericht: Die Beschwerdeführerin setzt sich mit den einlässlichen Erwägungen des kantonalen Gerichts zur Invaliditätsbemessung (Invaliditätsgrad 34 %) nicht auseinander. Das Bundesgericht stellt fest, dass die Beschwerdeführerin nicht darlegt und es auch nicht ersichtlich ist, inwiefern diese Bundesrecht verletzen könnten. Weitere Ausführungen dazu erübrigen sich (E. 6).
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Schlussfolgerung:
Zusammenfassend hat die Vorinstanz die leistungsabweisende Verfügung der IV-Stelle zu Recht bestätigt. Die Beschwerde ist unbegründet (E. 7).
Kurze Zusammenfassung der wesentlichen Punkte:
Das Bundesgericht wies die Beschwerde gegen die Abweisung von Invalidenrente und beruflichen Massnahmen ab und bestätigte das vorinstanzliche Urteil. Es beurteilte die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz, insbesondere die Beweiswürdigung des interdisziplinären Gutachtens der SMAB AG und der Situationsberichte zum Haushalt, als nicht willkürlich. Es stellte fest, dass die vorinstanzlich bestätigte Arbeitsfähigkeit von 50 % im Erwerb und die Einschränkung von 10 % im Haushalt (unter Berücksichtigung der zumutbaren Mithilfe des Ehemannes) rechtmässig ermittelt wurden. Die Rügen der Beschwerdeführerin gegen das Gutachten (u.a. bzgl. Widersprüchen, "circa"-Angabe, Berücksichtigung behandlungsrelevanter Informationen, neuropsychologischer Abklärung) und die Haushaltsabklärung (fehlende Abklärung vor Ort) wurden als unbegründet erachtet oder als nicht willkürlich widerlegt. Die Anwendung der gemischten Methode zur Berechnung des Invaliditätsgrades von 34 % wurde von der Beschwerdeführerin nicht substantiiert angegriffen.
Gerichtskosten:
Die unterliegende Beschwerdeführerin trägt die Gerichtskosten (Fr. 800.-).