Zusammenfassung von BGer-Urteil 1C_675/2024 vom 24. April 2025

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Hier ist eine detaillierte Zusammenfassung des Bundesgerichtsentscheids 1C_675/2024 vom 24. April 2025:

1. Einführung

Das Urteil des Schweizerischen Bundesgerichts (Aktenzeichen 1C_675/2024) vom 24. April 2025 befasst sich mit der Vollstreckung einer baurechtlichen Wiederherstellungsverfügung, insbesondere der Zulässigkeit und Form der angeordneten Ersatzvornahme. Gegenstand des Verfahrens war die Beschwerde von A.A. und B.A. gegen einen Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Obwalden, welches die Abweisung ihrer Beschwerde gegen eine kommunale Vollstreckungsverfügung betreffend die Ersatzvornahme von illegalen Bauten bestätigte.

2. Sachverhalt und Vorgeschichte

Die Beschwerdeführenden sind Eigentümer einer ausserhalb der Bauzone gelegenen Parzelle in Sarnen (OW), auf der sie über Jahrzehnte wiederholt ohne die erforderlichen Bewilligungen bauten. Dies führte zu zahlreichen Verfahren, einschliesslich früherer Bundesgerichtsentscheide.

Im Jahr 2006 erteilte die Einwohnergemeinde Sarnen (EG) eine nachträgliche Baubewilligung für einige Bauten, verweigerte diese aber für andere und ordnete die Wiederherstellung des rechtmässigen Zustands an. Dieser Sachentscheid wurde nach erfolglosem Mediationsverfahren vom Regierungsrat und anschliessend vom Verwaltungsgericht Obwalden mit Urteil vom 11. September 2013 letztinstanzlich bestätigt. Das Verwaltungsgericht hatte die Beschwerdeführenden im Dispositiv seines Urteils angewiesen, den rechtmässigen Zustand innert drei Monaten ab Rechtskraft wiederherzustellen. Dieser Entscheid erwuchs in Rechtskraft.

Da die Beschwerdeführenden der Wiederherstellungsverpflichtung nicht nachkamen, beschloss der Einwohnergemeinderat Sarnen am 20. Mai 2019 die "Vollstreckung und Anordnung Ersatzvornahme gemäss Verwaltungsgerichtsentscheid vom 11. September 2013". Mit Schreiben vom 13. Februar 2023 informierte der Gemeinderat die Beschwerdeführenden sodann über die geplanten Modalitäten der Ersatzvornahme, einschliesslich des Zeitraums der Rückbauarbeiten und vorläufiger Kostenschätzungen.

3. Verfahren vor den kantonalen Instanzen

Die Beschwerdeführenden fochten das Schreiben vom 13. Februar 2023 beim Regierungsrat an. Dieser trat mangels Anfechtungsobjekts nicht ein, da er das Schreiben als blosse Mitteilung von Modalitäten einer bereits rechtskräftig angeordneten Vollstreckung (basierend auf dem Beschluss vom 20. Mai 2019) qualifizierte.

Gegen den Nichteintretensentscheid des Regierungsrats erhoben die Beschwerdeführenden Beschwerde beim Verwaltungsgericht. Das Verwaltungsgericht hob zwar den Entscheid des Regierungsrats insoweit auf, als es das Schreiben vom 13. Februar 2023 entgegen der Ansicht des Regierungsrats als Vollstreckungsverfügung qualifizierte und dem Regierungsrat das Eintreten auf die Beschwerde gegen dieses Schreiben gebot. Materiell wies das Verwaltungsgericht die Beschwerde der Beschwerdeführenden gegen die im Schreiben vom 13. Februar 2023 angeordnete Vollstreckung jedoch ab. Es liess die rechtliche Qualifikation des Beschlusses vom 20. Mai 2019 offen.

4. Rügen der Beschwerdeführenden vor Bundesgericht

Die Beschwerdeführenden machten vor Bundesgericht im Wesentlichen geltend, die Vollstreckung der Wiederherstellung sei ihnen gegenüber nie formgültig angeordnet worden. Sie bestritten, dass der Beschluss vom 20. Mai 2019 oder das Schreiben vom 13. Februar 2023 eine rechtsgültige Vollstreckungsverfügung darstelle. Sie argumentierten, eine solche Verfügung müsse detaillierte Angaben zu den Einzelheiten der Ersatzvornahme enthalten, wie genauer Zeitpunkt, beauftragte Dritte (mit Namensnennung) und genaue Kosten. Das Schreiben vom 13. Februar 2023 weise zudem Mängel nach Art. 10 der kantonalen Verwaltungsverfahrensverordnung auf und sei mangels dieser Details nichtig.

5. Rechtliche Erwägungen des Bundesgerichts

Das Bundesgericht prüfte primär, ob die Gemeinde eine formgültige Vollstreckungsverfügung erlassen hatte, was die zentrale Streitfrage darstellte.

  • Grundlagen der Vollstreckung im Baurecht: Das Gericht stellte die allgemeinen Grundsätze des Baurechts dar. Formell rechtswidrige Bauten, insbesondere ausserhalb der Bauzone, sind grundsätzlich zu beseitigen, sofern sie nicht nachträglich bewilligt werden können (E. 3.1, unter Verweis auf BGE 136 II 359 E. 6 und 147 II 309 E. 5.5). Der negative Bauentscheid stellt die Sachverfügung dar, die die Grundlage für das Wiederherstellungsverfahren bildet. Das Legalitätsprinzip gebietet die Wiederherstellung des rechtmässigen Zustands (E. 3.2). Wenn der Pflichtige dies nicht selbst tut, kann die Behörde die Ersatzvornahme durchführen oder beauftragen (E. 3.2, Art. 58 Abs. 4 BauG/OW). Die Androhung der Ersatzvornahme kann in der Sachverfügung oder einer separaten Vollstreckungsverfügung erfolgen (E. 3.2, unter Verweis auf BGE 1P.517/1999 E. 3 und Urteil 1C_730/2013 E. 6.4).
  • Anforderungen an die Klarheit: Für die selbständige Wiederherstellung muss klar sein, was zu tun ist. Die Wiederherstellungsverfügung oder die Vollstreckungsverfügung muss die Rückbauarbeiten hinreichend genau umschreiben (E. 3.3). Die erforderliche Detailgenauigkeit hängt vom Einzelfall ab; Verweis auf Pläne oder frühere Entscheide kann genügen (E. 3.3, unter Verweis auf Urteil 1A.301/2000 E. 6d).
  • Umfang der Anfechtung einer Vollstreckungsverfügung: Wird eine separate Vollstreckungsverfügung erlassen, können bei deren Anfechtung grundsätzlich nur Mängel gerügt werden, die im Vollstreckungsentscheid selbst begründet sind (z.B. keine vollstreckbare Verfügung, unverhältnismässige Modalitäten), nicht aber die Rechtswidrigkeit der zugrunde liegenden Sachverfügung (E. 3.4, unter Verweis auf BGE 129 I 410 E. 1.1).
  • Anwendung im konkreten Fall:
    • Das Bundesgericht stellte fest, dass das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 11. September 2013 die Sachverfügung darstellte, da es die Wiederherstellung anordnete, aber noch keine Ersatzvornahme androhte (E. 4.7).
    • Der Beschluss des Einwohnergemeinderats vom 20. Mai 2019 wurde vom Bundesgericht als die massgebliche Vollstreckungsverfügung qualifiziert (E. 4.7). Dieser Beschluss verwies auf das rechtskräftige VG-Urteil von 2013, listete die zurückzubauenden Objekte einzeln auf und verwies für Details auf die früheren Entscheide und Skizzen. Er setzte eine neue Frist zur Selbstvornahme und drohte die Ersatzvornahme durch ein Unternehmen nach Wahl der Gemeinde auf Kosten der Beschwerdeführenden an. Das Bundesgericht befand, dass dieser Beschluss alle für den Vollzug der Wiederherstellung erforderlichen Angaben enthielt und die Beschwerdeführenden über den Umfang der Arbeiten und die Konsequenzen der Nichtbefolgung informierte. Dies entsprach den Anforderungen an die Bestimmtheit (E. 4.7, Vergleich mit Urteil 1A.301/2000 E. 6d).
    • Das Schreiben vom 13. Februar 2023 war nach Ansicht des Bundesgerichts keine Vollstreckungsverfügung, sondern lediglich ein Informationsschreiben über die Modalitäten der Ausführung der bereits angeordneten Ersatzvornahme (E. 4.7). Es auferlegte keine neuen Verpflichtungen. Die formellen Anforderungen an eine Verfügung nach Art. 10 VwVV/OW waren für dieses Schreiben daher nicht einschlägig.
  • Würdigung der Rügen der Beschwerdeführenden:
    • Die Rügen bezüglich fehlender Detailangaben (Zeitpunkt, Namensnennung des Unternehmers) wurden als unbegründet zurückgewiesen. Das Gericht sah keine Rechtsgrundlage, die die Nennung des beauftragten Unternehmens in der Vollstreckungsverfügung vorschreiben würde; die vertragliche Beziehung bestehe zwischen Behörde und Unternehmen (E. 4.8).
    • Auch die Vorbringen zu den Kosten wurden verworfen. Das Bundesgericht stellte klar, dass der Beschluss vom 20. Mai 2019 keine "in verbindlicher Weise" festgelegten Kosten von Fr. 70'000 nannte, sondern lediglich eine Kostenschätzung von 2004 erwähnte und explizit festhielt, dass die effektiven Kosten nach Abschluss der Arbeiten verfügt und in Rechnung gestellt würden. Dieses Vorgehen sei üblich und nicht zu beanstanden (E. 4.8).
    • Das Gericht rügte zudem die allgemeine und unsystematische Kritik der Beschwerdeführenden am Vollstreckungsverfahren und das teilweise Anrufen von Kommentaren zu nicht anwendbarem kantonalem Recht (bernisches Verwaltungsrechtspflegegesetz). Es erinnerte an die qualifizierte Rüge- und Begründungsobliegenheit bei der Geltendmachung von Willkür in der Anwendung kantonalen Rechts (Art. 106 Abs. 2 BGG, E. 4.3, E. 4.6).

6. Ergebnis

Das Bundesgericht befand, dass die Beschwerde unbegründet sei. Eine formgültige und hinreichend bestimmte Vollstreckungsverfügung (der Beschluss vom 20. Mai 2019) existierte. Die Einwände der Beschwerdeführenden gegen die Art und Weise der Vollstreckungsankündigung im Schreiben vom 13. Februar 2023 und gegen die Modalitäten der Ersatzvornahme waren entweder unzutreffend, rechtlich irrelevant oder nicht substanziiert genug vorgebracht worden.

Die Beschwerde wurde daher abgewiesen. Die Gerichtskosten wurden den unterliegenden Beschwerdeführenden auferlegt.

7. Zusammenfassung der wesentlichen Punkte

  • Eine rechtskräftige Sachverfügung zur Wiederherstellung des rechtmässigen Zustands für illegale Bauten ausserhalb der Bauzone lag seit dem VG-Urteil von 2013 vor.
  • Der Beschluss des Einwohnergemeinderats vom 20. Mai 2019 stellte die notwendige Vollstreckungsverfügung dar. Diese war hinreichend bestimmt, indem sie die betroffenen Objekte nannte und auf frühere, detailliertere Entscheide/Pläne verwies, und sie drohte die Ersatzvornahme auf Kosten der Pflichtigen an.
  • Das Schreiben vom 13. Februar 2023 war kein neuer Vollstreckungsakt, sondern eine blosse Information über die geplanten Modalitäten der Ausführung der bereits angeordneten Ersatzvornahme und bedurfte daher nicht der Formvoraussetzungen einer Verfügung.
  • Die Rügen der Beschwerdeführenden bezüglich fehlender Details (Unternehmer, verbindliche Kostenfestlegung) und formeller Mängel des Schreibens vom 13. Februar 2023 waren unbegründet.
  • Die Vollstreckung (Ersatzvornahme) kann gestützt auf den Beschluss vom 20. Mai 2019 erfolgen.