Absolut. Hier ist eine detaillierte Zusammenfassung des bereitgestellten Urteils 2D_13/2024 des schweizerischen Bundesgerichts:
Zusammenfassung des Urteils des Schweizerischen Bundesgerichts 2D_13/2024 vom 5. Mai 2025
1. Gegenstand und Verfahrensgrundlage
Das Urteil des Bundesgerichts (II. öffentlich-rechtliche Abteilung) betrifft die subsidiäre Verfassungsbeschwerde einer Kandidatin (A.__) gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Waadt vom 11. April 2024, der ihr definitives Nichtbestehen der Notariatsprüfung bestätigte. Die Kandidatin hatte die Prüfung zum dritten und letzten Mal abgelegt.
Gemäss Art. 83 lit. t des Bundesgerichtsgesetzes (BGG) ist die ordentliche Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gegen Entscheide über Prüfungsergebnisse grundsätzlich ausgeschlossen. Daher ist die subsidiäre Verfassungsbeschwerde (Art. 113 ff. BGG) der korrekte Rechtsbehelf. Die Beschwerde kann nur wegen Verletzung verfassungsmässiger Rechte erhoben werden (Art. 116 BGG), wobei das Bundesgericht kantonales Recht nur auf Willkür (Art. 9 der Bundesverfassung, BV) prüft.
Eine Besonderheit ergibt sich daraus, dass das kantonale Gericht (hier: das Verwaltungsgericht) die einzige richterliche Vorinstanz vor dem Bundesgericht ist. In solchen Fällen muss das kantonale Gericht den Sachverhalt und die Rechtsanwendung frei prüfen und darf seine Kognition nicht auf Willkür beschränken (Art. 29a BV, Art. 110 BGG). Zwar übt das Bundesgericht bei der Überprüfung materieller Prüfungsbewertungen eine besondere Zurückhaltung aus (ATF 136 I 229 E. 6.2), dies bedeutet jedoch nicht, dass die Vorinstanz ihre Kognition auf Willkür beschränken darf, wenn sie als einzige richterliche Instanz entscheidet.
2. Sachverhalt (Kurzfassung)
Die Beschwerdeführerin absolvierte ihr Notariatspraktikum im Kanton Waadt. Sie trat 2020 und 2021 zur Notariatsprüfung an und scheiterte jeweils aufgrund ungenügender Noten in den schriftlichen Prüfungen. Bei ihrer dritten und letzten Versuchsrunde im Jahr 2023 erreichte sie in den schriftlichen Prüfungen eine genügende Durchschnittsnote und wurde zu den mündlichen Prüfungen zugelassen. Die mündlichen Prüfungen fanden im Oktober 2023 statt. Die Prüfungskommission stellte fest, dass die Beschwerdeführerin einen Gesamtdurchschnitt von 3.84 (auf einer Skala von 0-6, wobei 4 zum Bestehen erforderlich ist) erzielte und damit die Prüfung endgültig nicht bestanden hatte. Die Beschwerdeführerin benötigte 1.25 Punkte mehr, um den erforderlichen Durchschnitt von 4 zu erreichen.
3. Argumentation der Beschwerdeführerin
Die Beschwerdeführerin machte im Wesentlichen folgende Punkte geltend:
* Der angewandte Notenmassstab (0-6 mit 4 als Bestehensnote) sei übermässig streng, willkürlich und verletze die Wirtschaftsfreiheit (Art. 27 BV).
* Das kantonale Gericht habe ihren Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV) und das Willkürverbot (Art. 9 BV) verletzt, indem es die Bewertung mehrerer Prüfungsleistungen willkürlich bestätigt habe.
* Sie habe keinen ausreichenden Einblick in die Korrekturraster und die Bewertungskriterien erhalten, was ihren Anspruch auf rechtliches Gehör verletze.
* Es liege eine Verletzung des Gleichbehandlungsgebots (Art. 8 BV) vor, insbesondere im Vergleich zur einzigen erfolgreichen Kandidatin (B.__).
* Angesichts der "krassen Fehler" der Prüfungskommission hätte das kantonale Gericht ein unabhängiges Sachverständigengutachten einholen müssen.
4. Beurteilung durch das Bundesgericht
Das Bundesgericht prüfte die einzelnen Rügen der Beschwerdeführerin:
4.1. Prüfungsnotenmassstab (Barème)
- Wirtschaftsfreiheit (Art. 27 BV): Das Bundesgericht bekräftigt seine ständige Rechtsprechung, wonach Notare aufgrund ihrer hoheitlichen Tätigkeit keinen Anspruch auf die Wirtschaftsfreiheit haben (ATF 145 I 183 E. 4.1.2). Der Zugang zum Notariatsberuf wird kantonal geregelt. Die Rüge der Verletzung der Wirtschaftsfreiheit ist somit unbegründet.
- Willkür des Massstabs (Art. 9 BV): Die Beschwerdeführerin hielt den Notenmassstab von 0-6 mit Bestehensnote 4 für willkürlich und "in keiner Berufsgattung bekannt". Das Bundesgericht weist dies als unbehelflich zurück, da derselbe Massstab im Kanton Waadt auch für die Anwaltsprüfungen gelte. Die hohe Durchfallquote von 75% in der Session 2023 (bei vier Kandidaten) sei allein kein Beweis für Willkür, zumal die Beschwerdeführerin die schriftlichen Prüfungen bestanden habe und drei Versuche zugestanden würden. Der Massstab sei nicht willkürlich.
4.2. Anspruch auf rechtliches Gehör und Akteneinsicht
- Der Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV) umfasst das Recht auf Akteneinsicht und die Behandlung relevanter Beweisanträge.
- Interna der Prüfungskommission (Korrekturraster, Notenskala): Das Bundesgericht wiederholt seine Praxis, wonach die Nicht-Herausgabe interner Dokumente wie Korrekturraster oder persönliche Notizen der Experten keinen Verstoss gegen das rechtliche Gehör darstellt, sofern die Kandidatin die Bewertung ihrer Leistung nachvollziehen konnte (BGE 145 I 167 E. 4.1; Verweis auf neuere Urteile). Da die Beschwerdeführerin einen detaillierten Bericht über ihre eigene Prüfung erhalten hatte und diesen im Verfahren umfassend bestreiten konnte, sei ihr rechtliches Gehör insoweit nicht verletzt worden.
- Prüfungsunterlagen anderer Kandidaten: Grundsätzlich gehören die Arbeiten anderer Kandidaten nicht zum Einsichtsrecht, es sei denn, die Kandidatin mache eine Ungleichbehandlung geltend und die Einsicht sei praktisch unerlässlich, um die Rüge zu substanziieren. Die Beschwerdeführerin hatte bereits Zugang zum Bericht der erfolgreichen Kandidatin B.__. Ein Interesse an den Unterlagen anderer durchgefallener Kandidaten sei nicht glaubhaft gemacht.
- Aber: Mündliche Prüfung "Devoirs généraux du notaire": Das Bundesgericht stellt fest, dass die der Vorinstanz vorgelegten Dokumente zur mündlichen Prüfung "Devoirs généraux du notaire" (allgemeine Pflichten des Notars) die Note von 2.5 nicht nachvollziehbar machen, insbesondere im Hinblick auf die widersprüchliche Aussage im Prüfungsbericht (siehe unten). Insofern hätte das kantonale Gericht zur Klärung weitere Informationen einholen müssen, was es unterlassen hat. Hierin liegt eine Verletzung des rechtlichen Gehörs.
- Sachverständigengutachten: Ein solches drängt sich in Prüfungsangelegenheiten nur auf, wenn ernsthafte Anzeichen für einen Bewertungsfehler vorliegen, die sich aus den Akten ergeben oder substanziiert dargelegt werden. Ein kleiner Korrekturfehler in einer schriftlichen Prüfung allein rechtfertige keine Expertise. Eine Expertise zur Neubewertung mündlicher Prüfungen ohne wörtliche Protokollierung sei überdies nicht sinnvoll.
4.3. Überprüfung der Notenbewertung (Willkürprüfung vs. freie Kognition)
Das kantonale Gericht hatte eine "gewisse Zurückhaltung" in Prüfungsangelegenheiten angekündigt. Das Bundesgericht weist darauf hin, dass dies zulässig ist, aber als einzige richterliche Instanz die Prüfung nicht auf Willkür beschränkt werden darf. Das Bundesgericht prüft die konkreten Rügen der Beschwerdeführerin gegen einzelne Noten.
- Schriftliche Prüfung "Consultation sur un cas de droit civil ou commercial" (Note 4): Die Beschwerdeführerin rügte verschiedene Abzüge. Das kantonale Gericht stellte fest, dass ein Abzug (wegen der Erwähnung von Art. 713 OR) zu Unrecht erfolgt sei, dies aber rechnerisch nicht zum Bestehen führe (es fehlten 1.25 Punkte). Das Bundesgericht bestätigt, dass die anderen gerügten Abzüge nicht willkürlich seien. Es merkt jedoch an, dass die Neubewertung der mündlichen Prüfung "Devoirs généraux du notaire" durch die Vorinstanz dazu führen könnte, dass dieser Punkt doch relevant wird, falls dort ausreichend Punkte gewonnen werden.
- Schriftliche Prüfung "Casus I" (Note 3.5): Das Bundesgericht bestätigt die Bewertung der Vorinstanz, die einen gravierenden Fehler (Nichtbehandlung des Verweises an die Grundstückerwerbskommission) und weitere Mängel feststellte. Die Rüge der Beschwerdeführerin zur Bewertung der "surface de réserve" sei unzulässig, da sie lediglich ihre eigene Einschätzung an die Stelle der Experten setzen wolle und keine willkürliche Korrektur dargelegt habe.
- Schriftliche Prüfung "Casus IV" (Note 3.75): Das Bundesgericht stützt die Bewertung der Vorinstanz, die den Hauptkritikpunkt darin sah, dass die Beschwerdeführerin die Kernanforderung ("geringstmögliches Kapital") nicht erfüllt habe. Dies sei nicht willkürlich. Weitere Rügen der Beschwerdeführerin werden zurückgewiesen.
- Mündliche Prüfung "Pratique du notariat" (Note 3.25): Das Bundesgericht bestätigt die Note als nicht willkürlich, basierend auf den Feststellungen des kantonalen Gerichts über zahlreiche Mängel (mangelnde Beherrschung, Ungenauigkeit, Schwierigkeiten beim Auffinden von Gesetzesgrundlagen, Probleme mit LFAIE). Der Vorwurf der Experten, die Interessen der Klienten gefährdet zu haben, sei nur ein Element unter anderen gewesen.
- Mündliche Prüfung "Devoirs généraux du notaire" (Note 2.5): Dies ist der entscheidende Punkt des Urteils.
- Relevanz der Fragen: Die Fragen betrafen grundlegende Rechtsbegriffe für die Notariatspraxis und waren daher relevant für die Beurteilung der allgemeinen Pflichten. Die Rüge der Beschwerdeführerin sei insoweit unbegründet.
- Widerspruch im Prüfungsbericht: Der Bericht der Prüfungskommission beginnt mit der Aussage, die Kandidatin habe "insgesamt korrekt auf die vom Notar gestellten Fragen geantwortet", um dann eine Note von 2.5 (stark ungenügend) zu vergeben. Das kantonale Gericht hat diesen positiven anfänglichen Befund minimiert, ohne zu erklären, wie die Experten trotz dieser positiven Gesamteinschätzung zu einer derart tiefen Note gelangten. Das Bundesgericht erachtet diesen Widerspruch als manifest und unverständlich. Ohne weitere Erläuterungen sei die Note nicht nachvollziehbar.
- Gleichbehandlung (Art. 8 BV): Die Beschwerdeführerin rügte vor kantonaler Instanz eine Ungleichbehandlung im Vergleich zur erfolgreichen Kandidatin B._, insbesondere bezüglich der Beurteilung von Schwierigkeiten bei der Frage der "fiducie". Das kantonale Gericht ging auf diese Rüge nicht ein. Das Bundesgericht stellt fest, dass der Prüfungsbericht für B._ (die 4.75 erhielt) mit der Aussage beginnt, die Kandidatin habe "sich insgesamt schwergetan, korrekt auf die vom Notar gestellten Fragen zu antworten". Dies steht im Widerspruch zur positiveren Anfangsaussage im Bericht der Beschwerdeführerin, die eine deutlich tiefere Note erhielt. Die Rüge der Ungleichbehandlung war somit relevant und das kantonale Gericht hätte sie prüfen müssen. Das Unterlassen stellt eine formelle Rechtsverweigerung (Art. 29 Abs. 1 BV) dar.
5. Schlussfolgerung und Entscheid
Das Bundesgericht hält fest, dass die Bewertung der mündlichen Prüfung "Devoirs généraux du notaire" aufgrund des unerklärten Widerspruchs im Prüfungsbericht und der Nichtbehandlung der Gleichbehandlungsrüge durch das kantonale Gericht mangelhaft ist. Das kantonale Gericht konnte die Note von 2.5 nicht willkürfrei bestätigen, ohne diese Punkte zu klären.
Das Bundesgericht kann diese Bewertung nicht selbst vornehmen und die erforderlichen Abklärungen treffen. Daher muss die Sache zur Neubeurteilung dieser spezifischen Prüfungsleistung an das kantonale Gericht zurückgewiesen werden. Dieses muss die Bewertung des Examens "Devoirs généraux du notaire" unter Berücksichtigung der Feststellungen des Bundesgerichts erneut prüfen und eine neue Entscheidung über das Gesamtergebnis der Notariatsprüfung fällen. Dabei muss es gegebenenfalls auch die Note für die schriftliche Prüfung "Consultation" anpassen, falls die Neubewertung der mündlichen Prüfung dies relevant macht.
Die Beschwerde wird somit im Zusammenhang mit der mündlichen Prüfung "Devoirs généraux du notaire" gutgeheissen.
6. Wesentliche Punkte (Kurzzusammenfassung)
- Die subsidiäre Verfassungsbeschwerde ist gegen Prüfungsentscheide der korrekte Rechtsbehelf (Art. 83 lit. t BGG).
- Die Wirtschaftsfreiheit gilt nicht für Notare (Art. 27 BV).
- Der angewandte Notenmassstab (0-6, 4 zum Bestehen) ist nicht willkürlich (Art. 9 BV).
- Das Recht auf Akteneinsicht erstreckt sich nicht auf interne Korrekturraster oder Noten anderer Kandidaten, sofern die eigene Bewertung nachvollziehbar ist (Art. 29 Abs. 2 BV).
- Eine Sachverständigenbegutachtung drängt sich nur bei ernsthaften Anzeichen für Bewertungsfehler auf.
- Die Überprüfung materieller Prüfungsbewertungen durch das Bundesgericht erfolgt mit Zurückhaltung, aber die kantonale Vorinstanz als einzige richterliche Instanz darf ihre Kognition nicht auf Willkür beschränken (Art. 29a BV, Art. 110 BGG).
- Die Rügen gegen die Bewertung der schriftlichen Prüfungen und der mündlichen Prüfung "Pratique du notariat" wurden vom Bundesgericht zurückgewiesen.
- Die Bewertung der mündlichen Prüfung "Devoirs généraux du notaire" (Note 2.5) ist jedoch mangelhaft und willkürlich (Art. 9 BV), weil der Prüfungsbericht einen unerklärten Widerspruch zwischen einer anfänglich positiven Einschätzung und der stark ungenügenden Endnote aufweist.
- Das kantonale Gericht hat zudem eine formelle Rechtsverweigerung begangen (Art. 29 Abs. 1 BV), indem es die von der Beschwerdeführerin erhobene Rüge der Ungleichbehandlung (Art. 8 BV) im Vergleich zur erfolgreichen Kandidatin B.__ bezüglich der Bewertung dieser mündlichen Prüfung nicht geprüft hat.
- Das Urteil des kantonalen Gerichts wird aufgehoben und die Sache zur Neubeurteilung der mündlichen Prüfung "Devoirs généraux du notaire" und anschliessender neuer Gesamtentscheidung an das kantonale Gericht zurückgewiesen.
Dieses detaillierte Urteil zeigt die Grenzen der richterlichen Überprüfung von Prüfungsleistungen auf, insbesondere die Zurückhaltung bei der materiellen Bewertung. Gleichzeitig betont es aber die fundamentalen Verfahrensgarantien (rechtliches Gehör, Gleichbehandlung) und die Pflicht der einzigen kantonalen Gerichtsinstanz zur vollständigen Rechtsprüfung, insbesondere bei der Behandlung von Rügen, die über die reine Neubewertung hinausgehen (hier: Widersprüche in der Begründung, Gleichbehandlung).