Absolut. Hier ist eine detaillierte Zusammenfassung des bereitgestellten Bundesgerichtsurteils 4A_684/2024 vom 5. Mai 2025, welche die massgebenden Punkte und rechtlichen Argumente vertieft darlegt:
Bundesgericht, Urteil 4A_684/2024 vom 5. Mai 2025
Gegenstand: Streitverkündungsklage (Appel en cause)
Parteien:
* Recourant (Beschwerdeführer): A._ (ursprünglich Beklagter in der Hauptklage und Kläger der Streitverkündungsklage)
* Intimés (Beschwerdegegner): B._, C._, D._, E._ SA (ursprünglich Aufgerufene durch A._)
* Weitere Verfahrensbeteiligte (Hauptsache): Banque F._ (Hauptklägerin), G._ SA (Beklagte in der Hauptklage)
Sachverhalt (Auszug und rechtlich relevanter Kontext):
Die Hauptklägerin, Banque F._ (F._), reichte gegen A._ und G._ SA eine Klage auf Zahlung von CHF 1'349'391.28 ein. Grundlage der Klage sind Goldhinterlegungs- und Spezifikationskaufverträge zwischen F._ und H._ SA (später I._ SA). A._ kontrollierte H._ SA über seine Holding bis 2017, bevor die Gesellschaft von K._ SA (mit den Administratoren B., C., D.) über E._ SA übernommen wurde. F._ wirft A._ vor, er habe während seiner Zeit als Verantwortlicher von H._ SA wissentlich gegen Vertragspflichten verstossen, indem er der G._ SA ein Pfandrecht an dem von F._ stammenden Gold einräumte. F._ behauptet, A._ sei für den Schaden haftbar. F._ macht auch geltend, dass G._ SA das Gold trotz Kenntnis des Eigentums von F.__ verkauft habe.
A._ bestreitet in seiner Klageantwort die Forderung von F._. Parallel dazu reichte A._ ein Gesuch um Zulassung einer Streitverkündungsklage (Appel en cause) gegen B._, C._, D._ und E._ SA (die Intimierten im vorliegenden Verfahren) ein. Er begründete dies im Wesentlichen damit, dass er nach seinem Ausscheiden als Administrator von H._ SA eine Décharge erhalten habe und die streitgegenständliche "Prêt métaux précieux G._"-Position erst nach seiner Zeit in den Büchern von I._ SA auftauchte. Er argumentierte, dass nicht er, sondern die nachfolgenden Verantwortlichen (B., C., D. als Administratoren von K._ SA/E._ SA) und E._ SA für allfällige Schäden haftbar seien. Für den Fall, dass er in der Hauptsache unterliege, wolle er sich an diese Personen/Gesellschaften wenden können und benötige daher die Streitverkündung. Er verlangte von den Aufgerufenen solidarisch denselben Betrag, den F._ von ihm verlangte.
Das erstinstanzliche Zivilgericht des Kantons Neuenburg hiess das Gesuch um Zulassung der Streitverkündungsklage gut. Dagegen rekurrierten B._, C._, D._ und E._ SA erfolgreich beim Kantonsgericht (Cour civile), welches das Gesuch um Zulassung abwies. Gegen diesen Entscheid des Kantonsgerichts führt A.__ Beschwerde beim Bundesgericht.
Erwägungen des Bundesgerichts (Zusammenfassung und Vertiefung der Begründung):
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Prozessuales (Zulässigkeit der Beschwerde): Das Bundesgericht befasst sich zunächst mit der Zulässigkeit der Beschwerde. Es hält fest, dass die Abweisung eines Gesuchs um Zulassung einer Streitverkündungsklage eine partielle Entscheidung darstellt und mit Beschwerde in Zivilsachen beim Bundesgericht angefochten werden kann (Art. 91 lit. b BGG i.V.m. Art. 72 Abs. 1 BGG, ATF 134 III 379 E. 1.1). Die weiteren Zulässigkeitsvoraussetzungen (Streitwert > CHF 30'000.- gemäss Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG, Beschwerdebefugnis gemäss Art. 76 Abs. 1 BGG, Frist und Form gemäss Art. 100 Abs. 1, 42 BGG) sind erfüllt. Das Bundesgericht betont jedoch, dass es das Recht von Amtes wegen anwendet (Art. 106 Abs. 1 BGG), aber nur die vom Beschwerdeführer aufgeworfenen Rechtsfragen prüft, sofern diese genügend begründet sind (Art. 42 Abs. 2, 106 Abs. 2 BGG, ATF 140 III 86 E. 2). Sachverhaltskritik ist nur unter strengen Voraussetzungen zulässig (Willkür, Art. 97 Abs. 1, 105 Abs. 2 BGG i.V.m. Art. 9 Willkürverbot, ATF 143 I 310 E. 2.2). Die rein appellatorische Darstellung eigener Sachverhaltsversionen durch den Beschwerdeführer wird als unzulässig gerügt (E. 2.2.2).
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Materielles (Voraussetzungen der Streitverkündung, Art. 81/82 ZPO): Der Kern der rechtlichen Beurteilung liegt in der Auslegung und Anwendung der Voraussetzungen für die Zulassung einer Streitverkündungsklage gemäss Art. 81 und 82 ZPO.
- Zweck der Streitverkündung (E. 3.1): Gemäss Art. 81 Abs. 1 ZPO kann jede Hauptpartei einen Dritten, gegen den sie für den Fall ihres Unterliegens Ansprüche zu haben meint, in den Prozess einbeziehen. Ziel ist es, in einem einzigen Verfahren über die Ansprüche aller Beteiligten zu entscheiden, um widersprüchliche Urteile zu vermeiden und die Beweiserhebung zu konzentrieren (ATF 147 III 166 E. 3, 139 III 67 E. 2.1).
- Erfordernis des sachlichen Zusammenhangs (E. 3.2): Das Bundesgericht betont, dass die in der Streitverkündungsklage geltend gemachte Forderung einen sachlichen Zusammenhang mit der Hauptklage haben muss. Dies bedeutet, dass die Ansprüche gegen den Aufgerufenen vom Ausgang der Hauptklage abhängen müssen. Typische Beispiele sind Rückgriffsansprüche (Regressansprüche), Garantieansprüche, Schadenersatzansprüche, bei denen eine Solidarhaftung oder eine Haftung aus unterschiedlichem Rechtsgrund für denselben Schaden besteht, sowie vertragliche oder gesetzliche Rückgriffsrechte (ATF 139 III 67 E. 2.4.3).
- Ausschluss unabhängiger Ansprüche (E. 3.3): Auch wenn ein sachverhaltsmässiger Zusammenhang besteht, können Ansprüche gegen den Dritten, die nicht vom Ausgang der Hauptklage abhängen, sondern eigenständige Forderungen darstellen, nicht Gegenstand einer Streitverkündungsklage sein (BGE 139 III 67 E. 2.4.3; arrêt 4A_341/2014 E. 3.3).
- Verfahren in zwei Stufen (E. 3.4): Das Verfahren der Streitverkündung erfolgt zweistufig:
- 1. Stufe: Gesuch um Zulassung (Art. 82 Abs. 1 ZPO): Das Gesuch muss mit der Klageantwort (wenn Beklagter Streitverkünder ist) oder der Replik (wenn Kläger Streitverkünder ist) eingereicht werden. Nach Anhörung des Prozessgegners und des Aufgerufenen entscheidet das Gericht über die Zulässigkeit des Gesuchs (Art. 82 Abs. 4 ZPO). Dieser Entscheid ist beschwerdefähig (Art. 319 lit. b Ziff. 1 ZPO).
- 2. Stufe: eigentliche Streitverkündungsklage (Art. 82 Abs. 3 ZPO): Nur im Falle der Zulassung reicht der Streitverkünder die eigentliche Klage gegen den Aufgerufenen ein. Diese Klage muss die allgemeinen Prozessvoraussetzungen erfüllen (Art. 59 ZPO) und insbesondere schlüssige Schlussanträge (Art. 221 Abs. 1 lit. b ZPO) und ausreichend substanziierte Sachverhaltsbehauptungen enthalten (Art. 221 Abs. 1 lit. d ZPO, ATF 144 III 519 E. 5.2.1.1).
- Anforderungen an das Zulassungsgesuch (E. 3.5): Das Gesuch muss gemäss Art. 82 Abs. 1 Satz 2 ZPO die Schlussanträge des Streitverkünders gegen den Aufgerufenen enthalten und kurz begründet sein. Das Bundesgericht bemerkt am Rande die zum 01.01.2025 in Kraft getretene Änderung von Art. 82 Abs. 1 Satz 3 ZPO (nicht bezifferte Anträge bei Regressforderungen), welche jedoch im vorliegenden Fall aufgrund der Übergangsbestimmungen (Art. 407f ZPO) keine Anwendung findet (E. 3.5).
- Zweck der Begründung des Gesuchs (E. 3.5.1): Die kurze Begründung soll dem Gericht ermöglichen, die Zulässigkeit der Streitverkündung zu prüfen, insbesondere den sachlichen Zusammenhang. Es genügt, wenn die Begründung erkennen lässt, dass die Forderung des Streitverkünders vom Ausgang der Hauptsache abhängt und damit ein potenzielles Interesse an der Streitverkündung besteht (ATF 147 III 166 E. 3.3, 146 III 290 E. 4.3.1, 139 III 67 E. 2.4.3). Es ist keine summarische Prüfung der materiellen Begründetheit des Anspruchs gegen den Aufgerufenen erforderlich.
- Begehren im Zulassungsgesuch (E. 3.5.2): Die im Gesuch genannten Schlussanträge sind dieselben wie diejenigen, die später in der eigentlichen Klage gegen den Aufgerufenen gestellt werden.
- Kurze Begründung (E. 3.5.3): Die Begründung muss den Streitgegenstand der Streitverkündungsklage abgrenzen und darlegen, dass der Anspruch gegen den Aufgerufenen vom Ausgang des Hauptverfahrens abhängt. Der Streitgegenstand wird durch die Schlussanträge und die zu ihrer Stützung vorgebrachten Tatsachen bestimmt (ATF 142 III 210 E. 2.1).
- Mehrere Aufgerufene (E. 3.5.4): Bei einfachen Streitgenossen (Art. 71 Abs. 1 ZPO) muss der Streitgegenstand für jeden Anspruch gegen jeden Aufgerufenen abgegrenzt werden. Es muss dargelegt werden, auf welchen Teil der Hauptforderung sich der Anspruch bezieht und wovon sein Schicksal abhängt. Eine ungenügende Begründung führt zur Unzulässigkeit des Gesuchs (ATF 147 III 166 E. 3.3.3). Eine Ausnahme kann bestehen, wenn der Streitverkünder von jedem Aufgerufenen den gesamten Betrag verlangt, etwa bei Solidarschuldnern (arrêt 4A_25/2024 E. 3.3.4).
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Anwendung auf den vorliegenden Fall (E. 3.6, 3.7, 3.8):
- Das Bundesgericht referiert die Argumentation des Kantonsgerichts (E. 3.6). Das Kantonsgericht stützte sich auf die Ausführungen des Beschwerdeführers (A._), wonach er sich, falls er in der Hauptsache verurteilt würde, an die wahren Verursacher des Schadens (die Aufgerufenen) halten können müsse. Das Kantonsgericht stellte fest, dass A._ gerade nicht behauptete, dass er im Falle einer Verurteilung solidarisch mit den Aufgerufenen haften (Art. 50 OR), oder dass er und die Aufgerufenen aus unterschiedlichen Gründen für denselben Schaden haftbar wären (Art. 51 OR), oder dass er im Falle seiner Zahlung an die Hauptklägerin in deren Rechte subrogiert würde (Art. 110 OR). Vielmehr argumentierte A._, er sei selbst nicht haftbar und die Aufgerufenen seien die wahren Schuldner, die gegenüber der Hauptklägerin hafteten. Das Kantonsgericht schloss daraus, dass A._ im Falle seiner Verurteilung gerade keine eigene Forderung gegen die Aufgerufenen hätte, da deren allfällige Haftung gegenüber der Hauptklägerin bestünde. Seine Verurteilung allein verschaffe ihm ohne weitere Grundlage keinen Schadenersatzanspruch gegen die Aufgerufenen in Höhe des an die Hauptklägerin geschuldeten Betrags. Die Situation von A._ entspreche nicht der eines Streitverkünders, der Umstände darlegt, die einen Regressanspruch begründen könnten. Mangels eines eigenen Anspruchs von A._ gegen die Aufgerufenen fehle es an der für die Streitverkündung erforderlichen Abhängigkeit vom Ausgang der Hauptsache.
- Der Beschwerdeführer (A.__) argumentiert dagegen (E. 3.7), dass er nicht Schuldner der Hauptklägerin sei, sondern die Aufgerufenen als seine Nachfolger im Amt. Er meint, das Kantonsgericht habe zu Unrecht von ihm verlangt, seine Ansprüche auf Art. 50, 51 oder 101 OR zu stützen. Er wiederholt, dass er die Voraussetzungen der von ihm in der Streitverkündungsklage geltend gemachten Ansprüche nicht glaubhaft machen müsse.
- Das Bundesgericht folgt dem Kantonsgericht (E. 3.8). Es hält fest, dass die Argumentation des Beschwerdeführers darauf abzielt, dass er selbst nicht haftet, sondern die Aufgerufenen. Dies ist jedoch gerade kein Rückgriffsanspruch, der davon abhängt, dass der Beschwerdeführer in der Hauptsache unterliegt. Vielmehr handelt es sich um ein Verteidigungsmittel in der Hauptsache: "Ich bin nicht der Schuldner, sondern die Aufgerufenen". Wie das Kantonsgericht zutreffend erkannt habe, würden die Aufgerufenen allenfalls gegenüber der Hauptklägerin, nicht aber gegenüber A.__ haften. Der Beschwerdeführer lege nicht dar, inwiefern der angefochtene Entscheid Bundesrecht verletze. Er habe in seinem Zulassungsgesuch gerade nicht in rechtlich relevanter Weise dargelegt, dass das Bestehen des von ihm gegen die Aufgerufenen geltend gemachten Anspruchs vom Ausgang des Hauptverfahrens abhinge. Er beschränke sich auf die unzutreffende Behauptung, er müsse die Voraussetzungen seines Anspruchs nicht glaubhaft machen. Dabei übersehe er, dass nur Ansprüche, die vom Ausgang der Hauptklage abhängen (insbesondere Regressansprüche), im Rahmen einer Streitverkündung geltend gemacht werden können (E. 3.2). Mangels derartiger Ansprüche liege kein sachlicher Zusammenhang mit der Hauptklage vor. Die Beschwerde sei unbegründet.
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Kosten und Parteientschädigung (E. 4): Der Beschwerdeführer trägt die Verfahrenskosten und hat den obsiegenden Beschwerdegegnern (Intimierten 1 und 4, die sich geäussert haben) eine Parteientschädigung zu zahlen. Die anderen Intimierten, die sich nicht geäussert haben, erhalten keine Entschädigung.
Querverweise (implizit im Urteil genannt):
Das Urteil referenziert verschiedene Leitscheidungen des Bundesgerichts (ATF) zur Zivilprozessordnung (ZPO), insbesondere zur Zulässigkeit von Beschwerden (Art. 91 lit. b, Art. 100, 42 BGG, Art. 319 ZPO), zum Streitwert (Art. 74 BGG), zur Sachverhaltsfeststellung (Art. 105, 97 BGG) und zur Prozessmaxime des Verhandlungsprinzips (Art. 55 ZPO über Sachbehauptungen) sowie zur Definition des Streitgegenstands (Art. 59, 221 ZPO). Die massgebenden Prinzipien für die Streitverkündungsklage (Art. 81, 82 ZPO), insbesondere das Erfordernis des sachlichen Zusammenhangs und der Abhängigkeit vom Ausgang der Hauptsache, werden anhand von ATF 139 III 67 und ATF 147 III 166 erläutert. Das Urteil wendet diese etablierte Rechtsprechung konsequent an, indem es die spezifische Argumentation des Beschwerdeführers gegen die dargelegten Kriterien prüft und feststellt, dass diese nicht erfüllt sind.
Zusammenfassende Wesentliche Punkte:
- Eine Streitverkündungsklage (Appel en cause) ist nur zulässig, wenn die vom Streitverkünder gegen den Dritten geltend gemachte Forderung vom Ausgang der Hauptklage abhängt, typischerweise als Regressanspruch.
- Für die Zulassung der Streitverkündungsklage (in der ersten Verfahrensstufe) genügt eine kurze Begründung, die den sachlichen Zusammenhang und die Abhängigkeit vom Hauptverfahren darlegt. Es ist kein Nachweis der materiellen Begründetheit des Anspruchs gegen den Dritten erforderlich.
- Im vorliegenden Fall argumentierte der Beschwerdeführer, er sei selbst nicht haftbar und die Aufgerufenen seien die wahren Schuldner, die gegenüber der Hauptklägerin hafteten.
- Das Bundesgericht und das Kantonsgericht urteilten übereinstimmend, dass diese Argumentation eine Verteidigung in der Hauptklage darstellt ("Ich bin nicht der Schuldner, sondern X"), aber keinen Regressanspruch oder ähnlichen Anspruch begründet, der davon abhängt, dass der Beschwerdeführer in der Hauptsache unterliegt.
- Da der Beschwerdeführer keine rechtliche Grundlage für einen eigenen Anspruch gegen die Aufgerufenen für den Fall seiner Verurteilung darlegen konnte (z.B. Solidarschuldnerschaft, Subrogation), fehlt der erforderliche sachliche Zusammenhang und die Abhängigkeit vom Ausgang des Hauptverfahrens.
- Das Gesuch um Zulassung der Streitverkündungsklage wurde daher zu Recht abgewiesen.