Gerne, hier ist eine detaillierte Zusammenfassung des bereitgestellten Urteils des schweizerischen Bundesgerichts (2C_13/2025 vom 8. Mai 2025):
Bundesgericht, Urteil 2C_13/2025 vom 8. Mai 2025
Parteien:
* Beschwerdeführerin: A.__ (russische Staatsangehörige)
* Beschwerdegegner: Office cantonal de la population et des migrations des Kantons Genf; Cour de justice des Kantons Genf, Chambre administrative, 2ème section.
* Weitere Verfahrensbeteiligte: Staatssekretariat für Migration (SEM) (äusserte sich nicht).
Gegenstand: Verweigerung einer Aufenthaltsbewilligung und Wegweisung aus der Schweiz.
Ausgangsentscheid: Urteil der Cour de justice des Kantons Genf vom 12. November 2024 (ATA/1322/2024).
Sachverhalt (stark zusammengefasst auf die Verfahrensgeschichte bezogen):
Die 1991 geborene russische Staatsangehörige A.__ hielt sich zunächst mit einer Studienbewilligung (ab 2019) und später mit einer Kurzaufenthaltsbewilligung für ein Praktikum (bis 30. Juni 2022) in der Schweiz auf. Eine von ihrem Arbeitgeber beantragte Aufenthaltsbewilligung zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit wurde vom kantonalen Amt (Office cantonal) am 3. August 2022 vorab negativ beschieden, da die gesetzliche Vorrangsordnung (Prüfung, ob kein inländischer oder EU/EFTA-Arbeitnehmer gefunden werden konnte) nicht eingehalten worden sei.
Parallel dazu beantragte A._ am 26. August 2022 eine Aufenthaltsbewilligung für Härtefälle (nach Art. 30 Abs. 1 Bst. b AIG) sowie eine provisorische Aufenthaltsbewilligung für sechs Monate, gestützt auf eine Bestimmung, die Absolventen schweizerischer Hochschulen unter bestimmten Voraussetzungen eine Ausnahme von der Vorrangsordnung gewährt. Letzterer Antrag wurde am 12. Oktober 2022 vom kantonalen Amt abgewiesen, da sie keinen Abschluss einer schweizerischen Hochschule besitze; diese Entscheidung focht A._ nicht an.
Am 17. Januar 2023 wies das kantonale Amt auch den Antrag auf eine Aufenthaltsbewilligung für Härtefälle ab und verfügte die Wegweisung aus der Schweiz. Gegen diese Verfügung erhob A._ erfolglos Beschwerde beim erstinstanzlichen Verwaltungsgericht (Urteil vom 16. Oktober 2023) und anschliessend bei der Cour de justice Genf (Urteil vom 12. November 2024). Mit dem vorliegenden Urteil befasste sich das Bundesgericht auf Beschwerde von A._ hin mit dem Fall.
Verfahren vor Bundesgericht:
A.__ reichte gleichzeitig eine Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten und eine subsidiäre Verfassungsbeschwerde gegen das Urteil der Cour de justice ein. Sie beantragte primär die Aufhebung des angefochtenen Urteils, die Feststellung, dass die Voraussetzungen für eine Härtefallbewilligung erfüllt seien, und die Erteilung einer solchen Bewilligung. Eventualiter beantragte sie die Rückweisung an die Vorinstanz. Das Bundesgericht gewährte der Beschwerde mit Verfügung vom 8. Januar 2025 die aufschiebende Wirkung.
Massgebende rechtliche Erwägungen des Bundesgerichts:
Das Bundesgericht prüfte zunächst von Amtes wegen die Zulässigkeit der beiden erhobenen Beschwerdearten (Erwägung 1).
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Zulässigkeit der Beschwerde:
- Da die subsidiäre Verfassungsbeschwerde nur offensteht, wenn die ordentliche Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ausgeschlossen ist (Art. 113 LTF), prüfte das Gericht zuerst Letztere (Erw. 1.1).
- Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Erw. 1.1):
- Gegenstand des Verfahrens ist die Verweigerung einer Härtefallbewilligung nach Art. 30 Abs. 1 Bst. b AIG und Art. 31 der Verordnung über Zulassung, Aufenthalt und Erwerbstätigkeit (VZAE) sowie die Rechtmässigkeit der Wegweisung (Erw. 1.1.1).
- Das Bundesgericht stellte fest, dass die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gegen Entscheide betreffend die Aufenthaltsbewilligung nicht zulässig ist, wenn das Bundesrecht oder Völkerrecht darauf keinen Anspruch gewährt (Art. 83 Bst. c Ziff. 2 LTF).
- Ebenso ist sie unzulässig gegen Entscheide betreffend die Wegweisung (Art. 83 Bst. c Ziff. 4 LTF) und gegen Ausnahmen von den Zulassungsvoraussetzungen (Art. 83 Bst. c Ziff. 5 LTF).
- Eine Bewilligung im Sinne von Art. 30 Abs. 1 Bst. b AIG (Härtefall) ist eine potestative (im Ermessen der Behörde liegende) Bewilligung; es besteht kein Rechtsanspruch darauf. Daher ist die Beschwerde gegen die Verweigerung einer solchen Bewilligung nach Art. 83 Bst. c Ziff. 2 LTF unzulässig (Verweis auf ständige Rechtsprechung, z.B. BGE 137 II 305 E. 2.1, Urteile 2C_464/2024, 2C_157/2023, 2C_239/2024, 2C_164/2024). Die Beschwerdeführerin kann eine Verletzung von Art. 30 Abs. 1 Bst. b AIG über diesen Rechtsweg nicht rügen (Erw. 1.1.2).
- Soweit sich die Beschwerdeführerin auf Art. 83 AIG (provisorische Aufnahme) beruft, ist die Beschwerde ebenfalls unzulässig (Art. 83 Bst. c Ziff. 2 und 3 LTF). Die provisorische Aufnahme fällt in die ausschliessliche Zuständigkeit des SEM bzw. des Bundesverwaltungsgerichts (Erw. 1.1.3).
- Ergebnis zur Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten: Sie ist unzulässig (Erw. 1.1.4).
- Subsidiäre Verfassungsbeschwerde (Erw. 1.2):
- Da die ordentliche Beschwerde unzulässig ist, ist die subsidiäre Verfassungsbeschwerde der einzig mögliche Rechtsweg (Art. 113 LTF a contrario).
- Diese ist beschränkt auf die Rüge der Verletzung verfassungsmässiger Rechte (Art. 116 LTF) und setzt ein rechtlich geschütztes Interesse voraus (Art. 115 Bst. b LTF).
- Gegen Wegweisungsentscheide, wo kein Aufenthaltsrecht besteht, kann die beschwerdeführende Partei nur spezifische verfassungsmässige Rechte geltend machen, die ihr ein rechtlich geschütztes Interesse verleihen (Erw. 1.2.2).
- Dazu gehören insbesondere das Verbot der Folter und anderer grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Strafen oder Behandlungen (Art. 3 EMRK, Art. 10 Abs. 3 BV, Art. 25 Abs. 3 BV; Verweis auf BGE 137 II 305 E. 3.3 und neuere Urteile). Bei der Rüge dieser Rechte kann auch Willkür (Art. 9 BV) geltend gemacht werden. Formelle Rechtsverweigerungen (Verletzung des rechtlichen Gehörs nach Art. 29 Abs. 2 BV) können ebenfalls gerügt werden, sofern sie nicht untrennbar mit dem materiellen Entscheid verbunden sind ("Star Praxis").
- Die Beschwerdeführerin hat keinen Anspruch auf eine Aufenthaltsbewilligung gestützt auf Art. 30 AIG (Erw. 1.2.3). Indem sie jedoch eine Verletzung von Art. 3 EMRK und Art. 25 Abs. 3 BV im Zusammenhang mit den Risiken für Leib und Leben in Russland geltend macht, beruft sie sich auf Bestimmungen, die ihr die erforderliche Beschwerdebefugnis verleihen (Erw. 1.2.3).
- Ergebnis zur subsidiären Verfassungsbeschwerde: Sie ist zulässig, soweit die Beschwerdeführerin Verfassungsrechte im Zusammenhang mit ihrer Wegweisung geltend macht (Erw. 1.2.4).
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Prüfungsbefugnis und Sachverhaltsbasis (Erw. 2):
- Bei der subsidiären Verfassungsbeschwerde prüft das Bundesgericht die Verletzung von Grundrechten nur, wenn die Rüge klar und detailliert begründet wurde (qualifizierte Rügepflicht gemäss Art. 106 Abs. 2 LTF i.V.m. Art. 117 LTF; Erw. 2.1).
- Das Bundesgericht stützt sich auf den von der Vorinstanz festgestellten Sachverhalt (Art. 118 Abs. 1 LTF). Eine Berichtigung des Sachverhalts ist nur möglich, wenn dieser unter Verletzung eines Grundrechts festgestellt wurde, was ebenfalls detailliert zu begründen ist (Erw. 2.1).
- Die Beschwerdeführerin rügt eine Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art. 29 Abs. 2 BV) und Willkür bei der Sachverhaltsfeststellung/Beweiswürdigung (Art. 9 BV) in einem einzigen Vorbringen (Erw. 2.2). Sie macht geltend, die Cour de justice habe Beweise nicht ausreichend berücksichtigt und die Situation in Russland unterschätzt.
- Das Bundesgericht stellte fest, dass diese Rüge im Zusammenhang mit der zulässig erhobenen Verletzung der Art. 3 EMRK und Art. 25 Abs. 3 BV erhoben wurde. Aber: Die Rüge ist unzureichend begründet im Sinne von Art. 106 Abs. 2 LTF. Die Beschwerdeführerin legte nicht dar, welche Elemente ausgelassen wurden, welche Beweise nicht berücksichtigt wurden, deren Relevanz oder inwiefern die Vorinstanz die Situation in Russland unterschätzt habe. Es ist nicht ersichtlich, worin die geltend gemachte Verletzung von Art. 29 Abs. 2 und Art. 9 BV bestehe.
- Ergebnis zur Sachverhaltsrüge: Auf die Rüge der Verletzung von Art. 29 Abs. 2 und Art. 9 BV wird nicht eingetreten. Das Bundesgericht stützt sich auf den im angefochtenen Urteil festgestellten Sachverhalt (Erw. 2.2).
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Prüfung der Rüge der Verletzung von Art. 3 EMRK und Art. 25 Abs. 3 BV (Refoulementverbot) (Erw. 3):
- Die Beschwerdeführerin macht geltend, die Vorinstanz habe ihr Recht, nicht in ein Gebiet zurückgewiesen zu werden, in dem sie unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlungen ausgesetzt wäre, verletzt (Erw. 3).
- Grundsatz: Art. 3 EMRK, Art. 10 Abs. 3 BV und Art. 25 Abs. 3 BV verbieten die Wegweisung oder Zurückschiebung von Ausländern in Staaten, in denen sie Gefahr laufen, Folter oder unmenschlichen oder erniedrigenden Strafen oder Behandlungen unterworfen zu werden. Dies gilt, wenn ernsthafte und erwiesene Gründe zur Annahme bestehen, dass die Person im Zielstaat einem reellen Risiko einer solchen Behandlung ausgesetzt wäre (Erw. 3.1; Verweis auf ständige Rechtsprechung BGE 137 II 305 E. 3.3 und EMRK-Urteile).
- Prüfung: Es ist die allgemeine Menschenrechtslage im Zielstaat zu prüfen, und danach, ob die Person konkret und unter Berücksichtigung ihrer persönlichen Situation einem Risiko einer solchen Behandlung ausgesetzt ist (Erw. 3.1; Verweis auf BGE 139 II 65 E. 5.4, 134 IV 156 E. 6.8). Die Person, die sich auf Art. 3 EMRK beruft, muss das Bestehen reeller Risiken beweisen oder zumindest konkrete Elemente vorlegen; blosse allgemeine Überlegungen genügen nicht (Erw. 3.1; Verweis auf ständige Rechtsprechung).
- Würdigung der Vorinstanz (Erw. 3.2): Die Cour de justice prüfte die allgemeine Situation in Russland unter Hinweis auf Berichte von "Human Rights Watch" und des UN-Sonderberichterstatters, wonach sich der Respekt der Menschenrechte in den letzten zwei Jahren verschlechtert habe. Sie verwies auch auf das EMRK-Urteil Kobaliya et autres c. Russie (betr. russisches "Auslandsagenten"-Gesetz), in dem die EMRK eine Verletzung von Art. 8, 10 und 11 EMRK für betroffene Journalisten und NGOs feststellte (Kontrollen, Bussen, Beschränkungen, Berufsausübungsverbote).
- Würdigung der Vorinstanz zur persönlichen Situation der Beschwerdeführerin (Erw. 3.2): Die Cour de justice stellte fest, dass die Beschwerdeführerin nicht glaubhaft gemacht habe, dass sie konkret Gegenstand von Drohungen oder Einschüchterungen gewesen sei. Obwohl die Definition von "Auslandsagenten" unklar sei, ziele sie hauptsächlich auf Journalisten, Menschenrechtsorganisationen und regierungskritische Medien ab. Die Beschwerdeführerin arbeite seit 2019 nicht mehr für Medien; damals sei sie im Bereich "healthy lifestyle" tätig gewesen (ohne politischen oder Menschenrechtsbezug). Sie behaupte nun, im Bereich Kryptosicherheit/Kommunikation zu arbeiten, was ebenfalls keinen politischen oder Menschenrechtsbezug aufweise. Die Vorinstanz sah keine konkreten Anhaltspunkte dafür, dass die Freiheit oder körperliche Unversehrtheit der Beschwerdeführerin bedroht wäre und erachtete ihre Wegweisung daher nicht als unzumutbar oder widerrechtlich.
- Würdigung durch das Bundesgericht (Erw. 3.3): Das Bundesgericht konnte der Cour de justice keine Verletzung der Art. 3 EMRK, 10 Abs. 3 und 25 Abs. 3 BV vorwerfen. Der (für das Bundesgericht verbindliche) Sachverhalt ergab nicht, dass die Beschwerdeführerin bei einer Rückkehr nach Russland konkret einem reellen Risiko unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung ausgesetzt wäre. Es oblag ihr, dies darzulegen, was sie nicht getan habe. Sie habe keine präzisen Elemente vorgelegt, die auf Drohungen gegen ihre Integrität hindeuten, sei es aufgrund ihrer behaupteten Opposition gegen den Krieg in der Ukraine oder ihrer (angeblichen) Tätigkeit für ein mit ukrainischen Verteidigungsinstitutionen zusammenarbeitendes Unternehmen. Sie habe nicht dargelegt, dass ernsthafte Gründe bestünden, die Annahme eines konkreten Risikos unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung in ihrem Herkunftsland zu rechtfertigen.
- Auch wenn sich die Menschenrechtslage in Russland verschlechtert hat (was die Vorinstanz anerkannt habe), könne der Vorinstanz nicht vorgeworfen werden, dass sie befunden habe, die Beschwerdeführerin habe nicht glaubhaft gemacht, dass ihre Wegweisung sie konkret unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlungen aussetzen würde.
- Ergebnis zur Rüge des Refoulementverbots: Die Rüge der Verletzung von Art. 3 EMRK und Art. 25 Abs. 3 BV wird abgewiesen (Erw. 3.3).
Schlussfolgerung des Bundesgerichts:
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist unzulässig, und die subsidiäre Verfassungsbeschwerde wird abgewiesen (Erw. 4). Die Gerichtskosten werden der unterliegenden Beschwerdeführerin auferlegt (Art. 66 Abs. 1 LTF). Parteientschädigungen werden nicht zugesprochen (Art. 68 Abs. 3 LTF).
Dispositiv:
1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten wird als unzulässig erklärt.
2. Die subsidiäre Verfassungsbeschwerde wird abgewiesen.
3. Die Gerichtskosten von 2'000 Fr. werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
4. Dieses Urteil wird den Beteiligten mitgeteilt.
Zusammenfassung der wesentlichen Punkte:
- Das Bundesgericht erklärt die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gegen die Verweigerung der Härtefallbewilligung und die Wegweisung als unzulässig, da kein Rechtsanspruch auf die Bewilligung besteht (Art. 83 Bst. c Ziff. 2 LTF) und Wegweisungsentscheide grundsätzlich ausgeschlossen sind (Art. 83 Bst. c Ziff. 4 LTF).
- Einzig die subsidiäre Verfassungsbeschwerde steht offen, beschränkt auf die Rüge spezifischer Verfassungsrechte, die der Person bei fehlendem Aufenthaltsrecht Schutz gewähren, insbesondere das Verbot der unmenschlichen Behandlung und des Refoulement (Art. 3 EMRK, Art. 10 Abs. 3 und Art. 25 Abs. 3 BV).
- Die Rüge der Beschwerdeführerin, der Sachverhalt sei willkürlich festgestellt worden oder ihr Gehör sei verletzt worden, wird vom Bundesgericht aufgrund unzureichender Substanziierung gemäss Art. 106 Abs. 2 LTF nicht materiell geprüft.
- Das Bundesgericht weist die Rüge der Verletzung des Refoulementverbots (Art. 3 EMRK, Art. 25 Abs. 3 BV) ab. Es stützt sich dabei auf die Feststellung der Vorinstanz, dass die Beschwerdeführerin nicht glaubhaft machen konnte, dass sie konkret einem reellen Risiko einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Falle einer Rückkehr nach Russland ausgesetzt wäre. Ihre früheren oder aktuellen Tätigkeiten (Healthy Lifestyle, Kryptosicherheit/Kommunikation) weisen laut Gericht keinen Zusammenhang zu politischen oder menschenrechtskritischen Aktivitäten auf, die sie zur Zielscheibe des russischen Staates machen könnten. Die allgemeine Verschlechterung der Menschenrechtslage in Russland allein begründet im konkreten Fall keine Unzumutbarkeit der Wegweisung.