Absolut. Hier ist eine detaillierte Zusammenfassung des bereitgestellten Urteils des Schweizerischen Bundesgerichts 7B_1268/2024 vom 3. Juni 2025:
Rubrum und Gegenstand
Das Urteil wurde vom Bundesgericht, II. Strafrechtliche Abteilung, am 3. Juni 2025 gefällt (Aktenzeichen 7B_1268/2024). Parteien sind A.__ (Beschwerdeführer), vertreten durch Rechtsanwalt Julian Burkhalter, und die Generalstaatsanwaltschaft des Kantons Bern (Intimierte). Gegenstand des Verfahrens ist die Verweigerung der amtlichen Verbeiständung (des amtlichen Verteidigers) im Rahmen eines jährlichen Überprüfungsverfahrens der Verwahrung (Internierung) gemäss Art. 64 StGB (mittels Art. 64b StGB). Angefochten wurde ein Entscheid des Obergerichts des Kantons Bern (vormals Strafabteilung des Appellationshofs) vom 23. Oktober 2024.
Sachverhalt
Der Beschwerdeführer A.__ wurde 1994 wegen Mordes und schwerer Körperverletzung verurteilt. Er hatte eine Frau erschossen und einem Mitgefangenen mit einer Gabel ein Auge ausgestochen. Er wurde zunächst zu einer Freiheitsstrafe von 9 Jahren und einer ambulanten psychotherapeutischen Behandlung verurteilt. 1999 wurde dieses Urteil dahingehend abgeändert, dass die Freiheitsstrafe aufgeschoben und stattdessen die Verwahrung (Internierung) angeordnet wurde. 2008 ordnete das kantonale Obergericht die Fortsetzung der Verwahrung an.
Der vorliegende Fall entstand im Rahmen des jährlichen Überprüfungsverfahrens zur bedingten Entlassung aus der Verwahrung (Art. 64b StGB). A._ stellte im April 2024 einen Antrag auf unentgeltliche Rechtspflege und amtliche Verbeiständung für dieses Verfahren. Dieser Antrag wurde zunächst von der Direktion für Sicherheit des Kantons Bern (DSE) am 15. August 2024 abgewiesen. Dagegen erhob A._ Beschwerde beim Kantonalen Obergericht, gleichzeitig stellte er dort einen neuen Antrag auf unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung für das kantonale Beschwerdeverfahren. Das Obergericht wies am 23. Oktober 2024 sowohl die Beschwerde gegen den Entscheid der DSE als auch den neuen Antrag auf unentgeltliche Rechtspflege für das kantonale Verfahren ab. Dagegen reichte A.__ Beschwerde in Strafsachen beim Bundesgericht ein.
Verfahren vor Bundesgericht
Der Beschwerdeführer beantragte die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und Verbeiständung für das bundesgerichtliche Verfahren sowie die Aufhebung und Abänderung des kantonalen Entscheids dahingehend, dass ihm die unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung für die jährliche Überprüfung der Verwahrung (für 2024, allenfalls für 2025) gewährt werde. Eventualiter beantragte er die Feststellung einer Verletzung von Art. 6 Ziff. 3 lit. c EMRK oder die Aufhebung des Entscheids und Rückweisung an die Vorinstanz.
Das Bundesgericht trat auf die Beschwerde ein (Erwägung 1), da die Verweigerung unentgeltlicher Rechtspflege in einem solchen Verfahren einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG darstellt.
Rechtliche Erwägungen und Begründung des Bundesgerichts
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Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art. 29 Abs. 2 BV) und der Begründungspflicht (Erwägung 2):
- Der Beschwerdeführer machte geltend, die Vorinstanz habe bestimmte Vorbringen nicht geprüft und ihn daran gehindert, den Entscheid sachgerecht anzufechten. Insbesondere habe sie die Notwendigkeit eines Anwalts nicht überzeugend dargelegt, die Verhältnismässigkeit nicht angemessen behandelt und die Begründung des hohen Rückfallrisikos nicht präzise erläutert. Zudem sei er über den Inhalt der massgebenden Expertise nicht informiert worden und habe diese nicht anfechten können.
- Das Bundesgericht stellte klar, dass die Begründungspflicht gemäss Art. 29 Abs. 2 BV erfüllt ist, wenn die Entscheidgründe kurz genannt werden und der Betroffene den Entscheid in Kenntnis der Sachlage anfechten kann (Verweis auf ständige Rechtsprechung, u.a. BGE 147 IV 409, 146 II 335). Nicht jeder einzelne Einwand muss explizit behandelt werden.
- Das Bundesgericht stellte fest, dass die Vorinstanz die Vorbringen des Beschwerdeführers berücksichtigt habe, auch wenn sie sich auf die für die unentgeltliche Rechtspflege kumulativ notwendigen Kriterien konzentrierte, insbesondere auf die Prozessaussichten. Die Begründung sei hinreichend verständlich, um den Entscheid anzufechten. Die Verwechslung einer unzureichenden Begründung mit einem Nicht-Einverstandensein mit der Begründung sei offensichtlich.
- Hinsichtlich der Kritik an der Expertise stellte das Gericht fest, dass der Beschwerdeführer nicht behauptete, dass er die Akten und die Expertise vor den kantonalen Entscheiden nicht habe einsehen können. Die Expertise sei in den Entscheiden zitiert, und der Beschwerdeführer habe seinen Anwalt konsultiert.
- Diese Rüge wurde daher abgewiesen.
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Rüge der Verweigerung der unentgeltlichen Rechtspflege und Verbeiständung (Art. 111 VRPG/BE, Art. 29 Abs. 3 BV, Art. 6 und 13 EMRK) (Erwägung 3):
- Dies ist der Kern des Verfahrens. Der Beschwerdeführer argumentierte, dass ihm zu Unrecht die Verbeiständung im jährlichen Überprüfungsverfahren der Verwahrung verweigert wurde und die kantonale Beurteilung die summarische Prüfung der Prozessaussichten überschritten habe.
- Das Bundesgericht hielt fest, dass die Strafprozessordnung (StPO) das Vollzugsverfahren, einschliesslich der bedingten Entlassung, nicht regelt. Dieses bleibe grundsätzlich kantonalrechtlicher Kompetenz (Art. 123 Abs. 2 BV, 439 Abs. 1 StPO). Die Bestimmungen der StPO über die amtliche Verteidigung seien im Vollzugsverfahren nicht direkt anwendbar (Verweis auf nicht publizierte BGE). Art. 132 StPO gelte allenfalls subsidiär, wenn das kantonale Recht dies vorsehe, was der Beschwerdeführer nicht geltend mache. Das Bundesgericht überprüfe die Anwendung des kantonalen Rechts nur auf Willkür (Art. 106 Abs. 2 BGG erfordere eine qualifizierte Rüge).
- Das kantonale Recht (Art. 111 VRPG/BE) sowie Art. 29 Abs. 3 BV und Art. 6 Ziff. 3 lit. c EMRK (welcher für den Beschuldigten im Strafverfahren gelte, hier aber keine weitergehenden Garantien biete) knüpfen die Gewährung unentgeltlicher Rechtspflege (einschliesslich Verbeiständung, wenn die Interessenwahrung dies erfordert) an die Kriterien der Bedürftigkeit und der fehlenden Aussichtslosigkeit.
- Das Bundesgericht definierte "fehlende Aussichtslosigkeit" im Sinne der Rechtsprechung (Verweis auf BGE 142 III 138): Ein Prozess ist aussichtslos, wenn die Gewinnchancen erheblich geringer sind als die Verlustrisiken und nicht als ernsthaft erscheinen. Eine vernünftige und bemittelte Person würde den Prozess angesichts des Kostenrisikos nicht führen. Die Wichtigkeit des Verfahrensausgangs für den Gesuchsteller ist zu berücksichtigen. Die Prüfung erfolgt summarisch, basierend auf den Umständen im Zeitpunkt des Gesuchs. Bei Zweifel sollte unentgeltliche Rechtspflege gewährt werden.
- Für die Beurteilung der Prozessaussichten im Verwahrungsüberprüfungsverfahren sei massgebend, ob eine hohe Wahrscheinlichkeit bestehe, dass sich der Betroffene in Freiheit wohlverhalten werde (Art. 64b Abs. 1 StGB; BGE 142 IV 56). Die Prognose sei gesamthaft zu stellen, unter Einbezug der Behandlungskooperation, Deliktsaufarbeitung, sozialen Fähigkeiten etc.
- Anwendung auf den vorliegenden Fall: Die Bedürftigkeit des Beschwerdeführers sei unbestritten. Hinsichtlich der Komplexität der Sache stellte das Gericht fest, dass das zentrale Problem die Entwicklung der Pathologie des Beschwerdeführers und dessen mangelnde Therapie-Compliance sei, die seit Jahren zu einem völligen Fehlen jeglicher Entwicklung geführt habe. Die psychiatrischen Aspekte bildeten die Grundlage der Beurteilung. Fachpersonen seien zur Beurteilung des Gesundheitszustandes kompetent. Der Beschwerdeführer sei grundsätzlich in der Lage, die Fragen und Sachverhalte zu verstehen, und habe solche Verfahren in der Vergangenheit auch alleine bestritten.
- Entscheidend sei aber, dass die Komplexität nicht zur Gewährung unentgeltlicher Rechtspflege führe, wenn die Sache aussichtslos sei. Die Vorinstanz habe im Wesentlichen ausgeführt, dass die Situation des Beschwerdeführers, der an schweren psychiatrischen Störungen (Schizophrenie) leide, seit Jahren keine Entwicklung zeige. Das Rückfallrisiko sei weiterhin sehr hoch, und es sei praktisch ausgeschlossen, dass sich der Beschwerdeführer bei einer Entlassung wohlverhalten werde, zumal die Schwere möglicher zukünftiger Delikte erheblich sei. Angesichts des hohen Rückfallrisikos gemäss Expertise und der fehlenden Entwicklung sei es nach summarischer Prüfung des Dossiers äusserst unwahrscheinlich, dass eine bedingte Entlassung angeordnet werde. Diese sei bereits im Verfahren 2022 abgelehnt worden, und die Situation habe sich seither nicht verändert, was auch die Verteidigung nicht geltend mache.
- Der Beschwerdeführer habe keine willkürliche Anwendung des kantonalen Rechts gerügt. Er habe auch nicht dargelegt, dass die Bedingung der fehlenden Aussichtslosigkeit für die unentgeltliche Rechtspflege falsch sei. Die Rüge der Verletzung von Art. 13 EMRK sei unsubstanziiert.
- Der Beschwerdeführer habe keine Elemente vorgebracht, welche die Beurteilung der Aussichtslosigkeit durch die Vorinstanz in Frage stellten. Er verweise auf einen Bericht, ohne diesen einzureichen (Art. 42 Abs. 3 BGG). Seine Schlussfolgerung aus diesem Bericht sei aus dem angefochtenen Entscheid nicht ersichtlich, und er zeige keine Willkür der Vorinstanz bei der Nichtberücksichtigung dieser Schlussfolgerung auf. Die Rüge des Alters der Expertise greife nicht, da er keine Anzeichen einer Änderung seiner Situation seit deren Erstellung geltend mache (Verweis auf BGE 134 IV 246).
- Er habe insbesondere nicht die kantonalen Erwägungen bestritten, wonach er weiterhin die Diagnose der Psychiater in Frage stelle, die Behandlung und Neuroleptika weitgehend ablehne, keine Fortschritte bei der Umsetzung des Therapieprozesses zeige, keinerlei Einsicht bezüglich der begangenen Delikte habe und Verhaltensprobleme während des Vollzugs aufweise (Gabelvorfall, Personalvorfall), welche Ausdruck seiner Pathologie gemäss Expertise seien.
- Das vom Beschwerdeführer zitierte Urteil BGE 128 I 225, in dem das Bundesgericht das Recht auf unentgeltliche Rechtspflege für ein Urlaubsgesuch einer verwahrten Person anerkannte, unterscheide sich vom vorliegenden Fall, da dort die psychiatrische Expertise die Gewährung eines Urlaubs in Betracht gezogen hatte.
- Schlussfolgerung des Bundesgerichts zur Aussichtslosigkeit: Der Beschwerdeführer habe nicht darlegen können, inwiefern die Einschätzung der Prozessaussichten durch die Vorinstanz fehlerhaft sei. Angesichts der spezifischen Umstände (schwere Pathologie, fehlende Entwicklung, hohes Risiko schwerer Rückfälle) erscheine die Beurteilung als zutreffend. Dies mache die Vorbringen zur Bedürftigkeit und Komplexität der Sache gegenstandslos. Der Antrag auf unentgeltliche Rechtspflege für die Überprüfung 2025 sei ebenfalls gegenstandslos, da das Recht nur für ein bestimmtes Verfahren bestehe.
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Kostenentscheid (Erwägung 4):
- Da die Beschwerde (soweit zulässig) abgewiesen wurde und von vornherein als aussichtslos erschien, wurde das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege für das bundesgerichtliche Verfahren abgewiesen (Art. 64 Abs. 1 BGG). Die Gerichtskosten wurden dem unterliegenden Beschwerdeführer auferlegt (Art. 66 Abs. 1 BGG), wobei die Höhe unter Berücksichtigung seiner ungünstigen finanziellen Situation festgelegt wurde (Art. 65 Abs. 2 BGG).
Zusammenfassung der wesentlichen Punkte
Das Bundesgericht wies die Beschwerde gegen die Verweigerung der unentgeltlichen Rechtspflege und amtlichen Verbeiständung im jährlichen Überprüfungsverfahren der Verwahrung ab. Die Kernbegründung liegt in der Beurteilung der fehlenden Prozessaussichten des Gesuchs um bedingte Entlassung. Gestützt auf die kantonale Feststellung, wonach der Beschwerdeführer an einer schweren psychiatrischen Erkrankung leide, seit Jahren keine therapeutische Entwicklung zeige, die Behandlung weitgehend ablehne, keinerlei Einsicht bezüglich seiner Taten oder seines Verhaltens habe und weiterhin ein sehr hohes Risiko für schwere Rückfälle bestehe, kam das Gericht zum Schluss, dass ein Gesuch um bedingte Entlassung derzeit äusserst unwahrscheinlich Erfolg hätte. Da die unentgeltliche Rechtspflege nach Schweizer Recht (Art. 29 Abs. 3 BV) nur gewährt wird, wenn die Sache nicht aussichtslos erscheint, war die Verweigerung des amtlichen Beistands rechtmässig. Die Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs und der Begründungspflicht wurden ebenfalls abgewiesen. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege für das Bundesgerichtsverfahren wurde wegen dessen Aussichtslosigkeit abgewiesen und die Gerichtskosten dem Beschwerdeführer auferlegt.