Zusammenfassung von BGer-Urteil 5A_767/2024 vom 21. Mai 2025

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Hier ist eine detaillierte Zusammenfassung des bereitgestellten Urteils des Schweizerischen Bundesgerichts (5A_767/2024 vom 21. Mai 2025):

1. Einleitung und Kontext des Falles

Das Urteil des Bundesgerichts (BG) 5A_767/2024 vom 21. Mai 2025 befasst sich mit einer Beschwerde im Zusammenhang mit Eheschutzmassnahmen. Konkret ging es um die Anordnung eines psychiatrischen Follow-ups und die monatliche Vorlage einer Bestätigung über dieses Follow-up an den Kurator zugunsten der Mutter im Rahmen einer Sorgerechtsregelung für das gemeinsame Kind. Die massgebenden Bestimmungen des Zivilgesetzbuches (ZGB) und der Zivilprozessordnung (ZPO) sowie verfassungsrechtliche Prinzipien wie Willkürverbot (Art. 9 Bundesverfassung, BV), rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV) und Verhältnismässigkeit standen im Zentrum der rechtlichen Auseinandersetzung.

2. Sachverhalt

Die Parteien, verheiratet seit 2016, sind Eltern eines 2019 geborenen Kindes. Wiederholte Polizeieinsätze (mehrfach seit 2018) am ehelichen Wohnsitz auf Antrag des Vaters, der gewalttätige Auseinandersetzungen mit der – angeblich alkoholisierten – Mutter meldete, belegten eine problematische Familiensituation. Hohe Atemalkoholwerte der Mutter wurden bei zwei Einsätzen in den Jahren 2020 und 2022 festgestellt.

Das erstinstanzliche Gericht in Genf sprach im Juni 2023 die alleinige Obhut der Mutter zu, da die Alkoholvorwürfe des Vaters nicht hinreichend objektiviert worden seien. Beide Parteien erhoben Berufung.

Im Berufungsverfahren holte das Kantonsgericht (Cour de justice) ein Gutachten des Dienstes zur Evaluation und Begleitung bei Elterntrennung (SEASP) ein. Dieses Gutachten vom Februar 2024 empfahl eine alternierende Obhut, die Fortsetzung des Sucht-Follow-ups der Mutter, die monatliche Vorlage eines PEth-Tests (Alkoholabstinenzmarker) sowie einer Bestätigung des psychiatrischen Follow-ups an den Kurator, die Beibehaltung einer Erziehungsbeistandschaft und die Aufhebung der Kuratel zur Organisation und Überwachung der persönlichen Beziehungen. Das SEASP-Gutachten hob die Investition und Anwesenheit des Vaters hervor und beschrieb die Mutter als liebende Elternteil, der sich angemessen um die Grundbedürfnisse des Kindes kümmere. Gleichwohl nahm die Mutter die Auswirkungen ihres Alkoholkonsums auf die Kindesbetreuung nicht immer wahr (z.B. Notfallsituationen nachts). Obwohl sie anfangs eine vollständige Abstinenz für unmöglich hielt, entschied sie sich im Laufe der Evaluation zur Abstinenz, motiviert durch die Furcht, die Obhut zu verlieren. Die SEASP betonte, dass die Sicherheit des Kindes gewährleistet sein müsse und die Massnahmen aufgrund der kürzlichen Natur der Abstinenz der Mutter notwendig seien. Die wesentlichen Punkte des Gutachtens wurden den Parteien mitgeteilt, die beide die vorgeschlagenen Massnahmen akzeptierten.

Blutanalysen der Mutter im Februar, April und Mai 2024 ergaben keine Hinweise auf Alkoholkonsum in den Wochen vor der Entnahme. Eine Ärztin (Onkologin der Mutter, die sie wegen Brustkrebs behandelte) attestierte im März 2024 eine vollständige Abstinenz seit mehreren Monaten, eine gute Motivation und die Normalisierung der Leberwerte, was die Abstinenz bestätige. Sie äusserte sich negativ zu den SEASP-Empfehlungen.

Das Kantonsgericht annullierte das erstinstanzliche Urteil teilweise und ordnete im Oktober 2024 eine alternierende Obhut an. Es ermahnte die Eltern zu einem gemeinsamen Elternschafts-Ansatz, ordnete der Mutter an, ihr Sucht-Follow-up fortzusetzen und monatlich einen PEth-Test sowie eine Bestätigung des psychiatrischen Follow-ups dem Kurator vorzulegen. Es setzte eine Erziehungsbeistandschaft ein, deren Aufgabe es unter anderem war, die Einhaltung dieser Auflagen durch die Mutter sicherzustellen.

3. Anfechtung beim Bundesgericht

Die Mutter erhob Beschwerde an das Bundesgericht. Sie beantragte die Aufhebung des kantonalen Urteils, soweit es die monatliche Vorlage einer Bestätigung des psychiatrischen Follow-ups anordnet, und ersuchte um aufschiebende Wirkung (welche gewährt wurde). Aus der Begründung der Beschwerde machte das Bundesgericht ersichtlich, dass die Beschwerdeführerin sowohl die Anordnung des psychiatrischen Follow-ups als auch die Vorlage der Bestätigung an den Kurator bestreite.

4. Rechtliche Erwägungen des Bundesgerichts

Das Bundesgericht prüfte die Beschwerde unter Berücksichtigung der Natur der angefochtenen Entscheidung als vorsorgliche Massnahme (Art. 98 BGG). Dies bedeutet, dass nur die Verletzung verfassungsmässiger Rechte gerügt werden kann (Willkür, Art. 9 BV). Die Sachverhaltsfeststellung und Beweiswürdigung durch die Vorinstanz werden nur auf Willkür überprüft (Art. 9 BV).

  • Mangelnde Begründung (Art. 29 Abs. 2 BV): Die Beschwerdeführerin rügte eine Verletzung des rechtlichen Gehörs wegen mangelnder Begründung. Sie bemängelte, dass das Kantonsgericht die relevanten Gesetzesbestimmungen nicht nannte und die Massnahmen (psychiatrisches Follow-up und Attest) unzureichend mit der kürzlichen Abstinenz und dem Kindesinteresse begründete. Das BG hielt die Begründung des Kantonsgerichts für ausreichend. Es genügt, wenn die massgebenden Gründe, die zur Entscheidung führten, ersichtlich sind. Das Kantonsgericht verwies implizit auf Kindesschutzmassnahmen (Art. 308 ZGB), was die Beschwerdeführerin auch verstanden habe, da sie Art. 307 ff. ZGB rügte. Das Gericht musste nicht alle Beweismittel (wie die Attestation von Dr. E.) detailliert diskutieren. Die Begründung sei somit nicht willkürlich.

  • Willkürliche Sachverhaltsfeststellung und Beweiswürdigung (Art. 9 BV, Art. 157 ZPO): Die Beschwerdeführerin machte geltend, das Gericht habe sich willkürlich auf das SEASP-Gutachten gestützt, obwohl dieses keine psychiatrischen Probleme festgestellt habe und unzureichend begründet sei. Sie rügte ferner, dass das Gericht die Attestation von Dr. E. willkürlich ignoriert habe, die eine andere Meinung vertrat. Das BG stellte fest, dass die Beschwerdeführerin den wesentlichen Inhalt des SEASP-Gutachtens im Berufungsverfahren akzeptiert hatte. Unabhängig davon dürfe sich der Richter unter gewissen Voraussetzungen von einem Gutachten eines Kindesschutzdienstes entfernen, aber es müssten Gründe vorliegen. Die Beschwerdeführerin habe keine relevanten Elemente vorgebracht, die das Gutachten als lückenhaft oder widersprüchlich erscheinen liessen. Die vom Kantonsgericht festgestellte problematische Alkoholkonsum der Mutter (mit sehr hohen Promillewerten) rechtfertige die Einordnung als "Problem psychiatrischer Art" oder zumindest als Suchtproblem, das ein Follow-up erfordere. Das SEASP-Gutachten habe die Massnahmen (Follow-up und Attest) sehr wohl begründet: die kürzliche Abstinenz und das Interesse des Kindes. Die Attestation von Dr. E. entkräfte nicht die Feststellung der kürzlichen Nüchternheit der Mutter, da sie eine Normalisierung der Leberwerte Ende Februar 2024 bestätigte, was mit den Blutanalysen, auf die sich das Kantonsgericht stützte, übereinstimme. Die Rüge betreffend Art. 157 ZPO (Beweiswürdigung) sei unzulässig, da sie nicht als willkürliche Anwendung dieser Norm begründet wurde.

  • Verletzung von Art. 298, 307, 308, 315a Abs. 1 ZGB sowie der Grundsätze der Verhältnismässigkeit, Subsidiarität und Komplementarität: Dies war der Kern der Rügen der Beschwerdeführerin.

    • Rechtlicher Rahmen: Das BG erläuterte die einschlägigen Kindesschutzbestimmungen (Art. 307 Abs. 1 ZGB generell, Abs. 3: Anweisung, Therapie; Art. 308 ZGB: Kuratel; Art. 315a Abs. 1 ZGB: Zuständigkeit des Richters bei Eheschutz). Es betonte die Erfordernisse der Eignung, Notwendigkeit (Verhältnismässigkeit i.e.S.) und Subsidiarität (Gefahr nicht durch Eltern oder mildere Massnahmen abwendbar). Die Behörde habe bei der Wahl der Massnahme einen weiten Ermessensspielraum (Art. 4 ZGB), den das BG nur zurückhaltend überprüfe.
    • Argumente der Beschwerdeführerin: Die Massnahmen seien willkürlich. Wesentliche Fakten seien ignoriert worden (Attestation Dr. E., eigene Bemühungen, bereits laufende Follow-ups, keine Kindesgefährdung). Die Anordnung der Massnahmen gegen sie, aber nicht gegen den Vater (angeblich "ehemaliger erwiesener Alkoholiker"), sei willkürlich. Die Massnahmen seien unverhältnismässig: Ihre Abstinenz, die monatlichen PEth-Tests und das Sucht-Follow-up seien ausreichend. Das psychiatrische Follow-up sei zu einschneidend und invasiv (monatlich, unbestimmte Dauer, Risiko bei Abwesenheit des Therapeuten). Die monatliche Vorlage einer psychiatrischen Follow-up-Bestätigung sei nicht gerechtfertigt.
    • Würdigung des Bundesgerichts: Das BG wies die Argumente der Beschwerdeführerin zurück. Ihre dokumentierte Nüchternheit und das Sucht-Follow-up seien berücksichtigt worden, aber vom Kantonsgericht als allein nicht ausreichend erachtet worden, da die Abstinenz kürzlich sei und das Kindesinteresse die Sicherstellung ihrer Dauerhaftigkeit erfordere. Die Behauptung, sie habe das Kind nie gefährdet, widerspreche den Feststellungen des Kantonsgerichts, das die mögliche Gefährdung (z.B. in Notfällen nachts) explizit erwähnte. Die Attestation von Dr. E. wurde bereits unter der Rüge der Sachverhaltsfeststellung behandelt. Die Rügen bezüglich des Vaters seien unzulässig, da dessen angebliche Alkoholabhängigkeit keinen Eingang in die Sachverhaltsfeststellungen des angefochtenen Urteils gefunden habe. Die Verhältnismässigkeitsrügen seien grösstenteils appellatorisch. Die Beschwerdeführerin behaupte lediglich, die bereits angeordneten Massnahmen seien ausreichend, ohne dies näher zu begründen. Die Häufigkeit des Follow-ups (monatlich) und der Attestvorlage sei angesichts des Ziels des Kindesschutzes nicht exzessiv und erfordere keine übermässigen Anstrengungen. Die unbestimmte Dauer sei bei Kindesschutzmassnahmen üblich, da die Entwicklung der Situation nicht sicher vorhersehbar sei. Die monatliche Vorlage der Bestätigung sei gerechtfertigt, damit der Kurator das Follow-up überwachen könne. Die Beschwerdeführerin habe es versäumt, schlüssig darzulegen, dass die bereits bestehenden Massnahmen ausreichend seien, um die Sicherheit des Kindes angesichts der kürzlichen Nüchternheit der Mutter zu gewährleisten. Ihre Kritik verfehle ihr Ziel. Das BG sah keine willkürliche Anwendung der Kindesschutzbestimmungen oder der Verhältnismässigkeitsgrundsätze.

5. Ergebnis

Das Bundesgericht wies die Beschwerde ab, soweit darauf einzutreten war. Die Gerichtskosten wurden der unterlegenen Beschwerdeführerin auferlegt. Dem Intimierten (Vater) wurden keine Parteikosten zugesprochen, da er lediglich zur Frage der aufschiebenden Wirkung Stellung genommen hatte und in der Hauptsache keine Vernehmlassung verlangt worden war.

6. Wesentliche Punkte (Kurzzusammenfassung)

Das Bundesgericht bestätigte die vom Kantonsgericht angeordneten Eheschutzmassnahmen im Zusammenhang mit der Obhut des Kindes, insbesondere die Verpflichtung der Mutter zu einem psychiatrischen Follow-up und zur monatlichen Vorlage einer Bestätigung über dieses Follow-up an den Kurator.

  1. Ausgangspunkt: Die problematische Alkoholkonsumgeschichte der Mutter und die Notwendigkeit, die Sicherheit des Kindes zu gewährleisten.
  2. Kantonale Entscheidung: Alternierende Obhut, gekoppelt an Auflagen für die Mutter (Sucht-Follow-up, PEth-Tests, psychiatrisches Follow-up, monatliche Attestvorlage an Kurator). Begründung: Kürzliche Abstinenz und Kindesinteresse.
  3. Bundesgerichtliche Prüfung: Überprüfung auf Willkür (Art. 9 BV) und Verletzung verfassungsmässiger Rechte bei der Anwendung der Kindesschutzbestimmungen (Art. 307 ff. ZGB) und des Verhältnismässigkeitsprinzips.
  4. Schlüsselargumentation des BG:
    • Die Begründung des Kantonsgerichts war ausreichend.
    • Die Sachverhaltsfeststellung und Beweiswürdigung waren nicht willkürlich; das SEASP-Gutachten und die Relevanz der kürzlichen Abstinenz wurden korrekt gewürdigt.
    • Die angeordneten Massnahmen (insbesondere das psychiatrische Follow-up und die Attestpflicht) sind nicht unverhältnismässig. Angesichts der kürzlichen Abstinenz und der potenziellen Gefährdungssituation für das Kind sind sie geeignet und notwendig, um die Dauerhaftigkeit der Nüchternheit sicherzustellen und die Sicherheit des Kindes zu garantieren.
    • Die Rügen der Beschwerdeführerin gegen die Notwendigkeit und Verhältnismässigkeit der Massnahmen waren unsubstanziiert oder appellatorisch.
  5. Ergebnis: Die Beschwerde wurde abgewiesen; die Massnahmen des Kantonsgerichts wurden bestätigt.