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Hier ist eine detaillierte Zusammenfassung des Urteils des Schweizerischen Bundesgerichts 6B_671/2024 vom 11. Juni 2025:
1. Einleitung und Streitgegenstand
Das Urteil des Bundesgerichts 6B_671/2024 befasst sich mit einem strafrechtlichen Fall wegen qualifizierten Betrugs. Der Beschwerdeführer A._ wurde in den Vorinstanzen (zunächst vom Gericht der Assisen Correzionali, anschliessend vom Appellations- und Revisionsgericht des Kantons Tessin - CARP) schuldig gesprochen, durch arglistige Täuschung des IV-Amts unrechtmässig Sozialleistungen für seine schwerbehinderte Tochter B._ bezogen zu haben, indem er deren tatsächlichen Wohnsitz im Ausland (Chile) verschleierte. Der Beschwerdeführer focht diesen Schuldspruch sowie die damit verbundene Strafe (10 Monate bedingt) und die Anordnung der Rückerstattung der unrechtmässig bezogenen Leistungen (rund Fr. 231'000.--) vor Bundesgericht an. Er rügte insbesondere eine Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör, Willkür bei der Sachverhaltsfeststellung (insbesondere bezüglich seiner Kenntnis der Nicht-Exportierbarkeit der Leistungen) sowie eine unzutreffende Anwendung der Regeln über die Konfiskation bzw. Rückerstattung von Vermögenswerten (Art. 70 StGB).
2. Sachverhalt
Der Beschwerdeführer ist Vater einer 1985 geborenen Tochter, die aufgrund einer schweren Enzephalopathie seit 2006 verbeiständet (unter elterlicher Sorge des Vaters) ist und IV-Leistungen bezieht. Das IV-Amt des Kantons Tessin erstattete Strafanzeige, weil A.__ angeblich den tatsächlichen Wohnsitz von sich und seiner Tochter im Ausland (Chile) verschwiegen hatte, um weiterhin eine ausserordentliche Rente und einen Hilflosenzuschuss zu beziehen, obwohl bei Wohnsitz im Ausland kein Anspruch darauf bestand. Der anklagerelevante Zeitraum erstreckte sich von 1. November 2012 bis 30. September 2015 und von 1. September 2017 bis 31. Mai 2021. Die Vorinstanz passte den Schaden auf Fr. 231'384.-- an und ordnete die Rückerstattung dieses Betrags aus beschlagnahmten Vermögenswerten an.
3. Beurteilung der rechtlichen Rügen durch das Bundesgericht
Das Bundesgericht prüfte die vom Beschwerdeführer vorgebrachten Rügen gemäss den strengen Anforderungen des Bundesrechts, insbesondere im Hinblick auf Verfassungsrechte wie das Willkürverbot und den Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 106 Abs. 2 BGG). Sachverhaltsfeststellungen der Vorinstanz sind für das Bundesgericht grundsätzlich bindend, es sei denn, sie wurden willkürlich festgestellt (Art. 105 Abs. 1 BGG).
3.1. Rüge der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV, Art. 107 StPO)
Der Beschwerdeführer beanstandete, die Vorinstanz habe sich nicht mit allen seinen Einwänden auseinandergesetzt, insbesondere bezüglich seiner angeblichen Unkenntnis der Nicht-Exportierbarkeit der IV-Leistungen im ersten Anklagezeitraum (2012-2015). Er führte diverse Umstände an, die seine These stützen sollten, und rügte zudem, die Vorinstanz habe den Einwand nicht behandelt, dass er und seine Tochter als Leistungsempfängerin unterschiedliche Rechtssubjekte seien.
Das Bundesgericht erwog, dass der Anspruch auf rechtliches Gehör die Pflicht des Gerichts zur Begründung seiner Entscheidungen umfasst, wobei jedoch nicht jede einzelne Behauptung explizit widerlegt werden muss. Ausreichend ist, wenn sich die Behörde mit den für den Entscheid relevanten Punkten auseinandergesetzt hat und die Betroffenen die Tragweite des Entscheids erkennen und ihn sachgerecht anfechten können (vgl. ständige Rechtsprechung, z.B. BGE 147 IV 409 E. 5.3.4).
Im vorliegenden Fall stellte das Bundesgericht fest, dass die Vorinstanz in ihrer Urteilsbegründung (E. 17) detailliert darlegte, weshalb sie davon ausging, dass der Beschwerdeführer die Nicht-Exportierbarkeit der Leistungen kannte. Die Vorinstanz setzte sich mit den Einwänden des Beschwerdeführers auseinander und begründete, weshalb sie dessen Gegenthese als unglaubwürdig erachtete, insbesondere unter Verweis auf frühere Entscheide des IV-Amts (von 1996, 1997, 1999, 2005) und die Korrespondenz von 2012. Auch die Frage des fiktiven Wohnsitzes in X.__ wurde ausführlich behandelt. Der Einwand bezüglich der unterschiedlichen Rechtssubjekte (Vater/Tochter) im Zusammenhang mit der Rückerstattung war nach Ansicht des Bundesgerichts von vornherein unerheblich, da der Vater als gesetzlicher Vertreter handelte und die Leistungen auf sein Konto flossen. Die Vorinstanz musste diesen offensichtlich unerheblichen Einwand nicht explizit im Rahmen der rechtlichen Würdigung (Art. 70 StGB) behandeln.
Das Bundesgericht verneinte somit eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör, da die Vorinstanz die relevanten Punkte hinreichend begründet hatte.
3.2. Rüge der willkürlichen Sachverhaltsfeststellung (Willkür nach Art. 9 BV)
Der Beschwerdeführer bestritt, dass er im ersten Anklagezeitraum (2012-2015) Kenntnis davon hatte, dass die IV-Leistungen bei längerem Auslandaufenthalt nicht exportierbar waren. Er argumentierte, sein Brief vom 30. September 2015 an das IV-Amt, in dem er den Umzug nach Chile ankündigte und um Weiterzahlung der Rente bat, zeige seine Unkenntnis. Zudem bestritt er, dass frühere IV-Entscheide (1996, 1997, 1999, 2005) seine Kenntnis belegten. Er hielt auch die Annahme für willkürlich, dass die Anmietung eines Wohnsitzes in X.__ Täuschungszwecken diente.
Das Bundesgericht erinnerte an den Massstab für Willkür (offensichtlich unhaltbar, stossender Widerspruch zur tatsächlichen oder rechtlichen Situation) und betonte, dass appellatorische Kritik nicht genügt. Es stellte fest, dass der Beschwerdeführer zentrale Feststellungen der Vorinstanz nicht willkürlich begründete: * Die Vorinstanz hatte festgestellt, dass der Beschwerdeführer bereits mit Entscheiden des IV-Amts von 2003, 2004 und 2007 über die Meldepflicht bei Auslandaufenthalten von über drei Monaten oder Wohnsitzverlegung ins Ausland informiert worden war. Diese Feststellung wurde vom Beschwerdeführer nicht willkürlich gerügt und war somit bindend. * Die Entscheide von 1996, 1997 und 1999 betrafen zusätzliche Schulmassnahmen für die Tochter. Die Vorinstanz ging davon aus, dass diese Entscheide, die auf einen Aufenthalt in Chile Bezug nahmen, eine Änderung der Leistungen gegenüber einem früheren Zustand in der Schweiz bedeuteten. Das Bundesgericht hielt diese Interpretation für haltbar, da vorher (1989-1995 in der Schweiz) andere Massnahmen gewährt worden waren. * Bezüglich der Entscheide von 2005 (13.01.2005 und 06.04.2005, die Leistungen aufhob) stellte die Vorinstanz fest, dass die Leistungen mit Entscheiden vom 14. und 24. November 2005 wieder reaktiviert wurden, nachdem der Beschwerdeführer die Rückkehr in die Schweiz gemeldet hatte. Dieses Muster (Aufhebung bei Wegzug, Reaktivierung bei Rückkehr im selben Jahr) liess die Vorinstanz haltbar schliessen, dass der Beschwerdeführer Kenntnis von der Konsequenz der Wohnsitzverlegung hatte. Der Beschwerdeführer rügte diese Feststellung nicht willkürlich. * Der Schriftwechsel mit dem IV-Amt im Herbst 2012 (E-Mail vom 27.09.2012, Ankündigung der Rückkehr auf 01.11.2012) führte gemäss Feststellung der Vorinstanz zum Entscheid vom 19. November 2012, der die Leistungen ab 01.11.2012 wiederherstellte und erneut auf die Meldepflicht bei Auslandaufenthalt von über 3 Monaten oder Wohnsitzverlegung hinwies. Auch diese Feststellung wurde nicht willkürlich gerügt. * Das Bundesgericht bestätigte die Feststellung der Vorinstanz, dass die Miete des Rusticos in X.__ (vom 01.11.2012 bis April 2015) und die Anmeldung beim Einwohneramt mit Eintragung in Wahl- und Steuerregister aktiven Täuschungshandlungen dienten, um einen fiktiven Wohnsitz zu schaffen. Die vom Beschwerdeführer vorgelegten Dokumente waren konsistent und liessen für die Behörden keine offensichtlichen Widersprüche erkennen.
Zusammenfassend kam das Bundesgericht zum Schluss, dass die Vorinstanz die Kenntnis des Beschwerdeführers über die Nicht-Exportierbarkeit der Leistungen im Zeitraum 2012-2015 nicht willkürlich festgestellt hat, da sie sich auf eine Vielzahl von belastbaren Beweismitteln stützte (wiederholte schriftliche Hinweise auf die Meldepflicht, Leistungsänderungen in der Vergangenheit im Zusammenhang mit Auslandsaufenthalten, Muster der Aufhebung/Reaktivierung im Jahr 2005, spezifischer Hinweis im Jahr 2012, aktive Massnahmen zur Schaffung eines fiktiven Wohnsitzes).
3.3. Rüge des Fehlens von Arglist (Art. 146 StGB)
Der Beschwerdeführer machte geltend, es fehle am Tatbestandsmerkmal der Arglist. Er argumentierte, das IV-Amt hätte aufgrund seiner wiederholten Auslandaufenthalte und Rückkehr mehr Kontrollen durchführen müssen, wodurch der Irrtum vermeidbar gewesen wäre. Die geforderte minimale Sorgfaltspflicht des Opfers sei nicht erfüllt.
Das Bundesgericht legte die Kriterien für Arglist dar: Arglist liegt nicht nur bei einem Lügengebäude, betrügerischen Machenschaften oder einer Inszenierung vor, sondern auch wenn der Täter sich auf einfache falsche Angaben beschränkt, deren Überprüfung nicht möglich, schwierig oder nicht zumutbar ist, oder wenn er das Opfer von einer Überprüfung abhält oder nach den Umständen voraussieht, dass dieses darauf verzichtet (vgl. BGE 150 IV 169 E. 5.1). Im Bereich der Sozialversicherungen erfordert Betrug ein aktives Täuschen des Versicherers (BGE 140 IV 206 E. 6.3.1.3). Das Bundesgericht betonte, dass die Vorinstanz feststellte, der Beschwerdeführer habe aktiv Massnahmen ergriffen, um einen fiktiven Wohnsitz in der Schweiz zu schaffen (Mietverträge, Anmeldung bei der Gemeinde, Eintragung in Register) und den Behörden konsistente Informationen und Dokumente vorgelegt. Diese aktiven Täuschungshandlungen machten eine eingehende Überprüfung durch das IV-Amt schwierig oder nicht zumutbar und liessen es nicht als sorgfaltswidrig erscheinen, dass die Behörde den Täuschungsversuch nicht erkannte. Das Erfordernis der Arglist war somit erfüllt.
3.4. Rüge der unzutreffenden Anwendung von Art. 70 StGB (Konfiskation/Rückerstattung)
Die Vorinstanz hatte die Rückerstattung der unrechtmässig bezogenen Leistungen (Fr. 231'384.--) aus beschlagnahmten Vermögenswerten des Beschwerdeführers zugunsten des Staates Tessin (IV-Amt) gestützt auf Art. 70 Abs. 1 StGB angeordnet. Der Beschwerdeführer rügte eine Verletzung von Art. 70 Abs. 2 StGB. Er machte geltend, der Betrag sei zugunsten seiner Tochter, der Leistungsempfängerin, erhoben worden. Sie sei ein Dritter im Sinne von Art. 70 Abs. 2 StGB, sei am Delikt nicht beteiligt und die Rückerstattung sei für sie unverhältnismässig hart.
Das Bundesgericht erläuterte die Unterscheidung zwischen Art. 70 Abs. 1 StGB (Einziehung/Rückerstattung des Deliktserlöses) und Art. 70 Abs. 2 StGB (Schutz Dritterwerber). Art. 70 Abs. 2 StGB schützt ausschliesslich den Dritterwerber, der Vermögenswerte nachträglich im Rahmen eines Rechtsgeschäfts ohne Zusammenhang mit der Straftat erworben hat, in Unkenntnis der deliktischen Herkunft, gegen angemessene Gegenleistung oder wenn die Einziehung für ihn übermässig hart wäre. Als Drittbegünstigter gilt demgegenüber, wer das Vermögen direkt durch die Straftat erlangt.
Im vorliegenden Fall stellte das Bundesgericht fest, dass der Beschwerdeführer als gesetzlicher Vertreter der Tochter handelte. Die Vermögenswerte (die unrechtmässig bezogenen IV-Leistungen) wurden direkt vom Beschwerdeführer (wenn auch auf Rechnung der Tochter) durch das Delikt erlangt und auf sein Konto überwiesen. Die Tochter sei allenfalls als direkte Begünstigte dieser Leistungen zu betrachten, aber keinesfalls als Dritterwerberin im Sinne von Art. 70 Abs. 2 StGB. Daher sei Art. 70 Abs. 2 StGB auf diesen Fall nicht anwendbar. Die Anordnung der Rückerstattung gestützt auf Art. 70 Abs. 1 StGB zugunsten der geschädigten Person (Staat/IV-Amt) sei korrekt. Die Argumente des Beschwerdeführers zu Art. 25 ATSG (LPGA) seien hier nicht massgebend, da die Rückerstattung auf Art. 70 Abs. 1 StGB basiere.
4. Fazit
Das Bundesgericht wies die Beschwerde, soweit darauf eingetreten werden konnte, ab. Es bestätigte den Schuldspruch wegen qualifizierten Betrugs, die Strafe und die Anordnung der Rückerstattung der unrechtmässig bezogenen Leistungen. Der Antrag auf unentgeltliche Rechtspflege wurde abgewiesen, da der Beschwerdeführer aufgrund seines Vermögens (verbleibendes Kontoguthaben nach teilweiser Freigabe des Arrests) nicht bedürftig sei. Die Gerichtskosten wurden dem Beschwerdeführer auferlegt.
5. Kurze Zusammenfassung der wesentlichen Punkte