Absolut. Hier ist eine detaillierte Zusammenfassung des Urteils 4A_111/2025 des Schweizerischen Bundesgerichts:
Zusammenfassung des Urteils 4A_111/2025 des Schweizerischen Bundesgerichts
1. Einleitung
Das Urteil 4A_111/2025 vom 12. Mai 2025 der I. zivilrechtlichen Abteilung des Bundesgerichts befasst sich mit der Anfechtung einer ausserordentlichen Kündigung eines Mietverhältnisses über eine Wohnliegenschaft durch den Vermieter gestützt auf Art. 257f Abs. 3 des Obligationenrechts (OR). Streitpunkt ist die Gültigkeit einer Kündigung wegen wiederholter Verletzung der Pflicht zur Sorgfalt und Rücksichtnahme durch den Mieter (Beschwerdeführer).
2. Sachverhalt
Der Beschwerdeführer war Mieter einer 2-Zimmer-Wohnung der Beschwerdegegnerin. Nach wiederholten Beschwerden anderer Hausbewohner über Lärm- und Geruchsimmissionen sowie rücksichtsloses Verhalten des Beschwerdeführers mahnte die Beschwerdegegnerin den Beschwerdeführer schriftlich ab und drohte die Kündigung an. Da das Verhalten des Beschwerdeführers gemäss Vermieterin trotz Mahnung anhielt, kündigte die Beschwerdegegnerin das Mietverhältnis am 25. April 2022 per 31. Mai 2022 ausserordentlich gestützt auf Art. 257f Abs. 3 OR. Der Beschwerdeführer focht die Kündigung beim Bezirksgericht und anschliessend beim Obergericht des Kantons Zürich an, jedoch ohne Erfolg. Die kantonalen Instanzen erachteten die Kündigung als gültig.
3. Massgebende Rechtsgrundlagen und Grundsätze
Das Bundesgericht legt die massgebenden Rechtsgrundlagen dar, unter deren Licht es den Fall prüft:
- Art. 257f OR (Sorgfalt und Rücksichtnahme): Abs. 1 und 2 schreiben dem Mieter sorgfältigen Gebrauch und Rücksichtnahme auf Hausbewohner und Nachbarn vor. Abs. 3 erlaubt dem Vermieter, nach schriftlicher Mahnung bei fortgesetzter Pflichtverletzung, die die Fortsetzung des Mietverhältnisses unzumutbar macht, fristlos oder bei Wohnräumen mit einer Frist von mindestens 30 Tagen auf Ende eines Monats zu kündigen.
- Beurteilung der Zumutbarkeit (Art. 257f Abs. 3 OR i.V.m. Art. 4 ZGB): Die Frage, ob die Fortsetzung des Mietverhältnisses unzumutbar ist, stellt einen Ermessensentscheid dar, der vom Sachgericht nach Billigkeit (Art. 4 ZGB) zu treffen ist. Das Bundesgericht prüft solche Ermessensentscheide nur mit Zurückhaltung und schreitet nur ein, wenn das Sachgericht das ihm zustehende Ermessen missbraucht hat, namentlich indem es anerkannte Grundsätze missachtet, unmassgebende Gesichtspunkte berücksichtigt oder rechtserhebliche Umstände ausser Acht gelassen hat, oder wenn das Ergebnis stossend unbillig ist (Verweis auf BGE 130 III 28 E. 4.1, 126 III 223 E. 4a, Urteil 4A_178/2024 E. 3.1.2).
- Sachverhaltsfeststellung und Beweiswürdigung (Art. 105, 106 BGG): Das Bundesgericht legt seinem Urteil den von der Vorinstanz festgestellten Sachverhalt zugrunde (Art. 105 Abs. 1 BGG). Eine Berichtigung oder Ergänzung des Sachverhalts ist nur möglich, wenn dieser offensichtlich unrichtig (d.h. willkürlich) ist oder auf einer Rechtsverletzung beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG). Die Rüge offensichtlicher Unrichtigkeit unterliegt dem strengen Rügeprinzip (Art. 106 Abs. 2 BGG, Verweis auf BGE 140 III 264 E. 2.3).
- Beweisführungsanspruch und antizipierte Beweiswürdigung (Art. 29 Abs. 2 BV, Art. 8 ZGB, Art. 152 ZPO): Parteien haben Anspruch darauf, für rechtserhebliche Behauptungen zum Beweis zugelassen zu werden. Dies schliesst jedoch die antizipierte Beweiswürdigung nicht aus. Ein Gericht verletzt den Beweisführungsanspruch nicht, wenn es aufgrund bereits abgenommener Beweise in willkürfreier, vorweggenommener Beweiswürdigung annimmt, dass weitere Beweismittel seine Überzeugung nicht ändern würden (Verweis auf BGE 136 I 229 E. 5.3, 134 I 140 E. 5.3, 130 II 425 E. 2.1). Die antizipierte Beweiswürdigung wird vom Bundesgericht nur unter Willkürgesichtspunkten überprüft (Verweis auf BGE 138 III 374 E. 4.3.2, Urteil 4A_335/2024 E. 3.1.1).
- Zeugenbefragung (Art. 173 ZPO): Die Parteien haben das Recht, Ergänzungsfragen an Zeugen zu beantragen oder mit Bewilligung des Gerichts zu stellen.
4. Begründung des Gerichts und Behandlung der Rügen
Das Bundesgericht prüfte die vom Beschwerdeführer vorgebrachten Rügen detailliert:
- Sachverhaltsfeststellung und Beweiswürdigung der Pflichtverletzungen: Die Vorinstanz stützte sich auf die Zeugenaussagen der Nachbarn und deren schriftliche Beschwerden. Diese belegten gemäss Vorinstanz (und vom Bundesgericht geschützt) wiederholte und langanhaltende Lärm- und Geruchsimmissionen durch den Beschwerdeführer, namentlich laute Musik (mit Bässen), Schreien, Beschimpfungen, Drohungen, Türknallen, auch zu Ruhezeiten. Die Vorinstanz (und ihr folgend das Bundesgericht) erachtete die Zeugenaussagen als glaubhaft begründet durch Detaillierungsgrad, Nüchternheit, fehlende Übertreibungen/Widersprüche und eingeräumte Erinnerungslücken. Sie wies die pauschalen Bestreitungen des Beschwerdeführers zurück, da diese durch keine Beweismittel gestützt seien und keine Anhaltspunkte für eine Verschwörung der Nachbarn bestünden. Das Bundesgericht fand diese Beweiswürdigung nicht willkürlich (E. 3.2.1, 3.2.2, 3.3.1).
- Rügen zum Beweisverfahren und rechtlichen Gehör:
- Vermischung von Tat- und Rechtsfragen: Der Beschwerdeführer rügte, die Vorinstanz habe bei der Zeugenbefragung Tat- und Rechtsfragen vermischt, indem sie die Zeugen auch zur Zumutbarkeit befragte. Das Bundesgericht verwarf diese Rüge. Die Frage der Zumutbarkeit ist zwar eine Rechtsfrage, basiert aber auf dem Sachverhalt der Pflichtverletzungen. Es ist nicht zu beanstanden, wenn die Zeugen zur Art, Schwere und Dauer der Störungen befragt werden, da diese Feststellungen die Grundlage für die rechtliche Beurteilung der Zumutbarkeit bilden. Die Befragung der Zeugen zu ihrer Einschätzung über den angemessenen Umgang mit der Situation betrifft Umstände, die für die Zumutbarkeitsprüfung relevant sind (Betroffenheit der Nachbarn). Ein Verstoss gegen Art. 154 ZPO wurde verneint (E. 3.3.1).
- Durchführung der Zeugenbefragung durch die Gegenpartei (Démission du Juge): Der Beschwerdeführer rügte, die Erstinstanz habe die Zeugenbefragung de facto der Beschwerdegegnerin überlassen. Das Bundesgericht prüfte dies unter Willkürgesichtspunkten als Tatfrage zum Verfahren. Es stellte fest, dass Art. 173 ZPO den Parteien erlaubt, mit gerichtlicher Bewilligung Ergänzungsfragen zu stellen, was gemäss Vorinstanz geschehen sei. Die blosse Tatsache, dass der Rechtsvertreter der Beschwerdegegnerin mehr Fragen stellte oder sich auf die Pflichtverletzungen konzentrierte, begründet keine Verletzung von Bundesrecht oder Unverwertbarkeit der Aussagen (E. 3.3.1).
- Verweigerung der persönlichen Teilnahme an Verhandlungen / Verhandlungsunfähigkeit: Der Beschwerdeführer machte geltend, ihm sei die Teilnahme an Verhandlungen verwehrt worden oder diese seien trotz seiner Verhandlungsunfähigkeit durchgeführt worden.
- Termin vom 6. Januar 2023 (Parteiverhandlung): Der Beschwerdeführer war anwaltlich vertreten und konnte seinen Standpunkt darlegen. Ein Anspruch auf persönliche Anhörung zu diesem Zeitpunkt (vor Beweisverfahren) oder eine Verschiebung wegen geltend gemachter Verhandlungsunfähigkeit ergibt sich nicht aus Art. 228 Abs. 1 ZPO. Das rechtliche Gehör war gewahrt (E. 3.3.2).
- Termin vom 29. März 2023 (1. Zeugenbefragung): Unbestrittenermassen war der Beschwerdeführer physisch anwesend und anwaltlich vertreten. Sein Recht auf Teilnahme und rechtliches Gehör war gewahrt, auch wenn er behauptet, aufgrund seiner Verfassung nicht effektiv teilnehmen gekonnt zu haben. Die anwaltliche Vertretung konnte ihn vertreten (E. 3.3.2).
- Termin vom 15. Mai 2023 (2. Zeugenbefragung, geplante Befragung BF): Das Bundesgericht schützte die vorinstanzliche Begründung für die Abweisung des Verschiebungsgesuchs (schwankender Gesundheitszustand, keine Unmöglichkeit einer Verschiebung nach früheren Erfahrungen) und den Verzicht auf die Befragung des Beschwerdeführers als antizipierte Beweiswürdigung. Die Vorinstanz konnte willkürfrei annehmen, dass die Befragung des Beschwerdeführers an der gewonnenen Überzeugung (basierend auf konsistenten Zeugenaussagen der beiden Befragungen) nichts mehr geändert hätte. Der Beschwerdeführer legte keine konkreten neuen Argumente dar, die er persönlich vorgebracht hätte und die über seine schriftlichen Eingaben und die Vorträge seiner Rechtsvertretung hinausgehen. Der Verzicht verletzte das rechtliche Gehör und den Beweisführungsanspruch nicht (E. 3.3.2).
- Instruktion der Rechtsvertretung: Die Rüge, der Beschwerdeführer habe seine Rechtsvertreterin nicht zielgerichtet instruieren können, wurde von der Vorinstanz (und vom Bundesgericht geschützt) verworfen. Die Vorinstanz nahm willkürfrei an, dass genügend Zeit für die Instruktion bestand (E. 3.2.3, 3.3.1, 3.3.2).
- Beurteilung der Zumutbarkeit (Art. 257f Abs. 3 OR): Die Vorinstanz kam zum Schluss, dass das Verhalten des Beschwerdeführers die Fortsetzung des Mietverhältnisses für die Vermieterin und die übrigen Hausbewohner unzumutbar machte. Dies stützte sich auf:
- Die festgestellten wiederholten Pflichtverletzungen trotz Mahnung über einen Zeitraum von über zwei Jahren.
- Die Betroffenheit der übrigen Mietparteien, die in ihren Zeugenaussagen die Unzumutbarkeit bestätigten.
- Die Tatsache, dass mindestens eine Mietpartei wegen des Verhaltens gekündigt hatte und es für eine weitere Partei ein Kündigungsgrund war; ein weiterer Mieter war deswegen auf Wohnungssuche und zog weg.
- Die Forderungen nach Mietzinsreduktion und die Kündigungen betroffener Mieter zeigten, dass die Situation objektiv untragbar war.
Die Kündigung wurde als einzig geeignete Massnahme zur Wiederherstellung des Hausfriedens erachtet. Das Bundesgericht befand, dass die Vorinstanz bei dieser Beurteilung ihr Ermessen nicht missbraucht hat und die Kündigung gestützt auf Art. 257f Abs. 3 OR rechtens ist (E. 3.2.4, 3.3.3).
- Missbräuchlichkeit der Kündigung (Art. 271/271a OR): Angesichts der Gültigkeit der Kündigung gemäss Art. 257f Abs. 3 OR musste die Vorinstanz nicht prüfen, ob sie zusätzlich nach Art. 271/271a OR zulässig oder missbräuchlich wäre. Das Bundesgericht folgt dieser Auffassung (E. 3.2.4).
5. Ergebnis und Schlussfolgerung
Das Bundesgericht weist die Beschwerde des Mieters ab. Es bestätigt die vorinstanzliche Feststellung, dass der Beschwerdeführer seine mietvertraglichen Pflichten zur Sorgfalt und Rücksichtnahme wiederholt und schwerwiegend verletzt hat und die Fortsetzung des Mietverhältnisses nach Abmahnung für die Vermieterin und die übrigen Hausbewohner unzumutbar geworden war. Die Rügen des Beschwerdeführers bezüglich Sachverhaltsfeststellung und Beweiswürdigung (insbesondere der Glaubhaftigkeit der Zeugen) sowie Verfahrensfehler (rechtliches Gehör, Beweisführung, Nicht-Anhörung) wurden als unbegründet abgewiesen. Die vorinstanzliche Beurteilung der Zumutbarkeit als Ermessensentscheid wird als rechtskonform erachtet.
Kurze Zusammenfassung der wesentlichen Punkte:
- Das Bundesgericht hat die Kündigung eines Mieters gemäss Art. 257f Abs. 3 OR wegen wiederholter Verletzung der Rücksichtnahmepflicht bestätigt.
- Die Vorinstanzen haben aufgrund übereinstimmender Zeugenaussagen von Nachbarn Lärm- und Geruchsstörungen durch den Mieter als erwiesen betrachtet.
- Die Fortsetzung des Mietverhältnisses wurde für Vermieter und Mieter als unzumutbar befunden, was durch Mieterkündigungen und -abwanderungen gestützt wurde.
- Rügen des Mieters bezüglich Verfahrensfehlern, insbesondere des rechtlichen Gehörs und der Beweisführung (u.a. Nicht-Anhörung des Mieters, Zeugenbefragung), wurden detailliert geprüft und abgewiesen, unter Hinweis auf anwaltliche Vertretung, antizipierte Beweiswürdigung und die Feststellungen der Vorinstanz.
- Das Bundesgericht fand keinen Ermessensmissbrauch bei der Beurteilung der Unzumutbarkeit.
Da die Beschwerde abgewiesen wurde, trägt der Beschwerdeführer die Gerichtskosten. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wurde wegen Aussichtslosigkeit abgewiesen.