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Das Urteil des Schweizerischen Bundesgerichts (1C_210/2024 vom 13. Juni 2025) befasst sich mit einem Rekurs wegen Rechtsverweigerung ("déni de justice") im Zusammenhang mit einer Baubewilligung und den daraus resultierenden Immissionen.
Wesentliche Sachverhaltsfeststellungen
Die Intimierten sind Eigentümer der Parzelle Nr. 738 in Château-d'Oex, die in einer Chaletzone liegt. Auf dem Grundstück befanden sich bereits mehrere Bauten. Im September 2016 erhielten sie eine Baubewilligung für eine unterirdische Garage/Depot und eine angegliederte Garage. Eine ergänzende Bewilligung wurde im November 2016 ohne öffentliche Auflage erteilt.
Die Beschwerdeführer, die in einem gegenüberliegenden Chalet wohnen, beklagten sich ab Mai 2018 über Lärmimmissionen (Verkehr, Reinigung und Wartung von Fahrzeugen/Baumaschinen) aus dem Garagen-Depot, die ihrer Meinung nach unvereinbar mit der Chaletzone seien, in der nur nicht störende Aktivitäten zulässig sind. Sie forderten eine öffentliche Auflage wegen eines vermeintlichen Nutzungswechsels. Die Gemeinde lehnte dies im Juni 2019 ab, da die Nutzung den Bewilligungen entspreche und keine Waschanlage vorhanden sei.
Ein kantonales Urteil vom November 2020 reformierte die Gemeindeentscheidung teilweise: Es wurde eine ergänzende Baubewilligung für eine (bisher nicht erfasste) Waschstation (innen und aussen) angeordnet, lehnte aber einen bewilligungspflichtigen Nutzungswechsel ab. Lärmimmissionen seien eine Frage der Wiederherstellung des rechtmässigen Zustands, die zu diesem Zeitpunkt nicht Streitgegenstand sei.
Das Bundesgericht hob dieses kantonale Urteil mit Urteil vom 3. Dezember 2021 (1C_2/2021) teilweise auf. Es bestätigte die Anordnung einer ergänzenden Baubewilligung für die Waschstation. Im Übrigen wurde die Sache an die Gemeinde Château-d'Oex zurückgewiesen mit der Auflage, von den Intimierten einen vollständigen und umfassenden Bericht über die auf Parzelle Nr. 738 ausgeübten Tätigkeiten einzufordern und diesen der Direktion General für Umwelt des Kantons Waadt (DGE) zur Prüfung der Lärmimmissionen aus dem Garagen-Depot und der unterirdischen Garage vorzulegen.
Parallel zum bundesgerichtlichen Verfahren erfolgte ein Regularisierungsverfahren für die Waschanlage. Die DGE erteilte im Mai 2021 eine positive Stellungnahme (CAMAC-Synthese), die sowohl die Waschanlage als auch die anderen Aktivitäten umfasste und Bedingungen zum Lärmschutz festlegte. Die Gemeinde erteilte daraufhin im Mai 2021 die Baubewilligung (Regularisierung) und wies die Einsprache der Beschwerdeführer ab. Da diese Entscheidung nicht angefochten wurde, wurde im August 2021 eine Benützungsbewilligung erteilt.
Nach der ersten bundesgerichtlichen Rückweisung reichten die Bauherren im Januar 2022 die im Bundesgerichtsurteil erwähnten ergänzenden Unterlagen bei der Gemeinde ein, welche diese an die DGE weiterleitete. Die DGE stellte im März 2022 fest, dass die Planwerte für Lärmimmissionen (Empfindlichkeitsstufe II) eingehalten wurden. Die Beschwerdeführer forderten die Gemeinde wiederholt auf, eine neue, anfechtbare Entscheidung zu erlassen, da die Bewilligungen von 2016 ihrer Meinung nach nicht gültig erteilt worden seien. Die Gemeinde teilte im April und Mai 2022 mit, dass die Anordnungen des Bundesgerichts erfüllt und die Normen eingehalten seien, und der Fall abgeschlossen sei. Im August 2023 erhoben die Beschwerdeführer schliesslich bei der kantonalen Gerichtsbarkeit eine Rechtsverweigerungsbeschwerde, die im Februar 2024 abgewiesen wurde. Das Kantonsgericht befand, das Bundesgericht habe keine erneute Entscheidung über die ursprünglichen Bewilligungen angeordnet, und die DGE habe im Rahmen des Regularisierungsverfahrens alle Aktivitäten geprüft und deren Konformität mit der Lärmschutzverordnung (LSV) festgestellt.
Rechtliche Problematik und Argumentation des Bundesgerichts
Die Beschwerdeführer rügen eine Rechtsverweigerung und eine Verletzung von Art. 107 Abs. 2 BGG sowie Art. 29 Abs. 1 BV (Recht auf gerechtes Verfahren und Behandlung innert angemessener Frist) und Art. 29 Abs. 2 BV (Recht auf Gehör).
Zur Auslegung des ersten Rückweisungsentscheids (1C_2/2021): Das Bundesgericht präzisiert die Tragweite seines ersten Urteils. Es stellt klar, dass die ursprünglichen Baubewilligungen von 2016 (Nr. 1336 und 1395) nicht aufgehoben wurden. Der Mangel im ursprünglichen Bewilligungsverfahren bestand darin, dass die notwendigen Informationen zur Prüfung der Lärmkonformität fehlten und die zuständige kantonale Behörde (DGE) nicht einbezogen wurde (Art. 42 Abs. 1 USG). Hinzu kam die nachträglich eingerichtete Waschanlage. Die Beschwerdeführer waren daher berechtigt, eine nachträgliche Kontrolle der Immissionen zu verlangen. Das Bundesgericht hatte die Sache an die Gemeinde zurückgewiesen, um eine umfassende Prüfung der Lärmimmissionen aller Aktivitäten auf der Parzelle 738 zu ermöglichen, dies idealerweise im Rahmen des bereits laufenden Regularisierungsverfahrens für die Waschanlage. Es wurde kein Nutzungswechsel festgestellt, der eine neue Bewilligung im Sinne von Art. 22 RPG erfordert hätte. Die Situation ähnelte vielmehr einem Fall, in dem eine Bewilligung auf fehlerhaften Annahmen beruhte oder sich die Umstände seit der Erteilung der Bewilligung so entwickelt haben, dass eine Neubewertung und gegebenenfalls eine Anpassung der Anlage erforderlich sind.
Zur Umsetzung der Rückweisung und materielle Erfüllung der Anordnungen: Das Bundesgericht stellt fest, dass die Gemeinde nicht erneut über die Baubewilligungen von 2016 befinden musste, da diese nicht aufgehoben worden waren. Trotz der chronologischen Schwierigkeit, dass das Regularisierungsverfahren für die Waschanlage bereits vor dem Rückweisungsentscheid des Bundesgerichts abgeschlossen war, wurde die materielle Anordnung des Bundesgerichts erfüllt. Die DGE hatte im Rahmen dieses Regularisierungsverfahrens (CAMAC-Synthese vom Mai 2021) die Lärmimmissionen aller auf der Parzelle ausgeübten Tätigkeiten geprüft und als konform mit der Lärmschutzverordnung befunden. Die Beschwerdeführer hatten im Rahmen dieses Regularisierungsverfahrens Einsprache erhoben und ihr Recht auf Gehör wahrnehmen können. Da sie die Abweisung ihrer Einsprache nicht gerichtlich angefochten hatten, wurde die Bewilligung rechtskräftig.
Zum nachgereichten Bericht und der Stellungnahme der DGE: Die vom Bundesgericht angeordneten weiteren Schritte – die Einholung eines umfassenden Berichts der Intimierten (Januar 2022) und die Stellungnahme der DGE dazu (März 2022), die ebenfalls die Einhaltung der Lärmschutzwerte bestätigte – stellten eine weitere materielle Erfüllung der Anordnungen dar. Obwohl diese Schritte ausserhalb des bereits abgeschlossenen Regularisierungsverfahrens erfolgten, brachte die Stellungnahme der DGE vom März 2022 keine neuen Aspekte hervor, die nicht bereits im Rahmen der Regularisierungsentscheidung vom Mai 2021 hätten angefochten werden können. Die Beschwerdeführer hatten Kenntnis von diesen Dokumenten, rügten aber deren Inhalt nicht.
Keine Rechtsverweigerung der Gemeinde: Das Bundesgericht bestätigt die Auffassung des Kantonsgerichts, dass die Gemeinde die verbindlichen Anweisungen des Bundesgerichts beachtet und über alle auf der Parzelle 738 befindlichen Anlagen entschieden hat. Es liegt keine Verletzung der Autorität des Bundesgerichtsentscheids (Art. 107 Abs. 2 BGG) oder eine Rechtsverweigerung vor. Die Schreiben der Gemeinde vom April und Mai 2022, in denen sie mitteilte, der Fall sei abgeschlossen und es bestehe kein Recht auf einen neuen Entscheid, waren als materielle Entscheide zu qualifizieren (Art. 5 VwVG analog). Solche Entscheide, die das Nichtbestehen eines Rechts feststellen, sind selbst anfechtbar. Die Beschwerdeführer haben diese Entscheide nicht innert der ordentlichen Frist angefochten, sondern erst Monate später eine Rechtsverweigerungsbeschwerde erhoben. Damit haben sie die Anfechtungsfrist verpasst.
Kostenverteilung (Willkürrüge): Die Beschwerdeführer rügten die Höhe der kantonalen Parteientschädigung für die Intimierten als willkürlich, da diese nur eine kurze Stellungnahme eingereicht hätten. Das Bundesgericht weist diese Rüge zurück. Die Höhe der Parteientschädigung bemisst sich nicht allein nach der Länge der eingereichten Schriftsätze, sondern nach dem gesamten Aufwand, der Bedeutung und der Schwierigkeit der Sache. Die vom Kantonsgericht zugesprochene Entschädigung lag im unteren Bereich des gesetzlich vorgesehenen Rahmens und war daher nicht willkürlich.
Querverweise und Kontext
Das Bundesgericht bezieht sich in seiner Argumentation auf frühere eigene Rechtsprechung zur Tragweite von Rückweisungsentscheiden (z.B. ATF 150 IV 417 E. 2.4.1 zur Bindungswirkung von Bundesgerichtsentscheiden) und zur Natur von Entscheiden (z.B. ATF 143 III 162 E. 2.2.1 und ATF 139 II 384 E. 1.3 zum materiellen Entscheidcharakter von Schreiben, die ein Recht auf einen neuen Entscheid verneinen). Die Situation, in der eine Baubewilligung nachträglich auf ihre Konformität mit Immissionsschutzvorschriften überprüft werden muss, weil die ursprünglichen Unterlagen unvollständig waren, ist ein wiederkehrendes Thema im Baurecht (vgl. auch 1C_498/2019 vom 21. Oktober 2020 E. 4.2). Die vorliegende Entscheidung bekräftigt, dass die materielle Erfüllung der gerichtlichen Anordnungen Vorrang vor rein formellen oder chronologischen Abweichungen haben kann, sofern die Rechte der Beteiligten (insbesondere das Recht auf Gehör) gewahrt bleiben.
Zusammenfassung der wesentlichen Punkte