Es handelt sich um ein experimentelles Feature. Es besteht keine Gewähr für die Richtigkeit der Zusammenfassung.
Parteien: * Beschwerdeführer (Recourants): 1. A._ SA (Gesellschaft), 2. B._ (Arbeitgeber, Arzt und Alleinaktionär der A._ SA). * Beschwerdegegnerin (Intimée): C._ (Arbeitnehmerin, medizinische Assistentin).
Streitgegenstand: Arbeitsvertrag, sexuelle Belästigung. Es geht um Lohnforderungen (Überstunden, zu viel bezahlter Lohn), Schadenersatz für unbegründete fristlose Kündigung durch die Arbeitnehmerin und Genugtuung für sexuelle Belästigung.
I. Sachverhalt
Die Beschwerdegegnerin C._ wurde am 15. Juli 2019 von B._ als medizinische Assistentin eingestellt, Arbeitsbeginn 1. September 2019. Die Gesellschaft A.__ SA, die im Vertrag als Arbeitgeberin aufgeführt war, wurde erst am 29. Juni 2021 ins Handelsregister eingetragen. Der Arbeitsvertrag sah einen Bruttolohn von CHF 4'750 (13x jährlich), 5 Wochen Ferien und Lohnfortzahlung bei Krankheit nach der Berner Skala vor (im 2. Dienstjahr 1 Monat, im 3. Dienstjahr 2 Monate). Pausenregelungen waren ebenfalls detailliert festgelegt: 15 Minuten bei >5.5 Stunden Arbeit, 30 Minuten bei >7 Stunden, 1 Stunde bei >9 Stunden. Überstunden sollten primär durch Freitage kompensiert werden.
Die Arbeitnehmerin arbeitete an vier Tagen pro Woche (montags über 7 Stunden, mittwochs, donnerstags und freitags über 9 Stunden). Ihre Mittagspausen wurden regelmässig nicht eingehalten, da sie von 12:30 Uhr bis 12:45 Uhr Patienten betreuen musste. Der Arbeitgeber war sich dieser Situation bewusst.
Der Arbeitgeber B.__ machte gegenüber seinen Mitarbeiterinnen häufig sexuelle Anspielungen. Er sagte der Arbeitnehmerin und einer Kollegin, sie müssten ihre Freunde "herzlich" danken, wenn sie wollten, dass diese im Haushalt aktiver seien. Als die Arbeitnehmerin einen kleinen Fehler machte, fragte er sie "Ah vous voulez la fessée!", und bei einer anderen Gelegenheit fragte er sie, ob sie eine Ohrfeige "sofort oder gleich" wolle. Einmal bot er der Arbeitnehmerin an, auf seinem Schoss Platz zu nehmen, als er ihren Computer benötigte. Zu Weihnachten schenkte er seinen Mitarbeiterinnen Gutscheine für Dessous.
Die Arbeitnehmerin war mehrfach und über längere Perioden arbeitsunfähig. Am 7. Juni 2021 sandte sie ein Arztzeugnis, das eine Arbeitsunfähigkeit bis zum 21. Juni 2021 bescheinigte. Der Arbeitgeber reagierte darauf mit einem Hinweis auf die Berner Skala und kündigte an, die Abrechnungen zu prüfen. Am folgenden Tag annullierte er die für den 28. Juni bis 4. Juli 2021 geplanten Ferien der Arbeitnehmerin. Der Vater der Arbeitnehmerin gab daraufhin die Schlüssel des Büros zurück, da die Arbeitnehmerin den Arbeitgeber nicht mehr sehen wollte. Mit Schreiben vom 25. Juni 2021 (Zugang 28. Juni 2021) kündigte die Arbeitnehmerin ihr Arbeitsverhältnis fristlos.
II. Prozessgeschichte
Die Arbeitnehmerin reichte am 21. Februar 2022 ein Schlichtungsgesuch ein, und nach dessen Scheitern am 28. Juni 2022 eine Klage gegen B._ und A._ SA beim Tribunal de Prud'hommes de l'arrondissement de l'Est vaudois. Sie forderte insgesamt CHF 27'424.65 brutto, CHF 2'000 netto sowie ein Arbeitszeugnis. Die Forderung nach einem Arbeitszeugnis wurde später zurückgezogen.
Das erstinstanzliche Arbeitsgericht wies die Klage gegen A._ SA ab und verurteilte B._ zur Zahlung von CHF 11'104.20 brutto und CHF 500 netto. Das kantonale Appellationsgericht (Cour d'appel civile du Tribunal cantonal du canton de Vaud) reformierte dieses Urteil am 28. August 2024 teilweise und verurteilte B.__ zur Zahlung von CHF 7'128.35 brutto und CHF 2'000 netto.
III. Erwägungen des Bundesgerichts
1. Zulässigkeit der Beschwerde (Art. 76, 100 LTF) Die Beschwerde von A._ SA wurde als unzulässig erklärt, da die Gesellschaft in keiner der Vorinstanzen verurteilt worden war und somit kein schutzwürdiges Interesse an der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheids hatte. Die Beschwerde von B._ war im Übrigen zulässig, da die gesetzlichen Voraussetzungen (Frist, Parteistellung, Streitwert) erfüllt waren.
2. Sachverhaltsfeststellung und Willkürrüge (Art. 9 BV) Das Bundesgericht prüft Willkür bei der Sachverhaltsfeststellung nur, wenn diese offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung beruht (Art. 105 Abs. 2 LTF), und wenn die Behebung des Mangels sich auf den Ausgang des Verfahrens auswirken könnte (Art. 97 Abs. 1 LTF). Eine blosse appellatorische Kritik ist ungenügend.
2.1 Sexuelle Belästigung: Der Beschwerdeführer rügte die willkürliche Feststellung sexueller Belästigung. Das Bundesgericht hielt fest, dass der Beschwerdeführer zwei der vier als sexuelle Belästigung qualifizierten Handlungen selbst eingeräumt hatte (Angebot, auf seinem Schoss Platz zu nehmen, und Dessous-Gutscheine). Die weiteren Vorfälle ("Fessée"-Äusserungen, "herzlich" bedanken) wurden durch Zeugenaussagen gestützt. Die vom Beschwerdeführer vorgebrachten Erläuterungen zum Kontext dieser Situationen wurden von der kantonalen Instanz nicht berücksichtigt und vom Beschwerdeführer im Vorverfahren auch nicht ausreichend dargelegt. Das Bundesgericht verwarf die Willkürrüge.
2.2 Zeitpunkt der fristlosen Kündigung: Der Beschwerdeführer machte geltend, die Arbeitnehmerin habe ihre Stelle bereits am 7. Juni 2021 verlassen und somit aufgegeben, nicht erst am 28. Juni 2021 fristlos gekündigt. Das Bundesgericht stützte sich auf die Würdigung der Vorinstanz: Das Verhalten der Arbeitnehmerin am 7. Juni 2021 (Abzug persönlicher Gegenstände, aber zunächst keine Schlüsselrückgabe) und die Reaktion des Arbeitgebers (Annullierung der Ferien für Ende Juni, was zeigt, dass er sie noch als angestellt betrachtete) sprachen gegen einen sofortigen Stellenabbruch. Auch das ärztliche Zeugnis vom 29. Juni 2021, das die fristlose Kündigung als notwendig erachtete, stützte die Version der Arbeitnehmerin. Die Rüge wurde ebenfalls abgewiesen.
2.3 Überstundenberechnung und Recht auf Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV):
3. Unbegründete fristlose Kündigung durch die Arbeitnehmerin (Art. 337d OR) Es war unbestritten, dass die fristlose Kündigung der Arbeitnehmerin ungerechtfertigt war, da die festgestellten sexuellen Belästigungen (im Gegensatz zur Würdigung des kantonalen Gerichts) nicht als derart schwerwiegend erachtet wurden, dass sie einen unverzüglichen Austritt gemäss Art. 337d OR gerechtfertigt hätten.
4. Rückforderung zu viel bezahlten Lohns (Art. 62 und 63 OR) Der Beschwerdeführer machte geltend, er habe irrtümlich zu hohe Lohnzahlungen geleistet und berief sich auf Art. 63 Abs. 1 OR (ungerechtfertigte Bereicherung). Gemäss dieser Bestimmung kann jemand, der freiwillig etwas geleistet hat, was er nicht schuldete, dies nur zurückfordern, wenn er beweist, dass er irrtümlich davon ausging, zur Zahlung verpflichtet zu sein (BGE 129 III 646 E. 3.2). Das Bundesgericht hielt fest, dass die Vorinstanz festgestellt hatte, der Arbeitgeber sei bei den zu viel bezahlten Lohnzahlungen nicht im Irrtum gewesen. Dies ist eine Sachverhaltsfeststellung, die der Beschwerdeführer nicht willkürlich gerügt hatte. Er versuchte lediglich, seine eigene Würdigung an die Stelle der Vorinstanz zu setzen. Die Rüge wurde daher abgewiesen.
5. Genugtuung für sexuelle Belästigung (Art. 49 OR, Art. 328 OR, Art. 4 GlG) * Rechtsgrundlage: Gemäss Art. 328 Abs. 1 OR hat der Arbeitgeber die Persönlichkeit des Arbeitnehmers zu schützen und zu achten. Bei Verletzung dieses Schutzes hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Genugtuung nach Art. 49 Abs. 1 OR, sofern die Schwere der Verletzung dies rechtfertigt. Die Höhe der Genugtuung hängt von der Schwere des Leidens und der Möglichkeit ab, dieses durch eine Geldsumme wesentlich zu mildern. Die Festsetzung der Genugtuung liegt im weiten Ermessen des Richters (Art. 4 ZGB). Das Bundesgericht übt bei der Überprüfung solcher Ermessensentscheide grosse Zurückhaltung aus und greift nur ein, wenn die Vorinstanz offenkundig von den massgebenden Regeln abgewichen ist, irrelevante Tatsachen berücksichtigt oder relevante Tatsachen ausser Acht gelassen hat oder das Ergebnis offensichtlich ungerecht ist (BGE 138 III 337 E. 6.3.1). * Anwendung: Die Vorinstanz hatte vier als sexuelle Belästigung qualifizierte Vorfälle festgestellt, die direkt vom Arbeitgeber ausgingen und gegen die er keine Massnahmen ergriffen hatte. Sie hielt den zugesprochenen Betrag von CHF 2'000 für angemessen, da er weniger als ein Drittel des schweizerischen Medianmonatslohns betrage. Das Bundesgericht befand, dass das kantonale Gericht die Regeln des richterlichen Ermessens nicht verkannt hatte. Die erneuten Versuche des Beschwerdeführers, die Schwere der Belästigung in Frage zu stellen, ohne eine Willkürrüge zu erheben, wurden als appellatorisch zurückgewiesen. * Ergebnis: Die Rüge wurde abgewiesen.
IV. Fazit
Das Bundesgericht bestätigte im Wesentlichen das Urteil des kantonalen Appellationsgerichts.
Kurzfassung der wesentlichen Punkte: