Zusammenfassung von BGer-Urteil 1C_68/2025 vom 27. Mai 2025

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Gerne, hier ist eine detaillierte Zusammenfassung des Urteils des Schweizerischen Bundesgerichts 1C_68/2025 vom 27. Mai 2025:

Detaillierte Zusammenfassung des Urteils 1C_68/2025 des Schweizerischen Bundesgerichts

1. Parteien und Streitgegenstand Der Beschwerdeführer A._, ein emeritierter Professor der Universität St. Gallen, reichte eine Strafanzeige gegen den Beschwerdegegner B._, den Verwaltungsdirektor der Universität St. Gallen, ein. Er warf ihm Hausfriedensbruch (Art. 186 StGB), Sachentziehung (Art. 141 StGB), Nötigung (Art. 181 StGB) und Amtsmissbrauch (Art. 312 StGB) vor. Die Vorwürfe beziehen sich auf das Betreten und Räumen seines gemieteten Büros an der Universität sowie den Austausch des Zylinderschlosses. Die Staatsanwaltschaft leitete die Strafanzeige an die Anklagekammer des Kantons St. Gallen zur Durchführung eines Ermächtigungsverfahrens weiter. Die Anklagekammer verweigerte die Ermächtigung zur Eröffnung eines Strafverfahrens, woraufhin A.__ Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beim Bundesgericht erhob.

2. Prozessuale Zulässigkeit (relevante Aspekte) Das Bundesgericht trat auf die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gemäss Art. 82 lit. a BGG ein, da es sich um die Verweigerung einer Ermächtigung zur Strafverfolgung gegen ein Behördenmitglied handelt und keine Ausschlussgründe (Art. 83 lit. e BGG) vorliegen. Der angefochtene Entscheid der Anklagekammer, der die Ermächtigung zur Strafverfolgung verweigert, gilt als Endentscheid (Art. 90 BGG) einer letzten kantonalen Instanz (Art. 86 Abs. 1 lit. d und Abs. 2 BGG). Der Beschwerdeführer ist als geschädigte Person gemäss Art. 115 Abs. 1 StPO zur Beschwerde berechtigt, auch hinsichtlich des Amtsmissbrauchs (Art. 312 StGB), da dieser nicht nur den Staat, sondern auch die direkt betroffenen Personen schützt (Hinweis auf BGE 1C_32/2022 E. 1.3). Das Bundesgericht trat einzig auf die Rüge der unterbliebenen Einvernahme des Beschwerdeführers nicht ein, da dieser nicht darlegte, inwiefern dies das Beweisergebnis geändert hätte (vgl. Art. 29 Abs. 2 BV und BGE 144 V 361 E. 6.5).

3. Massgebender Beweismassstab im Ermächtigungsverfahren Das Bundesgericht betont den im Ermächtigungsverfahren geltenden, gegenüber einer Anklage oder Einstellung reduzierten Beweismassstab: Für die Erteilung der Ermächtigung ist lediglich ein Mindestmass an Hinweisen auf ein strafrechtlich relevantes Verhalten erforderlich, das in minimaler Weise glaubhaft erscheinen muss. Die Ermächtigung darf nur bei offensichtlich und klarerweise unbegründeten Strafanzeigen verweigert werden (vgl. BGE 149 IV 183 E. 2.3). Der Vorwurf des Beschwerdeführers, die Vorinstanz habe einen gesetzeswidrigen Beweismassstab angelegt, wurde zurückgewiesen, da die Anklagekammer die erforderlichen Mindestindizien in ihrer Gesamtheit als nicht erfüllt erachtete.

4. Sachverhaltsfeststellung und ihre Würdigung durch das Bundesgericht

4.1. Chronologie der Ereignisse und Mietverhältnis: Die Anklagekammer stellte fest, dass ein mündlicher Mietvertrag über den Büroraum bestand und die Universität A._ seit 2017 mehrfach zur Räumung aufgefordert hatte. A._ hatte der Universität am 27. September 2023 angekündigt, das Büro bis Ende November 2023 zu verlassen, und im Herbst 2023 seine Absicht erklärt, der Universitätsbibliothek Bücher aus seiner Privatbibliothek zu schenken. Ein Schenkungsvertrag vom 5. Dezember 2023 sah vor, dass die Bücher bis 31. Januar 2024 in einem Magazin der Universitätsbibliothek gelagert würden und A.__ bis dahin uneingeschränkten Zugang hatte.

Die Korrespondenz zeigte, dass die Universität A._ am 18. Oktober 2023 über den Transport der Bücher informierte und er Zugang zu den Büchern in der Bibliothek haben würde. Am 21. November 2023 wurde A._ mitgeteilt, dass Bücher in seinem Büro verpackt worden seien, wobei er umgehend seinen Unmut über das Vorgehen in seiner Abwesenheit äusserte. Die Bibliotheksleiterin entgegnete jedoch, der Transport sei besprochen und bestätigt gewesen, und A._ habe den Bibliothekmitarbeitenden hierfür einen Schlüssel übergeben. A._ selbst schrieb am 11. Januar 2024 dem Beschwerdegegner, sein Büro sei "seit Dezember leer und geputzt".

Das Bundesgericht wies die Rüge der willkürlichen Sachverhaltsfeststellung (Art. 97 Abs. 1 BGG) durch die Anklagekammer zurück. Es hielt fest, dass die Vorinstanz nicht willkürlich davon ausging, dass die Ereignisse (Betreten, Verpacken, Abtransportieren) auch im Jahr 2024 stattfanden, sondern dies im Zusammenhang mit der Antragsfrist gesondert beurteilte. Auch die Berücksichtigung "persönlicher Akten und Anwaltsakten" wurde der Anklagekammer zugutegehalten, da sie A.__s eigene Mitteilung zitierte.

4.2. Rechtliche Würdigung der Vorwürfe:

  • Hausfriedensbruch (Art. 186 StGB) und Sachentziehung (Art. 141 StGB) für Ereignisse im Jahr 2023: Diese Delikte sind Antragsdelikte. Das Bundesgericht bestätigte, dass die dreimonatige Strafantragsfrist (Art. 31 StGB) am 2. Mai 2024, dem Tag der Strafanzeige, für die im Jahr 2023 erfolgten Handlungen (Betreten, Verpacken, Abtransportieren der Bücher) bereits abgelaufen war, da der Beschwerdeführer spätestens im Oktober/November 2023 davon Kenntnis hatte. Der Beschwerdeführer bestritt dies auch nicht substanziiert.

  • Amtsmissbrauch (Art. 312 StGB) für Ereignisse im Jahr 2023 (Offizialdelikt): Amtsmissbrauch erfordert den zweckentfremdeten Einsatz staatlicher Macht bzw. hoheitlicher Gewalt (BGE 127 IV 209 E. 1 a/aa). Das Bundesgericht schloss sich der Anklagekammer an, dass im vorliegenden Fall keinerlei Anzeichen für einen derartigen Missbrauch der Amtsgewalt vorliegen. Es wurde festgestellt, dass A.__ dem Bibliotheksteam selbst einen Schlüssel zu seinem Büro übergeben hatte und die Unterstützung bei der Räumung und dem Transport der Bücher vereinbart war. Diese Handlungen erfolgten daher klarerweise nicht in Ausübung hoheitlicher Gewalt, sondern im Rahmen einer (misslungenen) Vereinbarung zur Unterstützung der Büroräumung. Das Bundesgericht sah auch keine Hinweise auf einen Vorsatz, dem Beschwerdeführer einen Nachteil im Sinne von Art. 312 StGB zuzufügen.

  • Vorkommnisse im Jahr 2024 (Schlosswechsel, finaler Abtransport): Das Bundesgericht berücksichtigte, dass A._ mit eingeschriebenem Brief vom 27. September 2023 mitgeteilt hatte, das Büro bis Ende November 2023 zu verlassen. Zudem schrieb er am 11. Januar 2024 dem Beschwerdegegner, sein Büro sei "seit Dezember leer und geputzt". Obwohl ein Resttransport von Büchern im Januar 2024 geplant war, gab es laut Gericht keine konkreten Hinweise darauf, dass dies gegen den Willen des Beschwerdeführers geschah. A.__s eigene Mitteilungen zeigten klar seine Absicht zur Rückgabe des Büros, und er entrichtete gemäss seinen Angaben nur bis Mitte Januar 2024 Mietzins. Die Universitätsangestellten durften unter diesen Umständen davon ausgehen, dass die Mietsache zurückgegeben worden war, auch wenn A._ offenbar nicht alle Schlüssel zurückgegeben hatte. Vor diesem Hintergrund musste A.__ zum Zeitpunkt des Zylinderwechsels nicht mehr als "Berechtigter" im Sinne von Art. 186 StGB (Hausfriedensbruch) betrachtet werden.

  • Nötigung (Art. 181 StGB) und Sachentziehung (Art. 141 StGB) für 2024: Da die Universität angesichts der klaren Willensäusserung A.__s von einer Rückgabe der Räumlichkeiten ausgehen durfte, sah das Bundesgericht keine hinreichenden Anhaltspunkte für die vom Tatbestand der Nötigung vorausgesetzte Widerrechtlichkeit (vgl. BGE 141 IV 437 E. 3.2.1). Hinsichtlich der Sachentziehung (Art. 141 StGB) wies das Bundesgericht darauf hin, dass dieser Tatbestand sich nur auf bewegliche Sachen bezieht und der Beschwerdeführer nicht substanziiert darlegte, inwiefern dies auf den Austausch des Zylinderschlosses (unbewegliche Sache) Anwendung finden sollte.

5. Ergebnis und Fazit Das Bundesgericht kam zum Schluss, dass die von der Anklagekammer verweigerte Ermächtigung zur Strafverfolgung rechtmässig war, da die Strafanzeige hinsichtlich der für 2023 geltend gemachten Antragsdelikte verspätet war und für die übrigen Vorwürfe – insbesondere Amtsmissbrauch, Nötigung und Sachentziehung – keine ausreichenden Hinweise auf ein strafrechtlich relevantes Verhalten bestanden. Die Handlungen der Universitätsmitarbeitenden wurden im Rahmen einer vom Beschwerdeführer selbst initiierten und zugestimmten Räumungsaktion gesehen, nicht als missbräuchliche Ausübung hoheitlicher Gewalt oder als widerrechtliche Einschränkung seiner Rechte.

Zusammenfassung der wesentlichen Punkte:

  • Ermächtigungsstandard: Ermächtigung wird nur bei klarerweise unbegründeten Strafanzeigen verweigert; es genügt ein Mindestmass an Hinweisen auf strafrechtlich relevantes Verhalten.
  • Antragsdelikte (2023): Strafanträge für Hausfriedensbruch und Sachentziehung waren für die 2023 erfolgten Handlungen (Bürobetreten, Verpacken) verspätet.
  • Amtsmissbrauch (Art. 312 StGB): Die Handlungen der Universitätsmitarbeitenden (Betreten, Verpacken) stellten keinen "Missbrauch der Amtsgewalt" dar, da der Beschwerdeführer selbst seine Zustimmung (Schlüsselübergabe, Vereinbarung zur Räumungshilfe) erteilt hatte und keine hoheitliche Gewalt ausgeübt wurde. Auch kein Vorsatz zur Benachteiligung erkennbar.
  • Vorkommnisse 2024 (Schlosswechsel, Abtransport): Angesichts der klaren Absichtserklärung des Beschwerdeführers zur Büroräumung und -rückgabe (Ankündigung, Mietzinszahlung eingestellt, E-Mails) durfte die Universität davon ausgehen, dass er das Büro zurückgegeben hatte. Daher war der Schlosswechsel nicht widerrechtlich und begründete weder Hausfriedensbruch noch Nötigung.
  • Sachentziehung (Art. 141 StGB): Ist auf den Austausch des Zylinderschlosses nicht anwendbar, da dieser Tatbestand nur bewegliche Sachen betrifft.

Das Bundesgericht wies die Beschwerde somit ab und bestätigte die Verweigerung der Ermächtigung zur Strafverfolgung.