Zusammenfassung von BGer-Urteil 4A_661/2024 vom 2. Juni 2025

Es handelt sich um ein experimentelles Feature. Es besteht keine Gewähr für die Richtigkeit der Zusammenfassung.

Gerne fasse ich das bereitgestellte Urteil des Schweizerischen Bundesgerichts detailliert zusammen:

Bundesgerichtsurteil 4A_661/2024 vom 2. Juni 2025

I. Parteien und Streitgegenstand

Das Urteil betrifft eine zivilrechtliche Beschwerde von A._ (nachfolgend: Beschwerdeführer) gegen B._ SA (nachfolgend: Beschwerdegegnerin) vor dem Schweizerischen Bundesgericht. Der Streitgegenstand ist eine Schadensersatzforderung des Beschwerdeführers in Höhe von CHF 391'251.55 (zuzüglich Zinsen) wegen angeblicher Pflichtverletzungen der Beschwerdegegnerin bei der Verwaltung und Revision der Konten sowie der Erstellung von Steuererklärungen für die C.__ SA. Die Vorinstanz, das Zivilgericht I des Kantonsgerichts Wallis, hatte die Forderung weitgehend abgewiesen und die Beschwerdegegnerin lediglich zur Zahlung von CHF 1'570.75 verurteilt.

II. Sachverhalt und Vorverfahren

Die Beschwerdegegnerin, eine Revisionsgesellschaft, war seit 1998 für die C.__ SA tätig, zunächst mit der vollständigen Buchführung, ab 2006 mit Jahresabschlüssen, Revisionen und bis 2010 mit den Steuererklärungen.

Im Jahr 2008 stellte die kantonale Steuerverwaltung (SCC) fest, dass C._ SA ihrer Tochtergesellschaft D._ Sàrl zinslose Darlehen von insgesamt CHF 1'801'907 gewährt hatte. Die Steuerbehörde rechnete C._ SA fiktive Zinserträge als geldwerte Leistungen an (CHF 60'462 für 2005 und CHF 50'200 für 2006). Ferner wurde C._ SA wegen ungenauer Steuererklärungen (versuchter Steuerhinterziehung) mit einer Busse von CHF 57'566 sowie Verzugszinsen von CHF 1'570.75 belegt.

Ein weiteres Problem betraf den Verkauf einer Immobilie ("zzz") durch C.__ SA im Jahr 2004 (Eintrag im Grundbuch 2006). Trotz des Verkaufs wurde die Immobilie angeblich weiterhin in der Bilanz der Gesellschaft per 31. März 2006 geführt, woraufhin die SCC einen Grundstückgewinn von CHF 250'391 für 2006 dem Gewinn zurechnete. Der Beschwerdeführer behauptete, dieser Gewinn sei 2007 aufgrund einer erneuten Bilanzierung des Gewinns durch die Beschwerdegegnerin ein zweites Mal besteuert worden, was einen Verlustvortrag verhindert hätte.

C._ SA (deren Aktiven später auf den Beschwerdeführer übertragen wurden) leitete ein Verfahren gegen B._ SA ein. Im Rahmen des Gerichtsverfahrens wurde eine gerichtliche Expertise angeordnet. Die Expertin beantragte weitere Steuerveranlagungsentscheide (2006/2007 bis aktuell) und die Steuererklärung 2007/2008 der C.__ SA. Der Bezirksrichter lehnte diesen Antrag im März 2021 ab. Er begründete dies mit dem Steuergeheimnis und den Verfahrensregeln, insbesondere Art. 229 ZPO (Novenausschluss), da es sich um unechte Nova handle, die nicht im doppelten Schriftenwechsel angeboten worden waren.

Das Bezirksgericht verurteilte die Beschwerdegegnerin lediglich zur Zahlung der Verzugszinsen von CHF 1'570.75, da dieser Betrag unbestritten war, und wies die übrige Forderung ab. Das Kantonsgericht bestätigte dieses Urteil vollumfänglich.

III. Rechtliche Erwägungen des Bundesgerichts

Das Bundesgericht prüfte die Rügen des Beschwerdeführers, die hauptsächlich eine Verletzung des Beweisrechts und des Rechts auf rechtliches Gehör sowie eine fehlerhafte Anwendung des Haftungsrechts betreffen.

1. Noven im Berufungsverfahren (Art. 317 Abs. 1 ZPO und Art. 93 Abs. 3 BGG) Der Beschwerdeführer rügte eine Verletzung von Art. 316 und 317 ZPO und des Rechts auf rechtliches Gehör, weil das Kantonsgericht einen im September 2024 eingereichten Antrag auf Einreichung von Noven nicht berücksichtigt habe. Das Bundesgericht stellte fest, dass die Vorinstanz diesen Antrag nicht implizit, sondern explizit mit Entscheid vom 3. September 2024 als unzulässig erklärt hatte.

Die Vorinstanz hatte die Parteien bereits am 12. Juni 2024 und erneut am 14. August 2024 darüber informiert, dass die Sache spruchreif sei und in die Beratungsphase ("entrée en délibération" / "gardée à juger") übergehe. Gemäss ständiger Rechtsprechung (u.a. BGE 143 III 272 E. 2.3.2; BGE 142 III 413 E. 2.2.3-2.2.6) sind nach Beginn der Beratungsphase – also sobald die Behörde den Parteien mitteilt, dass die Sache zum Urteilen bereitliegt – weder echte noch unechte Nova zulässig. Die Parteien haben keinen Anspruch auf eine Wiedereröffnung des Beweisverfahrens. Das Bundesgericht bestätigte die Rechtsauffassung der Vorinstanz und wies die Rüge des Beschwerdeführers ab.

2. Grenzen der gerichtlichen Expertise und der Untersuchungsmaxime (Art. 150, 152 und 186 ZPO) Der Beschwerdeführer rügte eine Verletzung von Art. 150, 152 und 186 ZPO, da das Kantonsgericht die Ablehnung des Antrags der gerichtlichen Gutachterin auf Edition weiterer Steuerdokumente (Veranlagungsentscheide 2006/2007 und Steuererklärung 2007/2008) bestätigt hatte.

Das Bundesgericht hielt fest, dass das Verfahren der Verhandlungsmaxime (Art. 55 Abs. 1 ZPO) unterliegt. Dies bedeutet, dass es den Parteien obliegt, die relevanten Tatsachen zu behaupten und die entsprechenden Beweismittel anzubieten. Die Ermittlungen des Experten gemäss Art. 186 Abs. 1 ZPO müssen sich im Rahmen der von den Parteien behaupteten Tatsachen und der angebotenen Beweismittel bewegen. Eine Expertise darf und kann keine Mängel oder Versäumnisse der Parteien (wie das Nichtanbieten relevanter Dokumente) heilen. Dies würde die Verhandlungsmaxime in eine Untersuchungsmaxime umwandeln. Das Bundesgericht verwies hierzu explizit auf die herrschende Lehre (BOHNET/FITZI, WEIBEL, TREZZINI). Da der Beschwerdeführer, der eine Doppelbesteuerung des Grundstückgewinns geltend machte, die dafür elementaren Veranlagungsentscheide nicht rechtzeitig angeboten hatte, war die Ablehnung des Gutachterantrags rechtmässig. Das Bundesgericht erkannte keine Verletzung des Bundesrechts.

3. Haftungsbegründung und Schadenspositionen (Art. 53, 97 und 398 Abs. 2 OR) Der Beschwerdeführer machte verschiedene Schadenspositionen geltend: Steuerbussen, nicht verrechnete Zinsen auf Darlehen, Doppelbesteuerung des Grundstückgewinns und Kosten für eine private Expertise.

  • Steuerbussen (CHF 57'566): Das Bundesgericht bestätigte, dass Steuerbussen als echte Strafen ein persönliches Verschulden des Steuerpflichtigen voraussetzen (BGE 134 III 59 E. 2.3). Art. 53 OR, wonach der Zivilrichter bei der Beurteilung von Verschulden und Schadensbemessung nicht an ein Strafurteil gebunden ist, bezieht sich auf die Haftungsvoraussetzungen, nicht aber auf strikt persönliche (Straf-)Sanktionen, die bereits durch die Strafbehörde verhängt wurden (BGE 134 III 59 E. 2.4). Es ist nicht Aufgabe des Zivilrechts, die persönliche strafrechtliche Verantwortlichkeit der C.__ SA erneut zu prüfen oder diese auf die Beschwerdegegnerin zu übertragen. Im Strafrecht gibt es zudem keine Kompensation von Verschulden (BGE 122 IV 17 E. 2c/bb). Die Rüge wurde abgewiesen.

  • Nicht verrechnete Zinsen auf Darlehen (CHF 300'655): Der Beschwerdeführer behauptete eine Verletzung der Aufklärungspflicht durch die Beschwerdegegnerin. Das Kantonsgericht hatte einen Schaden verneint, da C._ SA aufgrund des Konkurses der D._ Sàrl ohnehin keinen Betrag hätte einziehen können. Das Bundesgericht hielt fest, dass die Frage, ob ein Schaden vorliegt und wie hoch er ist, eine Tatsachenfrage darstellt, die das Bundesgericht grundsätzlich bindet (Art. 105 Abs. 1 und 2 BGG). Nur die falsche Anwendung des Rechtsbegriffs Schaden ist eine Rechtsfrage (BGE 132 III 564 E. 6.2). Die Rügen des Beschwerdeführers waren appellatorischer Natur, stützten sich auf die zuvor abgewiesenen Noven oder die nicht edierten Dokumente und basierten auf blossen Spekulationen bezüglich der Zahlungsfähigkeit der D.__ Sàrl. Sie waren daher unzulässig.

  • Doppelbesteuerung Grundstückgewinn (CHF 15'489.80): Der Beschwerdeführer begründete diese Schadensposition hauptsächlich mit der Unvollständigkeit der Expertise aufgrund der nicht edierten Dokumente (siehe Punkt 2). Das Bundesgericht verwies auf seine früheren Erwägungen zur Ablehnung des Gutachterantrags und sah auch hier keine zulässige Rüge.

  • Kosten für private Expertise (CHF 16'000): Da die Begründung des Beschwerdeführers für diese Schadensposition von der Begründetheit der anderen Positionen abhing, und diese abgewiesen wurden, sah das Bundesgericht auch hier keine zulässige Rüge.

IV. Fazit

Das Bundesgericht wies die Beschwerde ab, soweit sie zulässig war. Der Beschwerdeführer trägt die Gerichtskosten und hat der Beschwerdegegnerin eine Parteientschädigung zu zahlen.

Kurze Zusammenfassung der wesentlichen Punkte:

  1. Novenverbot im Berufungsverfahren: Nach Beginn der Beratungsphase (Spruchreife) sind neue Tatsachen und Beweismittel im Berufungsverfahren unzulässig.
  2. Grenzen der gerichtlichen Expertise: Bei Geltung der Verhandlungsmaxime kann eine gerichtliche Expertise keine Versäumnisse der Parteien beim Anbieten von Beweismitteln heilen; der Experte ist an die Parteibegehren und angebotenen Beweise gebunden.
  3. Haftung für Steuerbussen: Steuerbussen sind persönliche Strafen des Steuerpflichtigen; eine zivilrechtliche Haftung des Beraters für solche Bussen ist ausgeschlossen, da die persönliche strafrechtliche Schuld nicht auf Dritte übertragen werden kann.
  4. Schadensnachweis: Die Frage des Schadensumfangs ist primär eine Tatsachenfrage. Der Beschwerdeführer konnte die behaupteten Schäden nicht schlüssig nachweisen, insbesondere nicht unter den restriktiven Bedingungen der Verhandlungsmaxime und des Novenverbots.