Zusammenfassung von BGer-Urteil 6B_227/2025 vom 7. Juli 2025

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Gerne fasse ich das bereitgestellte Urteil des Schweizerischen Bundesgerichts detailliert zusammen:

Detaillierte Zusammenfassung des Urteils des Bundesgerichts vom 7. Juli 2025 (6B_227/2025, 6B_234/2025, 6B_244/2025)

I. Einleitung

Das vorliegende Urteil des Bundesgerichts betrifft drei miteinander verbundene Beschwerden in Strafsachen, die sich gegen ein Urteil der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts vom 26. November 2024 (CA.2023.20) richten. Die Hauptfrage dreht sich um die Einhaltung des rechtlichen Gehörs und die Begründungspflicht der Vorinstanz, insbesondere im Kontext komplexer Verfahrensumstände wie dem Tod einer beschuldigten Person und einer Unternehmensfusion während des laufenden Appellationsverfahrens.

II. Vorinstanzliche Verfahren und Sachverhalt

  1. Urteil der Strafkammer des Bundesstrafgerichts (Erste Instanz, 27. Juni 2022, SK.2020.62) Die erste Instanz stellte eine Verletzung des Beschleunigungsgebots fest, was zu einer Reduktion der Strafen und Verfahrenskosten führte. Verschiedene Personen und eine Gesellschaft wurden beurteilt:

    • A.__: Freispruch bezüglich Geldwäscherei vor dem 26. Juni 2007 und Urkundenfälschung. Verurteilt wegen Beteiligung an einer kriminellen Organisation (Art. 260ter Ziff. 1 aStGB) von Mai 2005 bis Januar 2009 und qualifizierter Geldwäscherei (Art. 305bis Ziff. 1 und 2 lit. a StGB) sowie versuchter qualifizierter Geldwäscherei von Juli 2007 bis April 2008. Verhängung einer Freiheitsstrafe von 36 Monaten (teilweise bedingt) und einer Geldstrafe.
    • F.F.__: Freispruch bezüglich Geldwäscherei vor dem 26. Juni 2007. Verurteilt wegen qualifizierter Geldwäscherei von Juli 2007 bis Dezember 2008 (mit einer Ausnahme). Verhängung einer bedingten Freiheitsstrafe von 20 Monaten und einer bedingten Geldstrafe.
    • I.__ AG: Freispruch bezüglich Unternehmensstrafbarkeit (Art. 102 aStGB i.V.m. Art. 305bis StGB) für Taten vor dem 26. Juni 2007. Verurteilt wegen Verletzung von Art. 102 Abs. 2 aStGB i.V.m. qualifizierter Geldwäscherei von Juli 2007 bis Dezember 2008 (mit einer Ausnahme). Verhängung einer Busse von 2 Millionen Franken.
    • C.__: Freispruch bezüglich Geldwäscherei vor dem 26. Juni 2007 und Urkundenfälschung. Verurteilt wegen Unterstützung einer kriminellen Organisation (Art. 260ter Ziff. 1 aStGB) von Juli 2007 bis November 2008 und qualifizierter Geldwäscherei an spezifischen Daten. Verhängung einer bedingten Freiheitsstrafe von 14 Monaten und einer bedingten Geldstrafe.
    • Es wurden zudem zahlreiche Vermögenswerte eingezogen und Kompensationsforderungen (Art. 71 Abs. 1 StGB) gegen I._ AG (EUR 18.6 Mio.) und C._ (CHF 100'000) ausgesprochen.
  2. Urteil der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts (Appellationsinstanz, 26. November 2024) Die Appellationskammer bestätigte ebenfalls die Verletzung des Beschleunigungsgebots. Sie revidierte jedoch die erstinstanzlichen Urteile in wesentlichen Punkten:

    • A.__: Verurteilt wegen Beteiligung an einer kriminellen Organisation (geänderte Zeitspanne) und qualifizierter Geldwäscherei/Versuch (unveränderte Zeitspanne). Freiheitsstrafe auf 29 Monate reduziert (teilweise bedingt, effektiv nur die Untersuchungshaft).
    • B._ AG (Nachfolgerin der I._ AG): Freigesprochen von der Verletzung von Art. 102 Abs. 2 aStGB i.V.m. qualifizierter Geldwäscherei. Das Verfahren für Taten vor dem 26. Juni 2007 wurde eingestellt. Es wurde keine Kompensationsforderung gegen B._ AG ausgesprochen. Dies stellt eine wesentliche Änderung gegenüber dem erstinstanzlichen Urteil gegen I._ AG dar.
    • C.__: Freispruch für die Geldwäscherei-Vorwürfe (auch für spezifische Daten in 2007) und Urkundenfälschung. Teilfreispruch für die Unterstützung einer kriminellen Organisation. Verurteilt wegen Unterstützung einer kriminellen Organisation (geänderte Zeitspanne). Freiheitsstrafe auf 5 Monate reduziert (bedingt). Die Kompensationsforderung wurde auf CHF 50'000 reduziert.
    • Die Einziehung von Vermögenswerten auf einem bestimmten Konto wurde bestätigt. Kosten und Entschädigungen wurden angepasst.
  3. Besondere Verfahrensumstände (zentral für die Rüge der mangelnden Begründung)

    • Tod von F.F.__: F.F._ verstarb im Jahr 2023. Die Appellationskammer hatte am 13. März 2024 ihr Verfahren abgetrennt (CA.2024.8) und zur Neubeurteilung der Todesfolgen an die erste Instanz zurückgewiesen. Das Bundesgericht hob diese Abtrennung mit Urteil vom 6. Januar 2025 (7B_489/2024) auf. Es hielt fest, dass die prozessuale Einheit und die Prozessökonomie gebieten, dass die Appellationskammer den Fall von F.F._ im Hauptverfahren (CA.2023.20) behandelt und über die Folgen ihres Todes (Einstellung des Verfahrens gemäss Art. 403 i.V.m. Art. 329 Abs. 4 StPO) entscheidet. Dieses Bundesgerichtsurteil wurde der Appellationskammer am 21. Januar 2025 notifiziert. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Appellationskammer jedoch bereits vom 1. bis 7. Oktober 2024 die Hauptverhandlung durchgeführt und am 26. November 2024 ihr Dispositiv den Parteien mitgeteilt.
    • Fusion zwischen I._ AG und B._ AG: Im Jahr 2024 fusionierte I._ AG durch Absorption mit B._ AG, worauf I._ AG im Handelsregister gelöscht wurde. B._ AG informierte die Appellationskammer darüber und beantragte die Einstellung des Verfahrens gegen I._ AG, den Verzicht auf eine Kompensationsforderung und die Aufhebung einer Sequestrierung. Die Appellationskammer stellte am 19. August 2024 die Rechtsnachfolge von I._ AG durch B._ AG fest und wies die Anträge auf Abtrennung und Einstellung ab. Gegen diese Zwischenverfügung erhob B._ AG am 6. September 2024 Beschwerde beim Bundesgericht (7B_946/2024), welche zum Zeitpunkt des Urteils der Appellationskammer vom 26. November 2024 noch hängig war.

III. Rügen vor Bundesgericht

  1. Beschwerde des MPC (6B_227/2025): Rüge der mangelnden Begründung des Urteils der Appellationskammer (Art. 112 BGG) und der Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art. 29 Abs. 2 BV, Art. 3 Abs. 2 lit. c StPO, Art. 107 StPO) sowie formelle Rechtsverweigerung (Art. 29 Abs. 1 BV) und Willkür. Es beantragte die Feststellung der Nichtigkeit des Urteils oder dessen Aufhebung und Rückweisung an die Vorinstanz zur vollständigen Begründung und Beurteilung aller Beteiligten.
  2. Beschwerde der B.__ AG (6B_234/2025): Rüge der Parteistellung und beantragte die Einstellung des Verfahrens gegen I._ AG bzw. B._ AG infolge der Fusion, da die Strafverfolgung nicht fortgesetzt werden könne. Sie beantragte die Aufhebung der betreffenden Dispositivziffern und die Rückweisung zur Neubeurteilung der Kosten.
  3. Beschwerde der Erben von F.F.__ (6B_244/2025): Rüge der formellen Rechtsverweigerung (Art. 94 BGG), da die Appellationskammer ihren Fall nicht beurteilt hatte. Sie beantragten die sofortige Einstellung des Verfahrens gegen F.F.__ und die Zusprechung einer hohen Entschädigung und Parteikosten.

IV. Begründung des Bundesgerichts

  1. Zusammenlegung der Verfahren: Das Bundesgericht legte die drei Verfahren aufgrund des gleichen Sachverhaltskomplexes und der gemeinsamen angefochtenen Entscheidung zusammen (Art. 71 BGG).
  2. Zulässigkeit der Beschwerden: Alle Beschwerden wurden als grundsätzlich zulässig erachtet, da sie sich gegen ein Endurteil einer Appellationsinstanz in Strafsachen richteten und die Beschwerdeführenden zur Beschwerde legitimiert waren.
  3. Zentrale Rüge des MPC: Mangelnde Begründung des vorinstanzlichen Urteils (Art. 112 Abs. 1 lit. b BGG)

    • Rechtliche Grundlagen: Das Bundesgericht erinnert an die aus Art. 112 Abs. 1 lit. b BGG, Art. 29 Abs. 2 BV, Art. 3 Abs. 2 lit. c StPO und Art. 6 Abs. 1 EMRK abgeleitete Begründungspflicht der Behörden. Eine Entscheidung muss die massgebenden tatsächlichen und rechtlichen Gründe enthalten, damit die betroffene Person sie verstehen, gegebenenfalls wirksam anfechten und die Beschwerdeinstanz ihre Kontrolle ausüben kann. Es genügen knappe, aber nachvollziehbare Gründe.
    • Argumentation der Vorinstanz: Die Appellationskammer hatte in ihrem Urteil ausgeführt, dass sie durch das Bundesgerichtsurteil vom 6. Januar 2025 (7B_489/2024) nachträglich angewiesen worden sei, den Fall von F.F.__ im Hauptverfahren zu behandeln und über die Folgen ihres Todes zu entscheiden. Da sie aber ihre Debatten bereits im Oktober 2024 geführt und ihr Dispositiv am 26. November 2024 notifiziert hatte, bevor ihr das erwähnte Bundesgerichtsurteil am 21. Januar 2025 notifiziert wurde, sah sie sich ausserstande, neue Beweise zu erheben oder ihr Dispositiv zu ergänzen. Sie verneinte die Anwendbarkeit einer Berichtigung nach Art. 83 StPO oder der Revision. Die Appellationskammer kam zum Schluss, dass nur die Aufhebung (Kassation) ihres Urteils durch das Bundesgericht es ihr ermöglichen würde, die zuvor abgetrennten Aspekte im Hauptverfahren zu behandeln. Sie erklärte ausdrücklich, dass sie angesichts dieser aussergewöhnlichen Umstände und im Interesse der Prozessökonomie und des Beschleunigungsgebots darauf verzichte, ihr Urteil vollständig zu begründen.
    • Schlussfolgerung des Bundesgerichts: Das Bundesgericht stellte fest, dass das angefochtene Urteil tatsächlich nicht begründet ist. Dieses Fehlen einer Begründung stellt einen formellen Mangel dar, der eine Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art. 29 Abs. 2 BV) und der Begründungspflicht (Art. 112 Abs. 1 lit. b BGG) darstellt. Daher musste das Urteil der Appellationskammer gemäss Art. 112 Abs. 3 BGG aufgehoben und zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz zurückgewiesen werden. Das Bundesgericht betonte, dass es sich um einen prozeduralen Mangel handele und die Sache inhaltlich nicht beurteilt werde.
  4. Auswirkungen auf die anderen Beschwerden:

    • Da die Beschwerde des MPC wegen des formellen Mangels der mangelnden Begründung gutgeheissen und das Urteil aufgehoben und zurückgewiesen wurde, wurden die Beschwerden der B._ AG (6B_234/2025) und der Erben von F.F._ (6B_244/2025) gegenstandslos. Ihre jeweiligen materiellen Rügen (bzgl. Parteistellung, Einstellung des Verfahrens, Entschädigung, usw.) wurden vom Bundesgericht daher nicht beurteilt und müssen von der Vorinstanz im neu durchzuführenden Verfahren behandelt werden.

V. Kosten- und Entschädigungsfolgen

Das Bundesgericht verzichtete auf die Erhebung von Gerichtskosten (Art. 66 BGG). Die B._ AG und die Erben von F.F._ haben Anspruch auf Parteientschädigungen zu Lasten der Eidgenossenschaft (Art. 68 BGG), da ihre Beschwerden, wenn auch aus formellen Gründen gegenstandslos, letztlich zu ihrem Teilerfolg führten, da das vorinstanzliche Urteil aufgehoben wurde. Das MPC hat keinen Anspruch auf Parteientschädigung (Art. 68 Abs. 3 BGG).

VI. Kurze Zusammenfassung der wesentlichen Punkte

Das Bundesgericht hob das Urteil der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts vom 26. November 2024 auf und wies die Sache zur Neubeurteilung an diese zurück. Der zentrale Grund war eine schwerwiegende Verletzung der Begründungspflicht der Vorinstanz (Art. 112 Abs. 1 lit. b BGG), die das rechtliche Gehör der Parteien (Art. 29 Abs. 2 BV) verletzte. Die Vorinstanz hatte explizit auf eine vollständige Begründung verzichtet, da sie sich aufgrund des Zeitpunkts des Todes von F.F._ und eines ihr nachträglich bekannt gewordenen Bundesgerichtsurteils (welches die Abtrennung des Verfahrens von F.F._ verbot) in einer Zwickmühle sah. Das Bundesgericht beurteilte die materiellen Rügen (insbesondere zur Parteistellung nach Fusion und den Folgen des Todes einer beschuldigten Person) nicht, da der formelle Mangel die Kassation und Rückweisung erforderte. Die anderen Beschwerden wurden gegenstandslos.