Zusammenfassung von BGer-Urteil 7B_603/2025 vom 21. Juli 2025

Es handelt sich um ein experimentelles Feature. Es besteht keine Gewähr für die Richtigkeit der Zusammenfassung.

Gerne fasse ich das bereitgestellte Urteil des Schweizerischen Bundesgerichts detailliert zusammen:

Urteil des Schweizerischen Bundesgerichts (II. Strafrechtliche Abteilung)

  • Aktenzeichen: 7B_603/2025
  • Datum: 21. Juli 2025
  • Parteien: A.__ (Beschwerdeführer) gegen Ministère public cantonal Strada du canton de Vaud
  • Gegenstand: Provisorische Haft (Détention provisoire)
  • Vorinstanzen: Tribunal des mesures de contrainte (Zwangsmassnahmengericht), Chambre des recours pénale du Tribunal cantonal du canton de Vaud (kantonale Beschwerdeinstanz)

I. Sachverhalt (massgebliche Punkte für die rechtliche Würdigung)

  1. Hintergrund der Untersuchung: Das Waadtländer Kantonsgericht führt eine Strafuntersuchung gegen den Beschwerdeführer A.__, einen nigerianischen Staatsangehörigen mit italienischem Aufenthaltstitel, wegen mutmasslich schwerer Verstösse gegen das Betäubungsmittelgesetz (LStup). Ihm wird vorgeworfen, zwischen dem 7. Februar und dem 15. März 2022, insbesondere im Kanton Waadt, an einem umfangreichen Kokainhandel zwischen der Schweiz und Italien beteiligt gewesen zu sein. Er soll mindestens sechsmal als Kurier insgesamt mindestens 7,11 kg Kokain aus Italien in die Schweiz eingeführt und an Komplizen geliefert haben, die die Substanz weiterverteilten.
  2. Verurteilung in Italien: Am 22. März 2022 wurde der Beschwerdeführer in Italien in einem Bus mit 1,664 kg Kokain festgenommen. Am 23. Juni 2022 verurteilte ihn das Gericht in Aosta (Italien) für diese Taten zu drei Jahren Haft und einer Busse von 13'000 Euro.
  3. Auslieferungsverfahren und Überstellung in die Schweiz:
    • Am 7. Februar 2024 erliess die Waadtländer Staatsanwaltschaft einen internationalen Haftbefehl gegen den Beschwerdeführer.
    • Am 14. Februar 2024 wurde er in Italien festgenommen und inhaftiert.
    • Am 9. Dezember 2024 bewilligte das italienische Justizministerium die Auslieferung an die Schweiz. Aus dieser Entscheidung geht hervor, dass der Appellationshof Venedig am 20. Juni 2024 die Auslieferungsvoraussetzungen bejaht hatte und der italienische Kassationshof die dagegen gerichtete Beschwerde des Beschwerdeführers am 8. Oktober 2024 abgewiesen hatte.
    • Die Auslieferung wurde jedoch aufgeschoben bis zum Ende einer in Italien vollzogenen Haftstrafe, deren Ende ursprünglich für den 15. August 2025 vorgesehen war.
    • Eine "Sirene"-Mitteilung vom 6. Mai 2025 präzisierte, dass der Beschwerdeführer ab dem 7. Mai 2025 (dem tatsächlichen Ende der italienischen Strafe) innerhalb von 15 Tagen ausgeliefert werden konnte.
    • Am 14. Mai 2025, um ca. 13:00 Uhr, wurde der Beschwerdeführer von den Schweizer Behörden an der Grenze übernommen.
  4. Schweizerische Haftanordnung:
    • Am 15. Mai 2025, ab 16:10 Uhr, führte die Waadtländer Staatsanwaltschaft die Festnahmeeinvernahme durch.
    • Am 16. Mai 2025 beantragte sie beim Zwangsmassnahmengericht (ZMG) die Anordnung der provisorischen Haft.
    • Am selben Tag, dem 16. Mai 2025, ordnete das ZMG die provisorische Haft für drei Monate, bis spätestens 13. August 2025, an.
    • Die kantonale Beschwerdeinstanz wies die Beschwerde des Beschwerdeführers gegen diese Anordnung am 2. Juni 2025 ab.

II. Rechtsbegehren des Beschwerdeführers vor Bundesgericht

Der Beschwerdeführer beantragte die Aufhebung der provisorischen Haft, seine sofortige Freilassung und die Feststellung, dass seine Haft seit dem 14. Februar 2024, dem 20. Dezember 2024 bzw. dem 14. Mai 2025 ungerechtfertigt sei. Sein Hauptargument zielte darauf ab, die Rechtmässigkeit seiner Auslieferungshaft in Italien anzufechten und deren angebliche Unrechtmässigkeit auf die schweizerische provisorische Haft zu übertragen.

III. Erwägungen des Bundesgerichts

Das Bundesgericht trat grundsätzlich auf die Beschwerde gegen die schweizerische provisorische Haft ein, stellte jedoch seine fehlende Zuständigkeit für die Beurteilung der italienischen Auslieferungshaft klar.

  1. Zur Zuständigkeit des Bundesgerichts bezüglich der Auslieferungshaft (italienischer Teil):

    • Das Bundesgericht stellte fest, dass es nicht zuständig sei, die Rechtmässigkeit der Auslieferungshaft des Beschwerdeführers, die sich auf italienischem Boden ereignet hat und somit der Kompetenz der italienischen Behörden unterliegt, zu beurteilen.
    • Es verwies auf Art. 16 Ziff. 1 Satz 2 des Europäischen Auslieferungsübereinkommens (EAUeG), wonach die zuständigen Behörden der ersuchten Partei (hier Italien) über das Ersuchen um vorläufige Festnahme gemäss ihrem Recht entscheiden.
    • Das Gericht betonte, dass es grundsätzlich nicht Aufgabe des Schweizerischen Bundesgerichts sei, anstelle des obersten Gerichts eines anderen souveränen Staates zu beurteilen, ob dessen Behörden die einschlägigen Regeln korrekt angewendet haben.
    • Es wies darauf hin, dass der Beschwerdeführer in Italien bereits mehrfach gerichtlich die Auslieferungshaft bzw. die Auslieferung angefochten hatte, was zu den Entscheidungen des Appellationshofs Venedig (20. Juni 2024) und des Kassationshofs (8. Oktober 2024) geführt hatte. Damit habe der Beschwerdeführer seine Rechte bereits wahrgenommen.
  2. Zur Rechtmässigkeit der provisorischen Haft (schweizerischer Teil):

    • Neuer Hafttitel ab Übernahme: Das Bundesgericht stellte klar, dass die Haft des Beschwerdeführers ab dem Zeitpunkt der Übernahme durch die Schweizer Behörden (14. Mai 2025) auf einem neuen Hafttitel gemäss der Schweizerischen Strafprozessordnung (Art. 212 ff. StPO) beruhe. Nur unter diesem Gesichtspunkt seien die Rügen des Beschwerdeführers zu prüfen.
    • Dauer der Auslieferungshaft und Diligenz:
      • Der Beschwerdeführer rügte eine unverhältnismässige Dauer der Auslieferungshaft von bis zu 14 Monaten.
      • Das Bundesgericht hielt fest, dass es aufgrund der Sachverhaltsfeststellungen nicht abschliessend beurteilt werden könne, unter welchem Haftregime sich der Beschwerdeführer zwischen dem 14. Februar 2024 (Festnahme in Italien) und dem 9. Dezember 2024 (Entscheid des italienischen Justizministeriums) genau befand (ob Auslieferungshaft oder Vollzug einer italienischen Strafe). Es sei jedoch klar, dass er zwischen dem 9. Dezember 2024 und dem 7. Mai 2025 eine italienische Strafe vollzog, was nicht als Auslieferungshaft gelte.
      • Das Gericht wies die Rüge zurück, die kantonalen Behörden hätten die Frist von 40 Tagen gemäss Art. 16 Ziff. 4 EAUeG missachtet. Es sei korrekt gewesen, davon auszugehen, dass die Schweiz das Auslieferungsgesuch fristgerecht gestellt habe, da die italienischen Gerichte die Voraussetzungen geprüft und bejaht hätten.
      • Die Auslieferungshaft sei nicht "ungewöhnlich lang" gewesen. Die Verfahren vor den italienischen Gerichten (Appellationshof Venedig, Kassationshof) hätten unvermeidlich zu einer Verlängerung geführt. Es sei nicht von mangelnder Diligenz der Behörden auszugehen, da die italienischen Gerichte in angemessenen Intervallen entschieden hätten. Der Beschwerdeführer habe selbst zur Verfahrensdauer beigetragen, indem er seine Rechte wahrgenommen habe.
      • Verhältnismässigkeit der Haft (Art. 31 Abs. 3 BV, Art. 5 Abs. 3 EMRK, Art. 212 Abs. 3 StPO): Angesichts der Schwere der Vorwürfe (Handel mit über 7 kg Kokain, was eine hohe Freiheitsstrafe nach Art. 19 Abs. 2 LStup zur Folge haben kann), sei die bisherige Dauer der (ausländischen Auslieferungs-) Haft plus der schweizerischen provisorischen Haft "deutlich unterhalb" der zu erwartenden Freiheitsstrafe. Das Verhältnismässigkeitsprinzip sei nicht verletzt.
    • Einhaltung der Schweizer Prozessfristen (Art. 219, 224 Abs. 2, 226 Abs. 1 StPO):
      • Der Beschwerdeführer rügte, die Schweizer Behörden hätten die Fristen für die Anordnung der provisorischen Haft nicht eingehalten, da die italienische Auslieferungshaft illegal gewesen sei.
      • Da das Bundesgericht die (angebliche) Unrechtmässigkeit der italienischen Auslieferungshaft nicht prüfen durfte und auch keine Verletzungen schweizerischer Fristen feststellte, wies es diesen Vorwurf ab.
      • Die kantonalen Behörden hatten korrekt festgestellt, dass der Beschwerdeführer am 14. Mai 2025 übernommen, am 15. Mai 2025 einvernommen und am 16. Mai 2025 das Haftgesuch gestellt und die provisorische Haft angeordnet wurde. Diese Fristen (96 Stunden) seien eingehalten worden.

IV. Schlussfolgerung

Das Bundesgericht wies die Beschwerde vollumfänglich ab. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wurde mangels Erfolgsaussichten der Beschwerde ebenfalls abgewiesen. Die Gerichtskosten wurden dem Beschwerdeführer auferlegt, wobei seine finanzielle Situation berücksichtigt wurde.

V. Wesentliche Punkte in Kürze

  1. Das Schweizerische Bundesgericht ist nicht zuständig, die Rechtmässigkeit einer durch ausländische Behörden (hier: Italien) angeordneten Auslieferungshaft zu beurteilen; dies obliegt den nationalen Gerichten des ersuchten Staates.
  2. Die Rechtmässigkeit der schweizerischen provisorischen Haft nach einer Auslieferung ist unabhängig von der Dauer oder angeblichen Unrechtmässigkeit der vorgängigen Auslieferungshaft zu beurteilen und richtet sich nach schweizerischem Recht.
  3. Die Schweizer Behörden haben die Fristen für die Anordnung der provisorischen Haft nach der Übernahme des Beschwerdeführers aus Italien eingehalten.
  4. Die Gesamtdauer der Haft (Auslieferungshaft plus provisorische Haft) ist angesichts der Schwere der dem Beschwerdeführer vorgeworfenen Delikte (umfangreicher Kokainhandel) und der zu erwartenden Strafe nicht unverhältnismässig. Die vom Beschwerdeführer in Italien eingelegten Rechtsmittel haben zudem zur Verlängerung des Auslieferungsverfahrens beigetragen.