Zusammenfassung von BGer-Urteil 2C_438/2024 vom 17. Juli 2025

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Nachfolgend wird das Urteil des schweizerischen Bundesgerichts (BGer) 2C_438/2024 vom 17. Juli 2025 detailliert zusammengefasst.

1. Rubrum und Parteien Das Urteil wurde von der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung des Bundesgerichts gefällt. Beschwerdeführer ist A.__, ein kosovarischer Staatsangehöriger, vertreten durch Rechtsanwalt Bernhard Jüsi. Beschwerdegegner sind das Migrationsamt des Kantons Zürich und die Sicherheitsdirektion des Kantons Zürich. Gegenstand des Verfahrens war die Verlängerung einer Aufenthaltsbewilligung.

2. Sachverhalt und Vorinstanzen A._ reiste am 17. Oktober 2013 in die Schweiz ein und heiratete am 13. November 2013 die Schweizerin B._. Er erhielt daraufhin eine Aufenthaltsbewilligung. Aus der Ehe gingen 2014 Zwillinge hervor. Die Ehegatten trennten sich im Februar 2016; die Obhut über die Kinder wurde der Kindsmutter zugesprochen. Das Migrationsamt widerrief die Aufenthaltsbewilligung von A._, doch die Sicherheitsdirektion hiess seinen Rekurs am 21. Dezember 2017 gut, unter der ausdrücklichen Bedingung, dass von A._ ein tadelloses Verhalten, insbesondere ein respektvoller und gewaltfreier Umgang mit B.__, erwartet werde, andernfalls die Nichtverlängerung drohe. Die Ehe wurde am 26. Juni 2018 geschieden.

Parallel dazu entwickelte sich eine umfangreiche Strafakte gegen A._: * 8. September 2014: Strafbefehl wegen Nötigung und Tätlichkeiten gegenüber B._ (Geldstrafe 20 Tagessätze). * 4. Januar 2017: Verurteilung wegen einfacher Körperverletzung und Missachtens eines Kontaktverbots zu B._ (Geldstrafe 35 Tagessätze). * 25. Januar 2019: Strafbefehl wegen versuchter Nötigung und Hausfriedensbruchs zum Nachteil von B._ (Geldstrafe 60 Tagessätze). * 21. September 2021: Verurteilung wegen mehrfacher Beschimpfung und mehrfacher Drohung gegenüber B.__ (bedingte Freiheitsstrafe 7 Monate). * 13. Januar 2023: Obergericht des Kantons Zürich bestätigt die Vorwürfe und setzt die Strafe auf 5 Monate Freiheitsstrafe und 30 Tagessätze Geldstrafe fest, deren Vollzug es bedingt aufschob bei einer Probezeit von vier Jahren.

Zudem wurden wiederholt Gewaltschutzmassnahmen gegen A.__ angeordnet, darunter Kontakt- und Rayonverbote, die letztlich in einem gerichtlichen Vergleich vom 5. September 2022 bestätigt wurden.

Das Migrationsamt wies das Gesuch von A.__ um Verlängerung seiner Aufenthaltsbewilligung mit Verfügung vom 11. März 2021 ab und wies ihn aus der Schweiz weg. Seine dagegen erhobenen Rechtsmittel blieben vor der Sicherheitsdirektion und dem Verwaltungsgericht des Kantons Zürich erfolglos.

3. Prozessuales und Sachverhaltsfeststellung Das Bundesgericht trat auf die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ein, da der Beschwerdeführer einen Bewilligungsanspruch aus Art. 8 Ziff. 1 EMRK geltend machte (Familien- und Privatleben) und seit über zehn Jahren in der Schweiz lebte. Die eventualiter erhobene subsidiäre Verfassungsbeschwerde war damit unzulässig.

Das Gericht hielt fest, dass es seinem Urteil den von der Vorinstanz festgestellten Sachverhalt zugrunde legt (Art. 105 Abs. 1 BGG). Rügen gegen die Sachverhaltsfeststellung wurden als unzureichend begründete appellatorische Kritik abgewiesen. Neue Tatsachen und Beweismittel (echte Noven), die erst nach dem vorinstanzlichen Entscheid entstanden sind, wurden als unzulässig erklärt und nicht berücksichtigt.

Die Rüge des Beschwerdeführers, sein Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV) sei verletzt worden, weil die Vorinstanz das Urteil ungenügend begründet und keine eigentliche Interessenabwägung vorgenommen habe, wurde ebenfalls abgewiesen. Das Bundesgericht befand, die vorinstanzliche Begründung sei ausreichend gewesen und habe eine sachgerechte Anfechtung ermöglicht.

4. Massgebende Punkte und rechtliche Argumentation – Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens (Art. 8 EMRK)

Der Kern der bundesgerichtlichen Prüfung lag in der Beurteilung, ob die Nichtverlängerung der Aufenthaltsbewilligung einen unverhältnismässigen Eingriff in das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens des Beschwerdeführers gemäss Art. 8 EMRK darstellt.

4.1. Betroffenheit des Rechts (Art. 8 Ziff. 1 EMRK)

  • Familienleben (Beziehung zu den Kindern): Das Bundesgericht stellte fest, dass der Beschwerdeführer als nicht sorge- bzw. obhutsberechtigter Elternteil seine Beziehung zu den Kindern primär über das Besuchsrecht pflegen kann. Ein dauerhaftes Anwesenheitsrecht im selben Land wie die Kinder ist dafür grundsätzlich nicht erforderlich, da das Besuchsrecht auch aus dem Ausland wahrgenommen werden kann. Ein weitergehender Anspruch unter Art. 8 Ziff. 1 EMRK setzt kumulativ voraus:

    1. eine besonders enge affektive und wirtschaftliche Beziehung zum Kind,
    2. die praktische Unmöglichkeit der Aufrechterhaltung dieser Beziehung wegen der Distanz zum Heimatland, und
    3. ein (weitgehend) tadelloses Verhalten in der Schweiz.

    Im vorliegenden Fall verneinte das Gericht die Voraussetzungen: * Nach den verbindlichen Sachverhaltsfeststellungen übte der Beschwerdeführer weder aktuell noch in den vergangenen Jahren ein gerichtsübliches Besuchsrecht aus. * Die Kinder wünschten aktuell keinen Kontakt zu ihm, da es in der Vergangenheit zu (teilweise strafrechtlich sanktionierten) Vorkommnissen gekommen war, die die Kinder verängstigt hatten. Von einer besonders intensiven affektiven Beziehung konnte unter diesen Umständen nicht gesprochen werden. * Das Verhalten des Beschwerdeführers war keineswegs tadellos, sondern wiederholt straffällig.

    Folglich verneinte das Gericht einen aus Art. 8 EMRK abgeleiteten Anspruch auf Verbleib in der Schweiz unter dem Aspekt des Familienlebens.

  • Privatleben: Das Gericht erwog, dass nach einer rechtmässigen Aufenthaltsdauer von rund zehn Jahren regelmässig von einer so engen sozialen Beziehung auszugehen sei, dass die Aufenthaltsbeendigung besonderer Gründe bedürfe. Die über zehnjährige rechtmässige Anwesenheit des Beschwerdeführers sprach grundsätzlich für eine Betroffenheit unter dem Aspekt des Privatlebens. Angesichts seiner Straffälligkeit äusserte das Gericht jedoch Zweifel an einer hinreichenden Integration. Es liess die Frage der Betroffenheit schliesslich offen, da der Eingriff auch bei einer Annahme der Betroffenheit gemäss Art. 8 Ziff. 2 EMRK gerechtfertigt wäre.

4.2. Rechtfertigung des Eingriffs und Verhältnismässigkeitsprüfung (Art. 8 Ziff. 2 EMRK)

Ein Eingriff in das Recht auf Privatleben ist gerechtfertigt, wenn er "in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale oder öffentliche Sicherheit, für das wirtschaftliche Wohl des Landes, zur Aufrechterhaltung der Ordnung, zur Verhütung von Straftaten, zum Schutz der Gesundheit oder der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig" ist. Das Bundesgericht führte eine umfassende Interessenabwägung durch:

  • Öffentliches Interesse an der Aufenthaltsbeendigung:

    • Das Gericht betonte das erhebliche öffentliche Interesse, den Aufenthalt des Beschwerdeführers aufgrund seiner wiederholten Straffälligkeit zu beenden.
    • Es hob hervor, dass sich der Beschwerdeführer weder von Verurteilungen und Strafen noch von Ermahnungen (insbesondere dem ausdrücklichen Hinweis der Sicherheitsdirektion von 2017) oder angeordneten Gewaltschutzmassnahmen davon abhalten liess, erneut zu delinquieren. Die Art der Delikte (Nötigung, Tätlichkeiten, Körperverletzung, Drohungen, Hausfriedensbruch, Missachtung von Kontaktverboten – allesamt zum Nachteil seiner Ex-Ehefrau) zeigte eine problematische Tendenz zur Gewalt und Missachtung gerichtlicher Anordnungen.
    • Die Tatsache, dass er sich seit den letzten Taten im Sommer 2020 nichts mehr hat zuschulden kommen lassen, wurde durch den Druck des ausländerrechtlichen Verfahrens und der noch immer laufenden Probezeit relativiert und vermochte das Gesamtbild nicht in Frage zu stellen. Das Gericht sah darin keinen ausreichenden Nachweis einer Läuterung oder verlässlichen Besserung.
  • Private Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib:

    • Aufenthaltsdauer und Integration: Obwohl der Beschwerdeführer seit gut zehn Jahren in der Schweiz war, reiste er erst im Alter von 29 Jahren ein, sodass er einen prägenden Teil seines Lebens im Kosovo verbracht hatte. Seine Integration in der Schweiz wurde aufgrund seiner wiederholten Delinquenz als "zu wünschen übrig lassend" beurteilt. Er unterhielt – abgesehen von seinen Kindern – keine näheren Kontakte zu Familienangehörigen oder engen Freundschaften in der Schweiz.
    • Wiedereingliederung im Heimatland: Die Wiedereingliederung im Kosovo wurde als problemlos eingeschätzt, da er mit der Sprache und Kultur seines Heimatlandes bestens vertraut ist, keine gesundheitlichen Einschränkungen bestehen und er in der Schweiz Arbeitserfahrung gesammelt hat.
    • Beziehung zu den Kindern: Das Gericht bekräftigte, dass der gegenwärtig ohnehin bloss unregelmässige Kontakt zu seinen Kindern auch mit modernen Kommunikationsmitteln und besuchsweise vom Ausland her gepflegt werden kann. Es wurde zudem klargestellt, dass sich aus Art. 3 des Übereinkommens über die Rechte des Kindes (KRK) kein eigenständiger Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung ableiten lässt.

4.3. Interessenabwägung und Fazit der Verhältnismässigkeit In der Gesamtschau kam das Bundesgericht zum Schluss, dass die erheblichen öffentlichen Interessen an der Aufenthaltsbeendigung des Beschwerdeführers seine privaten Interessen an einem Verbleib in der Schweiz deutlich überwiegen. Die aufenthaltsbeendende Massnahme wurde als verhältnismässig erachtet. Damit verblieb kein Raum für die vom Beschwerdeführer eventualiter verlangte Verwarnung nach Art. 96 Abs. 2 AIG. Das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichts wurde somit als bundes- und völkerrechtskonform bestätigt, insbesondere hinsichtlich der Einhaltung von Art. 8 EMRK und Art. 3 KRK.

5. Weitere Rügen Der Beschwerdeführer hatte sich vor Bundesgericht nicht mehr auf einen nachehelichen Härtefall gemäss Art. 50 Abs. 1 lit. b AIG berufen, und das Gericht sah keine Veranlassung, diesen Anspruch von Amtes wegen zu prüfen. Die Rüge einer Verletzung des Willkürverbots (Art. 9 BV) wurde als unbegründet abgewiesen, da die Ausführungen des Beschwerdeführers keine unhaltbaren Ergebnisse aufzeigten. Eine ohne Begründung vorgebrachte Rüge betreffend die Anwendung von Art. 92 AIG (Sorgfaltspflicht von Transportunternehmen) wurde als ungenügend begründet nicht berücksichtigt.

6. Ergebnis Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten wurde sowohl im Haupt- als auch im (Sub-)Eventualbegehren abgewiesen. Auf die subsidiäre Verfassungsbeschwerde wurde nicht eingetreten. Die Gerichtskosten wurden dem Beschwerdeführer auferlegt.

Kurze Zusammenfassung der wesentlichen Punkte:

Das Bundesgericht hat die Nichtverlängerung der Aufenthaltsbewilligung eines kosovarischen Staatsangehörigen bestätigt. Die Hauptgründe für den Entscheid waren:

  1. Fehlender Anspruch aus Familienleben (Art. 8 EMRK): Trotz zweier minderjähriger Kinder in der Schweiz wurde kein Anspruch auf Verbleib aus Familienleben abgeleitet, da der Beschwerdeführer als nicht-obhutsberechtigter Elternteil eine nur eingeschränkte Beziehung zu den Kindern pflegte, diese keinen Kontakt wünschten und sein Verhalten keineswegs tadellos war (wiederholte Straffälligkeit).
  2. Überwiegendes öffentliches Interesse (Art. 8 EMRK Ziff. 2): Das Gericht sah ein erhebliches öffentliches Interesse an der Aufenthaltsbeendigung aufgrund der wiederholten und schwerwiegenden strafrechtlichen Verfehlungen des Beschwerdeführers, insbesondere Gewalt- und Kontaktverbotsverletzungen zum Nachteil seiner Ex-Ehefrau. Er hatte trotz früherer Verurteilungen, Warnungen und Schutzmassnahmen immer wieder delinquiert.
  3. Geringes privates Interesse: Die privaten Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib wurden als gering eingestuft, da er erst im Erwachsenenalter in die Schweiz eingereist war, seine Integration aufgrund der Delinquenz ungenügend war und eine Wiedereingliederung im Heimatland als zumutbar und problemlos beurteilt wurde. Der Kontakt zu den Kindern könnte auch aus dem Ausland aufrechterhalten werden.
  4. Verhältnismässigkeit: In der Interessenabwägung übertrafen die öffentlichen Interessen die privaten Interessen des Beschwerdeführers. Die Nichtverlängerung der Bewilligung wurde als verhältnismässig erachtet, wodurch kein Raum für eine blosse Verwarnung verblieb.