Es handelt sich um ein experimentelles Feature. Es besteht keine Gewähr für die Richtigkeit der Zusammenfassung.
1. Einleitung und Sachverhalt
Das vorliegende Urteil des Schweizerischen Bundesgerichts (BGer) mit der Referenz 2C_100/2025 vom 10. Juli 2025 befasst sich mit der Frage des Aufenthaltsrechts eines drittstaatsangehörigen Ehegatten nach Auflösung der Ehegemeinschaft mit einer EU/EFTA-Bürgerin in der Schweiz.
Der Beschwerdeführer, ein gambischer Staatsangehöriger (geb. 1988), reiste am 27. Oktober 2020 in die Schweiz ein. Im November 2020 heiratete er eine deutsche Staatsangehörige, welche über eine Aufenthaltsbewilligung EU/EFTA verfügte. Basierend auf dieser Ehe erhielt der Beschwerdeführer eine bis am 26. Juli 2023 befristete Aufenthaltsbewilligung EU/EFTA (abgeleitetes Recht). Ende September 2021 meldete sich der Beschwerdeführer nach Gambia ab, woraufhin seine Bewilligung erlosch. Im April 2022 reiste er erneut ein und erhielt wiederum eine bis Juli 2023 befristete Bewilligung, die später bis Juli 2024 verlängert wurde.
Anfang Oktober 2023 stellte der Beschwerdeführer ein Gesuch um Kantonswechsel. Ende Oktober 2023 teilte seine Ehefrau den Behörden ihren Scheidungswunsch mit. Im November/Dezember 2023 wies ein Einzelrichter des Kantons Nidwalden die eheliche Wohnung der Ehefrau zur alleinigen Nutzung zu und erliess ein Kontaktverbot gegen den Beschwerdeführer. Dies markierte das definitive Scheitern der Ehegemeinschaft.
2. Verfahrensgang und Streitgegenstand
Aufgrund des Scheiterns der Ehe lehnte das Amt für Justiz Nidwalden, Abteilung Migration, mit Verfügung vom 15. Februar 2024 die Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung des Beschwerdeführers ab und wies ihn aus der Schweiz weg. Die dagegen erhobenen kantonalen Rechtsmittel (Beschlüsse des Regierungsrats Nidwalden und des Verwaltungsgerichts Nidwalden vom 6. Januar 2025) blieben erfolglos.
Vor Bundesgericht beantragte der Beschwerdeführer die Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids und die Verlängerung seiner Aufenthaltsbewilligung, eventualiter die Rückweisung der Sache zur Sachverhaltsermittlung.
3. Massgebende Rechtsgrundlagen und Prüfungsrahmen des Bundesgerichts
3.1. Zulässigkeit der Beschwerde (E. 1) Das Bundesgericht bejahte die Zulässigkeit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten. Zwar ist eine solche Beschwerde im Ausländerrecht grundsätzlich unzulässig, wenn sie eine Bewilligung betrifft, auf die weder Bundes- noch Völkerrecht einen Anspruch einräumt (Art. 83 lit. c Ziff. 2 BGG). Da der Beschwerdeführer sich jedoch auf Art. 50 AIG berief und damit einen Bewilligungsanspruch in vertretbarer Weise geltend machte, war die Beschwerde zulässig. Die Frage, ob dieser Anspruch materiell besteht, ist keine Eintretensfrage, sondern Gegenstand der materiellen Prüfung.
3.2. Kognition des Bundesgerichts (E. 2) Das Bundesgericht prüft Bundes- und Völkerrecht von Amtes wegen (Art. 95 lit. a und b, Art. 106 Abs. 1 BGG), jedoch unter Beachtung der Rüge- und Begründungsobliegenheit (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG; bei Grundrechten qualifiziert, Art. 106 Abs. 2 BGG). Hinsichtlich der Sachverhaltsfeststellung legt das Bundesgericht den von der Vorinstanz festgestellten Sachverhalt zugrunde (Art. 105 Abs. 1 BGG) und weicht davon nur ab, wenn die Feststellungen offensichtlich unrichtig (willkürlich) sind oder auf einer Rechtsverletzung beruhen (Art. 97 Abs. 1, Art. 105 Abs. 2 BGG). Rein appellatorische Kritik genügt nicht.
3.3. Zentraler Streitpunkt: Anspruch auf Verbleib nach Art. 50 AIG (E. 3 und 4) Unbestritten war, dass die dem Beschwerdeführer erteilte Aufenthaltsbewilligung EU/EFTA infolge der inhaltsleer gewordenen Ehe ihren ursprünglichen Zweck verloren hatte. Die Nichtverlängerung wäre somit grundsätzlich nach nationalem Recht (Art. 33 Abs. 3 AIG i.V.m. Art. 23 Abs. 1 VFP) zulässig. Die Kernfrage war daher, ob der Beschwerdeführer über einen selbständigen Rechtsanspruch auf Verbleib in der Schweiz aufgrund von Art. 50 AIG verfügte.
4. Detaillierte Begründung des Bundesgerichts
4.1. Anwendbarkeit von Art. 50 AIG im Kontext des FZA (E. 4.2 und 4.3) Das Bundesgericht führte aus, dass Art. 50 AIG drittstaatsangehörigen ehemaligen Familienangehörigen nach Auflösung der Familiengemeinschaft unter bestimmten Voraussetzungen einen selbständigen Aufenthaltsanspruch gewährt. Dieser Anspruch knüpft an die zuvor bestehenden abgeleiteten Bewilligungsansprüche an, verselbständigt diese jedoch bei Erfüllung der gesetzlichen Vorgaben (Art. 50 Abs. 1 und 2 AIG). Die beiden kumulativen Voraussetzungen gemäss Art. 50 Abs. 1 lit. a AIG sind: 1. Bestand der Ehegemeinschaft von mindestens drei Jahren. Eine ausländerrechtlich relevante Ehegemeinschaft liegt vor, solange die eheliche Beziehung tatsächlich gelebt wird und ein beidseitiger Ehewille besteht. Die Dreijahresfrist ist dabei absolut (BGE 137 II 345 E. 3.1.3). 2. Erfüllung der Integrationskriterien nach Art. 58a AIG.
Das Bundesgericht bestätigte ferner seine Rechtsprechung, wonach Art. 50 AIG im Lichte des Diskriminierungsverbots gemäss Art. 2 des Freizügigkeitsabkommens Schweiz-EU (FZA) auch dann anzuwenden ist, wenn der ehemalige Ehegatte lediglich eine Aufenthaltsbewilligung EU/EFTA besitzt (BGE 144 II 1 E. 4.7). Dies gilt jedoch nur, solange der EU-angehörige Ex-Ehegatte seinerseits noch ein aktuelles Anwesenheitsrecht in der Schweiz hat. Da im vorliegenden Fall keine Hinweise auf ein fehlendes Anwesenheitsrecht der deutschen Ehegattin vorlagen, konnte sich der Beschwerdeführer grundsätzlich auf Art. 50 AIG berufen.
4.2. Die Dauer der Ehegemeinschaft im Fokus (E. 4.6) Die Vorinstanz hatte die Verlängerung der Bewilligung auf zwei alternative Begründungen gestützt: erstens die Nichterfüllung der Mindestdauer der Ehegemeinschaft von drei Jahren und zweitens die ungenügende Integration des Beschwerdeführers. Gemäss ständiger Rechtsprechung muss sich ein Beschwerdeführer mit beiden Begründungen auseinandersetzen, wenn diese je für sich den Ausgang des Verfahrens besiegeln. Erweist sich eine der Begründungen als rechtskonform, muss sich das Bundesgericht mit der anderen nicht mehr auseinandersetzen.
Der Beschwerdeführer argumentierte, im Anwendungsbereich des FZA sei das Zusammenleben keine zwingende Voraussetzung, und Phasen des Getrenntlebens müssten ohne das Vorliegen wichtiger Gründe an die Dauer der Ehegemeinschaft angerechnet werden. Eine Auflösung der Ehegemeinschaft dürfe erst angenommen werden, wenn der Ehewille des nachgezogenen Ehepartners erloschen sei, was die Behörden zu beweisen hätten.
Das Bundesgericht wies diese Argumentation zurück: * Art. 3 Anhang I FZA schützt keine inhaltsleere Ehe (E. 4.6.1): Das Bundesgericht stellte klar, dass der Beschwerdeführer aus Art. 3 Anhang I FZA nichts zu seinen Gunsten ableiten konnte. Auch wenn diese FZA-Norm kein Zusammenleben der Eheleute verlangt, schützt die Rechtsprechung die Berufung auf eine inhaltsleer gewordene oder definitiv gescheiterte Ehe nicht (vgl. BGE 144 II 1 E. 3.1). Ist die Ehe aufgelöst oder als gescheitert zu betrachten, verliert der drittstaatsangehörige Ehegatte eines EU-Angehörigen seinen Status als Familienangehöriger im Sinne von Art. 3 Anhang I FZA und somit sein abgeleitetes Aufenthaltsrecht. Die Nichtverlängerung der Bewilligung ist in diesem Fall auch freizügigkeitsrechtlich zulässig, weshalb nur Art. 50 AIG als mögliche Grundlage für einen selbständigen Anspruch verbleibt. * Keine Willkür bei der Sachverhaltsfeststellung zum Ehewille (E. 4.6.2): Der Beschwerdeführer konnte die vorinstanzlichen Feststellungen zum Ehewille der Ehefrau nicht erfolgreich anfechten. Seine Schilderung der Ereignisse und seine Kritik am "sprunghaften Verhalten" der Ehefrau wurden als rein appellatorische Kritik beurteilt, welche die qualifizierten Begründungsanforderungen an eine Willkürrüge (Art. 106 Abs. 2 BGG) nicht erfüllte. Die Feststellung der Vorinstanz, wonach der Beschwerdeführer und seine Ehefrau vom 24. September 2021 bis zum 10. April 2022 getrennt gelebt hätten und der Ehewille der Ehefrau spätestens ab dem 17. März 2022 erloschen war, blieb daher für das Bundesgericht verbindlich. * Berechnung der Ehegemeinschaftsdauer (E. 4.6.3): Basierend auf den verbindlichen Sachverhaltsfeststellungen der Vorinstanz, die der Beschwerdeführer nicht als willkürlich nachweisen konnte, berechnete das Bundesgericht die Dauer der Ehegemeinschaft wie folgt: * Erste Phase (bis zur Trennung im September 2021): vom 27. Oktober 2020 bis zum 24. September 2021, d.h. höchstens elf Monate. * Zweite Phase (nach Wiederherstellung des Ehewillens): vom 17. März 2022 bis zum definitiven Scheitern der Ehe am 15. November 2023, d.h. höchstens ein Jahr und acht Monate. * Die gesamte Dauer der Ehegemeinschaft, in der ein beidseitiger Ehewille und ein tatsächliches Zusammenleben oder ein durch wichtige Gründe gerechtfertigtes Getrenntleben bestand, betrug somit maximal zwei Jahre und neun Monate.
4.3. Fazit zur Erfüllung der Voraussetzungen (E. 4.7) Da die Ehegemeinschaft die in Art. 50 Abs. 1 lit. a AIG geforderte Mindestdauer von drei Jahren nicht erreichte, war die erste kumulative Voraussetzung für einen selbständigen Aufenthaltsanspruch nicht erfüllt. Das Bundesgericht hielt fest, dass sich die Rüge der Verletzung von Art. 50 Abs. 1 lit. a AIG somit als unbegründet erwies. Folgerichtig erübrigte es sich, auf die vom Beschwerdeführer ebenfalls angefochtene Verneinung der Integrationskriterien durch die Vorinstanz einzugehen, da die Nichterfüllung der Dreijahresfrist bereits zur Ablehnung des Anspruchs führte.
5. Entscheid und Kostenfolgen
Das Bundesgericht wies die Beschwerde ab. Die Gerichtskosten von CHF 2'000.-- wurden dem unterliegenden Beschwerdeführer auferlegt (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG). Eine Parteientschädigung war nicht geschuldet.
Zusammenfassende Kernpunkte des Urteils: