Zusammenfassung von BGer-Urteil 6B_1089/2023 vom 26. Mai 2025

Es handelt sich um ein experimentelles Feature. Es besteht keine Gewähr für die Richtigkeit der Zusammenfassung.

Das vorliegende Urteil des Schweizerischen Bundesgerichts (6B_1089/2023 vom 26. Mai 2025) befasst sich mit der Beschwerde von A._ gegen das Urteil des Kantonsgerichts St. Gallen, welches die erstinstanzliche Verurteilung wegen Verbrechens gegen das Betäubungsmittelgesetz, versuchten Diebstahls und bandenmässigen Diebstahls sowie weiterer Delikte vollumfänglich bestätigte. Der Beschwerdeführer beantragte vor Bundesgericht einen Freispruch von den Vorwürfen der qualifizierten Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz, des versuchten Einbruchdiebstahls in U._ und des Einbruchdiebstahls in V.__. Im Übrigen ersuchte er um eine bedingt ausgefällte Freiheitsstrafe von 24 Monaten anstelle der ursprünglich verhängten 44 Monate.

1. Verbrechen gegen das Betäubungsmittelgesetz (Art. 19 Abs. 1 lit. c i.V.m. Art. 19 Abs. 2 lit. a BetmG)

Der Beschwerdeführer rügte eine willkürliche Beweiswürdigung bzw. Sachverhaltsfeststellung (Art. 9 BV), eine Verletzung des Grundsatzes in dubio pro reo (Art. 10 Abs. 3 StPO; Art. 9 BV), der Unschuldsvermutung (Art. 10 Abs. 1 StPO; Art. 32 Abs. 1 BV) sowie des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV).

1.1 Argumentation des Beschwerdeführers: Er machte geltend, die Aussagen des Zeugen D._ seien widersprüchlich hinsichtlich der Zeitpunkte und der konkreten Übergabe des Kokains (wer, er oder C._, ihm die 100 Gramm übergeben habe). Die Vorinstanz habe den Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt, indem sie sich nicht mit D._s Aussagemotivation und dem angestrebten Kooperationsbonus auseinandergesetzt habe. Zudem sei es willkürlich, aus D.__s Eingeständnis eines Verkaufs von 5 Gramm Kokain auf die Glaubhaftigkeit seiner gesamten Aussagen zu schliessen. Schliesslich stimmten die Protokolle der Telefonüberwachung nicht mit D.__s Aussagen überein. Des Weiteren rügte er, die Vorinstanz sei zu Unrecht von einem Reinheitsgrad von 56% des Kokains ausgegangen, da keine Analyse vorliege und D._ von "schlechter Qualität" gesprochen habe.

1.2 Begründung des Bundesgerichts: Das Bundesgericht wies die Rügen als unbegründet ab. * Grundsatz in dubio pro reo: Das Bundesgericht stellte klar, dass der Grundsatz "in dubio pro reo" in seiner Funktion als Beweiswürdigungsregel im Verfahren vor Bundesgericht keine über das Willkürverbot von Art. 9 BV hinausgehende Bedeutung hat (BGE 144 IV 345 E. 2.2.3.3). Er kommt erst zum Tragen, nachdem alle Beweise erhoben und ausgewertet wurden, und betrifft die Beurteilung des Beweisergebnisses, nicht die Würdigung einzelner Beweismittel. Die Beschwerde führende Partei müsse darlegen, inwiefern der aus der Gesamtheit der Indizien gezogene Schluss willkürlich ist (Urteil 6B_916/2023 vom 1. Oktober 2024 E. 2.2). * Glaubhaftigkeit der Aussagen D.__s: Die Vorinstanz habe die "Relativierung" von D._s Aussagen explizit in ihre Erwägungen einbezogen und sei zu Recht davon ausgegangen, dass diese die Glaubhaftigkeit der Kernaussagen nicht schmälerten, sondern im Gegenteil als Indiz gegen eine erfundene und absichtlich falsche Aussage gewertet werden könnten. Auch der mögliche Kooperationsbonus mache D.__s Aussagen nicht zwingend unglaubwürdig, zumal er sich durch Falschaussagen dem Risiko weiterer Strafverfolgung ausgesetzt hätte. Eine vorbestehende Feindschaft sei nicht erkennbar. Das Eingeständnis D.__s zum Verkauf von 5 Gramm Kokain sei im Gesamtkontext zu würdigen und führe allein nicht zur Willkür. * Telefonüberwachung: Der blosse Einwand einer Divergenz von CHF 500 sei nicht geeignet, eine willkürliche Beweiswürdigung darzutun. Die Vorinstanz habe dargelegt, weshalb die Protokolle die Aussagen D.__s bestätigten. * Kokainqualität: Die Vorinstanz habe die Problematik der fehlenden Sicherstellung und Analyse des Kokains anerkannt und sich auf die Statistiken der Schweizerischen Gesellschaft für Rechtsmedizin (SGRM) betreffend Wirkstoffgehalte von Sicherstellungen gestützt. Angesichts der Tatsache, dass D._ das Kokain trotz der von ihm beschriebenen "schlechten Qualität" innert weniger Tage zum vereinbarten Preis verkaufen konnte, sei die Annahme des Werts für das untere Quartil (56%) und damit einer reinen Menge von 84 Gramm Kokain nicht willkürlich. Dies ist im Einklang mit der Rechtsprechung, die die Heranziehung solcher Statistiken für die Bestimmung des Wirkstoffgehalts bei fehlender Analyse zulässt (vgl. Urteil 6B_668/2022 vom 31. August 2022 E. 2.2.2).

2. Versuchter Einbruchdiebstahl in U.__ (24. April 2017)

2.1 Argumentation des Beschwerdeführers: Der Schuldspruch beruhe einzig auf DNA-Spuren auf einem Pickelstiel und Isolierband, die am Tatort gefunden wurden. Die Vorinstanz behaupte aktenwidrig, es gäbe keine Hinweise, dass sich Dritte an Materialien seines Bauunternehmens bedient hätten, obwohl aus dem Haftverlängerungsantrag der Staatsanwaltschaft hervorgehe, dass unterschiedlich zusammengesetzte Gruppen agiert hätten.

2.2 Begründung des Bundesgerichts: Das Bundesgericht bestätigte den Schuldspruch. Der blosse Aktenverweis des Beschwerdeführers liefere keine Hinweise darauf, dass Dritte Material zwecks Diebstahl entwendet hätten. Es sei nicht ersichtlich, warum der Beschwerdeführer das Entfernen von Gegenständen nicht gemeldet hätte. Die Feststellung der Vorinstanz, dass der Diebstahl nicht der Deliktsserie der Bande zugeordnet werden kann, sei unbestritten (Art. 105 Abs. 1 BGG) und schwäche die Argumentation des Beschwerdeführers bezüglich des Modus Operandi verschiedener Gruppen ab. Eine willkürliche Sachverhaltsfeststellung liege nicht vor, da die blosse Möglichkeit einer anderen Lösung nicht zur Willkür führe (BGE 148 IV 356 E. 2.1).

3. Einbruchdiebstahl in V.__ (18./19. Oktober 2018)

3.1 Argumentation des Beschwerdeführers: Auch dieser Schuldspruch basiere einzig auf einer DNA-Spur an Plexiglasbruchstücken. Eine Fremdübertragung erachte die Vorinstanz als abwegig, obwohl keine Spurenartbestimmung (Schuppen, Blut, etc.) erfolgt sei und die wissenschaftliche Möglichkeit der DNA-Wanderung unbestritten sei.

3.2 Begründung des Bundesgerichts: Das Bundesgericht wies die Rügen ebenfalls ab. Die Vorinstanz erachte nicht die Fremdübertragung von DNA an sich als abwegig, sondern den Umstand, dass sich eine unbekannte Dritttäterschaft ohne Wissen des Beschwerdeführers dessen Handschuhe angeeignet haben soll. Mit dieser vorgängigen Frage habe sich der Beschwerdeführer nicht hinreichend auseinandergesetzt. Das Argument eines Handschlags als Ursache für die DNA-Übertragung sei ein unzulässiges Novum im bundesgerichtlichen Verfahren (Art. 99 Abs. 1 BGG), da nicht dargetan wurde, dass dieser erst durch den vorinstanzlichen Entscheid veranlasst wurde.

4. Strafzumessung

Der Beschwerdeführer rügte, die Vorinstanz sei von rechtlich nicht massgebenden Kriterien ausgegangen, habe wesentliche Gesichtspunkte ausser Acht gelassen oder falsch gewichtet und sein Ermessen überschritten oder missbraucht.

4.1 Rechtliche Grundsätze: Das Bundesgericht erinnerte an Art. 47 Abs. 1 StGB (Verschulden, Vorleben, persönliche Verhältnisse, Wirkung der Strafe, Verhalten nach der Tat und im Verfahren) und Art. 49 StGB (Asperationsprinzip). Es betonte, dass es in die Strafzumessung nur eingreift, wenn das Sachgericht den gesetzlichen Strafrahmen über- oder unterschritten hat, von rechtlich nicht massgebenden Kriterien ausgegangen ist oder wesentliche Gesichtspunkte ausser Acht gelassen bzw. in Überschreitung oder Missbrauch seines Ermessens falsch gewichtet hat (BGE 149 IV 217 E. 1.1).

4.2 Würdigung der Vorinstanz: Die Vorinstanz setzte für die qualifizierte Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz eine Einsatzstrafe von 20 Monaten Freiheitsstrafe fest. Für die doppelqualifizierten (gewerbs- und bandenmässigen) Diebstähle asperierte sie um 18 Monate, für Sachbeschädigungen um 5 Monate und für Hausfriedensbrüche um 4 Monate, was zu einer Gesamtstrafe von 47 Monaten führte. Die lange Verfahrensdauer wurde mit einer Reduktion um einen Monat auf 46 Monate berücksichtigt. Das Verschlechterungsverbot führte dazu, dass es bei den 44 Monaten der ersten Instanz sein Bewenden hatte und keine zusätzliche Geldstrafe für das Fahren in angetrunkenem Zustand verhängt wurde.

4.3 Begründung des Bundesgerichts: Das Bundesgericht befand die Strafzumessung als bundesrechtskonform und im Ermessen der Vorinstanz liegend. * Betäubungsmittelgesetz: Die Vorinstanz sei nicht an Strafmasstabellen gebunden (Urteil 6B_355/2021 vom 22. März 2023 E. 4.4.2). Der Einwand des Beschwerdeführers, er habe die Weitergabe nicht gewusst oder es habe Drogensucht vorgelegen, sei eine vom Sachverhalt abweichende Behauptung bzw. ein unzulässiges Novum. Die Berücksichtigung der rein finanziellen Motive als nicht strafmindernd sei korrekt. Die Einsatzstrafe von 20 Monaten für 84 Gramm reines Kokain sei nicht zu beanstanden. * Diebstähle: Die Vorinstanz habe keineswegs "vollkommen ausser Acht" gelassen, dass es bei vier von neun Einbrüchen bei Versuchen geblieben sei. Sie habe die hohe kriminelle Energie, das professionelle Vorgehen, die sorgfältige Vorbereitung und die Tatsache, dass das Ausbleiben grösserer Beute oft Zufall oder Sicherheitsvorkehrungen geschuldet war, korrekt gewürdigt. Zudem habe die Vorinstanz die deutlich höhere Deliktssumme in einem Fall und die häufigere sowie teilweise als Alleintäter begangene Delinquenz des Beschwerdeführers im Vergleich zu einem Mittäter berücksichtigt. * Sachbeschädigungen: Die Asperation von fünf Monaten für sieben Sachbeschädigungen sei nicht zu beanstanden. Die Schäden seien, auch wenn nicht primäres Ziel, mit Rücksichtslosigkeit verursacht worden und umfassten in einem Fall einen Betrag von CHF 10'000. * Beschleunigungsgebot: Das Bundesgericht anerkannte die "gewisse Komplexität" des Falles und die "zeitintensiven" Untersuchungshandlungen ("Aktion Loch" mit grenzüberschreitenden Observationen, technischer Überwachung, IMSI-Catcher-Einsätzen, Telefonüberwachungen, umfangreichen (Haus-)Durchsuchungen und Einvernahmen). Auch das Berufungsverfahren mit Beweisergänzungen und zwei mündlichen Verhandlungen rechtfertige die Dauer. Es sei keine "krasse Zeitlücke" festzustellen, die eine weitergehende Strafminderung oder eine Verletzung des Beschleunigungsgebots begründen würde. Die Reduktion um einen Monat sei angemessen.

Zusammenfassung der wesentlichen Punkte:

Das Bundesgericht bestätigte die Verurteilung von A.__ in allen angefochtenen Punkten. 1. Betäubungsmitteldelikt: Die Würdigung der Zeugenaussagen, insbesondere hinsichtlich ihrer Glaubhaftigkeit trotz vermeintlicher Widersprüche oder Kooperationshoffnungen, sowie die Bestimmung des Kokain-Reinheitsgrades auf Basis statistischer Daten wurden als nicht willkürlich erachtet. Der Grundsatz "in dubio pro reo" findet keine Anwendung auf die Bewertung einzelner Beweismittel. 2. Diebstähle: Die Verurteilungen basierend auf DNA-Spuren wurden bestätigt. Die Rügen bezüglich Fremdübertragung von DNA oder Aktenwidrigkeit der Nichtverwendung von Material durch Dritte wurden als unbegründet abgewiesen, da sie entweder auf unzulässigen neuen Tatsachenbehauptungen beruhten oder die vorinstanzliche Argumentation nicht ausreichend widerlegten. 3. Strafzumessung: Die festgesetzte Freiheitsstrafe von 44 Monaten (reduziert auf 46 Monate durch das Kantonsgericht, aber durch das Verschlechterungsverbot auf 44 Monate bestätigt) wurde als bundesrechtskonform befunden. Das Bundesgericht sah keine Ermessensüberschreitung oder -missbrauch durch die Vorinstanz. Insbesondere wurde der komplexen Sachlage, der professionellen Begehungsweise der Diebstähle und dem Umgang mit der langen Verfahrensdauer (Strafminderung um 1 Monat) Rechnung getragen.

Die Beschwerde wurde somit vollumfänglich abgewiesen, soweit darauf einzutreten war. Die Gerichtskosten wurden dem Beschwerdeführer auferlegt.