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Das Bundesgericht hatte im vorliegenden Fall 8C_579/2024 über die Rückforderung unrechtmässig bezogener kantonaler Ergänzungsleistungen zur AHV/IV zu entscheiden, insbesondere über die Frage der anwendbaren Verjährungsfrist für die Rückforderung. Im Zentrum stand die Anwendbarkeit der längeren Verjährungsfrist nach Strafrecht, die das Vorliegen einer strafbaren Handlung voraussetzt.
A. Sachverhalt und Verfahrensgeschichte
A._, geboren 1956, bezog seit seiner Gesuchstellung vom 11. November 2008 Ergänzungsleistungen (EL) zu seiner Invalidenrente. Im Rahmen einer periodischen Revision im August 2021 wurde dem kantonalen Service des prestations complémentaires (SPC) bekannt, dass der Versicherte Eigentümer einer Liegenschaft in Italien und eines Bankkontos in Frankreich war. Daraufhin forderte der SPC mit Entscheid vom 25. November 2021 die Rückzahlung von CHF 89'083 für den Zeitraum vom 1. Dezember 2014 bis 30. November 2021, da die Leistungen unrechtmässig bezogen worden seien. Weitere Rückforderungen betrafen Krankenkassenprämienverbilligungen und Krankheitskosten. Der Einsprache des A._ wurde am 25. März 2022 stattgegeben.
Der Versicherte focht diesen Entscheid vor dem Genfer Kantonsgericht (Cour de justice) an. Das Kantonsgericht hob mit Urteil vom 20. Dezember 2022 den Einspracheentscheid auf und wies die Sache zur Neubeurteilung an den SPC zurück. Wesentlich war dabei, dass das Kantonsgericht die Anwendbarkeit einer siebenjährigen Verjährungsfrist für die Rückforderung bejahte, da die Voraussetzungen einer strafbaren Handlung erfüllt seien. Es forderte jedoch den SPC auf, bestimmte Aspekte des BVG-Kapitals und der Vermögensverwertung des Versicherten neu zu prüfen.
Eine Beschwerde des Versicherten gegen diesen Rückweisungsentscheid wurde vom Bundesgericht am 2. März 2023 als unzulässiger Zwischenentscheid (mangels irreparablen Nachteils) abgewiesen. Nach der Rückweisung forderte der SPC schliesslich nur noch CHF 6'321 zurück. Gegen den daraufhin ergangenen Einspracheentscheid des SPC vom 27. Juni 2023 erhob A.__ erneut Beschwerde beim Kantonsgericht, welches diese am 27. August 2024 abwies.
B. Streitpunkt vor dem Bundesgericht
Der Beschwerdeführer A.__ legte gegen das letztgenannte Urteil des Kantonsgerichts Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beim Bundesgericht ein. Er beantragte im Wesentlichen, von der Rückzahlung der kantonalen Ergänzungsleistungen für die Jahre 2014 bis 2016 befreit zu werden. Der Beschwerdeführer bestreitet nicht das Prinzip der Rückforderung an sich, sondern die Anwendung der siebenjährigen Verjährungsfrist. Da die Frage der Verjährungsfrist bereits im Rückweisungsentscheid vom 20. Dezember 2022 entschieden wurde, dieser aber erst mit dem Endentscheid vom 27. August 2024 anfechtbar wurde (Art. 93 Abs. 3 BGG), war dieser Aspekt umfassend prüfbar.
C. Rechtliche Grundlagen
Die Rückforderung von unrechtmässig bezogenen Leistungen richtet sich nach Art. 25 Abs. 2 des Bundesgesetzes über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG). Diese Bestimmung ist gemäss Art. 1A Abs. 1 lit. b des Genfer Gesetzes über die kantonalen Ergänzungsleistungen (LPCC) analog auf kantonale Ergänzungsleistungen anwendbar.
Gemäss Art. 25 Abs. 2 Satz 1 ATSG erlischt das Recht zur Rückforderung drei Jahre nach Kenntnis des Sachverhalts durch die Versicherungseinrichtung, spätestens jedoch fünf Jahre nach Auszahlung der Leistung (relative und absolute Verjährungsfristen). Art. 25 Abs. 2 Satz 2 ATSG sieht jedoch vor: "Ist die Forderung auf eine strafbare Handlung zurückzuführen, für die das Strafrecht eine längere Verjährungsfrist vorsieht, so ist diese massgebend." Für die Anwendung dieser längeren Frist ist keine strafrechtliche Verurteilung erforderlich; es genügt, dass die objektiven und subjektiven Tatbestandsmerkmale der Straftat erfüllt sind (BGE 140 IV 206 E. 6.2). Im Kontext von Ergänzungsleistungen kommen hauptsächlich folgende Straftatbestände in Betracht: * Art. 146 des Strafgesetzbuches (StGB): Betrug. * Art. 148a StGB: Unrechtmässiger Bezug von Leistungen einer Sozialversicherung oder der Sozialhilfe (in Kraft seit 1. Oktober 2016). * Art. 31 Abs. 1 lit. d des Bundesgesetzes über Ergänzungsleistungen zur AHV/IV (ELG): Verletzung der Meldepflicht. Die Verjährungsfrist für die genannte Straftat nach Art. 31 Abs. 1 lit. d ELG beträgt gemäss Art. 97 Abs. 1 lit. d StGB sieben Jahre.
Die Zurechnungsfähigkeit ist in Art. 19 Abs. 1 StGB geregelt: Wer im Zeitpunkt der Tat nicht fähig war, das Unrecht seiner Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, ist nicht strafbar. Dies setzt die Einsichtsfähigkeit (Fähigkeit, das Unrecht der Tat zu erkennen) und die Steuerungsfähigkeit (Fähigkeit, nach dieser Einsicht zu handeln) voraus. Eine blosse leichte Minderung der Steuerungsfähigkeit genügt nicht; es bedarf einer erheblichen psychischen Beeinträchtigung, die wesentlich von der Norm abweicht (vgl. Urteil 6B_518/2023 vom 6. März 2024 E. 2.2.2). Die Zurechnungsfähigkeit ist bezogen auf die konkrete Tat zu prüfen.
D. Rügen des Beschwerdeführers
Der Beschwerdeführer rügte eine willkürliche Sachverhaltsfeststellung und eine willkürliche Anwendung des kantonalen Rechts (Art. 28 LPCC, welches eine 5-jährige Frist vorsieht). Er machte geltend, das Kantonsgericht habe relevante medizinische Unterlagen zu seiner psychischen Gesundheit (Berichte von 2006, 2019, 2021, 2022) ausser Acht gelassen. Er habe bereits seit 2004 oder 2006 eine regelmässige psychiatrische Betreuung, leide unter einer posttraumatischen Belastungsstörung und einer schizoaffektiven Störung (diagnostiziert bereits 2008), einer paranoiden Persönlichkeitsstörung (diagnostiziert 2006), sei rein psychiatrisch invalidisiert und unfähig, seine administrativen Angelegenheiten alleine zu regeln. Die Vorinstanz hätte die behandelnden Ärzte anhören müssen. Zudem seien seine administrativen Schritte stets mit Hilfe von Sozialarbeiterinnen erfolgt, was seine vermeintliche Handlungsfähigkeit widerlege. Schliesslich habe er die Existenz der Immobilie in Italien selbst und aus eigenem Antrieb offenbart, als ihm seine Pflicht bewusst geworden sei. Das Kantonsgericht habe die Grundsätze des Strafrechts, insbesondere die Unschuldsvermutung, missachtet, da es sich lediglich um ein Unterlassen und keine strafbare Handlung gehandelt habe.
E. Erwägungen des Bundesgerichts
Prüfungsbefugnis: Das Bundesgericht prüft die Anwendung von kantonalem Recht nur unter dem Gesichtspunkt der Willkür (Art. 9 BV). Eine willkürliche Anwendung liegt vor, wenn der angefochtene Entscheid schlechterdings unhaltbar ist, in einem offensichtlichen Widerspruch zur tatsächlichen Situation steht, ohne objektiven Grund gefällt wurde oder eine klare Rechtsnorm verletzt (BGE 150 I 50 E. 3.2.7).
Anwendung der Verjährungsfrist und Zurechnungsfähigkeit:
F. Schlussfolgerung des Bundesgerichts
Basierend auf diesen Erwägungen bestätigte das Bundesgericht die Auffassung der Vorinstanz, dass die Voraussetzungen für die Anwendung der siebenjährigen Verjährungsfrist gemäss Art. 25 Abs. 2 Satz 2 ATSG in Verbindung mit Art. 97 Abs. 1 lit. d StGB erfüllt sind. Die Beschwerde wurde daher abgewiesen. Die Gerichtskosten wurden dem Beschwerdeführer auferlegt, dem jedoch die unentgeltliche Rechtspflege gewährt wurde.
Zusammenfassung der wesentlichen Punkte: