Gerne fasse ich das vorliegende Urteil des Schweizerischen Bundesgerichts (5A_240/2025 vom 25. Juli 2025) detailliert zusammen:
Detaillierte Zusammenfassung des Urteils des Schweizerischen Bundesgerichts 5A_240/2025
1. Einleitung und Parteien
Das Bundesgericht hatte über eine Beschwerde in Zivilsachen von A._ (Beschwerdeführer, Gläubiger) gegen B._ und C._ (Intimierte, Söhne des Schuldners) zu entscheiden. Streitgegenstand war eine Klage auf Bestreitung des Eigentumsanspruchs Dritter (Retentionsklage des Gläubigers) im Rahmen einer Sequestration. A._ hatte die Sequestration von Stockwerkeigentumsanteilen (PPE) an einem Immobilienobjekt beantragt, welche von D._ (Schuldner, Vater der Intimierten) an seine Söhne B._ und C._ geschenkt worden waren. A._ machte geltend, die Schenkung sei lediglich ein Scheingeschäft gewesen, um die Immobilie dem Zugriff seiner Gläubiger zu entziehen.
2. Sachverhalt und Verfahrensgeschichte
- Familiärer Hintergrund: D._ (geb. 1968) und E._ (geb. 1973) waren verheiratet und hatten zwei Söhne, B._ (geb. 1999) und C._ (geb. 2003). Die Familie lebte in einer Wohnung, die D.__ von seinen Eltern geschenkt bekommen hatte.
- Scheidung und Konvention (2009): Nach der Trennung 2006 wurde die Ehe 2009 geschieden. Eine Scheidungskonvention sah vor, dass E._ und die Kinder die Wohnung weiterhin nutzen durften und D._ die damit verbundenen Lasten trug. Die Konvention enthielt auch die Verpflichtung von D._, im Falle einer Wiederheirat oder neuen Vaterschaft Vorkehrungen zu treffen, damit die Wohnung oder der Erlös aus einem allfälligen Verkauf ausschliesslich und zu gleichen Teilen an seine Söhne B._ und C._ fallen würde. E._ wurde ein Wohnrecht eingeräumt.
- Strafverfahren gegen D.__ (ab 2019): Im Mai 2019 reichte A._ eine Strafanzeige wegen ungetreuer Geschäftsbesorgung gegen D._ und dessen Lebensgefährtin ein. Es ging um einen Schaden von ca. 2,3 Millionen Euro aus der Vermögensverwaltung. Im Juli 2020 wurde D.__ als Beschuldigter einvernommen, und im März 2021 wurde eine Strafuntersuchung eröffnet. Im Oktober 2024 informierte die Staatsanwaltschaft über ihre Absicht, die Untersuchung einzustellen.
- Neuverhandlung der Scheidungskonvention und Schenkung der Immobilie (2020-2021):
- Ab August 2020 begannen D._ und E._, die Scheidungskonvention neu zu verhandeln.
- Im Mai 2021 schlug D._ seiner Ex-Frau vor, ihr eine Nutzniessung an der Wohnung zu gewähren, die er den Kindern nach Erreichen der Volljährigkeit von C._ schenken wollte.
- Am 23. Juli 2021 (nachdem C._ die Volljährigkeit erreicht hatte) schenkte D._ die fragliche Wohnung zu gleichen Teilen seinen Söhnen B._ und C._. Die Schenkungsurkunde sah vor, dass die Söhne erst nach dem Erlöschen des Wohnrechts ihrer Mutter Besitz und Genuss der Immobilie erlangen würden. E._ stimmte der Schenkung zu. Die Söhne sollten ab Eigentumsübertragung die öffentlichen Abgaben tragen, die periodischen Lasten (z.B. Stockwerkeigentumslasten) aber erst ab Besitz und Genuss. Eine auf der Immobilie lastende Hypothek über 2 Millionen CHF wurde an die Söhne abgetreten; sie wurden zu Alleinschuldnern, während D._ von seiner Schuldnerstellung befreit wurde. D.__ übernahm die Kosten des Eigentumsübergangs.
- Am 7. September 2021 wurde ein Nutzniessungsrecht zugunsten von E.__ im Grundbuch eingetragen.
- Im Dezember 2021 formalisierten D._ und E._ ihren neuen Unterhaltsbeitrag, die Schenkung der Wohnung und die Eintragung des Nutzniessungsrechts in einer Änderungsvereinbarung zum Scheidungsurteil.
- Sequestrationsverfahren (ab 2022):
- Im Februar 2022 erwirkte A._ einen Arrest auf Konten und die PPE-Anteile der Wohnung zulasten von D._.
- Im Mai 2022 erstellte das Betreibungsamt Genf das Arrestprotokoll für die PPE-Anteile der Wohnung, die im Grundbuch auf B._ und C._ eingetragen waren und mit einem Nutzniessungsrecht zugunsten von E._ belastet waren. Der Arrest erfolgte zugunsten von A._ für eine Forderung von über 2,4 Millionen CHF gegen D._. A._ wurde eine Frist gesetzt, um den Eigentumsanspruch der Drittparteien anzufechten.
- Klage auf Bestreitung des Eigentumsanspruchs (2022):
- A._ reichte im Juni 2022 eine Klage gegen B._ und C.__ ein. Er beantragte festzustellen, dass deren Eintragung als Eigentümer im Grundbuch offensichtlich unrichtig sei, und dass der Arrest aufrechterhalten werde. Er argumentierte, die Schenkung sei fiktiv und die Söhne seien nur Scheineigentümer, um die Sequestration zu verhindern, insbesondere nach der Eröffnung der Strafuntersuchung.
- Die Söhne bestritten dies, wiesen auf die familiäre Tradition und die bereits in der Scheidungskonvention geäusserten Absichten hin. Sie gaben jedoch zu, dass D.__ die Hypothek weiterhin bediente (direkt oder indirekt), die Kosten für den Eigentumsübergang und die Nutzniessung bezahlt hatte und die Liegenschaftsvermögenssteuer entrichtete.
- D._ und E._ bestätigten in ihren Anhörungen die Absicht, die Wohnung im Familienbesitz zu halten, und die Wartezeit bis zur Volljährigkeit des jüngsten Sohnes, um eine Beistandschaft zu vermeiden. Die Kinder seien erst nach der Schenkung informiert worden.
- Urteile der kantonalen Instanzen (2023/2025):
- Das erstinstanzliche Gericht wies A._s Klage im Dezember 2023 ab. Es befand, A._ habe nicht beweisen können, dass das Eigentum der Söhne fiktiv sei. Die Schenkung sei bereits bei der Scheidung antizipiert und die Gespräche über zwei Jahre vor der Strafuntersuchung begonnen worden. Die Pandemie und das Abwarten der Volljährigkeit des jüngsten Sohnes seien plausible Gründe für die Verzögerung. Auch die Nutzniessung zugunsten der Mutter sei adäquat. Hätte D.__ die Immobilie dem Arrest entziehen wollen, hätte er nicht bis zur Volljährigkeit gewartet.
- Das Genfer Cour de justice bestätigte dieses Urteil im Februar 2025.
3. Rügen des Beschwerdeführers vor Bundesgericht
A._ rügte im Wesentlichen:
* Willkür bei der Sachverhaltsfeststellung (Art. 9 BV).
* Verletzung von Verfahrensgarantien (Art. 6 EMRK, Art. 29 Abs. 1 und 2 BV) und Art. 157 ZPO.
* Verletzung von Art. 271 ff. SchKG, Art. 108 Abs. 1 Ziff. 3 SchKG und Art. 10 Abs. 1 Ziff. 3 ORFI.
* Verletzung von Art. 2 Abs. 2 ZGB (Rechtsmissbrauch, Strohmann-Prinzip).
Er beanstandete, die Vorinstanz habe Argumente und Beweismittel, die auf eine Pauliana abzielten, zu Unrecht nicht berücksichtigt, da kein Verlustschein vorliege. Er machte geltend, es müsse ein Parallelismus zwischen der administrativen und gerichtlichen Phase der Retentionsklage bestehen, und Art. 10 Abs. 1 Ziff. 3 ORFI erfordere keinen Verlustschein. Die Schenkung sei fiktiv und ein Scheingeschäft gewesen, da D._ weiterhin alle Lasten trage und die Schenkung nur dazu diene, die Gläubiger zu schädigen.
4. Erwägungen des Bundesgerichts
4.1. Zulässigkeit der Beschwerde
Die Beschwerde war fristgerecht eingereicht und grundsätzlich zulässig, da es sich um eine Endentscheidung in einer Retentionsklage handelte und der Streitwert erreicht war.
4.2. Rechtliche Grundlagen und Abgrenzung
* Sequestrationsfähigkeit (Art. 271 Abs. 1 SchKG): Nur Vermögenswerte des Schuldners können sequestriert werden. Gehören diese formell einem Dritten, sind sie grundsätzlich nicht sequestrierbar.
* Unrichtigkeit des Grundbucheintrags (Art. 10 Abs. 1 Ziff. 3 ORFI): Eine Immobilie, die im Grundbuch auf einen Dritten eingetragen ist, kann sequestriert werden, wenn der Gläubiger glaubhaft macht, dass der Grundbucheintrag unrichtig ist (z.B. bei paulianisch anfechtbaren oder simulierten Rechtsgeschäften).
* Retentionsklage (Art. 106-109 SchKG): Diese Klage dient dazu, festzustellen, ob ein Gegenstand in der laufenden Betreibung verwertet werden kann oder freizugeben ist. Das Urteil bindet nur im Rahmen dieser Betreibung.
* Paulianische Anfechtung (Art. 285 ff. SchKG) vs. Scheingeschäft (Simulation, Art. 18 OR):
* Eine Anfechtungsklage gemäss Art. 285 ff. SchKG, die darauf abzielt, die Ungültigkeit eines Rechtsgeschäfts wegen Gläubigerbenachteiligung geltend zu machen, setzt voraus, dass der Gläubiger einen provisorischen oder definitiven Verlustschein besitzt (Art. 285 Abs. 2 Ziff. 1 SchKG).
* Im Gegensatz dazu kann die Fiktion eines Rechtsgeschäfts (Simulation oder Strohmann-Verhältnis) auch ohne Verlustschein geltend gemacht werden, da sie nicht die Anfechtung eines an sich gültigen, aber anfechtbaren Rechtsgeschäfts betrifft, sondern die Feststellung, dass das Rechtsgeschäft von vornherein gar nie wirklich gewollt war und daher rechtlich unwirksam ist.
* Beweislast: Der Drittansprecher (hier: die Söhne) muss sein Eigentumsrecht nachweisen (hier: Grundbucheintrag, Schenkungsurkunde). Der Gläubiger (Beschwerdeführer) muss sodann Tatsachen vorbringen, die dieses Recht in Zweifel ziehen. Bei der Behauptung eines Scheingeschäfts obliegt es dem Gläubiger, zu beweisen, dass die Parteien trotz der äusseren Form eines Rechtsgeschäfts tatsächlich keine entsprechenden Rechtswirkungen wollten.
4.3. Anwendung auf den vorliegenden Fall
- Ablehnung der Pauliana-Argumente: Das Bundesgericht bestätigte die Vorinstanz, dass die Argumente des Beschwerdeführers, die auf eine Paulianische Anfechtung abzielten (wie z.B. die Absicht der Gläubigerbenachteiligung), aufgrund des fehlenden Verlustscheins nicht geprüft werden durften. Der Beschwerdeführer verkannte das Verfahrensstadium, da die Sequestrationsphase nur die Glaubhaftmachung einer Unrichtigkeit nach Art. 10 Abs. 1 Ziff. 3 ORFI betrifft, während in der gerichtlichen Phase der Retentionsklage die vollständige Beweislast gilt.
- Prüfung der Schenkung auf Simulation: Das Bundesgericht konzentrierte sich auf die Frage, ob die Schenkung ein Scheingeschäft war, d.h. ob die Söhne nur Scheineigentümer waren und D.__ materiell oder rechtlich weiterhin die Kontrolle über die Wohnung behielt oder einen Nutzen daraus zog.
- Keine Fiktion trotz möglicher Benachteiligungsabsicht: Das Bundesgericht hielt fest, dass selbst wenn D.__ die Absicht gehabt hätte, durch die Schenkung Gläubiger zu benachteiligen, dies allein nicht beweise, dass die Schenkung fiktiv gewesen sei. Eine Simulation liegt vor, wenn die Parteien ein Rechtsgeschäft nur dem äusseren Anschein nach abschliessen, aber tatsächlich keine oder andere Rechtswirkungen beabsichtigen (Art. 18 Abs. 1 OR).
- Beweismittel des Beschwerdeführers unzureichend: Die vom Beschwerdeführer angeführten Elemente (Nutzniessung zugunsten der Ex-Frau, Übernahme von Hypotheken und anderen Kosten durch D.__, zeitlicher Kontext der Strafuntersuchung) belegten nicht, dass die Parteien die Schenkung nicht ernsthaft gewollt hätten.
- Die Nutzniessung an E._ entzog D._ ohnehin jeglichen Genuss am Objekt, den er bereits seit 2006 (Auszug aus der Wohnung) nicht mehr hatte. Die Nutzniessung für die Mutter war eine reale Rechtsgestaltung, die den Kindern als neuen Eigentümern die Verfügungsbefugnis entzog, nicht aber D._. Nach der Schenkung und Nutzniessungsbestellung hatte D._ keine Rechte mehr an der Immobilie, was gegen eine Simulation spricht.
- Die Kostenübernahme durch D._ (Hypothekarzinsen, Transferkosten, Vermögenssteuer) für seine erwachsenen Söhne und seine Ex-Frau sei nicht ungewöhnlich und stehe der Ernsthaftigkeit der Schenkung nicht entgegen. D._ war von seiner Schuldnerstellung bezüglich der Hypothek befreit worden, und die periodischen Lasten fielen nun der Nutzniesserin zu.
- Unzureichende Sachverhaltsrügen: Die pauschalen Rügen des Beschwerdeführers bezüglich "Zweck der Schenkung", "Identität der Beteiligten", "Zeitraum und Kontext", "Zeugenaussagen" oder "andere Massnahmen zur Vermögensminderung" genügten den qualifizierten Anforderungen an eine Willkürrüge (Art. 106 Abs. 2 BGG) nicht. Es fehlte an einer klaren und detaillierten Darlegung, welche konkreten Beweismittel falsch gewürdigt oder ignoriert worden wären und wie sich dies auf den Ausgang des Verfahrens ausgewirkt hätte.
5. Schlussfolgerung des Bundesgerichts
Das Bundesgericht gelangte zum Schluss, dass die Vorinstanz weder in der rechtlichen Würdigung noch in der Sachverhaltsfeststellung Willkür begangen oder sonstwie Recht verletzt hat. Die Schenkung war nicht als fiktiv zu qualifizieren. Die Beschwerde wurde, soweit sie zulässig war, abgewiesen.
Kurze Zusammenfassung der wesentlichen Punkte:
Das Bundesgericht bestätigte, dass die von D._ an seine Söhne vorgenommene Schenkung einer Immobilie nicht als Scheingeschäft (Simulation) im Sinne von Art. 18 OR zu qualifizieren ist. Obwohl der Gläubiger A._ eine Benachteiligungsabsicht vermutete und D._ weiterhin bestimmte Kosten für die Immobilie trug, konnte er nicht beweisen, dass die Schenkung unwirksam war und D._ weiterhin der wahre Eigentümer blieb. Eine paulianische Anfechtung nach Art. 285 ff. SchKG kam mangels eines Verlustscheins nicht in Betracht. Das Gericht betonte die klare rechtliche Abgrenzung zwischen einer Pauliana (anfechtbares, aber gültiges Geschäft) und einem Scheingeschäft (ungültiges Geschäft, weil nie ernsthaft gewollt). Die kantonale Instanz hatte zu Recht entschieden, dass die Schenkung eine ernsthafte Eigentumsübertragung darstellte, auch wenn der Zeitpunkt (nach Eröffnung einer Strafuntersuchung) Fragen aufwarf, da die Absicht der Schenkung bereits Jahre zuvor bestand und D.__ ohnehin schon länger nicht mehr über die Nutzung der Immobilie verfügte.