Zusammenfassung von BGer-Urteil 6B_292/2025 vom 28. Juli 2025

Es handelt sich um ein experimentelles Feature. Es besteht keine Gewähr für die Richtigkeit der Zusammenfassung.

Gerne fasse ich das vorliegende Urteil des Schweizerischen Bundesgerichts detailliert zusammen:

Zusammenfassung des Urteils des Bundesgerichts 6B_292/2025 vom 28. Juli 2025

I. Einleitung und Parteien Das Urteil der I. strafrechtlichen Abteilung des Bundesgerichts betrifft die Beschwerde in Strafsachen von A.__ (Beschwerdeführer) gegen ein Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau. Die Beschwerdegegnerin ist die Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Aargau. Gegenstand des Verfahrens ist die Verurteilung wegen Verletzung des Amtsgeheimnisses.

II. Sachverhalt und Vorinstanzenentscheide Dem Beschwerdeführer, einem Polizeibeamten, wurde vorgeworfen, auf Anstiftung seines ehemaligen Arbeitskollegen B._ hin eine Auskunft über die Festnahme von D._ aus dem polizeilichen Informationssystem C._ an B._ weitergeleitet zu haben. Konkret soll der Beschwerdeführer am 18. September 2020 eine Abfrage im System getätigt und die Information telefonisch an B.__ übermittelt haben.

Die Präsidentin des Bezirksgerichts Baden sprach den Beschwerdeführer am 29. Januar 2024 frei. Auf Berufung der Staatsanwaltschaft hin verurteilte das Obergericht des Kantons Aargau den Beschwerdeführer am 12. Dezember 2024 wegen Verletzung des Amtsgeheimnisses zu einer bedingten Geldstrafe von 60 Tagessätzen à Fr. 80.-- und einer Verbindungsbusse von Fr. 1'100.--. Mit der vorliegenden Beschwerde beantragt der Beschwerdeführer einen Freispruch oder eventualiter die Rückweisung an die Vorinstanz.

III. Rechtliche Grundlagen der bundesgerichtlichen Prüfung

  1. Rüge der Willkür und Unschuldsvermutung (Art. 97 Abs. 1, 105 Abs. 1 BGG, Art. 10 Abs. 3 StPO, Art. 32 Abs. 1 BV, Art. 6 Ziff. 2 EMRK):

    • Das Bundesgericht legt seinem Urteil den von der Vorinstanz festgestellten Sachverhalt zugrunde (Art. 105 Abs. 1 BGG), es sei denn, dieser sei offensichtlich unrichtig (willkürlich) oder beruhe auf einer Rechtsverletzung (Art. 97 Abs. 1 BGG). Willkür in der Beweiswürdigung liegt vor, wenn diese schlechterdings unhaltbar ist, d.h. in klarem Widerspruch zur tatsächlichen Situation steht oder auf einem offenkundigen Fehler beruht. Eine blosse Alternativlösung genügt nicht, und die Willkür muss nicht nur in der Begründung, sondern auch im Ergebnis vorliegen (vgl. BGE 148 IV 356 E. 2.1).
    • Der Grundsatz "in dubio pro reo" (Unschuldsvermutung) findet in seiner Funktion als Beweiswürdigungsregel im bundesgerichtlichen Verfahren keine über das Willkürverbot hinausgehende Bedeutung (BGE 148 IV 409 E. 2.2). Er verbietet es, einen belastenden Sachverhalt anzunehmen, wenn ernsthafte, unüberwindliche Zweifel bestehen. Bloss abstrakte oder theoretische Zweifel sind dabei unbeachtlich (BGE 144 IV 345 E. 2.2). Als Beweislastregel, die verlangt, dass die Anklagebehörde die Schuld beweisen muss, wird er vom Bundesgericht mit freier Kognition geprüft (BGE 144 IV 345 E. 2.2.3.3).
  2. Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV, Art. 6 Ziff. 1 EMRK):

    • Dieser Anspruch verlangt, dass die Behörde die Parteivorbringen tatsächlich hört, prüft und berücksichtigt. Daraus folgt die Pflicht zur Begründung des Entscheids (Art. 81 Abs. 3 StPO), die es dem Betroffenen ermöglicht, den Entscheid anzufechten. Es ist jedoch nicht notwendig, jedes einzelne Vorbringen ausdrücklich zu widerlegen, sondern sich auf die für den Entscheid wesentlichen Punkte zu beschränken (BGE 150 III 1 E. 4.5).

IV. Beweiswürdigung und Argumentation der Vorinstanz

Die Vorinstanz (Obergericht) hat den Sachverhalt, wonach der Beschwerdeführer B.__ die angefragte Information telefonisch übermittelte, als erstellt erachtet. Sie hat sich dabei insbesondere auf folgende Punkte gestützt und die erstinstanzliche Beweiswürdigung widerlegt:

  1. Fehlende direkte Beweise und objektive Indizien:

    • Es konnten keine sachdienlichen Hinweise auf Datenträgern von B.__ gefunden werden. Eine Auswertung seines Mobiltelefons auf Telefonanrufe vom 18. September 2020 war aus technischen Gründen nicht möglich, und eine rückwirkende Teilnehmeridentifikation (RTI) konnte aufgrund des Zeitablaufs nicht mehr angeordnet werden.
    • Als objektive Beweismittel lagen jedoch ein Chatverlauf mit B._s Anfrage an den Beschwerdeführer (18. September 2020, 15:23 Uhr) und ein Auswertungsbericht über Suchanfragen im Informationssystem C._ vor, der die Abfrage des Beschwerdeführers über D.__ (18. September 2020, 15:25 Uhr) belegte.
  2. Glaubhaftigkeit der Aussagen von B.__:

    • Entgegen der Erstinstanz erachtete die Vorinstanz B.__s Aussagen als glaubhaft. Sie begründete die vorhandenen Erinnerungslücken und vereinzelten Widersprüche mit dem Zeitablauf, der Vielzahl seiner Informanten und einem erlittenen Schlaganfall.
    • Wesentlicher Punkt: B.__s Aussagen zum Kerngeschehen (Anfrage nur an den Beschwerdeführer, Beantwortung nur durch diesen) erwiesen sich als in sich stimmig und deckten sich mit den Chatverläufen, selbst bevor ihm diese gezeigt wurden.
    • Die Vorinstanz sah kein Motiv für eine Falschbelastung. B.__ kannte den Beschwerdeführer gut und belastete sich zudem selbst als Anstifter, was gegen ein unlauteres Motiv spricht.
  3. Unglaubhaftigkeit der Aussagen des Beschwerdeführers:

    • Die Vorinstanz stufte die Aussagen des Beschwerdeführers als widerspruchsvoll ein. Er hatte zunächst bestritten, sensible Daten zu D.__ angefragt zu haben, und dies erst auf Vorhalt der Abfrage zugegeben.
    • Die Aussage, die Abfrage aus "reiner Neugier" getätigt zu haben, obwohl er D.__ gemäss eigenen Angaben nicht kannte, erschien zweifelhaft.
    • Seine Aussagen zur Häufigkeit früherer Anfragen von B._ waren inkonsistent. Die Vorinstanz betonte, dass der Beschwerdeführer als Polizeibeamter die Sensibilität der Anfragen kannte und eine entschiedenere Reaktion auf frühere Anfragen B.__s weitere Anfragen wohl verhindert hätte. B._ wandte sich offensichtlich an eine Person, von der er am ehesten eine Antwort erwartete, was auf eine Vertrauensbeziehung oder frühere Praxis hindeutet.
    • Der vorgelegte Screenshot eines WhatsApp-Verlaufs aus dem Jahr 2017, der eine unbeantwortete Anfrage von B.__ zeigte, wurde als nicht beweisrelevant für das hier interessierende Ereignis 2020 erachtet.
  4. Gesamtwürdigung und "in dubio pro reo":

    • Die Vorinstanz schloss aus dem engen zeitlichen Zusammenhang zwischen B.__s Anfrage (15:23 Uhr) und der Abfrage durch den Beschwerdeführer (15:25 Uhr) in Kombination mit B.__s glaubhafter Aussage, die Auskunft nur vom Beschwerdeführer erhalten zu haben, dass die Weitergabe erfolgt sein musste.
    • Die Möglichkeit, dass B.__ die Auskunft von einer anderen Person erhalten haben könnte, wurde als sehr unwahrscheinlich und als höchstens "theoretischer Zweifel" gewertet, der einem Schuldspruch im Sinne von "in dubio pro reo" nicht entgegenstehe.

V. Prüfung durch das Bundesgericht

Das Bundesgericht prüfte die Rügen des Beschwerdeführers und wies diese ab:

  1. Willkürrüge: Das Bundesgericht erachtete die Begründung der Vorinstanz als nicht willkürlich. Die Kritik des Beschwerdeführers beschränkte sich darauf, seine eigene Sicht der Beweislage darzulegen, ohne aufzuzeigen, dass die Schlussfolgerungen der Vorinstanz in ihrer Gesamtheit unhaltbar wären. Insbesondere war es nicht willkürlich, B._s Erinnerungslücken mit der Vielzahl von Informanten und dem Zeitablauf zu erklären und seine Kern-Aussagen als konstant und glaubhaft zu werten. Auch die Einschätzung, B._ habe kein Motiv für eine Falschbezichtigung (zumal er sich selbst belastete), wurde als nicht willkürlich bestätigt. Die Indizien gegen die Glaubhaftigkeit des Beschwerdeführers (Erstbestreiten, fragwürdige Neugier, Inkonsistenzen) wurden ebenfalls als legitime Beweiswürdigung anerkannt.

  2. Unschuldsvermutung: Die Rüge der Verletzung der Unschuldsvermutung ging nicht über die Willkürrügen hinaus und wurde daher ebenfalls als unbegründet abgewiesen.

  3. Rechtliches Gehör: Rügen betreffend die (nicht ergebnisoffenen) C.__-Abklärungen und fehlende Telefonaufzeichnungen wurden als unbegründet abgewiesen. Die Vorinstanz hatte nachvollziehbar dargelegt, warum eine detaillierte technische Auswertung der Telefonate nicht möglich war (technische Gründe, Zeitablauf). Die Rüge, der Beschwerdeführer habe an einer Einvernahme B.__s im März 2021 nicht teilnehmen können, wurde als nicht rechtzeitig im Instanzenzug erhoben und somit als unzulässig befunden ("mangelnde materielle Ausschöpfung des Instanzenzuges"). Das Bundesgericht hielt fest, dass die Vorinstanz die wesentlichen Punkte begründet hat und sich nicht mit sämtlichen Vorbringen auseinandersetzen musste.

VI. Schlussfolgerung des Bundesgerichts Die gegen die vorinstanzliche Beweiswürdigung erhobenen Rügen des Beschwerdeführers erwiesen sich als unbegründet, soweit überhaupt darauf eingetreten werden konnte. Eine willkürliche Beweiswürdigung durch die Vorinstanz wurde verneint. Die Rügen der Verletzung der Unschuldsvermutung und des rechtlichen Gehörs waren ebenfalls unbegründet oder nicht hinreichend substanziiert. Die Beschwerde wurde abgewiesen, soweit darauf eingetreten wurde. Die Gerichtskosten wurden dem Beschwerdeführer auferlegt.

Zusammenfassung der wesentlichen Punkte:

  • Bestätigung der Verurteilung: Das Bundesgericht bestätigt die Verurteilung des Beschwerdeführers wegen Verletzung des Amtsgeheimnisses durch telefonische Weitergabe einer polizeilichen Auskunft.
  • Beweiswürdigung als Kernfrage: Der Streitpunkt lag primär in der willkürfreien Beweiswürdigung der Vorinstanz, insbesondere der Glaubhaftigkeit der Aussagen der involvierten Personen.
  • Glaubhaftigkeit von B.__ bejaht: Die Vorinstanz beurteilte die Aussagen des Anstifters B.__ als glaubhaft, trotz Erinnerungslücken, da die Kernelemente seiner Aussage konstant waren, mit den objektiven Fakten übereinstimmten und kein Belastungsmotiv vorlag (insbesondere da er sich selbst belastete).
  • Glaubhaftigkeit von A.__ verneint: Die Vorinstanz erachtete die Aussagen des Beschwerdeführers als unglaubhaft, gestützt auf sein anfängliches Bestreiten, seine zweifelhafte Motivation ("Neugier") und inkonsistente Angaben zu früheren Anfragen.
  • Keine Willkür: Das Bundesgericht bestätigte, dass die vorinstanzliche Beweiswürdigung – welche die objektiven zeitlichen Zusammenhänge der Anfragen und Abfragen, die Glaubhaftigkeit des Zeugen B.__ und das Aussageverhalten des Beschwerdeführers berücksichtigte – nicht willkürlich war.
  • Abweisung weiterer Rügen: Die Rügen der Verletzung der Unschuldsvermutung und des rechtlichen Gehörs wurden ebenfalls als unbegründet oder unzulässig abgewiesen.