Zusammenfassung von BGer-Urteil 2C_80/2024 vom 4. August 2025

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Detaillierte Zusammenfassung des Urteils des Schweizerischen Bundesgerichts 2C_80/2024 vom 4. August 2025 I. Einleitung und Sachverhalt

Das Bundesgericht hatte im vorliegenden Fall 2C_80/2024 die Frage zu beurteilen, ob eine Gesamtheit von landwirtschaftlichen Grundstücken im Kanton Schwyz die Kriterien eines landwirtschaftlichen Gewerbes im Sinne von Art. 7 des Bundesgesetzes über das bäuerliche Bodenrecht (BGBB; SR 211.412.11) erfüllt. Diese Feststellung ist entscheidend für das Bestehen eines Verwandtenvorkaufsrechts gemäss Art. 42 BGBB.

Sachverhalt: Die fraglichen Grundstücke KTN xxx, xxy, xxz und xyy in U._, bestehend aus Wohnhaus, Ökonomiegebäuden, Wiesen und Wald, wurden 1996 im Rahmen einer Erbteilung von den Geschwistern B._ an D.B._ übertragen, der sie landwirtschaftlich bewirtschaftete. Im Juli 2017 trat D.B._ die Liegenschaften an seinen Sohn B.B._ ab. A._, der Sohn von C.B._ (einem der ursprünglichen Miterben) und selbst Selbstbewirtschafter eines landwirtschaftlichen Gewerbes, machte daraufhin sein Verwandtenvorkaufsrecht geltend. Seine Begründung: Die Liegenschaften stellten ein landwirtschaftliches Gewerbe dar, seien vor weniger als 25 Jahren aus dem Nachlass der gemeinsamen Grosseltern erworben worden, und der Erwerber B.B._ sei kein Selbstbewirtschafter.

Das kantonale Amt für Landwirtschaft verneinte 2019 das Vorliegen eines landwirtschaftlichen Gewerbes (SAK-Bedarf von 0.9493 SAK, unter der kantonalen Grenze von 1 SAK). Das Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz wies die Sache im Februar 2020 zur ergänzenden Abklärung bezüglich der Sömmerung zurück. Nach erneuter Beurteilung durch das Amt für Landwirtschaft, das wiederum ein Gewerbe verneinte (0.9352 SAK), bestätigte das Verwaltungsgericht im November 2023 diese Feststellung. Gegen diesen letztgenannten Entscheid sowie den Rückweisungsentscheid vom Februar 2020 reichte A.__ Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beim Bundesgericht ein.

II. Eintreten auf die Beschwerde und Prüfungsrahmen

Das Bundesgericht trat auf die Beschwerde ein, da es sich um eine Feststellungsverfügung nach Art. 84 BGBB handelt, die der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten zugänglich ist (Art. 89 BGBB, Art. 82 lit. a BGG). Das schutzwürdige Interesse des Beschwerdeführers als Geschwisterkind im Sinne von Art. 42 Abs. 1 BGBB zur Feststellung des Gewerbecharakters wurde bejaht. Die Beschwerde richtete sich zulässigerweise auch gegen den Zwischenentscheid vom Februar 2020, da dieser gemäss Art. 93 Abs. 3 BGG den Inhalt des Endentscheids beeinflusst.

Das Bundesgericht prüft die Verletzung von Bundesrecht von Amtes wegen (Art. 95 lit. a, Art. 106 Abs. 1 BGG), jedoch nur gerügte Rechtsverletzungen, sofern keine offensichtlichen Mängel vorliegen. Kantonales Recht wird nur auf Willkür hin geprüft (Art. 9 BV). Für Grundrechtsverletzungen und die Verletzung kantonalen Rechts gilt eine qualifizierte Rüge- und Begründungspflicht (Art. 106 Abs. 2 BGG). Der Sachverhalt wird grundsätzlich nach Art. 105 Abs. 1 BGG übernommen, es sei denn, er sei offensichtlich unrichtig oder beruhe auf einer Rechtsverletzung, was ebenfalls substanziiert darzulegen ist.

III. Formelle Rügen (Art. 29 BV)

Der Beschwerdeführer rügte eine formelle Rechtsverweigerung und eine Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art. 29 Abs. 1 und 2 BV), weil die Vorinstanz angeblich nicht alle seine Rügen behandelt habe.

  1. Nichtbehandlung von Rügen: Der Beschwerdeführer monierte, die Vorinstanz habe sich nicht oder unzureichend mit der Direktvermarktung, dem Alpungszuschlag und der Anrechnung von Hochstammobstbäumen befasst.
    • Bindungswirkung von Rückweisungsentscheiden: Das Bundesgericht führte aus, dass die erneut mit der Sache befasste Behörde grundsätzlich an die rechtliche Begründung der rückweisenden Instanz gebunden ist, um ein zweites Verfahren über bereits verbindlich entschiedene Rechtsfragen zu verhindern.
    • Direktvermarktung: Die Vorinstanz ging davon aus, dass die Rüge bezüglich Direktvermarktung im ersten Rechtsgang nicht substanziiert vorgebracht wurde und somit nicht Prüfgegenstand war. Aufgrund der Bindungswirkung der Rückweisung musste sie daher im zweiten Rechtsgang nicht mehr darauf eingehen. Das Bundesgericht bestätigte, dass der Beschwerdeführer die mangelnde Substantiierung im ersten Rechtsgang nicht willkürlich widerlegt hat.
    • Alpung und Hochstammobstbäume: Die Berücksichtigung der Alpung war Gegenstand der Rückweisung und wurde im zweiten Rechtsgang behandelt. Die Frage der Hochstammobstbäume wurde bereits im ersten Urteil des Verwaltungsgerichts (2020) eingehend behandelt, weshalb die Vorinstanz aufgrund der Bindungswirkung nicht erneut darauf eingehen musste.
  2. Abklärung der Stallkapazität: Der Beschwerdeführer beanstandete, dass die Vorinstanz sich auf einen Fachbericht des Amts für Landwirtschaft zur Stallkapazität stützte, der ohne seine Beteiligung erstellt worden sei. Das Bundesgericht hielt fest, dass der Anspruch auf Teilnahme am Augenschein besteht, wenn die Entscheidinstanz einen solchen durchführt, nicht aber, wenn eine Fachinstanz informell Kenntnisse beschafft. Die Ergebnisse fliessen in den Fachbericht ein und müssen den Parteien zur Stellungnahme vorgelegt werden, was hier geschehen sei.

Das Bundesgericht verneinte somit eine Verletzung des rechtlichen Gehörs oder eine formelle Rechtsverweigerung.

IV. Materielle Rügen – Feststellung eines landwirtschaftlichen Gewerbes

Die Kernfrage betraf die Berechnung der Standardarbeitskraft (SAK) zur Bestimmung, ob ein landwirtschaftliches Gewerbe gemäss Art. 7 BGBB vorliegt. Für Betriebe im Talgebiet des Kantons Schwyz gilt eine Gewerbegrenze von 1 SAK. Die SAK wird objektiv nach dem standardisierten Arbeitsaufwand bei landesüblicher Bewirtschaftung berechnet, wobei die landwirtschaftliche Nutzfläche und die Anzahl Nutztiere (Grossvieheinheiten, GVE) sowie spezifische Zuschläge massgebend sind. Entscheidend ist der Zeitpunkt der Ausübung des Vorkaufsrechts (Juli 2017).

  1. Anzahl der Grossvieheinheiten (GVE) und Stallkapazität:

    • Die Vorinstanz stützte sich auf die gesetzlich zulässigen Tierbestände unter Berücksichtigung der Stallgrösse, des Tierschutz- und Gewässerschutzgesetzes. Sie bestätigte eine maximale Kapazität von 19.82 GVE (16.00 GVE Kühe und 3.82 GVE Aufzuchttiere) basierend auf dem Fachbericht vom 23. Juni 2020.
    • Das Bundesgericht bestätigte, dass die Vorinstanz den Fachbericht des dipl. Ing. agr. ETH zur Stallkapazität heranziehen durfte. Die Gerichte sind in dieser Frage auf sachverständiges Wissen angewiesen. Die Einwände des Beschwerdeführers bezüglich einer höheren Kapazität wurden als ungenügend begründete appellatorische Kritik gewertet. Die Annahme der Vorinstanz, die ermittelte Kapazität sei angesichts der Tierschutzvorgaben eher grosszügig, wurde ebenfalls als nachvollziehbar erachtet.
    • Die Möglichkeit zur Erweiterung der Stallkapazität (Art. 7 Abs. 4 lit. b BGBB): Der Beschwerdeführer behauptete, die Kapazität könnte durch tragbare Aufwendungen erweitert werden (5'000 CHF für Umbau). Die Vorinstanz und das Amt für Landwirtschaft hielten dies für unzureichend substanziiert, da kein Konzept oder eine Tragbarkeitsberechnung vorgelegt wurde und die Umbaukosten um ein Vielfaches höher geschätzt wurden. Das Bundesgericht bestätigte, dass der Beschwerdeführer die Tragbarkeit nicht ausreichend dargelegt hatte.
    • Da die Obergrenze von 19.82 GVE bereits durch die Stallkapazität festgelegt war, musste das Bundesgericht nicht auf die Eventualbegründung der Vorinstanz bezüglich der gewässerschutzrechtlich zulässigen Viehbestände oder eines Sömmerungszuschlags eingehen (vgl. E. 2.3).
  2. Zuschläge zur SAK-Berechnung:

    • Zupacht (hypothetische Pachtflächen): Der Beschwerdeführer forderte die Anrechnung einer hypothetischen Zupacht von 30 % der Betriebsfläche. Das Bundesgericht bekräftigte, dass gemäss Art. 7 Abs. 4 lit. c und 4bis BGBB nur tatsächlich vorhandene und für längere Dauer zugepachtete Grundstücke berücksichtigt werden dürfen, nicht aber hypothetisches Pachtland. Die bis 2015 bestehenden Pachtverträge waren im Zeitpunkt des Vorkaufsfalls (Juli 2017) nicht mehr existent, und deren Auflösung (altersbedingt) wurde nicht als rechtsmissbräuchlich beurteilt.
    • Hochstammobstbäume: Für die 16 Hochstammobstbäume forderte der Beschwerdeführer einen SAK-Zuschlag. Gemäss Art. 3 Abs. 3 Satz 2 der Verordnung über landwirtschaftliche Begriffe und die Anerkennung von Betriebsformen (LBV; SR 910.91) in Verbindung mit der Direktzahlungsverordnung (DZV; SR 910.13, Anhang 4 Ziff. 12.1.2) werden solche Zuschläge erst ab 20 beitragsberechtigenden Hochstamm-Feldobstbäumen der Qualitätsstufe I pro Betrieb gewährt. Da die Anzahl unter diesem Schwellenwert lag, wurde die Anrechnung zu Recht verweigert.
    • Direktvermarktung: Wie bereits unter den formellen Rügen ausgeführt, wurde diese Forderung des Beschwerdeführers aufgrund mangelnder Substantiierung im ersten Rechtsgang und der Bindungswirkung des Rückweisungsentscheids prozessual nicht behandelt.
V. Fazit und Entscheid

Das Bundesgericht befand, dass die Vorinstanz zu Recht davon ausgegangen sei, dass die betroffenen Grundstücke gemeinsam kein landwirtschaftliches Gewerbe im Sinne von Art. 7 BGBB darstellen. Weder eine Verletzung von Art. 7 Abs. 1, Abs. 4 lit. b oder lit. c bzw. Abs. 4bis BGBB noch eine willkürliche Rechtsanwendung (Art. 9 BV) konnte festgestellt werden. Die Beschwerde wurde abgewiesen. Die Gerichtskosten von CHF 2'000.-- wurden dem Beschwerdeführer auferlegt, zudem musste er dem Beschwerdegegner 2 eine Parteientschädigung von CHF 2'500.-- zahlen.

VI. Kurze Zusammenfassung der wesentlichen Punkte
  • Kernfrage: Ob die fraglichen Grundstücke ein "landwirtschaftliches Gewerbe" i.S.v. Art. 7 BGBB bilden, was für ein Vorkaufsrecht nach Art. 42 BGBB relevant ist.
  • Gewerbegrenze: Im Kanton Schwyz (Talgebiet) liegt die Grenze bei 1 Standardarbeitskraft (SAK).
  • Berechnung der SAK: Erfolgt objektiv nach standardisiertem Arbeitsaufwand, primär basierend auf Flächen und Viehbestand (Grossvieheinheiten, GVE).
  • Stallkapazität als limitierender Faktor: Das Bundesgericht bestätigte die vorinstanzliche Feststellung, dass die maximale Stallkapazität von 19.82 GVE die Obergrenze für die SAK-Berechnung darstellt. Die Begründung basierte auf einem Fachbericht und wurde als nachvollziehbar erachtet.
  • Erweiterung der Stallkapazität: Behauptungen über kostengünstige und tragbare Umbauten zur Kapazitätserweiterung wurden mangels Substantiierung zurückgewiesen (Art. 7 Abs. 4 lit. b BGBB).
  • Zuschläge zur SAK-Berechnung abgelehnt:
    • Hypothetische Zupacht: Wurde nicht berücksichtigt, da Art. 7 Abs. 4 lit. c BGBB existierende und langfristige Pachtverhältnisse voraussetzt.
    • Hochstammobstbäume: Ein SAK-Zuschlag für Obstbäume wird erst ab 20 Bäumen gewährt, ein Wert, der im vorliegenden Fall nicht erreicht wurde.
    • Direktvermarktung: Die Rüge wurde prozessual abgewiesen, da sie im ersten Rechtsgang nicht hinreichend substanziiert wurde und die Vorinstanz aufgrund der Bindungswirkung nicht erneut darauf eingehen musste.
  • Formelle Rügen abgewiesen: Die Vorwürfe der Rechtsverweigerung und Gehörsverletzung wurden zurückgewiesen, insbesondere da die Vorinstanz an die Bindungswirkung des Rückweisungsentscheids gebunden war und keine Rechte bei der Erstellung von Expertenberichten verletzt wurden.
  • Ergebnis: Das Bundesgericht bestätigte, dass die Liegenschaften kein landwirtschaftliches Gewerbe darstellen, und wies die Beschwerde ab.