Gerne fasse ich das bereitgestellte Urteil des schweizerischen Bundesgerichts (2C_253/2025 vom 20. August 2025) detailliert zusammen.
Zusammenfassung des Urteils des Bundesgerichts 2C_253/2025 vom 20. August 2025
1. Parteien und Gegenstand
Das Urteil betrifft die Beschwerde der A._ SA (nachfolgend "die Gesellschaft" oder "die Beschwerdeführerin") gegen einen Entscheid des Genfer Kantonsgerichts (Cour de justice). Gegenstand ist der Ausschluss der Gesellschaft von öffentlichen Beschaffungsmärkten auf kommunaler, kantonaler und eidgenössischer Ebene für die Dauer von zwölf Monaten. Der Ausschluss erfolgte aufgrund rechtskräftiger strafrechtlicher Verurteilungen ihres Administrators Präsidenten, B._, wegen der Beschäftigung von Arbeitskräften ohne die erforderlichen Bewilligungen (Schwarzarbeit) über einen längeren Zeitraum.
2. Sachverhalt und Vorinstanzenentscheid
Die A._ Sàrl, später umgewandelt in A._ SA, war im Bereich des Bau- und Renovationsgewerbes tätig. B.__ war zunächst geschäftsführender Gesellschafter und später Präsident des Verwaltungsrats mit Einzelunterschrift.
Am 10. Oktober 2024 beschloss das kantonale Amt für Arbeitsinspektion und Arbeitsbeziehungen des Kantons Genf (Office cantonal), die Gesellschaft für zwölf Monate von öffentlichen Aufträgen auszuschliessen. Dies, weil B.__, als Vertreter der Gesellschaft, in zwei Fällen am 30. Mai und 13. Dezember 2023 wegen der illegalen Beschäftigung von vierzehn Arbeitskräften ohne die erforderlichen Bewilligungen verurteilt worden war. Die illegalen Beschäftigungen erstreckten sich über einen kumulierten Zeitraum von mindestens sieben Jahren und dreieinhalb Monaten und verstossen gegen das Bundesgesetz über die Ausländer und die Integration (AIG).
Das Genfer Kantonsgericht wies die dagegen erhobene Beschwerde der Gesellschaft am 11. April 2025 ab und bestätigte, dass die Sanktion weder gegen Bundesrecht verstosse noch unverhältnismässig sei.
3. Zulässigkeit des Rechtsmittels vor Bundesgericht
Das Bundesgericht prüfte die Zulässigkeit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten. Es stellte fest, dass es sich um einen Endentscheid in letzter kantonaler Instanz handelt. Insbesondere hielt das Gericht fest, dass der Ausschlussgrund nicht unter Art. 83 lit. f BGG fällt, welcher Entscheidungen im Rahmen von öffentlichen Beschaffungsverfahren vom ordentlichen Rechtsweg ausschliesst. Der vorliegende Ausschluss beruht nicht auf einer Verletzung des Beschaffungsrechts selbst, sondern ausschliesslich auf dem Bundesgesetz betreffend Massnahmen zur Bekämpfung der Schwarzarbeit (LTN), im Zusammenhang mit strafrechtlichen Verurteilungen wegen Verstössen gegen das Ausländerrecht. Somit war die Beschwerde zulässig.
4. Formeller Rügepunkt: Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art. 29 Abs. 2 BV)
Die Beschwerdeführerin rügte eine Verletzung des rechtlichen Gehörs, da das kantonale Gericht die erheblichen finanziellen Folgen des Ausschlusses auf ihren Umsatz nicht ausreichend berücksichtigt habe.
Das Bundesgericht wies diese Rüge ab. Es stellte fest, dass das kantonale Gericht die geltend gemachte Bedeutung des Ausschlusses für den Umsatz der Gesellschaft sehr wohl berücksichtigt, jedoch den Schluss gezogen hatte, dass dieses Privatinteresse dem wichtigen öffentlichen Interesse der Bekämpfung der Schwarzarbeit nicht überwiegen könne. Die Begründung des Kantonsgerichts sei ausreichend, um dessen Denkweise nachzuvollziehen und den Entscheid sachgerecht anzufechten.
5. Materielle Prüfung: Voraussetzungen für den Ausschluss gemäss Art. 13 Abs. 1 LTN
Das Bundesgericht prüfte, ob die Voraussetzungen für eine Sanktion nach Art. 13 Abs. 1 des Bundesgesetzes betreffend Massnahmen zur Bekämpfung der Schwarzarbeit (LTN) erfüllt waren.
- Grundlage: Art. 13 Abs. 1 LTN sieht vor, dass die kantonale Behörde einen Arbeitgeber, der wegen erheblicher oder wiederholter Verletzung von Melde- und Bewilligungspflichten im Sozialversicherungs- oder Ausländerrecht rechtskräftig verurteilt wurde, für höchstens fünf Jahre von zukünftigen öffentlichen Aufträgen ausschliesst und Finanzhilfen angemessen kürzen kann.
- Kumulative Bedingungen:
- Eine rechtskräftige Verurteilung wegen Nichteinhaltung von Meldepflichten im Sozialversicherungs- oder Ausländerrecht (hier Art. 117 Abs. 1 AIG: Beschäftigung von Ausländern ohne Bewilligung).
- Die Nichteinhaltung muss "erheblich oder wiederholt" sein. Die alternative Formulierung bedeutet, dass bereits eine wiederholte Verletzung genügt, unabhängig von ihrer Erheblichkeit.
- Begriff "Arbeitgeber": Die LTN definiert den Begriff "Arbeitgeber" nicht explizit. Das Bundesgericht präzisiert unter Verweis auf die Botschaft zur LTN, dass "Unternehmen" ausgeschlossen werden sollen. In der Praxis sei es jedoch primär die natürliche Person als Organ einer juristischen Person, die strafrechtlich verurteilt wird (Art. 102 Abs. 1 StGB für die subsidiäre Strafbarkeit des Unternehmens). Das Bundesgericht hielt fest, dass es gerechtfertigt sei, in solchen Fällen die juristische Person – welche der Arbeitgeber im Sinne von Art. 13 Abs. 1 LTN ist – von der Sanktion zu erfassen. Andernfalls würde die Bestimmung praktisch wirkungslos.
- Anwendung im vorliegenden Fall: Die Bedingungen waren erfüllt. B.__ wurde in seiner Funktion als Organ der Gesellschaft zweimal (und somit wiederholt) wegen der Beschäftigung von vierzehn ausländischen Arbeitskräften ohne Bewilligung über einen kumulierten Zeitraum von über sieben Jahren rechtskräftig verurteilt. Diese Verstösse wurden sowohl als wiederholt als auch als erheblich eingestuft. Das kantonale Amt war somit berechtigt, eine Ausschlussverfügung zu erlassen.
6. Prüfung der Verhältnismässigkeit der Sanktion (Art. 5 Abs. 2, 27, 36 BV)
Die Beschwerdeführerin rügte eine unverhältmässige Einschränkung ihrer Wirtschaftsfreiheit (Art. 27 BV) durch den zwölfmonatigen Ausschluss. Das Bundesgericht prüfte dies unter dem Gesichtspunkt von Art. 36 Abs. 3 BV.
- Grundlagen der Grundrechtseinschränkung:
- Gesetzliche Grundlage: Art. 13 Abs. 1 LTN ist gegeben und von der Beschwerdeführerin nicht bestritten.
- Öffentliches Interesse: Die Bekämpfung der Schwarzarbeit ist ein gewichtiges öffentliches Interesse (Art. 1 LTN; Botschaft zur LTN).
- Verhältnismässigkeitsprinzip im engeren Sinne:
- Geeignetheit: Der Ausschluss ist geeignet, die gewünschte abschreckende Wirkung zu erzielen.
- Erforderlichkeit: Es wurden keine weniger einschneidenden Massnahmen vorgeschlagen oder als denkbar erachtet.
- Verhältnismässigkeit im engeren Sinne (Interessenabwägung): Dies war der Kernpunkt der Rüge.
- Ermessen der Behörde: Das kantonale Amt verfügt über ein weites Ermessen bei der Festlegung der Dauer des Ausschlusses. Das Bundesgericht prüft, ob ein Ermessensmissbrauch vorliegt (BGE 140 I 257 E. 6.3.1).
- Massgebliche Kriterien: Gemäss Botschaft zur LTN soll die Dauer des Ausschlusses "offensichtlich von der Schwere der festgestellten Verstösse" abhängen, um Schwarzarbeit unwirtschaftlich zu machen und eine effektive Abschreckung zu bewirken (FF 2002 3371, Ziff. 1.2.4.1.4).
- Würdigung des Kantonsgerichts: Das Kantonsgericht berücksichtigte die Schwere der Verstösse (14 illegal beschäftigte Arbeiter, über 7 Jahre) und die wiederholten Verurteilungen. Es beurteilte die Dauer von zwölf Monaten als verhältnismässig und sogar als "eher mild" im Vergleich zur gesetzlich möglichen Maximaldauer von fünf Jahren.
- Mildernde Umstände: Das Kantonsgericht berücksichtigte zugunsten der Gesellschaft, dass keine Vorstrafen vorlagen, Sozialabgaben nachgezahlt wurden und eine gute Zusammenarbeit mit dem Amt bestand. Diese milden Umstände reichten jedoch nicht aus, um die Sanktion als unverhältmässig erscheinen zu lassen.
- Finanzielle Auswirkungen auf die Gesellschaft: Die Beschwerdeführerin argumentierte, öffentliche Aufträge machten etwa 30% ihres Umsatzes aus. Das Kantonsgericht hielt fest, dass die Bedeutung der öffentlichen Aufträge für den Umsatz des Unternehmens das öffentliche Interesse an der Bekämpfung der Schwarzarbeit nicht aufwiegen könne. Die Massnahme habe naturgemäss eine strafende und abschreckende Wirkung. Die Gesellschaft müsse daher die Konsequenzen ihres Fehlverhaltens akzeptieren und ihre Tätigkeit diversifizieren oder reduzieren.
- Schlussfolgerung des Bundesgerichts: Das Bundesgericht befand, dass die Argumentation des Kantonsgerichts keine Anzeichen von Ermessensmissbrauch aufweise. Angesichts der Schwere der Verstösse, der Wiederholung und der klaren gesetzgeberischen Absicht, Schwarzarbeit unwirtschaftlich zu machen, sei die zwölfmonatige Ausschlussdauer verhältnismässig und im Rahmen des der Behörde zustehenden Ermessens.
7. Ergebnis
Die Beschwerde wurde abgewiesen. Die Gerichtskosten wurden der Beschwerdeführerin auferlegt.
Kurze Zusammenfassung der wesentlichen Punkte:
- Entscheidungsgegenstand: Zwölfmonatiger Ausschluss der A.__ SA von öffentlichen Beschaffungsmärkten wegen Schwarzarbeit.
- Rechtsgrundlage: Art. 13 Abs. 1 LTN (Bundesgesetz betreffend Massnahmen zur Bekämpfung der Schwarzarbeit) in Verbindung mit Verstössen gegen das Ausländerrecht (Art. 117 Abs. 1 AIG).
- Voraussetzungen erfüllt: Die Gesellschaft wurde durch ihren Organ B.__ wiederholt und erheblich strafrechtlich verurteilt, da 14 ausländische Arbeitskräfte über mehr als sieben Jahre ohne Bewilligung beschäftigt wurden.
- "Arbeitgeber"-Begriff: Das Bundesgericht stellte klar, dass die juristische Person (A._ SA) als "Arbeitgeber" im Sinne von Art. 13 Abs. 1 LTN von der Sanktion betroffen ist, auch wenn primär das Organ (B._) strafrechtlich verurteilt wurde.
- Verhältnismässigkeit: Die Sanktion von zwölf Monaten wurde als verhältnismässig erachtet. Die Schwere der Verstösse (Anzahl Arbeiter, Dauer der illegalen Beschäftigung) und der abschreckende Zweck der LTN überwiegen die finanziellen Interessen des Unternehmens. Die Dauer liegt am unteren Ende des gesetzlichen Rahmens (max. fünf Jahre).
- Abweisung der Beschwerde: Das Bundesgericht wies die Beschwerde der A.__ SA vollumfänglich ab.