Zusammenfassung von BGer-Urteil 5A_138/2024 vom 10. Juli 2025

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Gerne fasse ich das bereitgestellte Urteil des schweizerischen Bundesgerichts (BGer 5A_138/2024 vom 10. Juli 2025) detailliert zusammen.

I. Einleitung

Das vorliegende Urteil des Bundesgerichts befasst sich mit der Anfechtung von Beschlüssen einer Miteigentümerversammlung. Der Beschwerdeführer A.__, Miteigentümer eines Grundstücks mit Garagen und Abstellplätzen, focht mehrere Beschlüsse der Versammlung vom 20. Mai 2021 an, die seine Nutzungsmöglichkeiten und baulichen Absichten auf dem Miteigentumsgrundstück betrafen. Die Beschwerde richtet sich gegen ein Urteil des Kantonsgerichts Schwyz, welches die Berufung des Beschwerdeführers teilweise nicht behandelte, teilweise abwies und in einem Punkt zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückwies.

II. Sachverhalt und Instanzenzug

Der Beschwerdeführer A._ ist Miteigentümer zu einem Drittel am Grundstück Nr. sss (U._), auf welchem sich Garagen und Autoabstellplätze befinden. Die Beschwerdegegner B.B._ und C.B._ halten die weiteren zwei Drittel. Streitpunkt sind verschiedene Beschlüsse der Miteigentümerversammlung vom 20. Mai 2021. Der Beschwerdeführer stellte u.a. folgende Klagebegehren: 1. Aufhebung des Verbots, auf dem Grundstück Nr. sss einen Zaun zu erstellen (insbesondere gemäss Baugesuch vom 31. August 2020). 2. Aufhebung des Beschlusses, wonach eine spezifische Fläche des Grundstücks Nr. sss nur als Besucherparkplatz für Dritte genutzt werden darf und den Miteigentümern die Nutzung untersagt ist. 3. Aufhebung des ablehnenden Beschlusses zur Entfernung/Zurücksetzung einer Thujahecke. 4. Aufhebung des ablehnenden Beschlusses zur Entfernung/Zurücksetzung eines Teiches. 5. Aufhebung des ablehnenden Beschlusses zur grundbuchamtlichen Eintragung von Sondernutzungsrechten (dieses Begehren wurde in den höheren Instanzen nicht mehr aufrechterhalten). 6. Aufhebung aller Beschlüsse der Versammlung wegen formeller Rechtswidrigkeit.

Das Bezirksgericht hiess die Klagebegehren 1 und 2 teilweise gut (Aufhebung des generellen Zaunverbots bzw. des Nutzungsverbots für Miteigentümer). Im Übrigen wies es die Klage ab. Das Kantonsgericht trat auf die Berufung des Beschwerdeführers bezüglich der Klageanträge 1 (Zaunverbot gemäss Baugesuch) und 6 (formelle Rechtswidrigkeit) nicht ein, wies die Berufung betreffend die Klageanträge 3 und 4 (Hecke und Teich) ab und wies die Sache bezüglich Klageantrag 2 (Parkplatznutzung) an das Bezirksgericht zur Neubeurteilung zurück.

III. Erwägungen des Bundesgerichts

Das Bundesgericht befasste sich zunächst mit der Zulässigkeit der Beschwerde und den einzelnen Rügen des Beschwerdeführers:

1. Zur Zulässigkeit der Beschwerde (Teil- vs. Zwischenentscheid): Das Bundesgericht prüfte die Natur des angefochtenen Entscheids, da das Kantonsgericht die Sache bezüglich Klageantrag 2 (Parkplatz) zur Neubeurteilung zurückgewiesen hatte. Eine Rückweisung gilt grundsätzlich als Zwischenentscheid gemäss Art. 93 BGG. Für die anderen Klageanträge, über die das Kantonsgericht abschliessend entschieden hatte, musste geklärt werden, ob ein Teilentscheid im Sinne von Art. 91 lit. a BGG vorliegt. Das Bundesgericht präzisierte die Voraussetzungen eines Teilentscheids: Es muss über eines oder einige von mehreren Rechtsbegehren abschliessend befunden werden, wobei diese Begehren unabhängig von den anderen beurteilt werden können müssen. Unabhängigkeit liegt vor, wenn die Begehren Gegenstand eines eigenen Prozesses hätten bilden können und keine Gefahr widersprüchlicher Urteile mit dem noch ausstehenden Schlussurteil besteht. Diese Gefahr bezieht sich primär auf die begehrten Rechtsfolgen, nicht auf gemeinsame rechtliche oder tatsächliche Vorfragen. Entgegen der Einordnung durch die kantonalen Instanzen und den Beschwerdeführer selbst, wonach Klageantrag 6 (formelle Rechtswidrigkeit) ein Hauptbegehren und die übrigen Eventualbegehren seien, re-interpretierte das Bundesgericht die Anträge. Es stellte fest, dass Klageantrag 6 zwar alle Beschlüsse umfasste, jedoch im Wesentlichen dieselben Rechtsfolgen anstrebte wie die spezifischen Anfechtungen (Anträge 1-4), lediglich auf einer anderen rechtlichen Begründung (formeller Mangel statt materieller Mangel). Eine eigenständige Bedeutung hatte Klageantrag 6 nur für Beschlüsse, die nicht explizit in den Anträgen 1-5 genannt waren (insbesondere Negativbeschlüsse zu anderen Nutzungspunkten). Das Gericht kam zum Schluss, dass die einzelnen auf Aufhebung gerichteten Anträge – auch wenn für alle die Frage der formellen Gültigkeit der Versammlung relevant ist – in ihren Rechtsfolgen unabhängig voneinander beurteilt werden können. Die Kassation eines Negativbeschlusses (z.B. zur Aufhebung des Miteigentums) führt nicht direkt zur Herbeiführung der beantragten Rechtsfolge. Folglich liegt bezüglich der vom Kantonsgericht abschliessend beurteilten Beschlüsse (Anträge 1, 3, 4, 6) ein anfechtbarer Teilentscheid vor. Für den zurückgewiesenen Klageantrag 2 handelt es sich um einen Zwischenentscheid, dessen Anfechtung der Beschwerdeführer jedoch ausdrücklich nicht verfolgte.

2. Zur formellen Gültigkeit der Versammlung (Klageantrag 6): Das Kantonsgericht hatte auf Klageantrag 6 nicht eingetreten, da es die Abweisung des Klageantrages 5 durch das Bezirksgericht als rechtskräftige Anerkennung der rechtsgültigen Abhaltung der Miteigentümerversammlung interpretierte (res iudicata). Das Bundesgericht korrigierte diese Auffassung. Es stellte fest, dass die Begründung eines Entscheides grundsätzlich nicht an dessen Rechtskraft teilnimmt (vgl. E. 1.3.2). Die rechtskräftige Abweisung des Klageantrages 5 betraf die Rechtsfolge dieses spezifischen Antrags, nicht jedoch die zugrundeliegende rechtliche Begründung der formellen Gültigkeit der Versammlung. Somit schloss das Abfinden mit dem erstinstanzlichen Urteil bezüglich Antrag 5 die erneute Beurteilung der formellen Gültigkeit im Rahmen der anderen Klageanträge nicht aus. Das Bundesgericht hielt fest, dass das Kantonsgericht Art. 59 Abs. 2 lit. e ZPO verletzt hat, indem es auf Klagebegehren 6 nicht eintrat und dem Beschwerdeführer die Beurteilung der nicht in den spezifischen Anträgen 1-5 genannten Beschlussfassungen zu Unrecht verwehrte. Ergebnis: Die Beschwerde wurde in diesem Punkt gutgeheissen und die Sache an das Kantonsgericht zurückgewiesen, damit es die Rüge der formellen Rechtswidrigkeit der Miteigentümerversammlung prüft (vorbehältlich einer rechtsgenüglichen Begründung der Berufung).

3. Zum Verbot des spezifischen Zaunbaus (Klageantrag 1, teilweiser Abweisung): Das Bezirksgericht hatte das generelle Zaunverbot aufgehoben, das Verbot des spezifischen Zauns gemäss Baugesuch vom 31. August 2020 jedoch bestehen lassen. Das Kantonsgericht trat auf die Berufung des Beschwerdeführers gegen diesen Teilentscheid nicht ein, da es die Begründungen des Beschwerdeführers als zu pauschal und unzureichend für eine Auseinandersetzung mit den erstinstanzlichen Erwägungen befand. Das Bezirksgericht hatte argumentiert, das Bauvorhaben sei weder eine dringliche noch notwendige Massnahme und überschreite die Anforderungen der SIA-Norm 358. Das Bundesgericht bestätigte die Rüge des Kantonsgerichts betreffend die ungenügende Begründung. Der Beschwerdeführer hatte in seiner Berufung die Argumentation des Bezirksgerichts nicht präzise widerlegt, insbesondere nicht, weshalb das konkrete Bauvorhaben über die Anforderungen der SIA-Norm hinausgehen oder über die blosse Behebung von Schäden am bestehenden Zaun hinaus als "dringlich und notwendig" zu qualifizieren sei. Das Bundesgericht bekräftigte zudem, dass eine teilweise Aufhebung eines Beschlusses zulässig ist, wenn dieser sachlich teilbar ist (Verweis auf BGE 150 III 113 E. 5.3.1.1; Urteil 5A_357/2022). Der Beschwerdeführer konnte nicht darlegen, warum die Miteigentümerversammlung den Beschluss nicht in seinen Teilen gefasst hätte oder warum die sprachliche Verknüpfung eine Teilbarkeit ausschliessen sollte. Ergebnis: Die Beschwerde wurde in diesem Punkt abgewiesen, da die Begründung der Vorinstanz, auf die Berufung nicht einzutreten, bundesrechtskonform war.

4. Zu Thujahecke und Teich (Klageanträge 3 und 4): Das Kantonsgericht hatte die Abweisung der Begehren bezüglich der Thujahecke und des Teiches mit zwei unabhängigen Begründungslinien gestützt: a) Fehlendes Rechtsschutzinteresse: Die Aufhebung der Negativbeschlüsse würde keine Verpflichtung zur Entfernung/Versetzung der Anlagen bewirken. Der Beschwerdeführer könnte seinen Beseitigungsanspruch direkt im Klageweg gegen die Miteigentümer als Zustandsstörer geltend machen. b) Entfallen des Interesses: Das Interesse des Beschwerdeführers an der Korrektur der Anlagen sei mit einer angeblichen Verletzung des Gleichbehandlungsgebots begründet und nur für den Fall relevant, dass der negative Beschluss zur Parkplatznutzung (Klageantrag 2) nicht kassiert werde. Da Klageantrag 2 jedoch zur Neubeurteilung an das Bezirksgericht zurückgewiesen wurde und das Beweisergebnis noch offen ist, sei dieses Interesse entfallen. Das Bundesgericht hielt fest, dass bei Vorliegen mehrerer selbstständiger und voneinander unabhängiger Begründungslinien, die jede für sich den Entscheid zu tragen vermögen, beide angefochten werden müssen (BGE 142 III 364 E. 2.4). Kann auf eine der Rügen nicht eingetreten werden oder erweist sich eine als bundesrechtskonform, so bleibt der angefochtene Entscheid bestehen. Der Beschwerdeführer hat zwar die erste Begründungslinie (Rechtsschutzinteresse) angefochten und sein Gleichbehandlungsargument wiederholt, sich jedoch nicht substantiiert mit der zweiten Begründungslinie des Kantonsgerichts auseinandergesetzt. Er hat namentlich nicht dargelegt, weshalb die Rückweisung des Klageantrags 2 an das Bezirksgericht nicht zur Beseitigung der behaupteten Ungleichbehandlung führen würde oder sein Interesse entgegen der Vorinstanz bestehen bliebe. Ergebnis: Die Beschwerde wurde in diesem Punkt als ungenügend begründet betrachtet und es wurde darauf nicht eingetreten.

IV. Gesamtergebnis

Das Bundesgericht heisst die Beschwerde teilweise gut, soweit darauf eingetreten werden kann. Das Urteil des Kantonsgerichts Schwyz wird aufgehoben, soweit es die Berufung bezüglich der formellen Rechtswidrigkeit der Miteigentümerversammlung (Klageantrag 6) abgewiesen bzw. darauf nicht eingetreten ist. Die Sache wird zu diesem Punkt zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückgewiesen. Im Übrigen, d.h. betreffend das Verbot des spezifischen Zaunbaus (Klageantrag 1) und die Anträge bezüglich Thujahecke und Teich (Klageanträge 3 und 4), wird die Beschwerde abgewiesen bzw. es wird darauf nicht eingetreten. Die Gerichtskosten für das bundesgerichtliche Verfahren werden den Beschwerdegegnern unter solidarischer Haftung auferlegt, und sie haben den Beschwerdeführer zu entschädigen, da die Rückweisung der Sache zu neuem Entscheid für die Kostenfrage als vollständiges Obsiegen gilt.

V. Zusammenfassung der wesentlichen Punkte

  • Zulässigkeit: Das Bundesgericht qualifizierte die Beschwerde bezüglich der abschliessend beurteilten Anfechtungsbegehren als Teilentscheid im Sinne von Art. 91 BGG, da die Rechtsbegehren in ihren Rechtsfolgen voneinander unabhängig sind.
  • Formelle Gültigkeit der Versammlung (Klageantrag 6): Das Kantonsgericht hat Art. 59 Abs. 2 lit. e ZPO verletzt, indem es aufgrund einer unzutreffenden Annahme von "res iudicata" auf die Rüge der formellen Rechtswidrigkeit der Miteigentümerversammlung nicht eintrat. Die Begründung eines Entscheids nimmt grundsätzlich nicht an dessen Rechtskraft teil. Die Sache wird zur Prüfung dieses Punktes an die Vorinstanz zurückgewiesen.
  • Verbot spezifischen Zaunbaus (Klageantrag 1): Die Berufung des Beschwerdeführers wurde in diesem Punkt vom Kantonsgericht zu Recht als ungenügend begründet erachtet. Eine teilweise Aufhebung eines Versammlungsbeschlusses ist bei sachlicher Teilbarkeit zulässig.
  • Thujahecke und Teich (Klageanträge 3 und 4): Die Beschwerde wurde in diesen Punkten nicht zugelassen, da der Beschwerdeführer eine der zwei unabhängigen und selbstständigen Begründungslinien des Kantonsgerichts (Entfallen des Interesses aufgrund der Rückweisung des Parkplatz-Antrags) nicht substantiiert angefochten hatte.
  • Kosten: Die Rückweisung zur Neubeurteilung der formellen Gültigkeit gilt als Obsiegen, weshalb die Kosten des Bundesgerichtsverfahrens von den Beschwerdegegnern zu tragen sind.