Zusammenfassung von BGer-Urteil 4A_18/2025 vom 22. Juli 2025

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Gerne fasse ich das bereitgestellte Urteil des schweizerischen Bundesgerichts (4A_18/2025 vom 22. Juli 2025) detailliert zusammen:

Zusammenfassung des Urteils des Bundesgerichts 4A_18/2025 vom 22. Juli 2025

1. Einleitung und Verfahrensgeschichte

Das Urteil betrifft eine zivilrechtliche Beschwerde von A._ (Beschwerdeführer, Arbeitnehmer) gegen B._ GmbH in Liq. (Beschwerdegegnerin, Arbeitgeberin) bezüglich Forderungen aus einem Arbeitsvertrag, namentlich um Bonus- und Freistellungslohnansprüche. Die Sache durchlief eine komplexe und langwierige Prozessgeschichte, die bereits zu zwei früheren Bundesgerichtsentscheiden (4A_38/2020 und 4A_358/2021, sog. Rückweisungsentscheid) führte.

Im vorliegenden Verfahren wurde das Kantonsgericht Schwyz durch den Rückweisungsentscheid 4A_358/2021 vom 27. Juli 2022 angewiesen, eine neue Entscheidung zu fällen. Das Bundesgericht hatte insbesondere gerügt, dass das Kantonsgericht im Vorfeld nicht hinreichend begründet hatte, weshalb es von der Bonusberechnung des Arbeitnehmers abwich, obwohl es keine hinreichende Bestreitung durch die Arbeitgeberin festgestellt hatte. Ferner wurde bemängelt, dass das Kantonsgericht bei der Annahme, es fielen keine Overhead-Kosten und Loss-Allocation an, das rechtliche Gehör der Parteien hinsichtlich einer beabsichtigten Durchbrechung des Verhandlungsgrundsatzes (Art. 153 Abs. 2 ZPO) hätte wahren müssen.

Das Kantonsgericht Schwyz erliess am 27. November 2024 ein neues Urteil, welches das Urteil des Einzelrichters vom 12. März 2020 teilweise aufhob und die Arbeitgeberin zur Zahlung von Fr. 131'654.20 und Fr. 56'423.20 (Bonus und Freistellungslohn) nebst Zinsen verpflichtete. Dagegen legte der Arbeitnehmer erneut Beschwerde in Zivilsachen beim Bundesgericht ein.

2. Bindungswirkung des Rückweisungsentscheids

Das Bundesgericht hältleitend fest, dass sowohl es selbst als auch die kantonalen Instanzen nach einem Rückweisungsentscheid an dessen rechtliche Beurteilung gebunden sind. Dies bedeutet, dass die Parteien, abgesehen von zulässigen Noven, keine anderen Sachverhalte unterstellen oder rechtliche Gesichtspunkte prüfen dürfen, die im Rückweisungsentscheid abgelehnt oder nicht in Erwägung gezogen wurden (BGE 143 IV 214 E. 5.3.3).

3. Bezifferung der Rechtsbegehren und Novenrecht

Das Bundesgericht prüft die Zulässigkeit der Rechtsbegehren des Beschwerdeführers. Grundsätzlich müssen Geldforderungen beziffert werden (Art. 42 Abs. 1 BGG; BGE 143 III 111 E. 1.2). Ein blosser Rückweisungsantrag ist nur ausnahmsweise zulässig, wenn die erforderlichen Sachverhaltsfeststellungen fehlen.

Der Antrag des Beschwerdeführers, einen nach Abschluss des Beweisverfahrens zu beziffernden (mindestens) Fr. 199'258.75 zuzusprechen, genügt den Anforderungen nur als Begehren um genau diesen Mindestbetrag. Eine unbezifferte Forderungsklage führt bei fehlender Bezifferung zum Nichteintretensentscheid (BGE 148 III 322 E. 4). Das Bundesgericht weist darauf hin, dass die Erstinstanz den Beschwerdeführer bereits 2019 zur Bezifferung aufgefordert hatte.

Neue Begehren sind im Beschwerdeverfahren unzulässig (Art. 99 Abs. 2 BGG). Eine Anpassung von Begehren ist nur zulässig, wenn sie auf neuen Tatsachen oder Beweismitteln beruht (Art. 317 Abs. 2 ZPO).

4. Die Berechnung des Bonus und der "Netliq"

Die Vorinstanz hatte die Berechnung des Bonus des Beschwerdeführers vom 19. April 2021 als unzulässiges Novum erachtet. Der Beschwerdeführer argumentierte, er sei erst nach der Editionsverweigerung der Beschwerdegegnerin (März 2021) gezwungen gewesen, seine Berechnung anzupassen.

Das Bundesgericht bestätigt die Sichtweise der Vorinstanz. Der Beschwerdeführer war bereits seit September 2019 in der Situation, sich für die Bonusberechnung behelfen zu müssen. Die Grundlage für seine neue Berechnung (Editionseingabe der Beschwerdegegnerin vom 16. April 2018) war ihm bereits vor seiner ursprünglichen Bezifferung im Dezember 2019 bekannt. Die Editionsverweigerung änderte nichts an der Verfügbarkeit dieser bereits bekannten Informationen. Eine Neuberechnung aufgrund bereits bekannter Tatsachen, die bei der ersten Bezifferung hätten berücksichtigt werden können, ist novenrechtlich unzulässig. Der Rückweisungsentscheid erlaubte lediglich, sich zum Beweisergebnis zu äussern, nicht aber, neue Tatsachenbehauptungen vorzubringen, die bereits früher hätten erfolgen müssen. Somit bleibt es bei den letzten zulässigen Behauptungen zur Schätzung bei der erstinstanzlichen Bezifferung des Rechtsbegehrens.

5. Personalisierter Overhead und Beweislastverteilung – Der zentrale rechtliche Konflikt

Dies ist der entscheidende Punkt, in dem das Bundesgericht die Beschwerde teilweise gutheisst.

  • Vorinstanzliche Argumentation: Die Vorinstanz stellte fest, der Beschwerdeführer habe den personalisierten Overhead im Rahmen seiner erstinstanzlichen Bezifferung auf EUR 116'200.-- beziffert. Die Beschwerdegegnerin habe dies lediglich pauschal bestritten. Der Beschwerdeführer habe sodann (in der Eingabe vom 19. April 2021) neu vorgebracht, der personalisierte Overhead sei eine bonusmindernde Tatsache, für welche die Beschwerdegegnerin behauptungs- und beweislastpflichtig sei. Die Vorinstanz anerkannte diese Ausführung als zulässige rechtliche Argumentation (kein Novum). Sie wies jedoch die daraus abgeleitete Forderung, es seien gar keine Abzüge vom Netliq vorzunehmen, als inkonsequent zurück, da der Beschwerdeführer zuvor eine bestimmte Summe beziffert hatte. Da die Beschwerdegegnerin den Overhead nicht bezifferte, legte die Vorinstanz zu ihren Ungunsten den vom Beschwerdeführer behaupteten Betrag von EUR 116'200.-- zugrunde, verwarf aber die vom Beschwerdeführer geltend gemachten Abzüge davon (Büromiete, Lizenzen) unter Verweis auf frühere Bundesgerichtsentscheide.

  • Bundesgerichtliche Würdigung:

    • Rahmen des Rückweisungsentscheids: Das Bundesgericht verneint eine Überschreitung des Rückweisungsrahmens durch die Vorinstanz, da diese sich mit der Argumentation des Beschwerdeführers auseinandergesetzt habe.
    • Unbezifferte Forderungsklage und Prozessrisiko: Das Gericht wiederholt, dass die klagende Partei ihre Forderung auch bei unklarer Höhe beziffern muss (allgemeines Prozessrisiko). Wenn jedoch eine Beweisabnahme zu Unrecht verweigert wurde und in der Rechtsmittelinstanz angeordnet wird, ist eine Anpassung des Rechtsbegehrens nach dem Beweisergebnis zulässig. Eine Obstruktion der Gegenpartei kann sogar zu einer Umkehr der Beweislast führen (Botschaft ZPO, BBl 2006 7287, Ziff. 5.6 zu Art. 83 E-ZPO).
    • Rechtliche Argumentation vs. Tatsachenbehauptung: Das Bundesgericht präzisiert: Die Behauptung, der personalisierte Overhead sei eine bonusmindernde Tatsache, für die die Beschwerdegegnerin beweispflichtig sei, ist eine rechtliche Argumentation und unterliegt nicht der Novenschranke. Der Beschwerdeführer durfte sich nach der Editionsverweigerung auf diese berufen.
    • Unterschied Netliq und bonusmindernde Tatsachen:
      • Für den Netliq ist der Beschwerdeführer behauptungspflichtig; seine ursprüngliche Bezifferung ist massgebend.
      • Für bonusmindernde Tatsachen (wie Overhead) ist die Beschwerdegegnerin (als materiellrechtlich zur Abrechnung Verpflichtete) behauptungs- und beweispflichtig.
    • Folgen fehlender Behauptung durch Arbeitgeberin: Der Beschwerdeführer hatte bei der Bezifferung seines Begehrens bonusmindernde Tatsachen zwar schätzungsweise berücksichtigt, aber nicht deren Höhe anerkannt und Abzüge vorgenommen. Da die Beschwerdegegnerin diese bonusmindernden Tatsachen nicht hinreichend substanziiert behauptet hatte (und die Edition verweigerte), sind diese an sich nicht zu berücksichtigen. Das Bundesgericht entscheidet, dass die vom Beschwerdeführer vorgenommenen Abzüge (für Büromiete und Lizenzen) von seinem geschätzten personalisierten Overhead zu berücksichtigen sind. Dies nicht, weil die Abzüge materiell gerechtfertigt wären, sondern weil die Beschwerdegegnerin die bonusmindernden Tatsachen insgesamt nicht hinreichend substanziiert behauptet und ihre Editionsverpflichtung nicht erfüllt hat.
    • Keine amtswegige Sachverhaltsfeststellung: Eine amtswegige Sachverhaltsfeststellung nach Art. 153 Abs. 2 ZPO ist hier nicht angezeigt. Angesichts der Editionsverweigerung der Beschwerdegegnerin (aus Aufwandsgründen) und des Fehlens substanziierter Behauptungen ihrerseits bestehen keine erheblichen Zweifel an der Schätzung des Beschwerdeführers (unter Berücksichtigung seiner Abzüge), die eine solche Massnahme nahelegen würden. Der Rückweisungsentscheid stellte lediglich fest, dass das Gericht die Kosten nicht ignorieren muss, nicht aber, dass es diese von Amtes wegen ermitteln muss, wenn die Arbeitgeberin ihren Pflichten nicht nachkommt.

6. Allgemeine Bonusberechnung und Verschlechterungsverbot

Das Bundesgericht geht nicht auf die erneute Geltendmachung der Bonusberechnung vom 19. April 2021 ein, da diese bereits als novenrechtlich unzulässig erachtet wurde. Die Rüge des Beschwerdeführers bezüglich des Verschlechterungsverbots wird abgewiesen, da der Gesamtbetrag, der ihm zugesprochen wurde, im Vergleich zu den Vorinstanzenentscheiden gestiegen ist.

7. Berechnung des Freistellungslohns

Die Parteien sind sich einig, dass die Vorinstanz fälschlicherweise auf Nettoboni statt auf Bruttoboni abgestellt hat. Die massgebenden Bruttoboni für die Referenzperiode von 22.5 Monaten (15.06.2011 bis 30.04.2013) werden neu berechnet, wobei die vom Bundesgericht anerkannten Abzüge beim personalisierten Overhead für den Bonus 2013 berücksichtigt werden.

  • Der ursprüngliche Netliq für 2013 von EUR 242'264.25 wird um den vom Beschwerdeführer reduzierten personalisierten Overhead (EUR 116'200.--) auf EUR 105'979.51 verringert. Daraus ergibt sich ein bonusrelevanter NEH von EUR 136'284.74, was zu einem Bonus von EUR 25'781.22 führt.
  • Bei der Umrechnung in Schweizerfranken mit den unbeanstandeten Kursen der Vorinstanz (Fr. 1.24161 am 31.01.2014 für 70%, Fr. 1.21544 am 30.06.2014 für 30%) ergäbe dies gerundet Fr. 31'807.80. Da der Beschwerdeführer in seinem Rechtsbegehren aber lediglich Fr. 31'598.74 beziffert hatte, ist aufgrund des ne ultra petita-Grundsatzes dieser tiefere Betrag massgebend.
  • Zusammen mit den weiteren unbestrittenen Bruttoboni (Fr. 477'120.--, Fr. 215'280.--, Fr. 109'939.35, Fr. 45'398.95) ergibt sich ein Gesamtbetrag von Fr. 879'337.04 für die 22.5 Monate.
  • Der Monatsdurchschnitt beläuft sich somit auf gerundet Fr. 39'081.65.
  • Für die Freistellungsdauer von fünf Monaten resultiert daraus ein Bonusanspruch von Fr. 195'408.25. Dieser liegt unter dem vom Beschwerdeführer vor der Vorinstanz verlangten Mindestbetrag von Fr. 199'258.75.
  • Der insgesamt dem Beschwerdeführer zugesprochene Betrag beträgt Fr. 31'598.74 (Bonus 2013) + Fr. 195'408.25 (Freistellungslohn) = Fr. 227'007.-- brutto.
  • Die erste Tranche beträgt Fr. 158'904.90 nebst Verzugszins von 5 % seit 1. Februar 2014, die zweite Fr. 68'102.10 nebst Verzugszins von 5 % seit 1. Juli 2014.

8. Kostenverteilung

Der Beschwerdeführer obsiegt mit Fr. 227'007.--, was im Vergleich zum von der Beschwerdegegnerin anerkannten Betrag von Fr. 220'187.40 lediglich eine Differenz von Fr. 6'819.60 darstellt (weniger als 3.5% Obsiegensquote bezogen auf den streitigen Betrag). Daher wird der Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren zu reduzierten Gerichtskosten von Fr. 4'200.-- verurteilt und muss der Beschwerdegegnerin eine reduzierte Parteientschädigung von Fr. 6'000.-- zahlen. Die Sache wird zur Neuregelung der Kosten- und Entschädigungsfolgen des kantonalen Verfahrens an das Kantonsgericht zurückgewiesen.

Kurze Zusammenfassung der wesentlichen Punkte:

  • Rückweisungsentscheid-Bindung: Das Bundesgericht und die kantonalen Instanzen sind an die rechtliche Beurteilung des früheren Rückweisungsentscheids gebunden.
  • Novenrecht: Späte Anpassungen der Bonusberechnung durch den Arbeitnehmer (vom 19. April 2021) wurden als unzulässige neue Tatsachenbehauptungen zurückgewiesen, da die zugrundeliegenden Informationen bereits früher verfügbar waren.
  • Personalisierter Overhead: Die rechtliche Argumentation des Arbeitnehmers, die Beweislast für bonusmindernde Tatsachen liege bei der Arbeitgeberin, ist zulässig. Da die Arbeitgeberin ihrer Behauptungspflicht nicht nachkam und die Edition verweigerte, müssen die vom Arbeitnehmer ursprünglich geltend gemachten Abzüge vom personalisierten Overhead im Rahmen seiner erstinstanzlichen Bezifferung berücksichtigt werden.
  • Rechtliches Gehör: Das Bundesgericht verneint eine Verletzung des rechtlichen Gehörs, da die Vorinstanz nach der Zurückweisung und der Unzulässigkeit der neuen Berechnungen des Arbeitnehmers auf dessen rechtzeitig vorgebrachte ursprüngliche Berechnungsbasis zurückgreifen musste.
  • Freistellungslohn: Die Berechnung erfolgt auf Basis von Bruttoboni. Die Bonusansprüche für 2013 und den Freistellungslohn werden unter Berücksichtigung der neuen Feststellungen zum Overhead sowie der vom Arbeitnehmer bezifferten Höchstbeträge neu festgesetzt.
  • Ergebnis: Der Arbeitnehmer erhält insgesamt Fr. 227'007.-- brutto. Trotz teilweiser Gutheissung ist sein Obsiegen relativ gering, was zu einer entsprechenden Kostenverteilung im Bundesgerichtsverfahren führt. Die Sache wird für die kantonalen Kosten zurückgewiesen.