Zusammenfassung von BGer-Urteil 1C_730/2024 vom 1. September 2025

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Detaillierte Zusammenfassung des Urteils des Schweizerischen Bundesgerichts 1C_730/2024 vom 1. September 2025

1. Einleitung und Sachverhalt Das vorliegende Urteil des Bundesgerichts betrifft eine Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten des Schweizer Heimatschutzes (SHS) gegen einen Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Schwyz. Streitgegenstand ist die Erteilung einer Abbruchbewilligung für die sogenannten "Luxram-Gebäude" in Goldau und insbesondere die Frage der Beschwerdelegitimation des SHS im Bau- und Planungsrecht.

Im Rahmen einer Teilrevision der Nutzungsplanung reichte A._ ein Vorentscheidgesuch für den Abbruch der Gebäude ein. Einsprachen des SHS und des Schwyzer Heimatschutzes (SHS-SZ) wurden vom Gemeinderat Arth abgewiesen, nachdem der Regierungsrat (RR) zuvor auf eine Aufnahme der Gebäude in das Kantonale Schutzinventar verzichtet hatte. Ein Rechtsmittel gegen den Regierungsratsbeschluss, mit dem dieser auf die Beschwerde der Heimatschutzverbände nicht eintrat, wurde nicht weitergezogen. Anschliessend reichte A._ ein Baugesuch für den Abbruch ein, gegen das der SHS und SHS-SZ erneut Einsprache erhoben. Der Gemeinderat Arth erteilte die Baubewilligung unter Auflagen und trat auf die Einsprachen mangels Beschwerdelegitimation nicht ein. Diese Haltung wurde vom Regierungsrat und dem Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz bestätigt. Dagegen richtet sich die Beschwerde des SHS an das Bundesgericht.

2. Zulässigkeit der Beschwerde (Eintretensfrage) Das Bundesgericht prüft von Amtes wegen die Eintretensvoraussetzungen. Es stellt fest, dass es sich beim angefochtenen kantonal letztinstanzlichen Entscheid um einen Entscheid im Bereich des Bau- und Umweltrechts handelt, wogegen die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten grundsätzlich zulässig ist (Art. 82 lit. a, Art. 86 Abs. 1 lit. d BGG).

Eine Besonderheit ergibt sich bezüglich der Natur des angefochtenen Entscheids: Die erteilte Baubewilligung ist mit der Auflage verbunden, dass ein Sanierungs- und Entsorgungskonzept erstellt und genehmigt werden muss, bevor die Baufreigabe erteilt wird. Nach ständiger bundesgerichtlicher Rechtsprechung (u.a. BGE 150 II 566 E. 2.2.2) stellt eine solche suspensiv bedingt erteilte Baubewilligung einen Zwischenentscheid dar. Zwischenentscheide sind nur unter restriktiven Voraussetzungen anfechtbar (Art. 93 Abs. 1 lit. a und b BGG), die der Beschwerdeführer hier nicht geltend macht und die auch nicht ersichtlich sind.

Entscheidend für die Zulässigkeit der vorliegenden Beschwerde ist jedoch, dass die Vorinstanz das Nichteintreten auf die Einsprache des Beschwerdeführers wegen mangelnder Beschwerdelegitimation bestätigt hat. Für den Beschwerdeführer ist das Verfahren in dieser Hinsicht abgeschlossen, weshalb insoweit ein anfechtbarer (Teil-)Endentscheid im Sinne von Art. 91 lit. b BGG vorliegt. Der Streitgegenstand der Beschwerde vor Bundesgericht bildet daher einzig die Frage der Beschwerdelegitimation des Beschwerdeführers. Soweit der Beschwerdeführer die materielle Verweigerung der Baubewilligung beantragt, kann darauf nicht eingetreten werden.

3. Verbandsbeschwerderecht nach Art. 12 NHG – Allgemeine Voraussetzungen Der Beschwerdeführer beruft sich auf das Verbandsbeschwerderecht gemäss Art. 12 des Bundesgesetzes über den Natur- und Heimatschutz (NHG). Gemäss dieser Bestimmung steht Organisationen, die sich dem Natur- oder Heimatschutz widmen, ein Beschwerderecht zu, sofern der angefochtene Entscheid die Erfüllung einer Bundesaufgabe im Sinne von Art. 78 Abs. 2 BV und Art. 2 NHG betrifft. Hierfür ist erforderlich, dass: 1. Die Rechtsmaterie in die Zuständigkeit des Bundes fällt und bundesrechtlich geregelt ist. 2. Das betreffende Bundesrecht hinreichend detailliert und direkt anwendbar ist. 3. Ein Bezug zum Natur- und Heimatschutz besteht (entweder dient die bundesrechtliche Regelung selbst dem Schutz von Natur, Landschaft oder Heimat, oder die Bundesaufgabe birgt die Gefahr der Beeinträchtigung schützenswerter Güter und erfordert Rücksichtnahme auf NHG-Anliegen).

Die bloss abstrakte Behauptung einer Bundesaufgabe reicht nicht aus; es muss mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit dargelegt werden, dass das strittige Projekt materielles Bundesrecht tangiert. Der SHS ist unbestrittenermassen eine nach Art. 12 Abs. 3 NHG anerkannte Organisation. Das Verwaltungsgericht hat die Legitimation des SHS jedoch verneint, da es keine Bundesaufgabe als gegeben erachtete.

4. Prüfung der Bundesaufgaben

4.1. Gewässerschutz (Art. 19 Abs. 2 GSchG i.V.m. Art. 32 Abs. 2 GSchV) Der Beschwerdeführer macht geltend, die abzubrechenden Gebäude befänden sich im Grundwasserschutzbereich AU und im Kataster der belasteten Standorte, weshalb ein Eingriff ins Grundwasser zu erwarten sei, was eine Bundesaufgabe nach Art. 19 Abs. 2 des Gewässerschutzgesetzes (GSchG) begründe.

  • Rechtliche Grundlagen: Art. 19 Abs. 2 GSchG verlangt eine kantonale Bewilligung für Bauten und Anlagen sowie Grabungen und Erdbewegungen in besonders gefährdeten Bereichen, wenn sie die Gewässer gefährden können. Der Grundwasserschutzbereich AU zählt zu diesen Bereichen (Art. 29 Abs. 1 lit. a GSchG i.V.m. Anhang 4 Ziff. 111 Abs. 1 GSchV). Art. 32 Abs. 2 GSchV konkretisiert dies für Anlagen, die Deckschichten oder Grundwasserstauer verletzen (lit. b) oder zu Freilegungen des Grundwasserspiegels führen (lit. e). Eine Bewilligung wird erteilt, wenn mit Auflagen und Bedingungen ein ausreichender Schutz gewährleistet ist (Art. 32 Abs. 4 GSchV). Anders verhält es sich bei Anlagen, die unter dem mittleren Grundwasserspiegel liegen; diese sind grundsätzlich unzulässig und bedürfen einer Ausnahmebewilligung (Anhang 4 Ziff. 211 Abs. 2 GSchV).

  • Beurteilung der Vorinstanz: Die Vorinstanz verneinte eine Bundesaufgabe, da die Thematik "Gewässerschutz" im Baugesuch als "erledigt" gekennzeichnet sei und das Amt für Raumentwicklung des Kantons Schwyz (ARE-SZ) die Gewässerschutzmassnahmen lediglich als Auflage in die Baubewilligung aufgenommen habe. Eine Tangierung oder Gefährdung des Grundwassers oder die Notwendigkeit einer hydrogeologischen Abklärung oder Ausnahmebewilligung sei nicht ersichtlich.

  • Analyse des Bundesgerichts:

    • Das Bundesgericht weist darauf hin, dass es in seiner ständigen Rechtsprechung bereits die Ausnahmebewilligung nach Anhang 4 Ziff. 211 Abs. 2 GSchV (Bau unter dem mittleren Grundwasserspiegel) als Bundesaufgabe im Sinne von Art. 78 Abs. 2 BV und Art. 2 NHG qualifiziert hat, da der Gewässerschutz zumindest auch dem Schutz von Natur, Landschaft oder Heimat dient (u.a. BGE 145 II 176 E. 3.4).
    • Vorliegend geht es nicht um die Unterschreitung des mittleren Grundwasserspiegels, sondern um die Erforderlichkeit einer Bewilligung nach Art. 19 Abs. 2 GSchG i.V.m. Art. 32 Abs. 2 GSchV. Das Bundesgericht stellt klar, dass auch in diesem Fall eine Bundesaufgabe vorliegen muss. Die Rechtsmaterie des Gewässerschutzes fällt in die Zuständigkeit des Bundes, ist bundesrechtlich geregelt und direkt anwendbar.
    • Der entscheidende Punkt ist der Bezug zum Natur- und Heimatschutz: Obwohl sich die Bewilligungen nach Art. 32 Abs. 2 GSchV (Polizeierlaubnis) und Ziff. 211 Abs. 2 GSchV (Ausnahmebewilligung mit Ermessensspielraum) hinsichtlich ihrer Erteilungsvoraussetzungen unterscheiden, bezwecken sie beide letztlich den Schutz des Grundwassers vor möglichen Gefährdungen gemäss Art. 19 Abs. 2 GSchG. Wenn der Schutz der Natur und Landschaft bei der Ausnahmebewilligung bejaht wird, gibt es keinen Grund, dies bei der "einfachen" Bewilligung nach Art. 32 Abs. 2 GSchV, die denselben Zweck verfolgt, anders zu beurteilen.
    • Fehlende Abklärungen: Das Bundesgericht kritisiert, dass aufgrund der vorliegenden Aktenlage nicht abschliessend beurteilt werden kann, ob eine Bewilligung nach Art. 19 Abs. 2 GSchG notwendig ist. Die Bemerkungen des Amtes für Umwelt und Energie, auf denen die Auflagen basieren, sind nicht eindeutig. Die pauschale Feststellung des ARE-SZ, der Rückbau bedinge keinen Eingriff ins Grundwasser, stammt aus einem früheren Vorentscheidverfahren und wurde nicht ausreichend begründet. Da die konkreten Modalitäten des Abbruchs (insbesondere über das einzureichende Sanierungs- und Entsorgungskonzept) noch zu klären sind, kann das Erfordernis einer Bewilligung nach Art. 19 Abs. 2 GSchG nicht von vornherein ausgeschlossen werden.
    • Fazit Gewässerschutz: Die Vorinstanz hätte unter diesen Umständen, in denen das Bestehen einer Bundesaufgabe nicht von vornherein ausgeschlossen werden konnte, weitere Untersuchungsmassnahmen treffen oder eine materielle Beurteilung vornehmen müssen. Die Rüge des Beschwerdeführers ist daher im Grundsatz gutzuheissen.

4.2. Waldabstand (Art. 17 WaG) Der Beschwerdeführer machte zudem geltend, Teile der Gebäude befänden sich im Waldabstand, was eine Bundesaufgabe nach Art. 17 des Waldgesetzes (WaG) darstelle.

  • Rechtliche Grundlagen: Art. 17 Abs. 1 WaG besagt, dass Bauten und Anlagen in Waldesnähe nur zulässig sind, wenn sie die Erhaltung, Pflege und Nutzung des Waldes nicht beeinträchtigen. Die Kantone legen Mindestabstände fest. Diese Bestimmung konkretisiert den Bundesauftrag zum Schutz der Wälder (Art. 77 Abs. 1 BV) und ist direkt anwendbares Bundesrecht, weshalb hier grundsätzlich eine Bundesaufgabe vorliegt.

  • Analyse des Bundesgerichts: Das Bundesgericht verneint hier eine Bundesaufgabe, da es sich vorliegend um einen Abbruch von Gebäuden und nicht um die Erstellung von Bauten oder Anlagen handelt. Der Abbruch führt mit Blick auf die Zielsetzungen des Waldabstands (Schutz des Waldes, Bewirtschaftung, Feuerschutz etc.) zu einer Verbesserung der Situation. Art. 17 WaG ist in diesem Kontext nicht anwendbar. Die Vorinstanz hat diese Rüge zu Recht abgewiesen.

4.3. Abfallentsorgung (Art. 16 Abs. 1 VVEA) Der Beschwerdeführer rügte auch eine Nichteinhaltung der Umweltschutzgesetzgebung im Zusammenhang mit anfallendem Bauabfall, insbesondere Art. 16 Abs. 1 der Verordnung über die Vermeidung und die Entsorgung von Abfällen (VVEA).

  • Analyse des Bundesgerichts: Das Bundesgericht stellt fest, dass Art. 16 Abs. 1 VVEA lediglich eine Vorgabe an die Bauherrschaft zur Einreichung bestimmter Unterlagen über Art, Qualität und Menge der anfallenden Abfälle darstellt. Eine solche Verordnungsbestimmung löst keine Bundesaufgabe im Sinne von Art. 78 Abs. 2 i.V.m. Art. 2 NHG aus, die eine Beschwerdelegitimation begründen würde. Eine solche Auslegung würde den Begriff der Bundesaufgabe überdehnen und Naturschutzverbänden ein Beschwerderecht gegen praktisch jede Baubewilligung ermöglichen. Die Rüge wird daher abgewiesen.

5. Schlussfolgerung und Rückweisung Das Bundesgericht kommt zum Ergebnis, dass die Vorinstanz die Beschwerdelegitimation des Schweizer Heimatschutzes nicht ohne weitere Abklärungen verneinen durfte, insbesondere im Hinblick auf die potenziell erforderliche Gewässerschutzbewilligung nach Art. 19 Abs. 2 GSchG i.V.m. Art. 32 Abs. 2 GSchV. Der Sachverhalt muss diesbezüglich weiter abgeklärt werden, um beurteilen zu können, ob eine solche Bewilligung notwendig ist und damit eine Bundesaufgabe vorliegt.

Die Beschwerde wird daher gutgeheissen, das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Schwyz aufgehoben und die Sache zur Fortsetzung des Verfahrens im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückgewiesen. Der Beschwerdegegner wird kostenpflichtig und hat den Beschwerdeführer zu entschädigen.

Kurze Zusammenfassung der wesentlichen Punkte:

  • Streitgegenstand: Die Beschwerdelegitimation des Schweizer Heimatschutzes (SHS) gegen eine Abbruchbewilligung für die "Luxram-Gebäude".
  • Zulässigkeit der Beschwerde: Das Bundesgericht trat auf die Beschwerde ein, da die Verneinung der Legitimation durch die Vorinstanz für den SHS einen (Teil-)Endentscheid darstellt, auch wenn die Baubewilligung selbst noch nicht rechtswirksam ist (suspensiv bedingter Zwischenentscheid).
  • Verbandsbeschwerderecht (Art. 12 NHG): Erfordert das Vorliegen einer "Bundesaufgabe" mit Bezug zum Natur- oder Heimatschutz.
  • Gewässerschutz (Art. 19 Abs. 2 GSchG / Art. 32 Abs. 2 GSchV): Das Bundesgericht bejaht grundsätzlich, dass auch eine "einfache" Bewilligung für Tätigkeiten in einem Grundwasserschutzbereich AU (ohne Unterschreitung des mittleren Grundwasserspiegels) eine Bundesaufgabe darstellen kann, da der Gewässerschutz dem Schutz von Natur und Landschaft dient.
  • Rückweisung: Da die kantonalen Behörden nicht abschliessend geklärt haben, ob aufgrund des Abbruchs der Luxram-Gebäude tatsächlich eine Bewilligung nach Art. 19 Abs. 2 GSchG / Art. 32 Abs. 2 GSchV erforderlich ist (mangels substanzieller Angaben zum Abbruchvorgehen), kann eine Bundesaufgabe nicht von vornherein ausgeschlossen werden. Die Sache wird zur weiteren Abklärung an die Vorinstanz zurückgewiesen.
  • Waldabstand (Art. 17 WaG): Eine Bundesaufgabe wird verneint, da es sich um einen Abbruch und nicht um die Erstellung von Bauten handelt. Ein Abbruch verbessert die Situation bezüglich des Waldabstands.
  • Abfallentsorgung (Art. 16 Abs. 1 VVEA): Eine Bundesaufgabe wird verneint. Reine Vorgaben zur Einreichung von Abfalldeklarationen begründen keine Verbandslegitimation im Sinne des NHG, da dies den Begriff der Bundesaufgabe überdehnen würde.