Gerne fasse ich das vorliegende Urteil des Schweizerischen Bundesgerichts (2C_163/2025 vom 8. September 2025) detailliert zusammen.
I. Einleitung
Das Bundesgericht hatte über eine Beschwerde von A._ zu befinden, welche sich gegen einen Entscheid des Kantonsgerichts Waadt richtete. Dieses hatte die Parteistellung von A._ in zwei verschiedenen Verfahren des bäuerlichen Bodenrechts verneint und zudem die Zuständigkeit der Landwirtschaftsbehörde zur Beurteilung der Gültigkeit von Gesellschaftsstatuten in einem der Verfahren bestritten. Die zentrale Frage war die Beschwerdebefugnis und Parteistellung von A.__, insbesondere aufgrund eines behaupteten Vorkaufsrechts.
II. Sachverhalt und Vorverfahren (massgebende Punkte)
- Die beteiligten Unternehmen: Die B._ SA betreibt einen landwirtschaftlichen und Weinbaubetrieb. Ihre Aktien wurden 1989 vollständig von der B._ Holding SA übernommen. Die ursprünglichen Aktionäre der B._ SA (oder deren Erben), darunter C._ (die Mutter von A.__), halten seitdem gleiche Anteile an der Holding.
- Die Beziehung der Rekurrentin zum Betrieb: A._ pachtete den landwirtschaftlichen Betrieb der B._ SA seit März 2003. Das Pachtverhältnis wurde per 31. Dezember 2022 beendet.
- Streitfall 1: Parzellierung und Entzug der RFL-Unterstellung (FO.2024.0010):
- Im Jahr 2019 ersuchte die B.__ SA bei der kantonalen Landwirtschaftsbehörde (Commission foncière rurale) um die Bewilligung zur Parzellierung eines Grundstücks und dessen Entzug aus dem Anwendungsbereich des bäuerlichen Bodenrechts (RFL).
- A.__, damals noch Pächterin, war im Bewilligungsverfahren nicht angehört und ihr der Entscheid nicht mitgeteilt worden. Das Kantonsgericht Waadt hatte daher im März 2023 ihre Beschwerdebefugnis anerkannt und die Sache zur Ergänzung des Sachverhalts und Neubeurteilung an die Landwirtschaftsbehörde zurückgewiesen.
- Die Landwirtschaftsbehörde verneinte in der Folge (Juni 2024) die Parteistellung von A.__ in diesem Verfahren, da sie nicht mehr Pächterin sei und kein Vorkaufsrecht als Nachkommin einer Minderheitsaktionärin besitze.
- Streitfall 2: Ungültigkeit der Gesellschaftsstatuten (FO.2024.0009):
- A._ beantragte im Januar 2024 die Feststellung der Ungültigkeit der Statuten der B._ SA und der B.__ Holding SA.
- Die Landwirtschaftsbehörde wies dieses Gesuch ab und liess die Parteistellung offen, hielt aber fest, dass sie für die Beurteilung der Statuten ausserhalb eines RFL-relevanten Sachverhalts (z.B. Übertragung eines landwirtschaftlichen Betriebs oder Landerwerb) nicht zuständig sei; dies sei Sache der Zivilgerichte.
- Entscheide des Kantonsgerichts (Vorinstanz):
- Das Kantonsgericht vereinigte die beiden Verfahren (FO.2024.0009 und FO.2024.0010).
- Es verneinte die Parteistellung und Beschwerdebefugnis von A.__ in beiden Verfahren, da sie nicht mehr Pächterin war.
- Es lehnte auch ein gesetzliches Vorkaufsrecht (Art. 42 LDFR) für A._ ab. Als Nachkommin einer 25%-Aktionärin der B._ Holding SA könne sie kein Vorkaufsrecht gegen eine juristische Person geltend machen. Das Kantonsgericht verwies dabei auf einen früheren Bundesgerichtsentscheid (4A_201/2022 vom 14. April 2023), in dem dem A.__ bereits ein Vorrecht zur Weiterpacht (Préaffermage-Recht gem. Art. 5 LBFRA) als Nachkommin verweigert wurde, da die Verpächterin eine juristische Person und nicht eine natürliche Person (Abstammung) war.
- Zusätzlich bestätigte das Kantonsgericht, dass die Landwirtschaftsbehörde ausserhalb des RFL-Anwendungsbereichs nicht für die Prüfung der Statutengültigkeit zuständig sei, sondern dies dem Zivilrichter obliege.
III. Erwägungen des Bundesgerichts
Das Bundesgericht prüfte die Beschwerde von A.__ unter folgenden Gesichtspunkten:
- Zulässigkeit der Beschwerde:
- Betreffend Statuten (FO.2024.0009): Das Bundesgericht erklärte die Beschwerde in diesem Punkt für unzulässig. Das Kantonsgericht hatte seinen ablehnenden Entscheid auf einer Doppelbegründung gestützt: Einerseits fehlte A._ die Parteistellung, andererseits war die Landwirtschaftsbehörde sachlich nicht zuständig. A._ focht in ihrer Beschwerde an das Bundesgericht jedoch nur das Argument der fehlenden Parteistellung an, nicht aber die Begründung betreffend die fehlende Zuständigkeit der RFL-Behörde (die Frage der Statuten sei Zivilrecht). Da diese zweite Begründung unabhängig und für sich allein tragfähig war, hätte A.__ sie gemäss Art. 42 Abs. 2 BGG ebenfalls anfechten und substanziieren müssen. Da dies unterblieb, war die Beschwerde in diesem Punkt ungenügend motiviert und unzulässig.
- Betreffend Parzellierung (FO.2024.0010): Die Beschwerde in diesem Punkt war grundsätzlich zulässig. Die Frage der Beschwerdebefugnis von A.__ (Art. 83 Abs. 3 LDFR, der als lex specialis zu Art. 89 BGG gilt) überschnitt sich stark mit der materiellen Frage der Parteistellung und wurde daher zusammen mit der Sachentscheidung geprüft.
- Sachverhaltsfeststellung (Art. 97 Abs. 1 BGG):
- A.__ rügte eine unvollständige Sachverhaltsfeststellung, da ein "acte de 1980/1081" ein konventionelles Vorkaufsrecht zugunsten der Aktionäre (darunter ihre Mutter) vorgesehen hätte.
- Das Bundesgericht wies diese Rüge zurück. A.__ hatte dieses konventionelle Vorkaufsrecht in den kantonalen Verfahren nicht geltend gemacht und legte das Dokument als neues Beweismittel erst vor Bundesgericht vor, was unzulässig ist (Art. 99 Abs. 1 BGG). Zudem wurde nicht aufgezeigt, inwiefern die Nichtberücksichtigung dieses Akts willkürlich gewesen wäre.
- Materielle Prüfung der Parteistellung im Parzellierungsverfahren (Art. 83 Abs. 3 LDFR):
- Argument der Rekurrentin: A._ machte geltend, dass ihr aufgrund eines Vorkaufsrechts die Parteistellung zustehe. Sie sei Nachkommin von C._, einer Aktionärin der Holding.
- Begründung des Bundesgerichts: Das Bundesgericht bestätigte die Rechtsauffassung der Vorinstanz und verneinte die Parteistellung von A.__.
- Fehlender Pächterstatus: A.__ war zum relevanten Zeitpunkt des Entscheids nicht mehr Pächterin des Betriebs.
- Kein gesetzliches Vorkaufsrecht (Art. 42 LDFR): Das Bundesgericht verwies auf seine frühere Rechtsprechung (insbesondere BGer 4A_201/2022 und 1C_191/2023, die die gleichen Parteien betrafen). Dort wurde entschieden, dass Bestimmungen wie Art. 5 LBFRA (Recht auf Weiterpacht) oder analog Art. 42 LDFR (Vorkaufsrecht) auf die Nachkommen des Verpächters oder Eigentümers abstellen. Wenn der Verpächter/Eigentümer aber eine juristische Person ist (hier: B._ SA), kann eine "Nachkommenschaft" im biologischen Sinne nicht vorliegen. A._ war lediglich die Nachkommin einer Minderheitsaktionärin der Holding, welche ihrerseits die juristische Person B.__ SA kontrolliert. Dies begründet kein gesetzliches Vorkaufsrecht gegenüber der juristischen Person als Eigentümerin im Sinne des bäuerlichen Bodenrechts.
- Unzureichende Rüge: A.__ hatte die detaillierte Begründung des Kantonsgerichts, die auf dieser Rechtsprechung zum gesetzlichen Vorkaufsrecht beruhte, nicht substanziiert angefochten, sondern versuchte, ein nicht zulässig gerügtes konventionelles Vorkaufsrecht geltend zu machen.
- Verfassungsrügen (Art. 9 und 29 BV): A.__ berief sich auf eine Verletzung von Art. 9 und 29 BV, ohne diese jedoch gemäss den erhöhten Begründungsanforderungen von Art. 106 Abs. 2 BGG ausreichend zu substanziieren. Diese Rügen wurden daher nicht geprüft.
IV. Fazit und Wesentliche Punkte
Das Bundesgericht wies die Beschwerde von A.__ ab und bestätigte die Entscheide der Vorinstanzen.
Die wesentlichen Punkte sind:
- Unzulässigkeit bei Statutenfrage: Die Beschwerde bezüglich der Ungültigkeit der Statuten der Gesellschaften wurde mangels ausreichender Anfechtung aller unabhängigen Begründungen der Vorinstanz als unzulässig erklärt (Verletzung der Rügepflicht gem. Art. 42 Abs. 2 BGG). Das Gericht betonte, dass die Zuständigkeit für die Prüfung von Gesellschaftsstatuten primär beim Zivilrichter liegt, nicht bei den RFL-Behörden, wenn kein direkter Anwendungsfall des bäuerlichen Bodenrechts vorliegt.
- Keine Parteistellung im Parzellierungsverfahren: A.__ hatte zum relevanten Zeitpunkt weder den Status einer Pächterin noch ein gesetzliches Vorkaufsrecht gemäss LDFR.
- Vorkaufsrecht und juristische Personen: Das Bundesgericht bekräftigte seine Rechtsprechung, wonach ein gesetzliches Vorkaufsrecht (Art. 42 LDFR) oder ein Recht auf Weiterpacht (Art. 5 LBFRA) als "Nachkomme" nur gegenüber einer natürlichen Person als Eigentümer oder Verpächter bestehen kann. Ist der Eigentümer oder Verpächter eine juristische Person (z.B. eine AG), kann eine blutsverwandtschaftliche "Nachkommenschaft" im Sinne dieser Bestimmungen nicht begründet werden, selbst wenn die Rekurrentin Nachkommin einer Minderheitsaktionärin der Holding ist, welche die juristische Person des landwirtschaftlichen Betriebs besitzt.
- Strenge Begründungspflicht: Das Urteil unterstreicht die Notwendigkeit einer präzisen und umfassenden Begründung von Rechtsmitteln, insbesondere bei Doppelbegründungen der Vorinstanzen und bei der Anrufung von Grundrechten.
Infolge des vollständigen Unterliegens wurden A.__ die Gerichtskosten auferlegt.