Zusammenfassung von BGer-Urteil 2C_50/2025 vom 3. September 2025

Es handelt sich um ein experimentelles Feature. Es besteht keine Gewähr für die Richtigkeit der Zusammenfassung.

Gerne fasse ich das bereitgestellte Urteil des Schweizerischen Bundesgerichts detailliert zusammen:

I. Einleitung

Das Bundesgericht hatte in seinem Urteil 2C_50/2025 vom 3. September 2025 über eine Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten zu entscheiden. Gegenstand des Verfahrens war die Aufenthaltsbewilligung und die Wegweisung einer serbischen Staatsangehörigen (nachfolgend: Beschwerdeführerin). Das Bundesgericht befasste sich primär mit der Frage, ob die Vorinstanz (Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt) zu Recht auf das Gesuch der Beschwerdeführerin um Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung aus prozessualen Gründen nicht eingetreten war und somit eine Rechtsverweigerung vorlag.

II. Sachverhalt

Die 1996 geborene serbische Staatsangehörige A.__ wurde im Juli 2023 und Oktober 2024 in Basel kontrolliert. Sie verfügte jeweils nur über einen am 10. Mai 2023 abgelaufenen serbischen Reisepass mit Schengeneinreisestempel vom 19. Februar 2023, was auf einen unrechtmässigen Aufenthalt nach Ablauf der erlaubten Frist hindeutet. Ein zunächst geäussertes Asylgesuch wurde gemäss dem Zentralen Migrationsinformationssystem (ZEMIS) nicht eröffnet.

Infolge des fehlenden Aufenthaltstitels verfügte das Migrationsamt Basel-Stadt am 22. Oktober 2024 die Wegweisung der Beschwerdeführerin aus der Schweiz und dem Schengen-Raum. Am 28. Oktober 2024 stellte die Beschwerdeführerin beim Migrationsamt ein Gesuch um Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung. Sie begründete dies mit ihrem Zusammenleben mit einem Partner, der eine Niederlassungsbewilligung in der Schweiz besitzt, und der Absicht zu heiraten. Zum Zeitpunkt des Gesuchs war die Beschwerdeführerin zudem unbestritten schwanger, wobei der Partner als Vater des künftigen Kindes angegeben wurde. Parallel dazu erhob sie gleichentags Rekurs beim Justiz- und Sicherheitsdepartement Basel-Stadt (Departement) gegen die Wegweisungsverfügung und beantragte im Rahmen dieses Rekurses auch die Beurteilung ihres Gesuchs um Aufenthaltsbewilligung.

Das Departement lehnte es ab, auf das Gesuch um Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung einzutreten, da es sich diesbezüglich nicht als zuständig erachtete. Den Rekurs gegen die Wegweisung wies es ab. Das Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt bestätigte diesen Entscheid mit Urteil vom 9. Dezember 2024. Es hielt fest, Streitgegenstand der erstinstanzlichen Verfügung sei nur die Wegweisung gewesen, und dieser könne im Rekursverfahren nicht erweitert werden. Zudem erachtete es die Voraussetzungen für einen prozeduralen Aufenthalt gemäss Art. 17 Abs. 2 AIG als nicht offensichtlich erfüllt, da die Zulassungsvoraussetzungen nicht offensichtlich vorlägen. Die Wegweisung sei deshalb verhältnismässig.

III. Anfechtung vor Bundesgericht

Die Beschwerdeführerin gelangte mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht. Sie beantragte die Aufhebung des vorinstanzlichen Urteils und die Anweisung an die kantonalen Behörden, ihr eine Aufenthaltsbewilligung auszustellen und von einer Wegweisung abzusehen. Eventualiter beantragte sie die Rückweisung der Angelegenheit an die Vorinstanz zur neuen Beurteilung. Sie rügte eine Rechtsverweigerung (Art. 29 Abs. 1 BV), eine willkürliche Sachverhaltsfeststellung und Rechtsanwendung sowie die Verletzung von Art. 8 EMRK und Art. 13 BV. Dem Gesuch um aufschiebende Wirkung wurde stattgegeben, um ihr das Abwarten des bundesgerichtlichen Verfahrens in der Schweiz zu ermöglichen.

IV. Erwägungen des Bundesgerichts

1. Zulässigkeit und Kognition der Beschwerde (E. 1, 2)

Das Bundesgericht prüfte zunächst von Amtes wegen die Zulässigkeit der Beschwerde: * Wegweisungsentscheid: Hinsichtlich des Teils des angefochtenen Urteils, der die Wegweisung betrifft – einschliesslich der Prüfung des prozeduralen Aufenthalts gemäss Art. 17 Abs. 2 AIG – ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gemäss Art. 83 lit. c Ziff. 4 BGG unzulässig. Das Bundesgericht trat diesbezüglich auf die Beschwerde nicht ein. * Nichteintretensentscheid betreffend Aufenthaltsbewilligung: Anders verhält es sich mit dem Nichteintretensentscheid bezüglich des Gesuchs um Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung. Da die Beschwerdeführerin einen potenziellen Aufenthaltsanspruch gestützt auf den Schutz des Familienlebens gemäss Art. 8 EMRK bzw. Art. 13 Abs. 1 BV geltend macht, steht die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten diesbezüglich offen (Art. 83 lit. c Ziff. 2 BGG e contrario). * Umfang der bundesgerichtlichen Prüfung: Gegen Nichteintretensentscheide kann vor Bundesgericht grundsätzlich nur das Nichteintreten selbst angefochten werden, nicht die materielle Frage. Da die Vorinstanz keine Eventualbegründung zur materiellen Beurteilung des Aufenthaltsgesuchs abgegeben hatte, beschränkte sich der Streitgegenstand vor Bundesgericht auf die Frage, ob die Vorinstanz zu Recht auf den Rekurs hinsichtlich der Aufenthaltsbewilligung nicht eingetreten ist (E. 1.6, 1.7). Rügen bezüglich willkürlicher Sachverhaltsfeststellung oder Verletzung von Art. 8 EMRK/Art. 13 BV in Bezug auf die Erteilung der Bewilligung blieben daher unbeachtlich (E. 1.7). * Novenverbot: Das Bundesgericht wies neue Tatsachen und Beweismittel, die erst nach dem vorinstanzlichen Entscheid entstanden sind (sog. "echte Noven" wie ein Arbeitsvertrag des Partners und eine ärztliche Bestätigung der mangelnden Reisefähigkeit), als unzulässig zurück (E. 2.2).

2. Prüfung des Nichteintretensentscheids der Vorinstanz (E. 3)

Das Bundesgericht prüfte, ob die Vorinstanz auf das Begehren der Beschwerdeführerin um Erteilung der Aufenthaltsbewilligung zu Recht nicht eingetreten ist.

  • Grundsatz des Streitgegenstands: Im Verfahren der nachträglichen Verwaltungsrechtspflege ist der Streitgegenstand grundsätzlich auf das Rechtsverhältnis beschränkt, das Gegenstand der angefochtenen Verfügung bildet (E. 3.1; vgl. BGE 131 II 200 E. 3.2). Eine Erweiterung des Streitgegenstands ist im Rekursverfahren grundsätzlich nicht vorgesehen.
  • Ausnahme aus Prozessökonomie: Eine Ausdehnung des Prozesses auf eine ausserhalb des ursprünglichen Anfechtungsgegenstands liegende, spruchreife Frage ist aus prozessökonomischen Gründen nur ausnahmsweise zulässig, wenn ein enger Zusammenhang (Tatbestandsgesamtheit) besteht, die Verwaltung sich dazu geäussert hat und die Frage spruchreif ist (E. 3.1; vgl. BGE 122 V 34 E. 2a).
  • Argumente der Beschwerdeführerin: Die Beschwerdeführerin machte geltend, ihr Gesuch um Aufenthaltsbewilligung und der Rekurs gegen die Wegweisung beträfen inhaltlich dieselbe Angelegenheit (migrationsrechtlicher Status) und sollten aus prozessökonomischen Gründen von derselben Instanz beurteilt werden. Sie rügte eine Rechtsverweigerung durch die Vorinstanz (E. 3.2).
  • Beurteilung des Bundesgerichts:
    • Das Bundesgericht bestätigte, dass die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung zum Zeitpunkt des Rekurses noch nicht Gegenstand einer erstinstanzlichen Verfügung des Migrationsamts war. Das Departement als Rekursinstanz für die Wegweisung sei daher nicht originär zuständig gewesen, über die Aufenthaltsbewilligung zu entscheiden (E. 3.3.1).
    • Hinsichtlich der Erweiterung des Streitgegenstands aus prozessökonomischen Gründen anerkannte das Bundesgericht zwar den engen Zusammenhang (Tatbestandsgesamtheit) zwischen Wegweisung und Aufenthaltsbewilligung. Es verneinte jedoch die notwendige Spruchreife der Frage nach der Aufenthaltsbewilligung. Die Vorinstanz habe zu Recht auf Unsicherheiten und noch abzuklärende Sachverhaltselemente hingewiesen, die für ein Aufenthaltsrecht relevant sind (z.B. gemeinsamer Haushalt, Teilnahme des Partners am Wirtschaftsleben, Bemühungen betreffend Ehevorbereitung und insbesondere die Rechtsstellung des ungeborenen Kinds). Ohne diese vertieften Abklärungen war die Frage nicht spruchreif (E. 3.3.2).
    • Daher sei der Standpunkt der Vorinstanz, die Verfahrensökonomie allein stelle im vorliegenden Fall keinen hinreichenden Grund für eine Ausweitung des Streitgegenstandes dar, nicht als willkürlich zu qualifizieren. Eine bundesrechtswidrige Überschreitung des Ermessensspielraums oder eine Rechtsverweigerung sei nicht ersichtlich. Auch eine Sistierung des Verfahrens, die im behördlichen Ermessen liege, sei angesichts der noch notwendigen Sachverhaltsabklärungen nicht als pflichtwidrig unterblieben zu betrachten (E. 3.3.2).
    • Das Bundesgericht stellte zudem fest, dass mit der summarischen Prüfung der offensichtlichen Erfüllung der Zulassungsvoraussetzungen im Rahmen von Art. 17 Abs. 2 AIG die Frage der Aufenthaltsbewilligung nicht abschliessend materiell vorweggenommen wurde. Die abschliessende Beurteilung obliegt weiterhin dem Migrationsamt als erstinstanzlicher Behörde, die die notwendigen Abklärungen vornehmen muss, insbesondere nach der Geburt des Kindes (E. 3.3.3). Auch die interne Aufteilung des Migrationsamtes in verschiedene Abteilungen gewährleiste die unabhängige Prüfung.

V. Schlussfolgerung

Das Bundesgericht kam zum Schluss, dass keine Rechtsverweigerung im Sinne von Art. 29 Abs. 1 BV vorlag und der angefochtene Nichteintretensentscheid der Vorinstanz bundesrechtskonform war. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten wurde – soweit darauf eingetreten werden konnte – als unbegründet abgewiesen. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wurde gutgeheissen.

VI. Zusammenfassung der wesentlichen Punkte

  • Teilweise Unzulässigkeit der Beschwerde: Der Teil der Beschwerde, der sich gegen die Wegweisung richtet (einschliesslich der Prüfung des prozeduralen Aufenthalts nach Art. 17 Abs. 2 AIG), ist gemäss Art. 83 lit. c Ziff. 4 BGG unzulässig.
  • Anfechtbarkeit des Nichteintretensentscheids: Nur die Rüge einer Rechtsverweigerung bezüglich des Nichteintretens auf das Gesuch um Aufenthaltsbewilligung ist zulässig, da ein Anspruch auf Familienleben (Art. 8 EMRK/Art. 13 BV) geltend gemacht wird.
  • Keine materielle Prüfung durch Bundesgericht: Das Bundesgericht konnte aufgrund des fehlenden Eventualentscheids der Vorinstanz die materiellen Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung nicht prüfen.
  • Grundsatz der Streitgegenstandsbegrenzung: Eine Erweiterung des Streitgegenstands im Rechtsmittelverfahren ist nur ausnahmsweise aus prozessökonomischen Gründen zulässig, wenn neben einem engen Sachzusammenhang auch die Spruchreife der neuen Frage gegeben ist.
  • Fehlende Spruchreife: Im vorliegenden Fall fehlte die Spruchreife bezüglich des Aufenthaltsgesuchs, da weitere Sachverhaltsabklärungen (insbesondere zum Zusammenleben, zur wirtschaftlichen Situation des Partners, zur Ehevorbereitung und zur Rechtsstellung des ungeborenen Kinds) notwendig waren.
  • Keine Rechtsverweigerung: Die Vorinstanz handelte nicht willkürlich und verweigerte kein Recht, indem sie den Streitgegenstand nicht erweiterte. Die summarische Prüfung des prozeduralen Aufenthalts nach Art. 17 Abs. 2 AIG stellte keine Vorwegnahme des materiellen Aufenthaltsentscheids dar. Die erstinstanzliche Behörde (Migrationsamt) muss die materielle Prüfung der Aufenthaltsbewilligung unter Berücksichtigung des aktualisierten Sachverhalts noch vornehmen.