Zusammenfassung von BGer-Urteil 8C_172/2025 vom 25. September 2025

Es handelt sich um ein experimentelles Feature. Es besteht keine Gewähr für die Richtigkeit der Zusammenfassung.

Gerne fasse ich das bereitgestellte Urteil des Schweizerischen Bundesgerichts detailliert zusammen:

Detaillierte Zusammenfassung des Bundesgerichtsurteils 8C_172/2025 vom 25. September 2025

1. Einleitung und Verfahrensgegenstand Das vorliegende Urteil des Schweizerischen Bundesgerichts (8C_172/2025) vom 25. September 2025 befasst sich mit einer Streitigkeit im Bereich der obligatorischen Unfallversicherung nach dem Bundesgesetz über die Unfallversicherung (UVG) und dem Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG). Die Caisse nationale suisse d'assurance en cas d'accidents (CNA) als Rekurrierende focht einen Entscheid des Genfer Kantonsgerichts an, der sie verpflichtete, Leistungen (Taggelder und medizinische Behandlung) an den Intimierten, A.__, über einen bestimmten Zeitpunkt hinaus zu erbringen. Zentraler Streitpunkt war der Kausalzusammenhang zwischen einem Arbeitsunfall und den danach persistierenden Kniebeschwerden des Intimierten.

2. Sachverhalt Der im Jahr 1971 geborene A.__ war seit Mai 2015 als Bademeister angestellt und bei der CNA gegen Unfall versichert. Am 16. Juni 2020 verunfallte er, als er beim Herausziehen eines Reinigungsgeräts (Kärcher) aus einem Fussbecken ausrutschte und stürzte, wobei er sich am rechten Knie verletzte. Ab dem 9. Juli 2020 war er arbeitsunfähig und unterzog sich am selben Tag einer Operation (Meniskektomie intern posterior bei einer komplexen Ruptur). Die CNA übernahm zunächst die Fallführung. Der Versicherte nahm seine Arbeit am 21. September 2020 zu 50% und am 4. November 2020 zu 100% wieder auf. Mit Entscheid vom 1. Februar 2021, bestätigt am 12. März 2021, stellte die CNA ihre Leistungen (Taggelder und medizinische Behandlung) per 8. Juli 2020 ein. Sie begründete dies damit, dass die über dieses Datum hinausgehenden Beschwerden nicht mehr in einem Kausalzusammenhang mit dem Unfall stünden.

3. Vorinstanzliches Verfahren Der Intimierte focht den Einspracheentscheid der CNA vor der Cour des assurances sociales des Kantons Genf an. Die kantonale Instanz ordnete unter anderem eine medizinische Expertise durch Dr. C.__, Spezialist für orthopädische Chirurgie und Traumatologie des Bewegungsapparates, an. Gestützt auf den Expertenbericht vom 15. Mai 2024 hiess das Kantonsgericht die Beschwerde des Versicherten gut. Es hob den Einspracheentscheid der CNA vom 12. März 2021 auf, verpflichtete die CNA zur Leistungsübernahme über den 8. Juli 2020 hinaus und wies die Sache zur Berechnung der geschuldeten Leistungen (medizinische Behandlung und Taggelder) an die CNA zurück.

4. Rechtliche Erwägungen des Bundesgerichts

4.1. Zulässigkeit des Rechtsmittels Das Bundesgericht prüfte zunächst die Zulässigkeit des Rekurses in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art. 82 ff. BGG). Obwohl Rückweisungsentscheide in der Regel Zwischenentscheide darstellen (Art. 93 Abs. 1 BGG), qualifizierte das Bundesgericht den vorliegenden Entscheid als materiell einen Endentscheid. Dies, weil die Vorinstanz die Sache an die CNA zur blossen Leistungsberechnung zurückwies, was der unteren Instanz keinen Ermessensspielraum mehr liess. Die Rückweisung bezog sich somit ausschliesslich auf die Ausführung des obergerichtlichen Leistungsbefehls. Gemäss ständiger Rechtsprechung (BGE 145 III 42 E. 2.1; 140 V 321 E. 3.2) war der Rekurs daher zulässig.

4.2. Prüfungsbefugnis des Bundesgerichts Das Bundesgericht stellte fest, dass es im vorliegenden Fall, der Leistungen in Geld und in natura betrifft, nicht an die Sachverhaltsfeststellungen der Vorinstanz gebunden ist, soweit diese für die Geldleistungen oder für beide Leistungsarten relevant sind (Art. 97 Abs. 2, 105 Abs. 3 BGG).

4.3. Allgemeine Rechtsgrundsätze Das Bundesgericht verwies auf die massgebende Rechtsprechung zur Zuerkennung von Versicherungsleistungen bei Unfällen (Art. 6 ff. UVG), insbesondere auf das Erfordernis eines natürlichen und adäquaten Kausalzusammenhangs zwischen dem schädigenden Ereignis und der Gesundheitsschädigung (BGE 148 V 356 E. 3; 142 V 435 E. 1). Ebenso erinnerte es an die Grundsätze der Beweiswürdigung medizinischer Berichte (BGE 145 V 97 E. 8.5). Besondere Bedeutung mass das Gericht dem Beweiswert eines gerichtlichen Medizinalgutachtens bei. Es betonte, dass der Richter in der Regel von den Schlussfolgerungen eines solchen Gutachtens nicht ohne zwingende Gründe abweicht (BGE 143 V 269 E. 6.2.3.2). Zwingende Gründe können Widersprüche im Gutachten selbst, eine überzeugende Obergutachterfeststellung oder das Vorliegen schwerwiegender gegenteiliger Meinungen anderer Spezialisten sein, welche die Relevanz der gutachterlichen Schlüsse ernsthaft in Zweifel ziehen (BGE 135 V 465 E. 4.4).

4.4. Auseinandersetzung mit dem Kausalzusammenhang und dem Gutachten Die kantonale Instanz hatte, gestützt auf das Gutachten von Dr. C.__, den natürlichen Kausalzusammenhang zwischen dem Unfall und den Beschwerden des Intimierten über den 8. Juli 2020 hinaus bejaht. Die CNA rügte eine Verletzung von Art. 6 Abs. 1 UVG und Art. 61 lit. c ATSG und sprach dem Gutachten die Beweiskraft ab.

  • Einwand der CNA bezüglich des Unfallmechanismus ("Twist"): Die CNA machte geltend, der Gutachter habe zu Unrecht eine Verdrehung (Twist) des Knies angenommen, die der Versicherte vor der Expertise nie erwähnt habe. Das Gutachten basiere somit auf einer fehlerhaften Beschreibung des Unfallhergangs. Das Bundesgericht wies diesen Einwand zurück (Erw. 5.2.1). Es stellte klar, dass der Versicherte keine zwei divergierenden Unfallversionen gegeben, sondern die ursprüngliche Beschreibung (Anstossen des Knies am Gerät) lediglich präzisiert habe, indem er im Rahmen der Expertise eine Torsion des Knies beim Aufprall erwähnte. Ein direkter Aufprall schliesse nicht aus, dass das Knie zusätzlich einer Verdrehung unterzogen wurde, zumal der Gutachter erklärte, dass ein direkter Stoss Scherkräfte durch einen Knietwist auslösen kann und Meniskusläsionen oft aus einer Verstauchung resultieren. Das von der CNA zitierte Urteil 8C_112/2023 vom 11. Dezember 2023 sei nicht einschlägig, da sich dort die Unfallmechanismen und medizinischen Befunde nicht deckten. Im vorliegenden Fall sei die medizinische Situation (bereits zwei Tage nach dem Unfall beklagte Entzündung) mit einer Torsionsbewegung vereinbar.

  • Einwand der CNA bezüglich der "flap inférieur"-Läsion: Die CNA kritisierte, der Gutachter habe eine "flap inférieur"-Läsion des hinteren Innenmeniskushorns gestützt auf eigene MRI-Analyse angenommen, obwohl weder der Radiologe noch der behandelnde Arzt (Dr. E._) eine solche beschrieben hätten und der Vertrauensarzt (Dr. D._) diese bestreite. Das Bundesgericht hielt fest (Erw. 5.2.1), dass die eigene Analyse von Bildgebungsbefunden gerade zur Aufgabe des Gutachters gehöre. Er sei in dieser Hinsicht nicht an die Beobachtungen anderer Ärzte gebunden.

  • Einwand der CNA bezüglich der Kausalitätsbegründung ("post hoc, ergo propter hoc"): Die CNA rügte, der Gutachter habe den natürlichen Kausalzusammenhang einzig mit dem Argument begründet, der Versicherte habe vor dem Unfall keine Knieschmerzen gehabt, was eine unzulässige "post hoc, ergo propter hoc"-Schlussfolgerung sei. Das Bundesgericht verneinte dies nachdrücklich (Erw. 5.2.2). Der Gutachter habe sich nicht ausschliesslich auf die Schmerzfreiheit vor dem Unfall gestützt, sondern auf ein Bündel von Elementen:

    1. Objektivierbare strukturelle Läsionen: Eine schräge horizontale Fissur oder Ruptur Grad III des hinteren Innenmeniskushorns, verbunden mit einem horizontalen Flap, sowie ein kleiner traumatischer Chondropathieherd am seitlichen Anteil des Patellaknorpels mit erheblichem Gelenkerguss, aber ohne degenerative Knorpelschäden.
    2. Klinische Befunde: Bereits am 22. Juni 2020 wurde ein Gelenkerguss und deutliche Schmerzen im medialen femoro-tibialen Gelenkspalt festgestellt.
    3. Arthroskopische Feststellungen: Bei der Arthroskopie wurde eine Meniskusruptur ohne Chondropathie und ohne degeneratives Meniskusgewebe identifiziert.
    4. Charakteristik der Läsionen: Der Gutachter erklärte, dass rein horizontale Läsionen eher degenerativer Natur seien, schräge Läsionen, die die Gelenkfläche erreichen und insbesondere einen Meniskus-Flap aufweisen, jedoch auch traumatisch bedingt sein können. Dies sei hier der Fall gewesen.
    5. Fehlende degenerative Zeichen: Degenerative Läsionen seien oft mit Arthrose und parameniskalen Zysten verbunden, die beim Intimierten nicht festgestellt wurden.
    6. Heilungsverlauf: Die vollständige Symptomfreiheit und Genesung des Versicherten spreche für eine rein mechanische Ursache. Wären die Beschwerden degenerativer Herkunft gewesen, hätte er weiterhin Schmerzen haben müssen. Das Bundesgericht befand daher, die Begründung des Gutachters sei fundiert und nicht zu beanstanden.
  • Einwand der CNA bezüglich der vertrauensärztlichen Gegenmeinung: Die CNA argumentierte, die Beurteilung ihres Vertrauensarztes (Dr. D._) stelle die Expertise von Dr. C._ ernsthaft in Frage, und dessen letzter Bericht vom 10. Juni 2024 sei von der Vorinstanz nicht berücksichtigt worden. Das Bundesgericht stellte fest (Erw. 5.2.2), dass der Bericht des Dr. D.__ vom 10. Juni 2024 sehr wohl von der Vorinstanz berücksichtigt wurde. Die Einwände des Vertrauensarztes, insbesondere die Bestreitung der "flap"-Läsion, stellten lediglich eine entgegenstehende medizinische Meinung dar. Eine solche sei nicht ausreichend, um die gerichtliche Expertise zu entkräften, die gerade dazu diente, divergierende Meinungen zu klären.

4.5. Schlussfolgerung des Bundesgerichts Angesichts der detaillierten und kohärenten Begründung des gerichtlichen Gutachtens sowie der überzeugenden Widerlegung der Einwände der CNA erachtete das Bundesgericht den Rekurs der CNA als unbegründet und wies ihn ab.

5. Kostenregelung Die unterliegende Rekurrierende (CNA) hat die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Da der Intimierte nicht anwaltlich vertreten war, hat er keinen Anspruch auf eine Parteientschädigung.

Kurze Zusammenfassung der wesentlichen Punkte:

  • Kausalzusammenhang bestätigt: Das Bundesgericht bestätigte den natürlichen Kausalzusammenhang zwischen dem Unfall vom 16. Juni 2020 und den persistierenden Kniebeschwerden des Intimierten, welche die Meniskusoperation und weitere Leistungen der Unfallversicherung über den 8. Juli 2020 hinaus rechtfertigten.
  • Beweiswert des Gerichtsgutachtens: Es betonte den hohen Beweiswert des gerichtlichen Medizinalgutachtens von Dr. C.__ und stellte fest, dass die Einwände der CNA keine zwingenden Gründe für eine Abweichung vom Gutachten darstellten.
  • Fundierte Kausalitätsbegründung: Die Kausalität wurde nicht nur durch das Fehlen von Voreinschränkungen vor dem Unfall begründet, sondern durch ein Bündel medizinischer Elemente, einschliesslich objektivierbarer struktureller Läsionen (schräge Meniskusruptur mit Flap), dem Fehlen degenerativer Knorpelschäden, relevanter klinischer Befunde und eines für eine traumatische Ursache sprechenden Heilungsverlaufs (vollständige Genesung).
  • Unfallmechanismus: Die Ergänzung der Unfallbeschreibung um eine Knieverdrehung wurde als plausible Präzisierung und nicht als Widerspruch gewertet, da der Gutachter deren Kompatibilität mit den Verletzungen darlegte.
  • Materielle Endgültigkeit des Rückweisungsentscheids: Das Bundesgericht qualifizierte den Rückweisungsentscheid der Vorinstanz, der nur noch die Leistungsberechnung offenliess, als materiell einen Endentscheid und bejahte somit die Zulässigkeit des Rekurses.