Zusammenfassung von BGer-Urteil 9C_47/2025 vom 1. Oktober 2025

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Gerne fasse ich das bereitgestellte Urteil des Schweizerischen Bundesgerichts (BGer) detailliert zusammen:

Detaillierte Zusammenfassung des Urteils des Bundesgerichts 9C_47/2025 vom 1. Oktober 2025

1. Einleitung und Parteien

Das vorliegende Urteil des Bundesgerichts, III. öffentlich-rechtliche Abteilung, vom 1. Oktober 2025 (Verfahren 9C_47/2025) betrifft eine Beschwerde der A.__ AG (Beschwerdeführerin) gegen ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 11. Dezember 2024. Gegenstand des Verfahrens ist eine Mehrwertsteuernachforderung der Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV) für die Steuerperioden 2014 bis 2017. Die Beschwerdeführerin, eine Holdinggesellschaft, die in den Bereichen Immobilien, Facility Management, Architektur, Bau und Gastronomie tätig ist, wehrt sich gegen die von der ESTV festgesetzten Nachforderungen.

2. Sachverhalt und Vorverfahren

Der Verwaltungsrat bzw. Präsident der A._ AG und ihrer drei Schwestergesellschaften ist B.B._. Im November 2017 eröffnete die ESTV ein Verwaltungsstrafverfahren gegen B.B._ und G.B._ wegen Verdachts auf Abgabebetrug, Mehrwertsteuerhinterziehung und Verletzung von Verfahrenspflichten im Zusammenhang mit den vier Gesellschaften. Im Dezember 2017 wurden Hausdurchsuchungen durchgeführt, Buchhaltungsunterlagen sichergestellt und die A.__ AG über die Eröffnung des Strafverfahrens informiert, verbunden mit dem Hinweis auf den Stillstand der Verjährungsfrist für die Steuerfestsetzung.

Die ESTV führte eine buchhalterische Auswertung durch und stellte zunächst zusätzliche Steuerforderungen von CHF 83'963 für die A._ AG fest. Nachdem die A._ AG im August 2020 Berichtigungsabrechnungen mit Vorsteuerkorrekturen von insgesamt CHF 42'289 für die Jahre 2014-2016 eingereicht hatte, passte die ESTV den nachgeforderten Betrag auf CHF 52'449 an.

Im Juni 2022 sprach die ESTV B.B._ mit Strafverfügung wegen mehrfacher vorsätzlicher Steuerhinterziehung (Art. 96 Abs. 1 lit. a MWSTG) sowie mehrfacher Verletzung von Verfahrenspflichten (Art. 98 lit. e MWSTG) schuldig und auferlegte ihm eine Busse von CHF 10'000, zudem wurde er für die Steuernachforderung solidarisch haftbar erklärt. Gleichzeitig erliess die ESTV eine Leistungsverfügung gegen die A._ AG über CHF 52'449 zuzüglich Verzugszinsen für die Steuerperioden 2014-2017.

Gegen die Leistungsverfügung erhob die A._ AG Einsprache, welche die ESTV im April 2023 abwies, wobei sie die Rechtskraft für einen Teilbetrag von CHF 50'871 feststellte. Das Bundesverwaltungsgericht wies im Dezember 2024 die Beschwerde der A._ AG ab, soweit es darauf eintrat. Vor Bundesgericht war der Streitgegenstand auf die noch streitigen Steuernachforderungen für die Jahre 2015 und 2016 beschränkt, unter Berücksichtigung der bereits akzeptierten Beträge und Vorsteuerkorrekturen.

3. Rechtliche Erwägungen des Bundesgerichts

Das Bundesgericht trat auf die Beschwerde der A.__ AG grundsätzlich ein, beurteilte jedoch die meisten Rügen als unzureichend begründet.

3.1. Prozessuale Rügen der Beschwerdeführerin

Die Beschwerdeführerin rügte eine Vielzahl prozessualer Mängel, darunter: * Fehlende Paginierung der Akten und daraus resultierende Unmöglichkeit der Stellungnahme. * Unklare Begründung der Eröffnung des Strafverfahrens und die Frage nach dem Rückzug einer Strafanzeige der Steuerverwaltung Basel-Stadt. * Verletzung der Unschuldsvermutung (Art. 6 Ziff. 2 EMRK, Art. 10 Abs. 1 StPO) durch eine Kontensperre. * Verletzung des fairen Verfahrens durch die Hierarchie der ESTV-Mitarbeiter bei der Erstellung der Ergänzungsabrechnung. * Verletzung des rechtlichen Gehörs durch fehlende Kenntnis der Strafanzeige der Steuerverwaltung Basel-Stadt.

Das Bundesgericht wies diese Rügen ausnahmslos als unzureichend substanziiert ab (Art. 42 Abs. 2, Art. 97 Abs. 1, Art. 106 Abs. 2 BGG). Es stellte fest, dass die Beschwerdeführerin sich in keiner Weise mit den ausführlichen Erwägungen der Vorinstanz zu diesen Punkten auseinandergesetzt oder dargelegt habe, inwiefern die Vorinstanz durch die Nicht- oder unzureichende Behandlung entsprechender Vorbringen verfassungsmässige Rechte verletzt haben soll. Die Vorinstanz hatte sich beispielsweise explizit mit der (Nicht-)Anwendbarkeit der EMRK auf das Nachleistungsverfahren und Fragen des rechtlichen Gehörs befasst.

3.2. Materielle Rügen der Beschwerdeführerin

Auch die materiellen Rügen der Beschwerdeführerin befand das Bundesgericht als unbegründet oder unzureichend begründet:

  • Unrechtmässige Ermessenseinschätzung der ESTV: Die Beschwerdeführerin warf der ESTV vor, zu Unrecht eine Ermessenseinschätzung vorgenommen zu haben. Das Bundesgericht hielt fest, dieser Vorwurf gehe ins Leere, da die Vorinstanz das Vorgehen der ESTV als unzutreffend erkannt und die einzelnen bestrittenen Positionen selbst nach den allgemein geltenden Beweislastregeln des Mehrwertsteuerrechts geprüft habe. Die Vorinstanz hatte somit die Korrekturen der ESTV anhand korrekter rechtlicher Massstäbe überprüft.
  • Umsatzabstimmung: Die Beschwerdeführerin bestritt die vorgenommenen Aufrechnungen im Rahmen der Umsatzabstimmung und machte geltend, es handle sich um Geldtransfers zur Liquiditätsüberbrückung, nicht um Entgelt für steuerbare Leistungen. Das Bundesgericht bestätigte die Vorinstanz, wonach diese Darstellung nicht nachgewiesen wurde. Die Beschwerdeführerin setzte sich mit den "plausiblen" Erwägungen der Vorinstanz nicht auseinander, weshalb die Rüge als ungenügend begründet galt (BGE 140 V 22 E. 7.1).
  • Bezugssteuer: Hinsichtlich der aufgerechneten Bezugssteuer behauptete die Beschwerdeführerin, der streitige Beitrag sei eine Vorfinanzierung eines Flugs aus Russland und nicht das Entgelt für eine Dienstleistung einer in Russland ansässigen Person. Das Bundesgericht befand, die Beschwerdeführerin habe den ihr obliegenden Nachweis nicht erbracht, dass es sich nicht um ein der Bezugssteuer unterliegendes Entgelt im Sinne von Art. 45 Abs. 1 lit. a MWSTG handle. Das Fehlen jeglichen Belegs (z.B. Flugbillett) für die behauptete Vorfinanzierung stützte die vorinstanzliche Würdigung. Auch hier genügte die blosse Wiederholung der vorinstanzlichen Sachdarstellung den Begründungsanforderungen von Art. 42 Abs. 2 BGG nicht.
  • Vorsteueraufrechnung: Bezüglich der beanstandeten Vorsteueraufrechnung fehlte in der Beschwerde jegliche Auseinandersetzung mit dem angefochtenen Entscheid. Das Bundesgericht wies darauf hin, dass die Aufrechnungen ganz überwiegend auf den eigenen Angaben der Beschwerdeführerin beruhten und für den verbliebenen bestrittenen Betrag keine Ausführungen erfolgten. Die Rüge wurde ebenfalls als ungenügend begründet beurteilt.

3.3. Festsetzungsverjährung

Ein zentraler rechtlicher Argumentationspunkt war die von der Beschwerdeführerin geltend gemachte Festsetzungsverjährung.

  • Anwendbare Bestimmungen: Das Bundesgericht stellte klar, dass die Verjährung im vorliegenden Fall, da B.B.__ nicht wegen eines der in Art. 105 Abs. 3 lit. b MWSTG genannten Tatbestände bestraft wurde, sich nach Art. 105 Abs. 3 lit. a i.V.m. Art. 42 MWSTG richtet.
  • Stillstand der relativen Verjährungsfrist: Die Frist für die relative Festsetzungsverjährung stand seit der Eröffnung des Strafverfahrens und der Mitteilung an die Beschwerdeführerin am 19. Dezember 2017 für die Steuerjahre 2015 und 2016 still (Art. 42 Abs. 4 MWSTG).
  • Weiterlauf der absoluten Verjährungsfrist: Die absolute Verjährungsfrist von zehn Jahren seit Ablauf der Steuerperiode lief gemäss Art. 105 Abs. 3 lit. a i.V.m. Art. 42 Abs. 5 MWSTG weiter. Das Bundesgericht verwies hierzu auf sein Urteil 9C_691/2022 vom 7. September 2023, E. 3.5.1 - 3.5.4.
  • Ergebnis: Für die Steuerperiode 2015 trat die absolute Festsetzungsverjährung erst Ende 2025 ein (und für die Steuerperiode 2016 erst Ende 2026). Selbst wenn man davon ausginge, dass der Fristenstillstand mit Erlass der Strafverfügung vom 21. Juni 2022 endete und der Lauf der Verjährungsfrist durch den gleichzeitigen Erlass der Leistungsverfügung unterbrochen wurde, wodurch gemäss Art. 42 Abs. 3 MWSTG eine neue zweijährige relative Verjährungsfrist zu laufen begann, so wäre diese Frist zum Zeitpunkt der Einspracheentscheidung (20. April 2023) und des vorinstanzlichen Urteils (11. Dezember 2024) noch nicht abgelaufen.

Das Bundesgericht kam somit zum Schluss, dass für die Steuerjahre 2015 und 2016 weder die relative noch die absolute Festsetzungsverjährung eingetreten ist.

4. Entscheid

Die Beschwerde wurde, soweit darauf eingetreten wurde, vollumfänglich abgewiesen. Die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens wurden der Beschwerdeführerin auferlegt.

Kurze Zusammenfassung der wesentlichen Punkte:
  1. Bestätigung der Steuernachforderung: Das Bundesgericht bestätigte die Mehrwertsteuernachforderung der ESTV für die A.__ AG für die Steuerperioden 2015 und 2016.
  2. Abweisung prozessualer und materieller Rügen: Nahezu alle prozessualen und materiellen Rügen der Beschwerdeführerin wurden aufgrund unzureichender Begründung oder mangelnden Nachweises abgewiesen. Die Beschwerdeführerin hatte es versäumt, sich substanziiert mit den vorinstanzlichen Erwägungen auseinanderzusetzen.
  3. Klärung der Verjährung: Das Bundesgericht stellte fest, dass die Festsetzungsverjährung für die streitigen Steuerperioden noch nicht eingetreten war. Es präzisierte, dass nach Art. 105 Abs. 3 lit. a i.V.m. Art. 42 MWSTG zwar ein Stillstand der relativen Verjährungsfrist mit der Eröffnung des Strafverfahrens eintrat, die absolute 10-jährige Verjährungsfrist jedoch weiterlief. Auch unter alternativen Berechnungen war die Verjährung für 2015 und 2016 zum Zeitpunkt des Urteils nicht eingetreten.