Zusammenfassung von BGer-Urteil 5A_580/2024 vom 8. Oktober 2025

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Das Urteil des Schweizerischen Bundesgerichts 5A_580/2024 vom 8. Oktober 2025 behandelt im Kern die Regelung der Obhut, des persönlichen Verkehrs und des Kindesunterhalts für die beiden Töchter unverheirateter Eltern. Der Beschwerdeführer (Vater) focht den Entscheid des Obergerichts des Kantons Bern an, das die alleinige Obhut der Mutter bestätigt und die Unterhaltsbeiträge angepasst hatte. Das Bundesgericht wies die Beschwerde, soweit darauf einzutreten war, ab.

A. Sachverhalt und Instanzenzug

Die Eltern, A._ (Vater, Beschwerdeführer) und B._ (Mutter, Beschwerdegegnerin), sind unverheiratet und haben zwei Töchter (geb. 2012 und 2016). Nach der Trennung im August 2022 verliess die Mutter mit den Kindern die gemeinsame Liegenschaft.

Das Regionalgericht Oberland sprach der Mutter mit Urteil vom 31. Juli 2023 die alleinige Obhut zu, behielt die gemeinsame elterliche Sorge bei und regelte den persönlichen Verkehr des Vaters (alle zwei Wochenenden, vier Ferienwochen, bestimmte Feiertage) sowie den Kindesunterhalt bis zum Abschluss einer Erstausbildung. Eine beantragte Erziehungsbeistandschaft wurde abgewiesen.

Das Obergericht des Kantons Bern bestätigte mit Urteil vom 13. August 2024 die Regelung der Obhut und des persönlichen Verkehrs. Die elterliche Sorge blieb bei den Parteien unangefochten in Rechtskraft. Die Höhe der vom Vater zu leistenden Kindesunterhaltsbeiträge wurde neu festgelegt und in mehreren Phasen (indexiert, zzgl. Familienzulagen) gestaffelt.

Der Vater reichte daraufhin Beschwerde in Zivilsachen beim Bundesgericht ein. Er beantragte primär die Anordnung der alternierenden Obhut mit einem detaillierten Betreuungsmodell und entsprechend angepassten, tieferen Kindesunterhaltsbeiträgen. Eventualiter verlangte er, bei Beibehaltung der alleinigen Obhut der Mutter, eine spezifische Regelung des persönlichen Verkehrs und ebenfalls angepasste, aber höhere als seine primären Anträge, Kindesunterhaltsbeiträge.

B. Rechtliche Grundlagen und Kognition des Bundesgerichts

Das Bundesgericht prüft Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 f. BGG von Amtes wegen (Art. 106 Abs. 1 BGG), jedoch nur formell ausreichend begründete Rügen (Art. 42 Abs. 2 BGG). Für die Verletzung verfassungsmässiger Rechte gilt das strenge Rügeprinzip (Art. 106 Abs. 2 BGG). Im Bereich des Sachverhalts ist das Bundesgericht an die vorinstanzlichen Feststellungen gebunden (Art. 105 Abs. 1 BGG), es sei denn, diese seien offensichtlich unrichtig (willkürlich, Art. 9 BV) oder beruhten auf einer anderen Bundesrechtsverletzung, und die Behebung des Mangels wäre verfahrensentscheidend (Art. 97 Abs. 1, Art. 105 Abs. 2 BGG).

Neue Tatsachen und Beweismittel sind vor Bundesgericht nur zulässig, wenn erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG). Echte Noven (nach Fristablauf entstandene Tatsachen) sind unbeachtlich. Der vor den kantonalen Gerichten geltende Untersuchungsgrundsatz nach Art. 296 Abs. 1 ZPO findet im bundesgerichtlichen Verfahren keine Anwendung.

Bei Kinderbelangen (Obhut, persönlicher Verkehr, Unterhalt) gilt das Kindeswohl als oberste Maxime. Gerichtsentscheide in diesen Bereichen unterliegen einem weiten Ermessen des Sachgerichts. Das Bundesgericht schreitet nur ein, wenn das kantonale Gericht grundlos von anerkannten Grundsätzen abgewichen ist, irrelevante Gesichtspunkte berücksichtigt oder rechtserhebliche Umstände ausser Acht gelassen hat oder das Ergebnis offensichtlich unbillig ist (BGE 142 III 336 E. 5.3.2).

C. Prüfung der Rügen des Beschwerdeführers

  1. Obhut und Betreuung (Alternierende Obhut) Der Beschwerdeführer begehrte die Anordnung der alternierenden Obhut. Das Bundesgericht prüfte dies anhand der etablierten Kriterien des Kindeswohls.

    • Noven: Der Beschwerdeführer legte eine Karte der Kinder (echtes Novum) und Stundenpläne (unechtes Novum) ein. Das Bundesgericht erklärte diese als unbeachtlich, da der Ausgang des vorinstanzlichen Verfahrens allein keinen hinreichenden Anlass für die Zulassung unechter Noven bildet.
    • Editionsbegehren: Die Ablehnung des Begehrens um Edition von KESB- und Strafakten durch das Obergericht (fehlende Relevanz) wurde vom Bundesgericht als antizipierte Beweiswürdigung bestätigt. Der Beschwerdeführer konnte keine Willkür oder Verletzung des rechtlichen Gehörs nach Art. 106 Abs. 2 BGG hinreichend darlegen.
    • Vereinbarung von 2012: Das Obergericht mass einer früheren Vereinbarung der Eltern, die im Trennungsfall die alleinige Obhut der Mutter vorsah, nur eine schwache Indizienwirkung für die damalige Lebensrealität (klassische Rollenverteilung) zu. Der Beschwerdeführer vermochte nicht aufzuzeigen, inwiefern die unvollständige Wiedergabe oder die zugemessene Tragweite entscheidwesentlich war.
    • Erziehungsfähigkeit: Das Bundesgericht schloss sich der Vorinstanz an, dass keine Zweifel an der Erziehungsfähigkeit der Mutter bestehen. Der Vorwurf des Beschwerdeführers, die Mutter leide an einer "ausgeprägten Bindungsintoleranz", sei widersprüchlich und nicht hinreichend substanziiert, um eine willkürliche Sachverhaltsfeststellung oder eine Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes zu begründen.
    • Kommunikations- und Kooperationsfähigkeit: Das Obergericht attestierte den Parteien eine "stark erschwerte Kommunikations- und Kooperationsfähigkeit", die über die blosse Regelung organisatorischer Details hinausgehende Problemlösungen verunmögliche. Dies wurde vom Bundesgericht bestätigt. Allein die gemeinsame elterliche Sorge oder das Fehlen einer Erziehungsbeistandschaft indiziere nicht zwangsläufig ausreichende Kooperationsfähigkeit für die alternierende Obhut. Auch Streitigkeiten über Liegenschaft oder Mobiliar können Kinder belasten.
    • Stabilität der Verhältnisse: Die Vorinstanz stellte fest, dass die Mutter nach der Geburt der Kinder ihre Erwerbstätigkeit stark reduziert hatte, während der Vater voll erwerbstätig blieb. Daraus schloss sie, dass die Hauptlast der Kinderbetreuung bei der Mutter lag, was einem "seit zehn Jahren gelebten Modell" entsprach. Eine alternierende Obhut würde eine Abkehr davon bedeuten. Die Argumentation des Vaters, er habe sich in der arbeitsfreien Zeit gleichberechtigt um die Kinder gekümmert, wurde als nicht entscheidend für die Frage der Hauptbetreuungslast erachtet. Seine fehlende Bereitschaft, sein Arbeitspensum zu reduzieren, stützte zudem nicht die Annahme einer wesentlichen Steigerung seiner Betreuungsmöglichkeiten.
    • Wünsche der Kinder: Das Obergericht interpretierte die Aussagen der Kinder bei der Anhörung so, dass diese zwar umfassendere Kontakte zum Vater wünschten und die gemeinsame Zeit genossen, daraus aber kein Wunsch nach alternierender Obhut ableitbar sei. Die Vorinstanz stufte den Wunsch als von "mittlerer Bedeutung" ein (abweichend vom Regionalgericht, das "leichtes Gewicht" annahm), was vom Bundesgericht als zulässige Ermessensausübung gewürdigt wurde. Rügen des Beschwerdeführers bezüglich selektiver Berücksichtigung, Einflussnahme der Mutter oder mangelnder Aktualität der Anhörung wurden als ungenügend substanziiert zurückgewiesen.
    • Betreuungsmodell des Vaters: Das vom Beschwerdeführer vorgeschlagene Modell wurde vom Obergericht als "schwierig umsetzbar" und mit grosser zeitlicher Belastung für den Vater verbunden beurteilt, da er sein volles Arbeitspensum beibehalten wollte. Das Bundesgericht sah hier keine fehlerhafte Ermessensausübung der Vorinstanz, da der Beschwerdeführer keine substantiierten Argumente gegen diese Einschätzung vorbrachte.
    • Geografische Verhältnisse: Obwohl das Obergericht die geografische Nähe der Eltern (120 m) nicht explizit erwähnte, bemängelte das Bundesgericht dies nicht als entscheidwesentlich. Die Nähe allein vermöge die gravierenden Kommunikationsprobleme nicht aufzuheben und die Wohnverhältnisse seien aufgrund des noch hängigen Verfahrens zur Familienwohnung unsicher.

    Zusammenfassend konnte der Beschwerdeführer keine Verfassungs- oder Gesetzesverletzung bezüglich der Ablehnung der alternierenden Obhut aufzeigen.

  2. Regelung des Persönlichen Verkehrs Der Beschwerdeführer beantragte für den Fall der alleinigen Obhut der Mutter eine detaillierte Regelung des persönlichen Verkehrs. Das Obergericht hatte hierzu keine neue Regelung getroffen, da der Beschwerdeführer im Berufungsverfahren keinen solchen Eventualantrag gestellt hatte. Das Bundesgericht bestätigte, dass dieser Antrag vor Bundesgericht ein neues und somit unzulässiges Begehren darstelle (Art. 99 Abs. 2 BGG). Der Offizialgrundsatz des kantonalen Verfahrens gelte nicht auf Bundesgerichtsebene für neue Anträge oder Tatsachen.

  3. Kindesunterhalt Der Beschwerdeführer beanstandete die Unterhaltsberechnung.

    • Einkommen des Vaters: Die Rügen bezüglich des anrechenbaren Vermögensertrags wurden als unzureichende Sachverhaltsrügen zurückgewiesen. Die Qualifizierung freiwilliger Familienzulagen des Arbeitgebers als Einkommen des Elternteils (und nicht der Kinder) wurde als fundierte Rechtsauffassung der Vorinstanz bestätigt, mit der sich der Beschwerdeführer nicht auseinandersetzte.
    • Hypothetisches Einkommen der Mutter: Das Obergericht rechnete der Mutter ein hypothetisches Einkommen an, das sich an ihrer Anstellung als Lehrperson der Sekundarstufe II orientierte, aber ein höheres Einkommen aus einer zweiten Anstellung (Berufsschule) nicht berücksichtigte, da eine Erhöhung dort oder eine vergleichbare Anstellung andernorts derzeit nicht möglich sei. Der Beschwerdeführer konnte die vorinstanzliche Sachverhaltsfeststellung hinsichtlich der Erzielbarkeit eines höheren Einkommens nicht als willkürlich oder rechtsfehlerhaft rügen.
    • Grundbedarf der Kinder: Die Beanstandung von Fr. 100 für Krankheitskosten und eines hohen Steueranteils im Grundbedarf wurde wegen unzureichender Substanziierung (fehlende Darlegung der Strittigkeit im kantonalen Verfahren, des angestrebten Erfolgs oder einer Verfassungsverletzung) zurückgewiesen.
    • Sparquote des Vaters: Das Obergericht verneinte die Anrechenbarkeit einer Sparquote für den Vater, da diese durch trennungsbedingte Mehrkosten (zwei Haushalte) aufgebraucht werde. Die Tatsache, dass die Mutter derzeit gratis bei ihren Eltern wohne, stelle eine Querfinanzierung dar, die ihr zugutekommen solle. Das Bundesgericht bestätigte, dass die Mutter von diesem Spareffekt profitieren solle und der Vater die vorinstanzliche Feststellung, dass seine Sparquote durch Mehrkosten aufgezehrt werde, nicht hinreichend als willkürlich in Frage stellte.
    • Beteiligung der Kinder am Überschuss: Das Obergericht sah für die ersten Unterhaltsphasen keine erzieherisch begründete Limitierung des Überschussanteils der Kinder als notwendig an, da die Beiträge nicht "derart hoch" seien. Der Beschwerdeführer rügte dies ohne konkrete Darlegung einer fehlerhaften Ermessensausübung, einer unzulässigen Quersubventionierung der Mutter oder einer Verletzung des rechtlichen Gehörs, weshalb die Rüge nicht durchdrang.

D. Schlussfolgerung des Bundesgerichts

Die Beschwerde wurde, soweit darauf einzutreten war, abgewiesen. Die Gerichtskosten wurden dem unterliegenden Beschwerdeführer auferlegt; der Beschwerdegegnerin wurde keine Parteientschädigung zugesprochen, da keine Vernehmlassung eingeholt wurde.

E. Zusammenfassung der wesentlichen Punkte

  • Das Bundesgericht bestätigte die alleinige Obhut der Mutter und wies den Antrag des Vaters auf alternierende Obhut ab.
  • Die Ablehnung der alternierenden Obhut basierte hauptsächlich auf der stark erschwerten Kommunikations- und Kooperationsfähigkeit der Eltern, dem Stabilitätsgedanken (Abkehr vom gelebten Betreuungsmodell) und der Interpretation der Kinderwünsche, die keine alternierende Obhut befürworteten.
  • Rügen des Vaters bezüglich fehlender Aktenedition, Erziehungsfähigkeit der Mutter, Umsetzbarkeit seines Betreuungsmodells und der geografischen Verhältnisse wurden vom Bundesgericht als ungenügend substanziiert oder nicht entscheidrelevant zurückgewiesen.
  • Ein Eventualantrag des Vaters zur detaillierten Regelung des persönlichen Verkehrs bei alleiniger Obhut der Mutter wurde als unzulässiges neues Begehren vor Bundesgericht erachtet.
  • Die Kindesunterhaltsberechnung des Obergerichts wurde bestätigt. Die Rügen des Vaters bezüglich seines anrechenbaren Einkommens, des hypothetischen Einkommens der Mutter, des Grundbedarfs der Kinder, seiner Sparquote und der Überschussbeteiligung der Kinder wurden ebenfalls als ungenügend begründet oder rechtlich unzutreffend abgewiesen.