Zusammenfassung von BGer-Urteil 4A_606/2024 vom 17. September 2025

Es handelt sich um ein experimentelles Feature. Es besteht keine Gewähr für die Richtigkeit der Zusammenfassung.

Gerne fasse ich das bereitgestellte Urteil des Schweizerischen Bundesgerichts im Detail zusammen.

Detaillierte Zusammenfassung des Urteils des Bundesgerichts 4A_606/2024 vom 17. September 2025

1. Einleitung und Parteien Das vorliegende Urteil betrifft eine Beschwerde in Zivilsachen im Bereich des Schuldbetreibungs- und Konkursrechts (SchKG), konkret die provisorische Rechtsöffnung gemäss Art. 82 SchKG. Beschwerdeführerin ist die A._ Sàrl (nachfolgend: Beschwerdeführerin oder Betriebene), während die B._ SA (nachfolgend: Beschwerdegegnerin oder Betreibende) die Rechtsöffnung begehrte. Die Vorinstanzen, das Tribunal de Martigny et St-Maurice und die Chambre civile du Tribunal cantonal du Valais, wiesen das Rechtsöffnungsbegehren der Beschwerdeführerin ab.

2. Sachverhalt Die Beschwerdegegnerin leitete eine Betreibung gegen die Beschwerdeführerin für einen Betrag von CHF 233'100.- zuzüglich Zinsen ein. Die Forderung basierte auf einem "contrat mandataire 291-01" vom 13. Juli 2022 für Architekten- und Bauleitungsleistungen im Umfang von CHF 660'000.- sowie dessen "avenant n° 1" (Zusatzvereinbarung Nr. 1) vom 7. September 2022. Die Forderung bezog sich auf spezifische Rechnungen (Nr. 04/2022-225 bis 12/2022-225).

Die "avenant n° 1" enthielt einen Zahlungsplan und die folgenden relevanten Klauseln: * Der ursprüngliche Zahlungsplan basierte auf dem Baufortschritt gemäss dem von der Beschwerdegegnerin erstellten Plan. * Die Zusatzvereinbarung trug der Aktualisierung des Plans und der Verschiebung des Inkrafttretens der Baubewilligung sowie des Baubeginns Rechnung. * Bei erheblichen Terminverschiebungen könne der Zahlungsplan im gegenseitigen Einvernehmen in Form einer neuen Zusatzvereinbarung neu besprochen und angepasst werden. * Wichtige Klausel: "Tel que convenu, les discussions à propos d'un ajustement du plan de paiement ne donneront en aucun cas le droit à une suspension des paiements." (Wie vereinbart, berechtigen Diskussionen über eine Anpassung des Zahlungsplans in keinem Fall zu einer Zahlungseinstellung.)

Die Beschwerdeführerin erhob Rechtsvorschlag. Im Rechtsöffnungsverfahren berief sie sich auf die Einrede der Nichterfüllung gemäss Art. 82 OR, wonach sie Zahlungen nur leisten müsse, wenn die Beschwerdegegnerin die vereinbarten Arbeiten ausgeführt habe. Da die Beschwerdegegnerin die Arbeiten nicht erbracht habe, schulde die Beschwerdeführerin nichts.

3. Rechtliche Erwägungen des Bundesgerichts

3.1. Zulässigkeit des Rechtsmittels Das Bundesgericht prüfte die formellen Voraussetzungen der Beschwerde in Zivilsachen (Art. 72 ff. BGG) und befand sie grundsätzlich als erfüllt (Streitwert, Frist, Parteifähigkeit, Anfechtung eines Endentscheids). Nebensächliche Ausführungen zur Rügezulässigkeit wurden nicht vertieft.

3.2. Rüge 1: Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art. 29 Abs. 2 BV) * Vorbringen der Beschwerdeführerin: Die Beschwerdeführerin rügte, sie sei in erster Instanz nicht in der Lage gewesen, zu den umfangreichen schriftlichen Stellungnahmen und neuen Beweismitteln der Beschwerdegegnerin, die diese an der Anhörung vom 20. November 2023 eingereicht hatte, Stellung zu nehmen. Das Gericht hätte einen zweiten Schriftenwechsel anordnen oder ihr eine Frist zur Stellungnahme gewähren müssen. * Begründung des Bundesgerichts: Das Bundesgericht schützte die Auffassung des Kantonsgerichts. Dieses hatte ausgeführt, die Beschwerdeführerin konnte mit der Einreichung von Stellungnahmen und Beweismitteln durch die Gegenpartei rechnen. Da sie anwaltlich vertreten war, hätte ihr Rechtsvertreter eine Unterbrechung der Anhörung oder eine Frist zur Stellungnahme beantragen können, was jedoch nicht geschehen sei. Die Rüge der Beschwerdeführerin wurde als appellatorisch beurteilt und erfüllte die Begründungsanforderungen von Art. 106 Abs. 2 BGG nicht. Das Bundesgericht verwies auf seine ständige Rechtsprechung, wonach das Recht auf Replik nicht die Pflicht zur Ansetzung einer Frist auferlegt, sondern nur ausreichend Zeit zwischen Zustellung der Dokumente und Entscheid ermöglicht (BGE 146 III 97 E. 3.4.1). * Ergebnis: Die Rüge wurde mangels Substanz unzulässig erklärt.

3.3. Rüge 2: Unzulässigkeit von Noven (Art. 317 Abs. 1 lit. b ZPO) * Vorbringen der Beschwerdeführerin: Die Beschwerdeführerin machte geltend, das Kantonsgericht habe Art. 317 Abs. 1 lit. b ZPO verletzt, indem es ein neues Beweismittel (ein WhatsApp-Gespräch zwischen den Parteien) im Rekursverfahren nicht berücksichtigt habe. Sie habe es in erster Instanz nicht vorlegen können, da sie dessen Relevanz erst nach Kenntnisnahme der gegnerischen Argumentation erkannt habe. * Begründung des Bundesgerichts: Das Kantonsgericht hatte die Zulassung des Novums mit zwei unabhängigen Begründungen abgelehnt: 1. Prozedurale Unzulässigkeit: Das Beweismittel hätte bereits in erster Instanz (während der Anhörung oder nachträglich gemäss Art. 229 Abs. 1 lit. b ZPO a.F.) eingereicht werden müssen. Im Rekursverfahren sei es gemäss Art. 326 ZPO unzulässig, da weder eine Verletzung des rechtlichen Gehörs vorliege noch die neuen Fakten aus dem Entscheid selbst resultierten. 2. Mangelnde Relevanz für die provisorische Rechtsöffnung: Selbst wenn das Beweismittel rechtzeitig eingereicht worden wäre, hätte der Rechtsöffnungsrichter es nicht berücksichtigen können. Im Rechtsöffnungsverfahren sei nur eine objektive Auslegung des Titels nach dem Vertrauensprinzip zulässig, die sich ausschliesslich auf intrinsische Elemente des Titels stützt. Das WhatsApp-Gespräch stelle ein extrinsisches und zudem nachvertragliches Element dar, das ausserhalb dieses Prüfungsrahmens liege. * Urteil des Bundesgerichts: Die Beschwerdeführerin hat es versäumt, beide unabhängigen Begründungen des Kantonsgerichts substantiiert anzufechten. Gemäss Art. 42 Abs. 2 BGG i.V.m. Art. 106 Abs. 2 BGG hätte sie darlegen müssen, inwiefern beide Begründungen bundesrechtswidrig sind. Da sie dies nicht getan hat, ist die Rüge unzulässig. Ausserdem rügte die Beschwerdeführerin fälschlicherweise Art. 317 ZPO (Regel für Berufung) anstelle von Art. 326 ZPO (Regel für Rekurs). * Ergebnis: Die Rüge wurde unzulässig erklärt.

3.4. Rüge 3: Verletzung von Art. 82 SchKG und Art. 82 OR * Vorbringen der Beschwerdeführerin: Die Beschwerdeführerin rügte eine willkürliche Auslegung der "avenant n° 1" durch die Vorinstanz. Die Klausel, wonach Diskussionen über Plananpassungen in keinem Fall das Recht zur Zahlungseinstellung begründen, sei eindeutig. Daraus folge, dass die Parteien die Einrede der Nichterfüllung (Art. 82 OR) ausgeschlossen hätten. Die Beschwerdegegnerin sei eine Fachperson im Immobilienbereich, was bei der Auslegung zu berücksichtigen sei. Die Forderung sei daher fällig, und die provisorische Rechtsöffnung sei zu erteilen. * Begründung des Bundesgerichts (im Detail): * Grundlagen der provisorischen Rechtsöffnung (Art. 82 Abs. 1 SchKG): Ein Rechtsöffnungstitel ist eine Schuldanerkennung, die den Willen des Betreibten belegt, dem Betreibenden eine bestimmte, fällige und unbedingte Geldsumme zu zahlen (BGE 149 III 310 E. 5.2.1.1). * Gegenseitige Verträge: Bei einem gegenseitigen Vertrag gilt dieser nur dann als provisorischer Rechtsöffnungstitel, wenn der Betreibende seine eigene geschuldete Leistung bereits erbracht oder angeboten hat oder wenn der Betreibte vorleistungspflichtig ist (BGE 145 III 20 E. 4.1.1). * Prüfungsbefugnis des Rechtsöffnungsrichters: Der Rechtsöffnungsrichter darf den Titel nur objektiv nach dem Vertrauensprinzip auslegen. Dabei dürfen ausschliesslich intrinsische Elemente des Titels berücksichtigt werden; extrinsische Elemente sind dem Rechtsöffnungsrichter verwehrt (BGE 145 III 20 E. 4.3.3). Bei Zweifeln am Inhalt oder der Auslegung des Titels muss die provisorische Rechtsöffnung verweigert werden. * Auslegung des Vertrags im vorliegenden Fall: Das Bundesgericht stützte die objektive Auslegung des Kantonsgerichts. Der ursprüngliche Zahlungsplan basierte auf dem Baufortschritt ("basé sur l'avancement des travaux"). Die Zusatzvereinbarung Nr. 1 trug den Verschiebungen im Plan Rechnung. Im Kontext dieser vertraglichen Regelungen wurde die umstrittene Klausel – dass Diskussionen über Plananpassungen kein Recht zur Zahlungseinstellung geben – von der Vorinstanz so verstanden, dass sie sich auf die Anpassbarkeit des Zahlungsplans bezog, nicht aber auf eine generelle Verpflichtung zur Zahlung, selbst wenn die Gegenleistung der Beschwerdegegnerin völlig ausbleibt. Die Fälligkeit der Akontozahlungen war somit objektiv an die Erbringung der Leistungen durch die Beschwerdegegnerin gekoppelt. * Differenzierung zu Art. 82 OR: Das Bundesgericht stellte klar, dass die Beschwerdeführerin Art. 82 OR verkennt. Es handelt sich hier nicht um eine Einrede der Nichterfüllung, die der Betreibte im Sinne von Art. 82 Abs. 2 SchKG glaubhaft machen müsste. Vielmehr ist die zentrale Frage die Fälligkeit der Forderung selbst. Da die Akontozahlungen gemäss der objektiven Vertragsauslegung von der Erbringung der Arbeiten durch die Beschwerdegegnerin abhängig waren, war die Forderung mangels Nachweis der Leistungserbringung durch die Beschwerdegegnerin nicht fällig. Eine mangelnde Fälligkeit der Forderung schliesst die provisorische Rechtsöffnung von vornherein aus (vgl. BGE 127 III 199 E. 3b). * Argument der Fachkenntnis: Das Argument, die Beschwerdegegnerin sei eine Fachperson in der Immobilienbranche, wurde als irrelevant und als nicht aus dem angefochtenen Entscheid ersichtlich zurückgewiesen. * Ergebnis: Die Beschwerdeführerin konnte nicht darlegen, dass die objektive Auslegung des Vertrags durch das Kantonsgericht bundesrechtswidrig oder unvereinbar mit einer vernünftigen und gutgläubigen Vertragsinterpretation ist. Die Rüge wurde abgewiesen.

4. Fazit Das Bundesgericht wies die Beschwerde, soweit sie zulässig war, ab. Die Kosten wurden der Beschwerdeführerin auferlegt.

Kurze Zusammenfassung der wesentlichen Punkte:

  • Provisorische Rechtsöffnung (Art. 82 SchKG): Erfordert eine unbedingte und fällige Schuldanerkennung. Bei gegenseitigen Verträgen muss der Betreibende seine Leistung erbracht oder angeboten haben, oder der Betreibte muss vorleistungspflichtig sein.
  • Auslegung des Rechtsöffnungstitels: Der Rechtsöffnungsrichter nimmt eine objektive Auslegung nach dem Vertrauensprinzip vor, wobei nur intrinsische Elemente des Titels berücksichtigt werden dürfen.
  • Streitfall: Der Zahlungsplan in der Zusatzvereinbarung war objektiv an den Baufortschritt gekoppelt. Die Klausel, dass "Diskussionen über Plananpassungen kein Recht zur Zahlungseinstellung geben", wurde nicht als Ausschluss der Fälligkeitsbedingung (Leistungserbringung) interpretiert.
  • Rechtliche Abgrenzung: Die Vorinstanz und das Bundesgericht haben nicht die Einrede der Nichterfüllung (Art. 82 OR) als relevanten Punkt gesehen, sondern die mangelnde Fälligkeit der Forderung aufgrund der vertraglich vereinbarten Abhängigkeit von der Leistung des Betreibenden. Wenn die Forderung nicht fällig ist, scheitert die provisorische Rechtsöffnung.
  • Prozedurale Rügen: Rügen bezüglich des rechtlichen Gehörs und der Zulassung von Noven scheiterten an mangelnder Begründung (appellatorisch) oder der Nichtanfechtung aller unabhängigen Begründungen der Vorinstanz.