Es handelt sich um ein experimentelles Feature. Es besteht keine Gewähr für die Richtigkeit der Zusammenfassung.
Parteien: * Beschwerdeführerin (Recourante): Commission sociale de la Commune de Villars-sur-Glâne (Sozialkommission der Gemeinde Villars-sur-Glâne) * Beschwerdegegner (Intimés): A.A._ (die Sozialhilfeempfängerin) sowie ihre Kinder B.A._ und C.A.__ * Streitgegenstand: Sozialhilfeleistungen (Aide sociale) * Vorinstanz: Tribunal cantonal du canton de Fribourg, Ie Cour des assurances sociales (Kantonsgericht des Kantons Freiburg, 1. Sozialversicherungsgerichtshof)
I. Sachverhalt
A.A.__, geboren 1937, zog im März 2021 aufgrund von Hüftproblemen aus ihrer Eigentumswohnung in ein altersgerechtes Mietobjekt. Im Januar 2022 verkaufte sie ihre Wohnung und verteilte den Grossteil des Verkaufserlöses (über 300'000 CHF) als Erbvorbezug an ihre drei Kinder, während sie selbst nur rund 30'000 CHF behielt. Im April 2023, nach einem Sturz und einer Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes, musste sie in ein Alters- und Pflegeheim (EMS) eintreten.
Im April 2023 beantragte A.A.__ Ergänzungsleistungen zur Deckung der EMS-Kosten. Dieser Antrag wurde im Juni 2023 von der Freiburger Ausgleichskasse abgelehnt, da ihr Nettovermögen die massgebende Grenze von 100'000 CHF überstieg. Bei der Vermögensberechnung wurde die im Januar 2022 erfolgte Vermögensentäusserung in Höhe von 316'674 CHF berücksichtigt. Im September 2023 wurde ihr eine Hilflosenentschädigung zugesprochen (schwacher Grad ab September 2022, mittlerer Grad ab Juni 2023).
Die Sozialkommission der Gemeinde Villars-sur-Glâne lehnte mit Entscheid vom November 2023 (bestätigt im Februar 2024) die Übernahme des Rests der EMS-Kosten für den Zeitraum Mai 2023 bis April 2027 ab. Sie argumentierte, dass die Kinder von A.A.__, die je rund 100'000 CHF als Erbvorbezug erhalten hatten, die Mehrkosten ihrer Mutter auszugleichen hätten.
II. Entscheid der Vorinstanz (Kantonsgericht Freiburg)
Das Kantonsgericht hiess die Beschwerde von A.A.__ und ihren Kindern gut, hob den Entscheid der Sozialkommission auf und wies die Sache zur Neuberechnung der Sozialhilfeleistungen an die Sozialkommission zurück. Das Gericht hielt fest, dass bei der Festsetzung der materiellen Hilfe die vorhandenen Ressourcen und die verbleibenden EMS-Kosten zu berücksichtigen seien. Freiwillige Leistungen Dritter, insbesondere der Kinder, oder eine allfällige zivilrechtliche Unterhaltspflicht der Kinder, die die Sozialkommission gegebenenfalls durch eine Zivilklage geltend machen könnte, blieben vorbehalten und durften nicht direkt im administrativen Sozialhilfeverfahren berücksichtigt werden.
III. Rügen der Beschwerdeführerin vor Bundesgericht
Die Sozialkommission beantragte die Aufhebung des kantonalen Urteils und die Bestätigung ihres ursprünglichen Ablehnungsentscheids. Subsidiär verlangte sie die Rückweisung an die Vorinstanz zur Neubeurteilung. Sie rügte im Wesentlichen, das Kantonsgericht habe das Subsidiaritätsprinzip der Sozialhilfe willkürlich nicht angewendet und den Grundsatz der Finalität der Sozialhilfe fehlerhaft ausgelegt. Zudem habe die Vorinstanz rechtsmissbräuchliches Verhalten von A.A.__ willkürlich verneint.
IV. Erwägungen des Bundesgerichts
1. Zur Zulässigkeit der Beschwerde (kurzgefasst) Das Bundesgericht prüfte die Beschwerdebefugnis der Sozialkommission. Obwohl Rückweisungsentscheide grundsätzlich Zwischenentscheide sind, können sie für die beschwerdeführende Behörde einen nicht wiedergutzumachenden Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG bedeuten, wenn sie gezwungen wird, einen Entscheid zu fällen, den sie als rechtswidrig erachtet. Die Frage, ob die Beschwerdeführerin im vorliegenden Fall tatsächlich beschwerdebefugt war, wurde vom Bundesgericht jedoch offengelassen, da die Beschwerde in der Sache ohnehin abgewiesen werde und der Präzedenzfallcharakter aufgrund einer per 1. Januar 2026 in Kraft tretenden neuen kantonalen Sozialhilfegesetzgebung (nLASoc), die neue Regeln zur Vermögensentäusserung einführt, zweifelhaft sei.
2. Rechtliche Grundlagen der Sozialhilfe (relevant für den Fall) Das Bundesgericht erinnerte an Art. 12 BV (Recht auf Hilfe in Notlagen) als Minimalgarantie für ein menschenwürdiges Dasein. Es hob hervor, dass das kantonale Sozialhilferecht (hier: Freiburger Gesetz über die soziale Hilfe, LASoc) umfassender sei. Gemäss Art. 5 LASoc ist die Sozialhilfe subsidiär; sie wird nur gewährt, wenn die bedürftige Person ihren Unterhalt nicht ausreichend durch eigene Mittel, durch die Familie oder nahestehende Personen (gemäss Zivilgesetzbuch) oder durch andere Leistungen sichern kann. Art. 29 Abs. 2 LASoc regelt die Rückerstattung von Sozialhilfe durch Erben bis zur Höhe ihres Erbanteils.
3. Zur fehlenden kantonalen Rechtsgrundlage für die Anrechnung von Vermögensentäusserungen Das Bundesgericht bestätigte die Argumentation des Kantonsgerichts: * Fehlende spezifische Bestimmung: Das aktuell geltende Freiburger Sozialhilfegesetz (LASoc) enthält keine spezifische Bestimmung darüber, wie mit einer Vermögensentäusserung umzugehen ist, die vor dem Eintritt der Sozialhilfebedürftigkeit erfolgte. Es fehlt eine Regel, die vorsieht, dass entäussertes Vermögen als verfügbare Ressource zur Deckung des Bedarfs angerechnet werden müsste. * Finalitätsprinzip: Im Sozialhilferecht gilt das Finalitätsprinzip, wonach der aktuelle Hilfebedarf im Vordergrund steht, ungeachtet eines allfällig selbstverschuldeten oder fahrlässig herbeigeführten Bedarfs, sofern kein Rechtsmissbrauch vorliegt. * Irrelevanz zukünftiger und fremdkantonaler Regeln: Das Bundesgericht wies den Verweis der Sozialkommission auf die erst am 1. Januar 2026 in Kraft tretende neue Freiburger Sozialhilfegesetzgebung (nLASoc, Art. 19 Abs. 3) sowie auf entsprechende Bestimmungen in anderen Kantonen zurück. Massgebend sei ausschliesslich die zum Zeitpunkt des streitgegenständlichen Entscheids geltende Rechtslage im Kanton Freiburg.
4. Zur analogen Anwendung von Art. 29 Abs. 2 LASoc (Rückerstattung durch Erben) Die Sozialkommission versuchte, Art. 29 Abs. 2 LASoc (Rückerstattungspflicht der Erben) analog anzuwenden, um die Leistungen zu verweigern. Das Bundesgericht erachtete dies als unzulässig und nicht willkürlich: * Unterschiedliche Sachverhalte: Art. 29 Abs. 2 LASoc regelt die Rückerstattung von bereits gewährter Hilfe durch Erben im Todesfall, wenn der Begünstigte zu Lebzeiten wieder zu Vermögen gekommen ist. Diese Bestimmung ist nicht auf die Verweigerung von aktueller Hilfe aufgrund einer vorherigen Vermögensentäusserung anwendbar. Die Vorinstanz hat willkürfrei festgehalten, dass es sich um grundlegend verschiedene Konstellationen handelt.
5. Zum Subsidiaritätsprinzip und zivilrechtlichem Unterhaltsanspruch (Art. 328 Abs. 1 ZGB) Das Bundesgericht bekräftigte die Ausführungen des Kantonsgerichts bezüglich des Subsidiaritätsprinzips und des zivilrechtlichen Unterhaltsanspruchs: * Subsidiarität des zivilrechtlichen Anspruchs: Die zivilrechtliche Unterhaltspflicht von Verwandten in auf- und absteigender Linie (Art. 328 Abs. 1 ZGB) ist eine primäre Hilfsquelle. * Abgrenzung der Zuständigkeiten: Die Geltendmachung eines solchen Unterhaltsanspruchs ist jedoch zivilrechtlicher Natur und muss vor einem Zivilgericht erfolgen. Die Sozialkommission als administrative Behörde ist nicht befugt, im Rahmen ihres Entscheids über Sozialhilfeleistungen einen solchen Anspruch zu statuieren oder die Kinder direkt zur Deckung der Kosten zu verpflichten. Solange kein gerichtlich festgestellter Unterhaltsanspruch besteht, können die potenziellen Mittel der Kinder der Mutter nicht als eigene aktuelle Ressourcen angerechnet werden.
6. Zum Vorwurf des Rechtsmissbrauchs Das Bundesgericht prüfte den Vorwurf des Rechtsmissbrauchs (Art. 2 ZGB, Art. 5 Abs. 3 BV) sehr restriktiv: * Definition Rechtsmissbrauch: Ein Rechtsmissbrauch liegt vor, wenn ein Rechtsinstitut zu sachfremden Zwecken genutzt wird und die Zweckwidrigkeit manifest ist. Im Kontext der Sozialhilfe muss die bedürftige Person die Notlage absichtlich und ausschliesslich zum Zweck des Bezugs von Sozialhilfe herbeigeführt haben. Eine solche Absicht muss klar und unmissverständlich sein. * Beurteilung im vorliegenden Fall: * Das Bundesgericht bestätigte den Mangel an Vorsorge von A.A._: Mit 85 Jahren, bereits vorhandenen Mobilitätsproblemen und dem Verbleib einer geringen Eigenreserve nach der Schenkung des Grossteils ihres Vermögens hätte sie einen möglichen EMS-Aufenthalt antizipieren müssen. * Jedoch sei nicht nachweisbar, dass zum Zeitpunkt der Schenkungen (Januar 2022) ein EMS-Aufenthalt unumgänglich war. Sie lebte damals in einer altersgerechten Wohnung und ihr Eintritt ins EMS erfolgte über ein Jahr später aufgrund eines unerwarteten Sturzes und einer Verschlechterung ihres allgemeinen Gesundheitszustandes. * Ein einfacher Mangel an Vorsorge ist nicht gleichzusetzen mit einer absichtlichen Herbeiführung der Notlage im Sinne eines Rechtsmissbrauchs. Eine klare Absicht, das Sozialhilfesystem zu umgehen, um Vermögen an die Kinder zu übertragen, konnte nicht festgestellt werden. * Die Rüge der Beschwerdeführerin, A.A._ habe bereits vor den Schenkungen einen Antrag auf Hilflosenentschädigung gestellt, wurde als nicht zutreffende Sachverhaltsdarstellung zurückgewiesen, da die Entschädigung erst später zugesprochen wurde und A.A.__ zu diesem Zeitpunkt noch nicht in einem EMS lebte. * Fazit Rechtsmissbrauch: Die strengen Voraussetzungen für die Annahme eines Rechtsmissbrauchs waren im vorliegenden Fall nicht erfüllt. Die Sachverhaltsfeststellung und rechtliche Würdigung der Vorinstanz bezüglich des Rechtsmissbrauchs waren nicht willkürlich.
V. Schlussfolgerung des Bundesgerichts
Das Bundesgericht weist die Beschwerde der Sozialkommission in der Massgabe ihrer Zulässigkeit ab. Das Urteil der Vorinstanz wird bestätigt. Die Sozialkommission hat die Gerichtskosten zu tragen und den Beschwerdegegnern eine Parteientschädigung zu leisten.
Zusammenfassung der wesentlichen Punkte: