Es handelt sich um ein experimentelles Feature. Es besteht keine Gewähr für die Richtigkeit der Zusammenfassung.
1. Einleitung und Sachverhalt
Das vorliegende Urteil des Bundesgerichts befasst sich mit einer öffentlich-rechtlichen Beschwerde im Bereich des Planungs- und Baurechts, insbesondere bezüglich der Anordnung von Rückbaumassnahmen für eine unbewilligte Badezimmererweiterung. Die Beschwerdeführenden (Eigentümerschaft) sind Eigentümer einer Parzelle in Küssnacht, auf der ein Ferienhaus steht. Angrenzend liegt die Parzelle der Beschwerdegegnerschaft (Nachbarn).
Die Bauparzelle wurde 1952 mit einem Ferienhaus überbaut. Im Laufe der Jahre erfolgten verschiedene Anbauten und Umbauten, teils bewilligt, teils unbewilligt. Von zentraler Bedeutung für das Verfahren ist die Erweiterung eines Badezimmers, das ursprünglich im Erdgeschoss des Ferienhauses lag. Im Jahr 1977 wurde der Anbau eines Kinderzimmers bewilligt, der an die Nachbarparzelle heranreichte. Das Dach über diesem Anbau wurde abweichend von den Plänen verlängert und schuf ein Vordach. Nach 1982 und vor 2004, so die Feststellungen, wurde das Badezimmer unter diesem Vordach bis an die Grenze der Nachbarparzelle erweitert, wodurch der Kinderzimmeranbau um 1.72 m gegen Westen verlängert wurde. Eine 2004 erfolgte Bewilligung im Meldeverfahren erfasste die Badezimmererweiterung ausserhalb des Kinderzimmers nicht.
Im Jahr 2019 stellte das Bauamt Küssnacht unbewilligte bauliche Veränderungen fest, darunter die Verglasung einer Pergola und eben diese 1.72 m lange Badezimmererweiterung. Die Eigentümerschaft beantragte nachträgliche Bewilligungen, welche jedoch von den kantonalen Behörden (Amt für Raumentwicklung, Bezirksrat Küssnacht, Regierungsrat des Kantons Schwyz) verweigert wurden. Gleichzeitig wurde der Rückbau der entsprechenden Bauteile angeordnet.
2. Rechtsstreit um die Verwirkung des Rückbauanspruchs
Die Eigentümerschaft machte geltend, der behördliche Anspruch auf Wiederherstellung des rechtmässigen Zustands sei verwirkt, da die Badezimmererweiterung bereits vor über 30 Jahren, d.h. vor Februar 1989, vorgenommen worden sei. Das Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz wies die Beschwerde der Eigentümerschaft ab und bestätigte die Rückbaupflicht für die 1.72 m lange Zimmeranbauerweiterung. Lediglich bezüglich der Pergola hob es eine frühere Anordnung auf und bestätigte die primäre Rückbaupflicht gemäss einer älteren Bewilligung.
3. Rechtliche Würdigung durch das Bundesgericht
3.1. Streitgegenstand und die 30-jährige Verwirkungsfrist
Das Bundesgericht stellte klar, dass einzig die Verpflichtung zum Rückbau der 1.72 m langen Zimmeranbauerweiterung Streitgegenstand der Beschwerde war, die Verglasung der Pergola wurde nicht mehr angefochten.
Das Bundesgericht rekapitulierte seine ständige Rechtsprechung zur Verwirkung des Wiederherstellungsanspruchs bei baulichen Massnahmen im Baugebiet: Dieser Anspruch verwirkt grundsätzlich nach 30 Jahren (BGE 132 II 21 E. 6.3; 147 II 309 E. 4 und 5). Die Frist beginnt mit der Fertigstellung des rechtswidrigen Gebäudes oder Gebäudeteils. Eine neue Verwirkungsfrist wird ausgelöst durch jede wesentliche Veränderung und Erweiterung, die erneut einen rechtswidrigen Zustand schafft (Urteil 1C_280/2022 vom 15. März 2024 E. 4.7.2). Als Beispiele für wesentliche Veränderungen nannte das Bundesgericht den Aus- und Umbau einer Holzhütte zu einem grösseren Ferienhaus oder die Vergrösserung eines baurechtswidrigen Stegs um ein Drittel. Kleine bauliche Veränderungen einer zonenwidrigen Wohnung, die deren Grösse, Funktion und Raumeinteilung nicht verändern und die Rechtswidrigkeit nicht verstärken, lösen dagegen keine neue Frist aus (Urteil 1C_726/2013 vom 24. November 2014 E. 5).
Das Bundesgericht hielt fest, dass die nach der ursprünglichen Verlängerung des Anbaus vorgenommenen, gebäudeinternen Umbauten des Badezimmers (Verbreiterung innerhalb des rechtmässig angebauten Kinderzimmers) keine neue Verwirkungsfrist auslösten. Diese Änderungen der Raumaufteilung erlaubten keine neuen Nutzungen und verstärkten die Rechtswidrigkeit der externen Erweiterung nicht.
3.2. Beweismass und Beweiserleichterungen
Die Vorinstanz hatte angenommen, die Verwirkungsfrist sei nur dann abgelaufen, wenn die Erweiterung vor Februar 1989 mit rechtsgenügendem Beweis nachgewiesen werden könne. Das Bundesgericht erinnerte an seine Rechtsprechung, wonach Beweiserleichterungen gewährt und das Beweismass auf eine überwiegende Wahrscheinlichkeit herabgesetzt werden kann, wenn der Erstellungszeitpunkt einer Baute wegen Zeitablaufs nicht mit Sicherheit bestimmt werden kann (BGE 147 II 309 E. 5.2). Dies gilt insbesondere, wenn der Zustand einer Baute 30 Jahre vor dem ersten behördlichen Einschreiten nicht dokumentiert ist und nur mit grossem Aufwand rekonstruiert werden kann. Das Bundesgericht befand, dass die Vorinstanz – zumindest im Ergebnis – zutreffend vom Beweismass der überwiegenden Wahrscheinlichkeit ausgegangen sei, da die genaue Bestimmung des Zeitpunkts nicht mit Sicherheit möglich war.
3.3. Verletzung des Beweisführungsanspruchs (Art. 29 Abs. 2 BV)
Die Beschwerdeführenden rügten eine Verletzung ihres aus dem rechtlichen Gehör abgeleiteten Beweisführungsanspruchs, da die Vorinstanz die beantragten Zeugeneinvernahmen von E._ und G._ unterlassen hatte. Diese Personen hatten schriftlich bestätigt, dass die Badezimmererweiterung bereits 1987 bestanden habe, was für den Ablauf der Verwirkungsfrist entscheidend gewesen wäre.
Das Bundesgericht führte aus, dass das Recht auf Beweisabnahme eine vorweggenommene (antizipierte) Würdigung von Beweisen nicht ausschliesst. Eine solche ist zulässig, wenn ein beantragtes Beweismittel die Überzeugung der Behörde von der Wahrheit oder Unwahrheit einer Tatsache nicht zu erschüttern vermag (BGE 147 IV 534 E. 2.5.1). Die Nichtabnahme eines Beweismittels ist nur dann zulässig, wenn dessen Tauglichkeit zur Beweisführung von vornherein abgesprochen werden kann.
Das Bundesgericht prüfte die Argumentation der Vorinstanz, wonach die schriftlichen Aussagen von E._ und G._ nicht beweiskräftig seien: * Aussagen von E.__: Die Vorinstanz bezweifelte die Erinnerung von E._ an die Herbstferien 1987 und an den Zustand des Badezimmers, da Fotos undatiert seien und die Erinnerung subjektiv sein könnte. Das Bundesgericht widersprach dieser antizipierten Beweiswürdigung. Es hielt fest, dass E._, die bis 1982 im Haus gewohnt hatte, mit dem ursprünglichen Badezimmer vertraut war. Eine grundlegende Erweiterung und Neuausstattung, wie sie das Foto des erweiterten Badezimmers suggeriert, wäre ihr bei einem späteren Aufenthalt 1987 wohl aufgefallen. Solche besonderen Ereignisse, die aus dem Alltagsleben herausfallen und nachhaltig beeindrucken, können auch nach langer Zeit erinnert werden (HAUSER, Der Zeugenbeweis im Strafprozess). Die Tatsache unterschiedlicher Wandplatten im alten und neuen Teil des Bades widerlege eine einmalige Erweiterung nicht, sondern sei plausibel. Daher durfte die Vorinstanz nicht ausschliessen, dass sich E.__ an die Badezimmererweiterung im Jahr 1987 erinnern kann. * Aussagen von G.__: Auch bezüglich G.__s Aussage, der damalige Eigentümer habe das Badezimmer 1987 nach dem Tod seiner Ehefrau ausgebaut/erweitert, hielt die Vorinstanz deren Beweiswert für gering. Das Bundesgericht entgegnete, dass G.__s Erinnerung an die initiale Erweiterung aufgrund familiärer Freundschaft plausibel erscheine. Die Fähigkeit, das Badezimmer später noch gesehen zu haben, sei irrelevant, da spätere interne Umbauten keine neue Verwirkungsfrist auslösten.
Zusammenfassend kam das Bundesgericht zum Schluss, dass die Vorinstanz die Glaubhaftigkeit präziser mündlicher Aussagen der Zeuginnen nicht a priori hätte ausschliessen dürfen. Die Erinnerungen an die Badezimmererweiterung seien aufgrund der besonderen privaten Umstände offenbar mit persönlichen und möglicherweise prägenden Ereignissen verknüpft. Die Vorinstanz hätte daher die Zeuginnen einvernehmen müssen, um ihren Beweisführungsanspruch zu wahren.
3.4. Expertise F.__
Die Beschwerdeführenden rügten auch, dass die Vorinstanz die Privatexpertise von F.__ willkürlich gewürdigt habe und eine Zeugeneinvernahme des Experten hätte durchführen müssen. Die Vorinstanz hatte bemängelt, dass die Expertise bezüglich des Zeitpunkts der Erweiterung auf Angaben der Familie der Beschwerdeführenden basiere und somit nicht objektiv sei. Das Bundesgericht wies diese Rüge ab. Es befand, dass die Expertise selbst klar aufzeigte, dass die zeitliche Einschätzung auf Angaben der Beschwerdeführenden beruhte. Es sei nicht ersichtlich, welche neuen, entscheidwesentlichen Erkenntnisse eine Befragung des Experten hätte bringen können, die über das bereits im Gutachten Dargelegte hinausgehen. Eine Verletzung des Beweisführungsanspruchs oder der Begründungspflicht lag hier nicht vor.
4. Schlussfolgerung und Entscheid
Die Rüge der Verletzung des Beweisführungsanspruchs bezüglich der unterlassenen Zeugenbefragung von E._ und G._ erwies sich als begründet. Das Bundesgericht hob den angefochtenen Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Schwyz – mit Ausnahme des nicht angefochtenen Teils zur Pergola – auf. Die Sache wurde zur Ergänzung des Beweisverfahrens (d.h. zur Durchführung der Zeugenbefragungen) und zu neuem Entscheid an die Vorinstanz zurückgewiesen. Die Gerichtskosten wurden der Beschwerdegegnerschaft auferlegt, die auch die Parteientschädigung an die Beschwerdeführenden zu tragen hat.
Kurze Zusammenfassung der wesentlichen Punkte: