Zusammenfassung von BGer-Urteil 6B_221/2024 vom 2. Oktober 2025

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Gerne fasse ich das bereitgestellte Urteil des schweizerischen Bundesgerichts detailliert zusammen:

Zusammenfassung des Urteils des Bundesgerichts 6B_221/2024 vom 2. Oktober 2025

1. Einführung und Sachverhalt

Das Bundesgericht hatte über eine Beschwerde in Strafsachen von A.__ (Beschwerdeführer) zu befinden, der vom Obergericht des Kantons Zürich wegen mehrfacher qualifizierter Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz (Art. 19 Abs. 1 lit. b i.V.m. Art. 19 Abs. 2 lit. a BetmG) zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und neun Monaten verurteilt und für acht Jahre des Landes verwiesen wurde. Die Ausschreibung der Landesverweisung im Schengener Informationssystem (SIS) wurde ebenfalls verfügt.

Dem Urteil des Obergerichts lag zugrunde, dass A._ am 28. Dezember 2018 und am 18. Februar 2019 den Transport von insgesamt 5,185 Kilogramm Kokain von Holland in die Schweiz im Rahmen eines Fahrzeugkonvois begleitet hatte. Er war dabei nicht der Fahrer des Fahrzeugs, in dem das Kokain direkt transportiert wurde, sondern agierte als Mitfahrer von B._, der als Haupttäter und Organisator betrachtet wurde.

2. Rügen des Beschwerdeführers und bundesgerichtliche Prüfung

Der Beschwerdeführer erhob diverse Rügen, die vom Bundesgericht im Folgenden behandelt wurden:

2.1. Verletzung des Anklageprinzips (Art. 9 und 325 StPO, Art. 6 Abs. 1 EMRK) Der Beschwerdeführer rügte, die Anklageschrift beschreibe lediglich die Begleitung eines Drogentransportes, was für sich allein kein strafrechtlich relevantes Verhalten sei. Sie habe kein Zusammenwirken oder eine Rollenverteilung in einem konkreten Lebenssachverhalt umschrieben.

  • Rechtliche Grundlagen: Das Bundesgericht erinnerte an die Umgrenzungs- und Informationsfunktion des Anklageprinzips gemäss Art. 29 Abs. 2 und Art. 32 Abs. 2 BV sowie Art. 6 Ziff. 1 und 3 lit. a und b EMRK und Art. 9 Abs. 1 und Art. 325 StPO. Die Anklage muss die Vorwürfe objektiv und subjektiv präzise umschreiben, damit die beschuldigte Person ihre Verteidigungsrechte wahrnehmen kann (BGE 149 IV 128 E. 1.2). Ungenauigkeiten sind unschädlich, solange keine Zweifel über das angelastete Verhalten bestehen.
  • Begründung des Bundesgerichts: Das Bundesgericht befand, die Anklageschrift habe die Rolle des Beschwerdeführers hinreichend konkret umschrieben. Sie nannte spezifische Daten, Orte und die Beteiligung des Beschwerdeführers als Mitfahrer von B.__ im Fahrzeugkonvoi, der dem Transport von Kokain diente. Die Vorinstanz habe nachvollziehbar dargelegt, dass aus der Kombination des konkreten Tatvorhalts und des detaillierten Musterablaufs für den Beschwerdeführer und das Gericht klar ersichtlich gewesen sei, was ihm vorgeworfen wurde. Ein Verstoss gegen das Anklageprinzip wurde verneint.

2.2. Willkürliche Sachverhaltsfeststellung und Beweiswürdigung (Art. 9 BV i.V.m. Art. 10 StPO und Art. 6 Abs. 1 EMRK) sowie Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes (Art. 6 StPO) und des rechtlichen Gehörs (Art. 29 BV) Der Beschwerdeführer beanstandete die Beweiswürdigung der Vorinstanz und die Abweisung seiner Beweisanträge. Er vertrat die Ansicht, es fehle an einer bestimmenden oder fördernden Beteiligungshandlung seinerseits.

  • Rechtliche Grundlagen: Das Bundesgericht wies darauf hin, dass es die Sachverhaltsfeststellung nur auf Willkür hin überprüft (Art. 97 Abs. 1 und Art. 105 Abs. 2 BGG). Willkür liegt vor, wenn die Beweiswürdigung schlechterdings unhaltbar ist oder auf einem offenkundigen Fehler beruht; eine lediglich andere, ebenfalls mögliche Lösung genügt nicht (BGE 148 IV 356 E. 2.1). Bezüglich des Untersuchungsgrundsatzes (Art. 6 StPO) und des rechtlichen Gehörs (Art. 29 Abs. 2 BV) können Strafbehörden auf weitere Beweiserhebungen verzichten, wenn sie in vorweggenommener (antizipierter) Beweiswürdigung annehmen, dass ihre Überzeugung dadurch nicht geändert würde. Auch dies wird nur unter dem Gesichtspunkt der Willkür geprüft (BGE 147 IV 534 E. 2.5.1).
  • Begründung des Bundesgerichts:
    • Beteiligung am Transport: Das Bundesgericht bestätigte die vorinstanzliche Feststellung, dass der Beschwerdeführer bei den Kokaineinfuhren vom 28. Dezember 2018 und 18. Februar 2019 bei der Hin- und Rückfahrt von Holland in die Schweiz dabei und eingeweiht gewesen sei. Die Vorinstanz stützte sich dabei auf Observationsdaten, glaubhafte Aussagen eines Mittäters (D.__), die Zugeständnisse des Beschwerdeführers selbst sowie den Fluchtversuch am 18. Februar 2019. Die sich wiederholenden, ungewöhnlichen und koordinierten Aktionen deuteten zweifelsfrei auf Betäubungsmitteleinfuhren hin.
    • Cocaine-Kontamination: Die bei A.__ nachgewiesene Kontamination mit Kokain (an den Beinhaaren) wurde als Indiz für seine Beteiligung gewertet, zumal das Gutachten auch eine Kontamination durch Berührung und nicht nur Konsum als möglich erachtete. Den Einwand einer zufälligen Kontamination (z.B. an einer Party) hielt die Vorinstanz für nicht überzeugend.
    • Rolle des Beschwerdeführers: Die Vorinstanz schloss nachvollziehbar aus, dass A._ rein zufällig und ohne Beteiligung anwesend war. Seine Anwesenheit im gleichen Auto wie der als Haupttäter geltende B._ liess auf ein Vertrauensverhältnis und eine nicht untergeordnete Rolle schliessen.
    • Drogenmenge: Die Schätzung der Menge für den 28. Dezember 2018 (700 Gramm reine Substanz) wurde vom Bundesgericht als nicht willkürlich erachtet. Die Vorinstanz hatte diese Schätzung basierend auf dem grossen personellen, finanziellen und logistischen Aufwand, der professionellen Abwicklung, der Verwendung gleicher Transportbehältnisse und dem Gewicht der bei der Fahrt vom 18. Februar 2019 sichergestellten Kokainblöcke (ca. 1 kg Kokaingemisch) vorgenommen. Schätzungen sind zulässig, wenn die Menge nicht exakt belegt werden kann (Urteile 6B_1260/2023, 6B_726/2020).
    • Abgelehnte Beweisanträge: Die Ablehnung der Einvernahme von C.__ und der Rückfrage beim Gutachter wurde als nicht willkürlich beurteilt, da die Vorinstanz begründete, dass keine neuen Erkenntnisse zu erwarten seien oder die relevanten Aspekte (z.B. Möglichkeit der externen Kokainkontamination) bereits berücksichtigt worden seien.

2.3. Verletzung von Art. 19 Abs. 1 lit. b BetmG (materielle Rechtmässigkeit der Verurteilung) Der Beschwerdeführer rügte, die Begleitung von Transporten über Drittpersonen erfordere einen entscheidenden Einfluss, der sich nicht aus dem Urteil ergebe.

  • Rechtliche Grundlagen zum schweren Fall: Das Bundesgericht führte aus, dass eine Einfuhr im Sinne von Art. 19 Abs. 1 lit. b BetmG jedes tatsächliche Verbringen von Betäubungsmitteln aus dem Ausland in die Schweiz ist. Ein schwerer Fall gemäss Art. 19 Abs. 2 lit. a BetmG liegt vor, wenn der Täter weiss oder annehmen muss, dass die Widerhandlung die Gesundheit vieler Menschen (mind. 20 Personen) gefährden kann. Hierfür ist eine Menge von mindestens 18 Gramm reinem Kokain massgebend (BGE 150 IV 213 E. 1.4).
  • Begründung des Bundesgerichts: Das Bundesgericht bekräftigte, dass der Beschwerdeführer als Teil des Fahrzeugkonvois, mit dem das Kokain transportiert wurde, den Tatbestand der Einfuhr erfüllt. Es sei nicht erforderlich, dass der Beschwerdeführer selbst im Drogencars gesessen oder Gewahrsam an den Drogen gehabt habe; das Befördern erfordere keine Herrschaft über die Sache (BGE 114 IV 162 E. 1.b). Die Rolle des Beschwerdeführers war mehr als blosses Dabeisein oder Billigen. Eine blosse Gehilfenschaft (Art. 25 StGB) ist im Kontext von Art. 19 BetmG nur stark eingeschränkt anwendbar (BGE 133 IV 187 E. 3.2). Da A._ in Kenntnis des Drogentransports mitfuhr, ein Vertrauensverhältnis zum Organisator B._ hatte und so einen unterstützenden Beitrag leistete, spielte er eine unabdingbare Rolle im professionellen und zielgerichteten Fahrzeugkonvoi. Die Verurteilung nach Art. 19 Abs. 1 lit. b BetmG war daher zu Recht erfolgt.

2.4. Strafzumessung (Art. 47 Abs. 2 und Art. 50 StGB) Der Beschwerdeführer rügte, die Gewichtung des Tatverschuldens sei nicht nachvollziehbar und die Einsatzstrafe sei im Vergleich zu B.__, dem eigentlichen Organisator, gleich hoch festgesetzt worden.

  • Rechtliche Grundlagen: Das Gericht misst die Strafe nach dem objektiven und subjektiven Verschulden des Täters zu (Art. 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 StGB). Es berücksichtigt auch Täterkomponenten (Vorleben, persönliche Verhältnisse etc., Art. 47 Abs. 1 Satz 2 StGB). Das Bundesgericht schreitet bei der Strafzumessung nur bei Ermessensüberschreitung oder -missbrauch ein (BGE 150 IV 481 E. 2.3). Die Gesamtstrafenbildung erfolgt nach dem Asperationsprinzip (Art. 49 StGB).
  • Begründung des Bundesgerichts:
    • Einsatzstrafe und Gesamtwürdigung: Die Vorinstanz setzte für die Einfuhr vom 18. Februar 2019 (ca. 4.5 kg reines Kokain) eine Einsatzstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten fest und begründete dies mit der objektiven Tatschwere (steter Beitrag zu hochprofessionellen, grenzüberschreitenden Transporten, durchgängige Präsenz, ausgeprägte kriminelle Energie, Überschreitung der 18g-Grenze um ein Vielfaches) und einem mittleren Verschulden. Die subjektive Tatschwere (rein egoistische Motive, direkter Vorsatz, keine Abhängigkeit) relativierte das objektive Verschulden nicht. Für die Einfuhr vom 28. Dezember 2018 (700g reines Kokain) wurde eine Einzelstrafe von drei Jahren angesetzt. Mittels Asperationsprinzip wurde die Einsatzstrafe um ein Jahr und sechs Monate erhöht, was eine Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren ergab. Aufgrund des Verschlechterungsverbots (Art. 391 Abs. 2 StPO) musste die erstinstanzliche Sanktion von fünf Jahren und neun Monaten übernommen werden.
    • Vergleich mit Mittäter B.__: Der Beschwerdeführer rügte, dass seine Einsatzstrafe für die Einfuhr vom 18. Februar 2019 gleich hoch sei wie die von B.__, obwohl dieser als treibende Kraft galt. Das Bundesgericht hielt fest, dass bei getrennten Verfahren kein Strafenvergleich unter Mittätern verlangt wird (Urteil 6B_305/2022). Sofern die ausgesprochene Strafe angemessen ist, kommt eine Reduktion aufgrund einer milderen Bestrafung von Mittätern nicht in Betracht (BGE 135 IV 191 E. 3.2 f.). Das Bundesgericht sah keine ermessensverletzende Gewichtung der relevanten Faktoren. Die Annahme eines finanziellen Motivs war angesichts der Komplexität, Menge und Professionalität nicht unhaltbar.
    • Fazit zur Strafzumessung: Die festgesetzte Freiheitsstrafe von fünf Jahren und neun Monaten lag innerhalb des gesetzlichen Strafrahmens (1 bis 20 Jahre Freiheitsstrafe gemäss Art. 19 Abs. 2 i.V.m. Art. 40 Abs. 2 StGB) und wurde als angemessen erachtet. Die Vorinstanz sei ihrer Begründungspflicht nachgekommen.

2.5. Landesverweisung Der Beschwerdeführer begründete seinen Antrag zur Aufhebung der Landesverweisung und deren Ausschreibung im SIS nicht. Darauf wurde vom Bundesgericht nicht eingetreten.

3. Ergebnis

Die Beschwerde wurde abgewiesen, soweit darauf eingetreten wurde. Das Gesuch des Beschwerdeführers um unentgeltliche Rechtspflege wurde infolge Aussichtslosigkeit der Beschwerde abgewiesen, und die Gerichtskosten wurden ihm auferlegt.

Kurze Zusammenfassung der wesentlichen Punkte:

  • Verurteilung: Der Beschwerdeführer wurde wegen mehrfacher qualifizierter Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz zu fünf Jahren und neun Monaten Freiheitsstrafe verurteilt und des Landes verwiesen, da er an zwei professionellen Kokaineinfuhren (total 5,185 kg reine Substanz) beteiligt war.
  • Anklageprinzip: Die Anklageschrift war ausreichend präzise, da sie die Rolle des Beschwerdeführers als Mitfahrer im Fahrzeugkonvoi, der dem Drogentransport diente, klar umschrieb und somit seine Verteidigungsrechte gewährleistete.
  • Beweiswürdigung: Die Feststellung der Beteiligung des Beschwerdeführers basierte auf Observationsdaten, Zeugenaussagen, eigenen Zugeständnissen, Fluchtversuch, dem wiederholten Modus Operandi und einer Kokain-Kontamination. Die Schätzung der Drogenmenge und die Ablehnung weiterer Beweisanträge wurden als nicht willkürlich erachtet.
  • Strafrechtliche Qualifikation: Die Verurteilung wegen Einfuhr war korrekt, da die physische Anwesenheit im Konvoi und das Vertrauensverhältnis zum Haupttäter eine unabdingbare Rolle des Beschwerdeführers begründeten, die über eine blosse Gehilfenschaft hinausging. Die Menge überschritt den Schwellenwert für einen schweren Fall (18g reine Substanz) um ein Vielfaches.
  • Strafzumessung: Die Strafe von fünf Jahren und neun Monaten wurde als sachgerecht und im Rahmen des richterlichen Ermessens liegend beurteilt, unter Berücksichtigung der objektiven Tatschwere (Professionalität, Menge, kriminelle Energie) und der subjektiven Tatschwere (egoistische Motive, direkter Vorsatz). Ein Vergleich mit der Strafe des Mittäters B.__ wurde nicht vorgenommen, da getrennte Verfahren geführt wurden und die Strafe für den Beschwerdeführer als angemessen galt.