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Das Urteil 5A_863/2024 des schweizerischen Bundesgerichts vom 3. September 2025 befasst sich detailliert mit der Anerkennung und Eintragung einer Eheschliessung, die unter besonderen Umständen erfolgte: Der Beschwerdeführer, ein Schweizer Staatsangehöriger, erklärte sein Einverständnis zur Eheschliessung mit einer bangladeschischen Staatsangehörigen telefonisch aus der Schweiz, während die Partnerin ihr Eheversprechen in Anwesenheit von Zeugen vor einer bangladeschischen Behörde abgab. Die zentralen Rechtsfragen drehten sich um die Qualifikation dieser Eheschliessung als "im Ausland geschlossen" im Sinne von Art. 45 Abs. 1 des Bundesgesetzes über das Internationale Privatrecht (IPRG; SR 291) und damit um deren Anerkennungsfähigkeit in der Schweiz.
I. Sachverhalt und Vorinstanzen
Der Beschwerdeführer A._ heiratete am xx.xx.2017 die bangladeschische Staatsangehörige B._. Die Partnerin befand sich in Bangladesch, während A.__ sein Einverständnis telefonisch aus der Schweiz erklärte. Nachdem die Schweizer Vertretung in Bangladesch die Akten zur Prüfung der Eintragung im schweizerischen Personenstandsregister (ZPR) an den Kanton Luzern weitergeleitet hatte, lehnte die Abteilung Gemeinden des Justiz- und Sicherheitsdepartements des Kantons Luzern die Anerkennung und Eintragung der Ehe ab. Die dagegen erhobene Beschwerde wies auch das Kantonsgericht Luzern mit Urteil vom 7. November 2024 ab.
II. Die rechtliche Fragestellung
Die zentrale Rechtsfrage, die das Bundesgericht zu beurteilen hatte, war, ob eine Eheschliessung, bei der sich einer der Ehegatten im Zeitpunkt des amtlichen Rechtsaktes in der Schweiz und der andere im Ausland befindet und die Erklärung des inländischen Partners über digitale Kommunikationskanäle abgegeben wird, als "im Ausland geschlossene Ehe" im Sinne von Art. 45 Abs. 1 IPRG zu qualifizieren und damit in der Schweiz anzuerkennen ist.
III. Argumentation der Vorinstanz (Kantonsgericht)
Das Kantonsgericht Luzern erwog, dass die Qualifikation einer solchen "Internetehe" in Rechtsprechung und Lehre derzeit nicht geklärt sei. Es vertrat die Ansicht, dass dem Aufenthaltsort der Brautleute im Zeitpunkt der Eheschliessung eine höhere Bedeutung zukomme als dem Ort der Urkundenerrichtung. Eine Anerkennung als Auslandsehe, wenn nur ein Ehegatte sich im Ausland befindet, würde eine Umgehung der schweizerischen Eheschliessungsvorschriften (Art. 97 ff. ZGB) und der Prüfungsbefugnisse der Zivilstandsämter ermöglichen. Die spätere Unterzeichnung der Heiratsurkunde durch den Beschwerdeführer in Bangladesch sei nicht konstitutiv für die Ehe. Eventualiter führte das Kantonsgericht an, dass die Ehe selbst bei Annahme einer Auslandsehe nicht gültig nach bangladeschischem Recht geschlossen worden sei, dies aufgrund örtlicher Unzuständigkeit der Behörde, fehlender männlicher Zeugen und eines fraglichen Hochzeitsdatums.
IV. Einwände des Beschwerdeführers
Der Beschwerdeführer berief sich auf den Grundsatz des favor matrimonii und forderte die Annahme einer Auslandsehe, auch wenn nur ein Gatte sich im Ausland aufhielt. Er argumentierte, es liege keine reine "Internetehe" vor, da die Braut und Zeugen vor Ort in Bangladesch anwesend waren und die Dokumente am Trauungstag unterzeichnet worden seien; einzig die Verbindung zum Ehemann sei telefonisch erfolgt. Er rügte zudem eine Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art. 29 Abs. 2 BV), da das Kantonsgericht neue Argumente bezüglich der Gültigkeit der Ehe nach bangladeschischem Recht vorgebracht habe, zu denen er sich in der Vorinstanz nicht äussern konnte.
V. Ausführliche Begründung des Bundesgerichts
Das Bundesgericht beurteilte die Sachlage mangels staatsvertraglicher Grundlage nach den Bestimmungen des IPRG (Art. 1 IPRG). Gemäss Art. 45 Abs. 1 IPRG wird eine im Ausland gültig geschlossene Ehe in der Schweiz anerkannt, wobei Art. 45 Abs. 2 IPRG eine Umgehungsklausel für schweizerische Ungültigkeitsvorschriften enthält. Die Eintragung in das ZPR erfolgt nach Art. 32 Abs. 1 IPRG i.V.m. Art. 23 Abs. 1 der Zivilstandsverordnung (ZStV), wenn die Voraussetzungen der Art. 25 bis 27 IPRG erfüllt sind, wobei Art. 27 Abs. 1 IPRG einen Ordre public-Vorbehalt statuiert.
Das Gericht stellte fest, dass die Frage, ob eine Ehe in der Schweiz oder im Ausland geschlossen wurde, nach schweizerischer Sicht zu beurteilen ist (vgl. WIDMER LÜCHINGER, Zürcher Kommentar zum IPRG, N. 25 zu Art. 45 IPRG). Es betonte, dass es sich hierbei um eine bislang vom Bundesgericht nicht geklärte Frage handelte, wobei die kantonale Praxis zur "Internetehe" uneinheitlich sei.
1. Grammatikalische Auslegung: Der Wortlaut von Art. 45 Abs. 1 IPRG spricht von einer "im Ausland geschlossenen" Ehe. Die Begriffe "schliessen" und "im Ausland" implizieren, dass beide Partner vor der ausländischen Behörde persönlich anwesend sind und ihre Erklärungen vor Ort abgeben. Die französische und italienische Fassung der Norm ("mariage valablement célébré à l'étranger" bzw. "matrimonio celebrato validamente all'estero") verstärken diese Lesart, indem "célébrer" bzw. "celebrare" auf eine feierliche Zeremonie hindeuten, die die Anwesenheit der Beteiligten erfordert. Dies spricht für eine restriktive Auslegung, wonach beide Ehegatten sich im Ausland aufhalten müssen.
2. Systematische Auslegung: Art. 45 IPRG bildet das Gegenstück zu Art. 44 IPRG, welcher die Eheschliessung in der Schweiz zwingend schweizerischem Recht unterstellt. Die Bestimmung verknüpft ebenfalls eine Handlung (Eheschliessung) mit einem Ort (in der Schweiz). Diese systematische Abgrenzung beruht auf dem Gedanken, dass in der Schweiz stattfindende Vorgänge dem schweizerischen Recht unterstehen sollen. Dies schliesst beispielsweise "Konsularehen" vor ausländischen Konsularbeamten in der Schweiz aus (Botschaft des Bundesrates zum IPRG, BBl 1983 I 342). Die Notwendigkeit einer klaren Zuordnung des Eheschlusses zu Art. 44 oder Art. 45 IPRG spricht für eine restriktive Lesart von Art. 45 IPRG.
3. Teleologische Auslegung: Art. 45 IPRG verfolgt den Zweck, die Anerkennung ausländischer Ehen in der Schweiz zu regeln, während Art. 44 IPRG sicherstellen soll, dass Eheschliessungen in der Schweiz ausschliesslich schweizerischem Recht unterstehen. Die Ausübung zivilstandsamtlicher Befugnisse wird als hoheitlicher Akt betrachtet, der in der territorialen Souveränität begründet ist. Dies dient dem Schutz in der Schweiz lebender Personen, namentlich des freien Willens und von Minderjährigen (vgl. Art. 99 Abs. 1 Ziff. 3, Art. 105 Ziff. 5 und Art. 105a ZGB). Das Bundesgericht betont, dass der anerkennungsfreundlichen Zielrichtung von Art. 45 IPRG nicht der Zweck zukommt, einem Partner mit Wohnsitz in der Schweiz die Reise ins Ausland zu ersparen, insbesondere vor dem Hintergrund des traditionellen Verständnisses der Eheschliessung als feierlicher Akt.
4. Historische Auslegung: Bereits die Bundesverfassung von 1874 (Art. 54 Abs. 3 aBV) und das NAG (Art. 7f) sahen die Anerkennung ausländischer Ehen vor. Der Vorentwurf zum IPRG enthielt eine noch anerkennungsfreundlichere Lösung, die jedoch im parlamentarischen Prozess reduziert wurde. Die Gesetzgebungsgeschichte zeigt zwar ein Anliegen, "hinkende Ehen" zu vermeiden und eine liberale Haltung bei der Anerkennung ausländischer Ehen einzunehmen (favor negotii vel acti und favor recognitionis, BBl 1983 I 327). Dieses Anliegen bezieht sich jedoch auf die Ausgestaltung der Anerkennungsregelung als solcher und lässt keine zwingenden Rückschlüsse auf den Anwendungsbereich der Bestimmung in Bezug auf den Ort des Eheschlusses zu. Der Gesetzgeber wollte eine "gerade noch vertretbare Anerkennungsfreundlichkeit".
5. Würdigung der Auslegungselemente und Fazit: Das Bundesgericht wog die teilweise widerstreitenden Erkenntnisse ab. Während Wortlaut und Systematik stark für eine restriktive Auslegung sprechen – nämlich dass beide Eheleute sich zur Zeit der Eheschliessung im Ausland aufhalten müssen – liefern Sinn und Zweck sowie die Gesetzgebungsgeschichte keine eindeutigen Argumente für eine Ausdehnung des Anwendungsbereichs. Das Anliegen, "hinkende Ehen" zu vermeiden, ist relativ, da diese auch aus anderen Gründen (z.B. Vorfragen, Ordre public-Vorbehalt) entstehen können. Eine klare Begrenzung von Art. 45 Abs. 1 IPRG auf Vorgänge, die sich ausschliesslich im Ausland abgespielt haben, erleichtert die Rechtsanwendung und schafft Rechtssicherheit. Zudem kann der Grundsatz des favor matrimonii nicht ohne weiteres den Vorrang vor anderen Anliegen beanspruchen, wie z.B. dem Kampf gegen Täuschungen, simulierte oder erzwungene Heiraten, die durch moderne Kommunikationsmöglichkeiten erleichtert werden (vgl. Art. 45 Abs. 2 IPRG).
Das Bundesgericht gelangte zum Schluss, dass der restriktiven Auslegung von Art. 45 Abs. 1 IPRG der Vorzug zu geben ist. Demnach sind Ehen nur dann gestützt auf Art. 45 Abs. 1 IPRG anzuerkennen, wenn beide Partner die zur Begründung der Ehe notwendigen Erklärungen im Ausland abgeben.
6. Anwendung auf den vorliegenden Fall: Im vorliegenden Fall gab der Beschwerdeführer seine zur Eheschliessung erforderlichen Erklärungen unstrittig von der Schweiz aus über Telefon ab. Daher wurde die Ehe nicht im Sinne von Art. 45 Abs. 1 IPRG im Ausland geschlossen. Die spätere Unterzeichnung von Dokumenten in Bangladesch war nicht konstitutiv für die Eheschliessung selbst.
7. Gehörsrüge: Die vom Beschwerdeführer erhobene Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art. 29 Abs. 2 BV) bezüglich der Eventualbegründung der Vorinstanz zur Gültigkeit der Ehe nach bangladeschischem Recht wurde vom Bundesgericht als gegenstandslos erachtet. Selbst eine nach bangladeschischem Recht gültig geschlossene Ehe würde nichts an der fehlenden Qualifikation als "im Ausland geschlossene Ehe" gemäss Art. 45 Abs. 1 IPRG ändern.
VI. Endgültiger Entscheid
Das Bundesgericht wies die Beschwerde ab.
Zusammenfassung der wesentlichen Punkte: