Zusammenfassung von BGer-Urteil 5A_353/2025 vom 2. Oktober 2025

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Im vorliegenden Urteil des Schweizerischen Bundesgerichts (Verfahren 5A_353/2025 und 5A_478/2025) vom 2. Oktober 2025 geht es um die Frage der provisorischen Eintragung von Bauhandwerkerpfandrechten. Die Beschwerdeführerin, A._ AG, beantragte die Eintragung zweier solcher Pfandrechte an einem Grundstück der Beschwerdegegnerin, Stiftung B._, für Arbeiten an Bodenbelägen und deren Rückbau im Rahmen eines Spitalneubaus. Das Handelsgericht des Kantons Zürich wies die Gesuche ab, woraufhin die A.__ AG das Bundesgericht anrief.

1. Sachverhalt und vorinstanzliche Entscheide

Die Stiftung B._ liess auf ihrem Grundstück ein Spital bauen und beauftragte eine Arbeitsgemeinschaft. Die A._ AG war als Subunternehmerin für den Einbau von Bodenbelägen und später für den Rückbau beschädigter Zementböden tätig. Die Rechnungen für den Rückbau der Zementböden beliefen sich auf Fr. 1'644'753.57 (plus Fr. 100'000 für nicht vollendete Arbeiten) und blieben unbezahlt (Verfahren 5A_478/2025). Zusätzlich wurde die A.__ AG direkt von der Bauherrin mit dem Einbau eines Sika-Bodenbelags beauftragt. Hierfür stellte sie Rechnungen in der Höhe von insgesamt Fr. 884'677.31 (plus Fr. 203'104.57 Restbetrag), welche ebenfalls unbezahlt blieben (Verfahren 5A_353/2025).

Die A.__ AG reichte am 6. Januar und 19. Februar 2025 Gesuche um provisorische Eintragung von Bauhandwerkerpfandrechten für diese Forderungen ein. Das Handelsgericht des Kantons Zürich ordnete zunächst die superprovisorische Eintragung an, wies die Gesuche nach Anhörung der Gegenpartei jedoch mit separaten Entscheiden vom 2. April und 14. Mai 2025 ab und verfügte die Löschung der vorläufig eingetragenen Pfandrechte nach Eintritt der Rechtskraft.

2. Prüfungsrahmen des Bundesgerichts

Das Bundesgericht behandelte die beiden Beschwerden aufgrund des gleichen Parteiverhältnisses und ähnlicher Rechtsfragen in einem Urteil (Art. 71 BGG i.V.m. Art. 24 BZP). Es stellte fest, dass die Entscheide des Handelsgerichts als vorsorgliche Massnahmen im Sinne von Art. 98 BGG gelten. Dies bedeutet, dass die Beschwerdeführerin vor Bundesgericht lediglich die Verletzung verfassungsmässiger Rechte rügen kann, unter Einhaltung des strengen Rügeprinzips gemäss Art. 106 Abs. 2 BGG. Sachverhaltsfeststellungen der Vorinstanz sind nur auf Willkür hin überprüfbar (Art. 9 BV). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den von der Vorinstanz festgestellten Sachverhalt zugrunde, es sei denn, dieser wurde willkürlich festgestellt (Art. 105 Abs. 1 BGG).

3. Rechtliche Grundlagen des Bauhandwerkerpfandrechts

Gemäss Art. 837 Abs. 1 Ziff. 3 ZGB können Handwerker und Unternehmer für Material und Arbeit oder Arbeit allein ein gesetzliches Grundpfandrecht errichten lassen. Die Eintragung hat gemäss Art. 839 Abs. 2 ZGB spätestens vier Monate nach der Vollendung der Arbeit zu erfolgen.

  • Vollendung der Arbeit: Die Rechtsprechung definiert die Vollendung der Arbeit grundsätzlich als den Zeitpunkt, zu dem alle Verrichtungen, die Gegenstand des Werkvertrages bilden, ausgeführt sind. Geringfügige, nebensächliche oder rein der Mängelbehebung dienende Arbeiten fallen nicht darunter, es sei denn, sie sind unerlässlich und von qualitativen Gesichtspunkten her als Vollendungsarbeiten zu werten (BGE 125 III 113 E. 2b; 101 II 253 S. 255).
  • Glaubhaftmachung im Summarverfahren: Für die provisorische Eintragung eines Bauhandwerkerpfandrechts (Art. 961 Abs. 3 ZGB) gelten herabgesetzte Anforderungen an die Glaubhaftmachung. Die Eintragung darf nur verweigert werden, wenn der Bestand des Pfandrechts als ausgeschlossen oder höchst unwahrscheinlich erscheint; im Zweifelsfall ist die Eintragung zu bewilligen und die Entscheidung dem ordentlichen Richter zu überlassen (BGE 86 I 265 E. 3 S. 270; BGE 137 III 563 E. 3.3).
  • Substanzierungspflicht im Summarverfahren: Trotz des herabgesetzten Beweismasses entbindet dies die antragstellende Partei nicht von ihrer Substanzierungspflicht (Art. 55 Abs. 1 ZPO). Insbesondere im Summarverfahren, in dem nur in Ausnahmefällen ein zweiter Schriftenwechsel angeordnet wird, muss die gesuchstellende Person ihre Tatsachendarstellung bereits in ihrer ersten Eingabe hinreichend substanziieren und die Beweismittel angeben. Später vorgebrachte Tatsachen und Beweismittel (unechte Noven) werden nur unter strengen Voraussetzungen gemäss Art. 229 Abs. 2 Bst. b ZPO berücksichtigt, wenn deren frühere Einreichung trotz zumutbarer Sorgfalt nicht möglich war (Urteil 5A_280/2021 vom 17. Juni 2022 E. 3.4.3).

4. Begründung des Bundesgerichts und rechtliche Würdigung

Der Kern der beiden Verfahren drehte sich um die Frage, ob die A.__ AG die fristwahrenden Arbeiten innerhalb der 4-monatigen Frist nach Art. 839 Abs. 2 ZGB hinreichend glaubhaft gemacht und substanziiert hatte.

4.1. Zum Sika-Bodenbelag (Verfahren 5A_353/2025): Die Beschwerdeführerin behauptete, die letzten Arbeiten am 30. Oktober 2024 ausgeführt zu haben, was für das Gesuch vom 19. Februar 2025 fristgerecht wäre. Das Handelsgericht verneinte dies, da: * Die Schlussrechnung bereits am 4. Oktober 2024 gemahnt wurde, was die Vermutung nahelegte, das Werk sei zu diesem Zeitpunkt bereits als vollendet betrachtet worden. * Die am 30. Oktober 2024 aufgeführten Arbeiten (Schleifarbeiten, Bodenanpassungen, Eingrenzungen) nicht als unerlässliche Vollendungsarbeiten, sondern als Mängelbehebungen oder geringfügige Nachbesserungen eingestuft wurden. * Die vorgelegten Arbeitsrapporte die Art der geleisteten Arbeiten nicht näher spezifizierten. * Eine Rechnung eines auf Betonkosmetik spezialisierten Unternehmens ebenfalls auf Mängelbeseitigung hindeutete. * Kein schlüssiger Zusammenhang zwischen dem Erstellen eines Treppenpodests und den streitgegenständlichen Bodenbelagsarbeiten dargelegt wurde. * Neue Vorbringen und Beweismittel in der Stellungnahme vom 31. März 2025 nicht berücksichtigt werden konnten, da kein zweiter Schriftenwechsel angeordnet wurde und die Voraussetzungen von Art. 229 ZPO nicht erfüllt waren.

Das Bundesgericht bestätigte die Argumentation des Handelsgerichts. Es stellte fest, dass die Vorinstanz die Abweisung des Gesuchs nicht primär auf eine willkürliche Beweiswürdigung, sondern auf einen ungenügenden Tatsachenvortrag der Beschwerdeführerin stützte. Die blosse Aufzählung der Arbeiten reichte nicht aus; die Beschwerdeführerin hätte erklären müssen, weshalb diese Arbeiten zur Vollendung des Werks notwendig waren, insbesondere angesichts der bereits gestellten Schlussrechnung und der Vielzahl parallel laufender Verträge auf der Grossbaustelle. Das Bundesgericht hielt fest, dass das Beweisverfahren fehlende Tatsachenbehauptungen nicht ersetzen kann und die Beschwerdeführerin die Tatsachen, die aus den Beweismitteln ersichtlich sind, bereits im Gesuch hätte behaupten müssen. Eine willkürliche Sachverhaltsfeststellung oder Beweiswürdigung wurde verneint.

4.2. Zu den Rückbauarbeiten (Verfahren 5A_478/2025): Die Beschwerdeführerin behauptete, entscheidende Arbeiten seien am 6. September 2024 und später ausgeführt worden, was für das Gesuch vom 6. Januar 2025 fristgerecht gewesen wäre. Das Handelsgericht verneinte dies, da: * Die vorgelegten Rechnungen Leistungen bis Februar 2024 abdeckten und keine Arbeiten bis September 2024 belegten. * Der Antrag auf Parteibefragung abgewiesen wurde, da im Summarverfahren vorrangig mit Urkunden Beweis zu führen ist (Art. 254 Abs. 1 ZPO) und keine Ausnahme begründet wurde. * Die zum Beweis tauglichen Arbeitsrapporte nicht mit dem Gesuch, sondern erst verspätet mit der Stellungnahme eingereicht wurden, ohne dass die Voraussetzungen von Art. 229 ZPO für unechte Noven erfüllt waren. * Ein Abnahmeprotokoll vom 19. September 2024 andere, nicht streitgegenständliche Arbeiten betraf. * Neue Behauptungen zu Arbeiten nach dem 6. September 2024 und zur funktionellen Einheit verschiedener vertraglicher Verhältnisse ebenfalls verspätet und teilweise widersprüchlich waren.

Das Bundesgericht bestätigte auch hier die Argumentation des Handelsgerichts. Es verwies erneut auf die im Summarverfahren geltenden strengen Anforderungen an die Substanzierung und die Einreichung von Beweismitteln bereits im Erstvortrag. Die Beschwerdeführerin konnte nicht glaubhaft machen, dass die verspätete Einreichung des Monatsrapports "überraschend" aufgrund der Gesuchsantwort erfolgte. Der pauschale Hinweis auf eine "funktionelle Einheit" aller auf der Baustelle erbrachten Arbeiten wurde als verspätet und nicht ausreichend substanziiert verworfen, insbesondere da die Beschwerdeführerin selbst zuvor separate Pfandansprüche geltend gemacht hatte. Auch die Argumentation bezüglich der fehlenden "Unbeholfenheit" eines kleinen Familienunternehmens in administrativen Angelegenheiten wurde vom Bundesgericht zurückgewiesen; dies rechtfertigt keine herabgesetzten Beweisanforderungen. Eine Verletzung verfassungsmässiger Rechte (einschliesslich einer willkürlichen Anwendung von Art. 837 ZGB) wurde nicht festgestellt.

5. Schlussfolgerung

Das Bundesgericht wies die Beschwerden ab, soweit darauf eingetreten werden konnte. Die Beschwerdeführerin wurde kostenpflichtig.

Zusammenfassung der wesentlichen Punkte:

  • Prüfungsrahmen: Das Bundesgericht prüfte die Entscheide als vorsorgliche Massnahmen ausschliesslich auf Verletzung verfassungsmässiger Rechte (Art. 98 BGG, Rügeprinzip).
  • Eintragungsfrist: Die zentrale Frage war die Einhaltung der 4-Monats-Frist nach Art. 839 Abs. 2 ZGB, berechnet ab Vollendung der Arbeit.
  • Vollendung der Arbeit: Als Vollendungsarbeiten gelten nur unerlässliche Leistungen zur Fertigstellung des Werks, nicht aber geringfügige Nachbesserungen oder Mängelbehebungen.
  • Substanzierungspflicht: Im Summarverfahren (Art. 249 ZPO) müssen alle anspruchsbegründenden Tatsachen und Beweismittel bereits im initialen Gesuch hinreichend substanziiert und eingereicht werden (Art. 55 Abs. 1 ZPO). Ein späterer Tatsachen- oder Beweismittelvortrag (unechte Noven) ist nur unter strengen Voraussetzungen von Art. 229 Abs. 2 Bst. b ZPO zulässig, die hier nicht erfüllt waren.
  • Glaubhaftmachung: Trotz herabgesetzten Beweismasses für die provisorische Eintragung (Art. 961 Abs. 3 ZGB) ersetzt dies nicht die Notwendigkeit einer klaren und nachvollziehbaren Substantiierung der Tatsachen.
  • Fehlende Substanzierung: Das Bundesgericht bestätigte die Vorinstanz darin, dass die Beschwerdeführerin die Notwendigkeit der letzten Arbeiten für die Vollendung der jeweiligen Werkverträge nicht hinreichend substanziiert hatte, insbesondere angesichts bereits gestellter Schlussrechnungen und paralleler Projekte.
  • Beweismittel: Das Beweisverfahren kann fehlende Tatsachenbehauptungen nicht kompensieren; das Gericht ist nicht verpflichtet, in den Beweismitteln nach zugunsten der Parteien sprechenden Informationen zu forschen.
  • Abweisung der Beschwerden: Die Beschwerdeführerin konnte keine willkürliche Sachverhaltsfeststellung oder Beweiswürdigung nachweisen und ihre verspäteten oder ungenügenden Vorbringen wurden zu Recht nicht berücksichtigt.