Zusammenfassung von BGer-Urteil 9C_352/2025 vom 11. Oktober 2025

Es handelt sich um ein experimentelles Feature. Es besteht keine Gewähr für die Richtigkeit der Zusammenfassung.

Gerne fasse ich das bereitgestellte Urteil des schweizerischen Bundesgerichts detailliert zusammen:

Urteil: 9C_352/2025 vom 11. Oktober 2025

Parteien: * Beschwerdeführer: A.A._ und B.A._ (Ehepaar) * Beschwerdegegnerin: Administration cantonale des impôts du canton de Vaud (Kantonale Steuerverwaltung Waadt)

Streitgegenstand: Eidgenössische direkte Steuer (IFD) sowie kantonale und kommunale Steuern (ICC) des Kantons Waadt für die Steuerperioden 2017 und 2018.

Sachverhalt (prägnant): Die Beschwerdeführer sind verheiratet, leben aber mit getrennten Wohnsitzen: A.A._ verlegte seinen Wohnsitz am 1. Januar 2015 nach U._ (Ausland), während B.A._ weiterhin im Kanton Waadt (V._) wohnhaft blieb. Trotz der getrennten Wohnsitze wurde ihre Ehe als intakt betrachtet, was zu einer gemeinsamen Besteuerung führte. A.A._ war Inhaber einer im Handelsregister eingetragenen Einzelfirma ("C._"), die eine Treuhandgesellschaft mit Sitz in W._ betrieb, und war zudem Alleinaktionär und Verwalter der D._ SA, ebenfalls in W._ ansässig. Bei der D._ SA war er 2017 zu 50 % angestellt. B.A._ war teilzeitlich in der Einzelfirma beschäftigt. Nach einer Einschätzung von Amtes wegen für 2017 reichten die Beschwerdeführer eine Steuererklärung und eine Reklamation ein. Die Steuerbehörde forderte diverse Unterlagen und Klärungen an, darunter Informationen zum Lohn der D._ SA, zur Entwicklung des Aktionärs-Kontokorrents dieser Gesellschaft, zur Bilanz der Einzelfirma per 31. Dezember 2017 sowie Belege für die Zahlung privater Passivzinsen. Die Beschwerdeführer kamen diesen Aufforderungen nur unvollständig nach, indem sie beispielsweise angaben, die Einzelfirma sei "ruhend" und keine Jahresrechnung erstellt worden, und die Passivzinsen würden erst später bezahlt. Die Steuerbehörde schätzte daraufhin die Besteuerungsgrundlagen erneut und verhängte auch Bussen wegen Verletzung der Verfahrenspflichten (IFD: CHF 4'000; ICC: CHF 8'000). Das Kantonsgericht Waadt bestätigte die Reklamationsentscheide.

Rechtliche Grundlagen und Argumentation des Bundesgerichts:

Das Bundesgericht prüfte die Anwendung des Bundesrechts sowie die Konformität des harmonisierten kantonalen Steuerrechts und seiner Umsetzung durch die kantonalen Instanzen mit den Bestimmungen des Steuerharmonisierungsgesetzes (StHG). Die rechtlichen Erwägungen stützten sich insbesondere auf: * Art. 5 Abs. 1 Bst. a DBG (Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer) und Art. 4 Abs. 2 StHG (Bundesgesetz über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden) sowie Art. 5 Abs. 1 Bst. a des Waadtländer Steuergesetzes (LI VD) betreffend die beschränkte Steuerpflicht. * Art. 16 Abs. 1 DBG, Art. 7 Abs. 1 StHG und Art. 19 Abs. 1 LI VD betreffend die Besteuerung des Einkommens und den Zeitpunkt seiner Realisierung. * Art. 33 Abs. 1 Bst. a DBG und Art. 37 Abs. 1 Bst. a LI VD betreffend den Abzug von Passivzinsen. * Art. 8 ZGB und BGE 146 II 6 E. 4.2 betreffend die Beweislast im Steuerrecht.

Massgebende Streitpunkte und Begründung des Gerichts:

  1. Steuerpflicht (unbeschränkt/beschränkt und gemeinsame Besteuerung):

    • Argument der Vorinstanz: Das Kantonsgericht hatte festgestellt, dass die Beschwerdeführer zwar unterschiedliche Wohnsitze hatten (Ehemann im Ausland, Ehefrau im Kanton Waadt), die Ehe jedoch intakt sei. Dies führte zu einer gemeinsamen Besteuerung, bei der die Einkommen und das Vermögen beider Ehepartner addiert wurden. Die Ehefrau unterlag aufgrund ihres Wohnsitzes im Kanton Waadt der unbeschränkten Steuerpflicht (Art. 3 DBG, Art. 3 StHG, Art. 3 LI VD). Der Ehemann unterlag der beschränkten Steuerpflicht, welche sich auf das Einkommen aus seiner abhängigen Erwerbstätigkeit in der Schweiz beschränkte (Art. 5 Abs. 1 Bst. a DBG, Art. 4 Abs. 2 StHG, Art. 5 Abs. 1 Bst. a LI VD).
    • Einwand der Beschwerdeführer: Sie rügten, das Kantonsgericht habe den ausländischen Wohnsitz des Ehemannes nicht berücksichtigt und die unbeschränkte Steuerpflicht der Ehefrau sei unzutreffend.
    • Würdigung des Bundesgerichts: Das Bundesgericht wies die Rügen als unbegründet ab. Es stellte klar, dass das Kantonsgericht den ausländischen Wohnsitz des Ehemannes gerade berücksichtigt hatte, indem es seine Steuerpflicht auf das in der Schweiz erzielte Einkommen aus abhängiger Erwerbstätigkeit beschränkte. Die unbeschränkte Steuerpflicht der Ehefrau wurde aufgrund ihres unbestrittenen Wohnsitzes im Kanton Waadt korrekt bejaht. Die gemeinsame Besteuerung bei intakter Ehe, auch bei getrennten Wohnsitzen, entspricht der ständigen Rechtsprechung und den gesetzlichen Grundlagen.
  2. Einkommen aus unselbständiger Erwerbstätigkeit (CEO-Gehalt der D.__ SA):

    • Argument der Vorinstanz: Das Kantonsgericht hatte die Besteuerung eines Gehalts von CHF 210'628 für A.A._ als CEO der D._ SA für das Jahr 2017 bestätigt, wie es im Lohnausweis der Gesellschaft ausgewiesen war. Die Beschwerdeführer argumentierten, der Lohn sei wegen Überschuldung der Gesellschaft nicht ausbezahlt worden. Das Kantonsgericht hielt jedoch fest, dass die Beschwerdeführer trotz ausdrücklicher Aufforderung des Steueramtes die notwendigen Unterlagen, insbesondere den Aktionärs-Kontokorrent, nicht vorgelegt hatten. Diese Dokumente wären dem Ehemann als Alleinaktionär und Verwalter der Gesellschaft leicht zugänglich gewesen. Das Kantonsgericht befand, dass die Steuerbehörde unter diesen Umständen, und mangels Nachweis einer Sanierung oder einer richterlichen Anzeige, nicht gezwungen war, den strengen Beweis der effektiven Auszahlung zu erbringen. Die Lohnausweise lieferten hinreichende Indizien für die Existenz einer Lohnforderung. Das Einkommen galt als realisiert, da die Arbeitsleistung erbracht wurde.
    • Einwand der Beschwerdeführer: Sie behaupteten, die Steuerbehörde habe nicht ausreichend ermittelt und hätte die Informationen direkt von der für juristische Personen zuständigen Dienststelle erhalten können. Zudem hätten Investoren die Geschäftsbücher abgelehnt und die Rückbuchung der CEO-Gehälter gefordert.
    • Würdigung des Bundesgerichts: Das Bundesgericht wies diese Einwände zurück. Es betonte die Mitwirkungspflicht der Steuerpflichtigen (Art. 126 DBG; Art. 42 StHG), wonach es ihre Aufgabe sei, die erforderlichen Dokumente beizubringen. Die Behauptung, die Steuerbehörde hätte selbst ermitteln müssen, entbindet die Beschwerdeführer nicht von ihrer eigenen Pflicht. Die spätere Angabe des Ehemannes, er habe auf einen Forderungsverzicht bezüglich der Gehälter verzichtet, untermauerte die Auffassung des Kantonsgerichts, dass das Einkommen als realisiert zu betrachten war. Die angeführten Protokolle von Generalversammlungen, die die Ablehnung von Geschäftsabschlüssen durch Investoren belegen sollten, betrafen die Jahre 2015 und 2016 und waren somit für die strittigen Steuerperioden 2017/2018 nicht relevant. Neue Behauptungen ohne entsprechende Belege wurden nicht berücksichtigt.
  3. Abzug von Passivzinsen (CHF 32'000 an H.__):

    • Argument der Vorinstanz: Das Kantonsgericht bestätigte die Ablehnung des Abzugs von CHF 32'000 an Passivzinsen, welche angeblich einem Gläubiger H._ geschuldet waren. Die Beschwerdeführer hatten keine Dokumente (z.B. Darlehensvertrag) vorgelegt, die die Existenz des Darlehens und die Fälligkeit der Zinsen belegten, geschweige denn Zahlungsnachweise. Eine einzige vorgelegte Quittung dokumentierte lediglich eine Barzahlung im Jahr 2019 für 2015 geschuldete Zinsen und war zudem von einer anderen Person als dem Gläubiger unterzeichnet. Angesichts der unklaren Umstände und des Wohnsitzes des angeblichen Gläubigers in J._ (ein Land ohne Amtshilfeabkommen mit der Schweiz) war die Steuerverwaltung berechtigt, den Nachweis der effektiven Zahlung als Bedingung für den Abzug zu verlangen. In solchen Fällen sind in der Regel Bankbelege erforderlich. Eine Befragung des Gläubigers wurde im Rahmen einer antizipierten Beweiswürdigung abgelehnt, da sie keine neuen Erkenntnisse zu den fehlenden Bankbelegen liefern würde.
    • Einwand der Beschwerdeführer: Sie führten an, der Gläubiger könne kein Schweizer Bankkonto eröffnen, und eine Barzahlung an dessen Vater gegen Quittung sei die "Lösung" gewesen. Ihre Rüge einer Verletzung des rechtlichen Gehörs durch die Ablehnung der Gläubigerbefragung wurde geltend gemacht.
    • Würdigung des Bundesgerichts: Das Bundesgericht erachtete die Argumentation der Beschwerdeführer als ungeeignet, die schlüssige Begründung des Kantonsgerichts zu widerlegen. Die erhöhten Anforderungen an den Beweis bei Auslandbezug und Barzahlungen, insbesondere bei fehlender Amtshilfe, sind gerechtfertigt. Die mangelhafte Dokumentation des Darlehensverhältnisses und der Zahlungen, insbesondere die von einer Drittperson unterzeichnete Quittung, genügte nicht den Anforderungen an den Nachweis der Abzugsfähigkeit. Die Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs war gemäss Art. 106 Abs. 2 BGG unzureichend begründet, da nicht dargelegt wurde, inwiefern die antizipierte Beweiswürdigung willkürlich gewesen sei.

Fazit des Bundesgerichts: Das Bundesgericht bestätigte die Entscheide des Kantonsgerichts vollumfänglich und wies die Beschwerde in allen Punkten ab, soweit darauf eingetreten werden konnte. Die Beschwerdeführer haben die Gerichtskosten solidarisch zu tragen.

Kurze Zusammenfassung der wesentlichen Punkte:

Das Bundesgericht bestätigte die Besteuerung der Beschwerdeführer für die Jahre 2017 und 2018. Wesentliche Punkte waren: 1. Gemeinsame Besteuerung trotz getrennter Wohnsitze: Bei intakter Ehe erfolgt die gemeinsame Besteuerung, wobei der Ehemann als im Ausland ansässig nur beschränkt auf sein Schweizer Erwerbseinkommen steuerpflichtig war, die Ehefrau jedoch unbeschränkt aufgrund ihres Wohnsitzes im Kanton Waadt. 2. Besteuerung des CEO-Gehalts: Das Gericht hielt an der Besteuerung des ausgewiesenen CEO-Gehalts fest. Dies primär, weil die Beschwerdeführer ihrer Mitwirkungspflicht nicht nachkamen und die für die Klärung der Einkommensrealisierung (insbesondere den Aktionärs-Kontokorrent) geforderten Unterlagen nicht vorlegten. Die Lohnausweise wurden als hinreichende Indizien gewertet. 3. Ablehnung des Passivzinsabzugs: Der Abzug von angeblichen Passivzinsen wurde abgelehnt, da die Beschwerdeführer das Darlehen und die effektive Zahlung der Zinsen nicht ausreichend belegen konnten. Insbesondere bei Barzahlungen an einen Gläubiger in einem Land ohne Amtshilfeabkommen werden hohe Anforderungen an den Nachweis gestellt, die durch die vorgelegten ungenügenden Quittungen nicht erfüllt wurden. Eine beantragte Gläubigerbefragung wurde mittels antizipierter Beweiswürdigung abgelehnt.