Zusammenfassung von BGer-Urteil 2C_312/2025 vom 17. September 2025

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Gerne fasse ich das bereitgestellte Urteil des schweizerischen Bundesgerichts detailliert zusammen.

Detaillierte Zusammenfassung des Bundesgerichtsurteils 2C_312/2025 vom 17. September 2025

1. Sachverhalt und Verfahrensgegenstand

Die A.__ SA, eine im Kanton Genf domizilierte Gesellschaft, die Software für den medizinischen Sektor entwickelt, ist Beschwerdeführerin in diesem Verfahren. Das Centre hospitalier universitaire vaudois (CHUV) und elf Waadtländer Regionalspitäler (vertreten durch die Fédération des hôpitaux vaudois informatique, FHVi) schrieben am 10. September 2024 eine öffentliche Ausschreibung für ein gemeinsames, neues elektronisches Patientendossier (EPD) aus. Hintergrund war die Einstellung der Unterstützung für das bestehende System "www" durch dessen Entwickler. Das neue EPD sollte sämtliche Spitalfachbereiche abdecken und unterlag internationalen Vereinbarungen. Die Teilnahme am Ausschreibungsverfahren war an 19 "essentielle" Anforderungen gebunden, darunter die Anforderung CE18, wonach der Anbieter mindestens zwei Einrichtungen erfolgreich bei der Erlangung der HIMSS EMRAM Stufe 7-Zertifizierung begleitet haben musste.

Die A._ SA focht diese Ausschreibung bereits am 30. September 2024 beim Waadtländer Kantonsgericht (Cour de droit administratif et public) an. Sie beantragte primär die Annullierung der Ausschreibung und die Durchführung separater Ausschreibungsverfahren für das CHUV und die einzelnen Regionalspitäler. Alternativ forderte sie die Streichung der Anforderung CE18 für die Regionalspitäler oder ein Verbot für die amerikanische Gesellschaft B._ systems, am Verfahren teilzunehmen oder den Zuschlag zu erhalten. Das Kantonsgericht wies die Beschwerde am 7. Januar 2025 ab. Dagegen reichte A.__ SA am 7. Februar 2025 sowohl eine Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten als auch eine subsidiäre Verfassungsbeschwerde beim Bundesgericht ein (Verfahren 2C_103/2025).

Parallel dazu stellte A.__ SA am 17. März 2025 ein Revisionsgesuch bezüglich des kantonalen Urteils vom 7. Januar 2025 beim Kantonsgericht. Das Kantonsgericht wies dieses Revisionsgesuch am 8. Mai 2025 ab. Gegen diese ablehnende Entscheidung des Revisionsgesuchs richtet sich die vorliegende Beschwerde beim Bundesgericht (Verfahren 2C_312/2025), ebenfalls als kombinierte Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten und subsidiäre Verfassungsbeschwerde.

2. Begründung des Bundesgerichts

2.1. Gesuch um Verfahrensvereinigung (Rz. 1) Die Beschwerdeführerin beantragte die Vereinigung der beiden parallel laufenden Verfahren (2C_103/2025 gegen das erste kantonale Urteil und 2C_312/2025 gegen die Ablehnung des Revisionsgesuchs). Das Bundesgericht lehnte dies ab. Es sah keinen Vorteil in einer Vereinigung, da die beiden Verfahren unterschiedliche kantonale Urteile betreffen und keine ähnlichen Rechtsfragen aufwerfen, was die Verständlichkeit der Entscheidungen eher erschweren würde. Eine Vereinigung stehe im Ermessen des Gerichts.

2.2. Zulässigkeit der Beschwerden (Rz. 2)

  • Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art. 83 lit. f BGG) (Rz. 2.1 - 2.1.4) Im Bereich des öffentlichen Beschaffungswesens ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten nur zulässig, wenn der angefochtene Entscheid eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufwirft (Ziff. 1) und der geschätzte Wert des zu vergebenden Auftrags den massgebenden Schwellenwert (Art. 52 Abs. 1 BöB, Anhang 4 Ziff. 2 BöB) übersteigt (Ziff. 2). Die zweite Bedingung (Wert des Auftrags) war mit mehreren hundert Millionen Franken unzweifelhaft erfüllt. Hinsichtlich der "Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung" zeigte sich das Bundesgericht restriktiv. Es genügt nicht, dass eine Frage vom Bundesgericht noch nicht entschieden wurde; sie muss eine charakteristische Unsicherheit aufweisen, die eine Klärung durch das höchste Gericht erfordert. Die Beschwerdeführerin argumentierte, das ursprüngliche kantonale Urteil vom 7. Januar 2025 werfe Grundsatzfragen auf. Das Bundesgericht hielt jedoch fest, dass Gegenstand der vorliegenden Beschwerde die Ablehnung eines Revisionsgesuchs gemäss kantonalem Verwaltungsrecht (LPA/VD) ist. Ein solches Urteil werfe keine spezifisch dem öffentlichen Beschaffungswesen zuzuordnende Grundsatzfrage auf, und die Revisionsproblematik sei in der Bundesgerichtspraxis bereits umfassend geklärt. Daher wurde die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten als unzulässig erklärt.

  • Subsidiäre Verfassungsbeschwerde (Art. 113 ff. BGG) (Rz. 2.2 - 2.2.3) Da die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten unzulässig war, kam die subsidiäre Verfassungsbeschwerde in Betracht. Das Bundesgericht bejahte deren Zulässigkeit:

    • Zwischenentscheid und irreparabler Nachteil (Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG): Die Ablehnung eines Revisionsgesuchs stellt einen Zwischenentscheid dar. Ein irreparabler Nachteil wurde bejaht, da die Beschwerdeführerin andernfalls in einem späteren Verfahren gegen einen allfälligen Zuschlagsentscheid nicht mehr die Rechtmässigkeit der Modalitäten der Ausschreibung, die durch die Ablehnung des Revisionsgesuchs indirekt bestätigt wurden, in Frage stellen könnte.
    • Weitere Zulässigkeitsvoraussetzungen: Fristgerechtigkeit, Formvorschriften, letzte kantonale Instanz und ein schutzwürdiges rechtliches Interesse der Beschwerdeführerin wurden ebenfalls bejaht.
  • Beschwerdegegenstand und Rügelegitimation (Rz. 2.4) Ein entscheidender Punkt betraf den Umfang des Beschwerdegegenstands. Das Bundesgericht stellte klar, dass der Streit vor ihm nicht erweitert oder verändert werden kann. Gegenstand der vorliegenden Beschwerde war ausschliesslich die Rechtmässigkeit der Ablehnung des Revisionsgesuchs des Kantonsgerichts vom 8. Mai 2025. Sollte die Beschwerde gutgeheissen werden, könnte das Bundesgericht lediglich das angefochtene Urteil und das ursprüngliche Urteil vom 7. Januar 2025 aufheben und die Sache zur Neubeurteilung des Revisionsgesuchs an die Vorinstanz zurückweisen. Folglich waren sämtliche Anträge der Beschwerdeführerin, die eine Annullierung der ursprünglichen Ausschreibung oder eine Neuauflage mit spezifischen Bedingungen (z.B. bzgl. CE18 oder Ausschluss von B.__ systems) zum Ziel hatten, unzulässig, da sie über den Gegenstand des Revisionsverfahrens hinausgingen.

2.3. Materiellrechtliche Prüfung der subsidiären Verfassungsbeschwerde

Die subsidiäre Verfassungsbeschwerde kann nur wegen Verletzung verfassungsmässiger Rechte erhoben werden (Art. 116 BGG). Die Rügen müssen detailliert begründet werden (Art. 106 Abs. 2 BGG).

  • Rüge der willkürlichen Sachverhaltsfeststellung (Art. 9 BV) (Rz. 4) Die Beschwerdeführerin beanstandete, das Kantonsgericht habe willkürlich festgestellt, dass ein von ihr vorgelegtes Video-Interview keinen Beweis für eine Vorentscheidung zugunsten von B._ systems darstelle. In dem Video hatte ein CHUV-Mitarbeiter erklärt, das CHUV werde "zu B._ wechseln".

    • Vorbringen der Beschwerdeführerin: Die Äusserung des CHUV-Mitarbeiters beweise, dass die Vergabestelle ihren künftigen Auftragnehmer bereits vorab ausgewählt habe.
    • Beurteilung des Bundesgerichts: Das Bundesgericht folgte dem Kantonsgericht, welches die Beweiswürdigung nicht als willkürlich erachtete. Das Kantonsgericht hatte festgestellt, dass der interviewte Mitarbeiter (C._) nur zu 20 % als "Informatik- und Statistikspezialist" beim CHUV angestellt und nicht in die Entscheidungsgremien oder das laufende Ausschreibungsverfahren involviert sei. Das Interview sei zudem privat geführt und habe sich primär mit Künstlicher Intelligenz im Gesundheitswesen befasst, nicht direkt mit dem EPD-Ausschreibungsverfahren. Das Bundesgericht bestätigte, dass es nicht willkürlich sei, die Äusserungen des Mitarbeiters als persönliche Meinung zu werten und nicht als Beweis für eine Vorentscheidung der Vergabestelle. Angesichts der bekannten Marktführerrolle von B._ systems sei es verständlich, dass Mitarbeiter solche Erwartungen äussern könnten, was aber keine Vorentscheidung bedeute. Die Rüge wurde als unbegründet abgewiesen.
  • Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art. 29 Abs. 2 BV) und willkürliche Anwendung von Art. 34 LPA/VD (Rz. 5) Die Beschwerdeführerin rügte, das Kantonsgericht habe ihr rechtliches Gehör verletzt, indem es auf die beantragte Befragung des Mitarbeiters C.__ verzichtet habe. Eine Befragung hätte Aufschluss darüber gegeben, was er mit seinen Äusserungen gemeint habe.

    • Vorbringen der Beschwerdeführerin: Eine Befragung sei unerlässlich gewesen, um die Bedeutung der Äusserungen zu klären und die Sachverhaltsfeststellung zu ergänzen.
    • Beurteilung des Bundesgerichts: Das Recht auf rechtliches Gehör umfasst das Recht auf Beweisanträge, jedoch kann eine Behörde im Rahmen einer antizipierten Beweiswürdigung auf weitere Beweismittel verzichten, wenn sie bereits aufgrund der vorliegenden Beweise eine Überzeugung gebildet hat und davon ausgeht, dass die weiteren Beweismittel diese Überzeugung nicht ändern würden. Das Bundesgericht befand, das Kantonsgericht habe nicht willkürlich gehandelt. Es habe argumentiert, dass die Aussagen des Mitarbeiters C.__ aufgrund seines Anstellungsverhältnisses beim CHUV nicht als "völlig unabhängig" und somit nicht als "wirklich beweiskräftig" angesehen werden könnten. Das Bundesgericht hob zudem hervor, dass die Beschwerdeführerin selbst zunächst gezögert hatte, die Befragung zu beantragen, aus Sorge, der Mitarbeiter würde sich nicht gegen seinen Arbeitgeber äussern. Es sei daher "unpassend", nun zu behaupten, die Befragung sei zwingend erforderlich gewesen. Die Rüge wurde als unbegründet abgewiesen.
  • Weitere Verfassungsrügen (Rz. 6) Andere von der Beschwerdeführerin vorgebrachte Rügen, insbesondere solche im Zusammenhang mit dem Recht auf ein faires Verfahren (Art. 29 Abs. 1 BV, Art. 6 EMRK), wurden vom Bundesgericht nicht behandelt, da sie sich gegen das erste kantonale Urteil vom 7. Januar 2025 richteten und somit ausserhalb des Gegenstands der vorliegenden Beschwerde lagen. Sie würden, sofern zulässig, im Verfahren 2C_103/2025 behandelt.

3. Entscheid des Bundesgerichts

Das Bundesgericht lehnte das Gesuch um Verfahrensvereinigung ab. Es erklärte die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten als unzulässig. Die subsidiäre Verfassungsbeschwerde wurde, soweit zulässig, abgewiesen. Die Gerichtskosten von CHF 10'000.- wurden der Beschwerdeführerin auferlegt. Die obsiegenden Vergabestellen (CHUV und FHVi) hatten keinen Anspruch auf Parteientschädigung, da sie in Ausübung ihrer amtlichen Aufgaben obsiegten.

Kurze Zusammenfassung der wesentlichen Punkte:

  1. Keine Verfahrensvereinigung: Das Bundesgericht lehnte die Zusammenlegung der beiden Beschwerdeverfahren der A.__ SA ab, da sie unterschiedliche kantonale Urteile betrafen.
  2. Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten unzulässig: Der Ablehnungsentscheid eines kantonalen Revisionsgesuchs im öffentlichen Beschaffungswesen wirft in diesem Fall keine "Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung" auf, wie es Art. 83 lit. f BGG für die Zulässigkeit dieser Beschwerdeart verlangt.
  3. Subsidiäre Verfassungsbeschwerde zugelassen, aber inhaltlich abgewiesen: Die subsidiäre Verfassungsbeschwerde war wegen eines "irreparablen Nachteils" zulässig. Ihr Gegenstand war jedoch strikt auf die Überprüfung der Ablehnung des Revisionsgesuchs begrenzt.
  4. Keine willkürliche Sachverhaltsfeststellung: Die Vorinstanz durfte die Aussagen eines CHUV-Mitarbeiters im Video-Interview als persönliche Meinung werten und nicht als Beweis für eine Vorentscheidung der Vergabestelle. Der Mitarbeiter war weder entscheidungsbefugt noch direkt in das Ausschreibungsverfahren involviert.
  5. Keine Verletzung des rechtlichen Gehörs: Der Verzicht auf die Befragung des Mitarbeiters C.__ war im Rahmen einer antizipierten Beweiswürdigung nicht willkürlich, insbesondere da die Beschwerdeführerin selbst die Beweiskraft einer solchen Befragung bezweifelte.
  6. Eingeschränkter Prüfungsrahmen: Das Bundesgericht konnte in diesem Verfahren nicht die Rechtmässigkeit der ursprünglichen Ausschreibung oder deren Bedingungen beurteilen, da dies über den Gegenstand der Überprüfung des Revisionsgesuchs hinausging.