Das Bundesgericht hatte im Urteil 1C_242/2025 vom 17. Oktober 2025 über eine Beschwerde von A.__ gegen die Wiederherstellung des rechtmässigen Zustands eines unbewilligt erstellten Unterstands zu befinden.
1. Sachverhalt und Verfahrensablauf
Der Beschwerdeführer A._ ist Eigentümer des Grundstücks Nr. 381 in der Gemeinde Noble-Contrée (ehemals Veyras). Im Jahr 2020 wurde die Gemeinde auf einen ohne Baubewilligung erstellten Unterstand (französisch: "couvert") von 44 m² auf diesem Grundstück aufmerksam. Die Gemeinde stellte fest, dass der Unterstand nicht nur unbewilligt war, sondern auch die kantonalen und kommunalen Grenzabstandsvorschriften verletzte. Die Eigentümer der südlich (Parzelle Nr. 383) und westlich (Parzelle Nr. 386) angrenzenden Grundstücke, B.B._ und C.B.__ (die Beschwerdegegner), forderten die Gemeinde auf, die Einhaltung der Vorschriften durchzusetzen.
Mit Schreiben vom 25. März 2021 ordnete die Gemeinde A.__ an, den rechtmässigen Zustand wiederherzustellen, indem er den strittigen Unterstand bis zum 15. Juni 2021 entweder abzubrechen oder unter Einhaltung der Grenzabstände zu verschieben. Im letzteren Fall wäre ein neues Baugesuch mit öffentlicher Auflage erforderlich gewesen.
A.__ rekurrierte gegen diese Wiederherstellungsverfügung beim Staatsrat des Kantons Wallis, der den Rekurs am 10. April 2024 abwies. Auch die dagegen gerichtete Beschwerde an den Kantonsgerichtshof des Kantons Wallis (öffentlich-rechtliche Abteilung) blieb erfolglos; dieser wies sie mit Urteil vom 17. März 2025 ab. Das Kantonsgericht verneinte namentlich eine Verletzung des rechtlichen Gehörs, bestätigte die Zuständigkeit der Gemeinde und erachtete die Grundsätze von Treu und Glauben, der Verhältnismässigkeit und der Gleichbehandlung als gewahrt.
Gegen dieses Urteil erhob A.__ Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beim Bundesgericht mit dem Antrag auf Aufhebung des angefochtenen Urteils und der Wiederherstellungsverfügung.
2. Zentrale rechtliche Erwägungen des Bundesgerichts
Das Bundesgericht prüfte die vom Beschwerdeführer vorgebrachten Rügen und verwarf diese in den meisten Punkten als unbegründet oder ungenügend substanziiert.
2.1. Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art. 29 Abs. 2 BV)
Der Beschwerdeführer machte geltend, sein Anspruch auf rechtliches Gehör sei verletzt worden, da das Kantonsgericht die Einvernahme von D._ (einem Gemeindeangestellten, mit dem er 2019 über den Unterstand korrespondiert hatte) und B.B._ (einem Beschwerdegegner) abgelehnt habe.
- Antizipierte Beweiswürdigung: Das Bundesgericht erinnerte daran, dass das rechtliche Gehör das Recht auf Beibringung relevanter Beweismittel umfasst, jedoch nicht verhindert, dass ein Gericht die Instruktion beendet, wenn es aufgrund einer antizipierten Beweiswürdigung zur Überzeugung gelangt ist, dass weitere Beweismittel seinen Entscheid nicht beeinflussen würden (BGE 145 I 167 E. 4.1). Eine solche antizipierte Beweiswürdigung kann vor Bundesgericht nur unter dem Gesichtspunkt der Willkür (Art. 9 BV) gerügt werden, was eine klare und detaillierte Begründung nach Art. 106 Abs. 2 BGG erfordert.
- Auskunft des Gemeindeangestellten: Das Kantonsgericht hatte festgestellt, dass die Auskunft von D.__ in einer E-Mail vom 15. März 2019 klar festhielt, dass "ein auf 3 Seiten offener Unterstand keiner Bewilligungspflicht [unterliege] (Kantonales Gesetz)". Der Beschwerdeführer hatte jedoch einen auf zwei Seiten offenen Unterstand errichtet. Das Bundesgericht befand, die Kritik des Beschwerdeführers erschöpfe sich in der blossen Behauptung, die Einvernahme könne "den Schleier lüften", ohne aufzuzeigen, inwiefern die Beweiswürdigung des Kantonsgerichts willkürlich sei.
- Einvernahme des Nachbarn: Auch bezüglich der Einvernahme des Beschwerdegegners B.B.__, der angeblich seine Zustimmung zum Bau gegeben habe, erachtete das Bundesgericht die Kritik als appellatorisch. Der Beschwerdeführer habe keine Gründe genannt, weshalb die mündliche Aussage des Nachbarn von dessen schriftlichen Erklärungen abweichen sollte.
- Unzureichende Begründung: Eine weitere Rüge, das Kantonsgericht habe die Frage der Verhältnismässigkeit nicht geprüft, wies das Bundesgericht zurück, da das Urteil im Erwägungsgrund 7 ausdrücklich eine solche Prüfung vornahm.
Folglich erklärte das Bundesgericht die Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs als unzulässig oder unbegründet.
2.2. Rüge der Verletzung kantonalen Rechts (Zuständigkeit der Gemeinde)
Der Beschwerdeführer bestritt die Zuständigkeit der Gemeinde für die Wiederherstellungsverfügung. Er argumentierte, die Gemeinde befinde sich in einem Interessenkonflikt, da einer ihrer Angestellten ihm zuvor eine Auskunft erteilt habe. Die Zuständigkeit hätte daher bei der kantonalen Baukommission (CCC) nach Art. 2 Abs. 3 des Walliser Baugesetzes (LC) liegen müssen.
- Beschränkte Prüfungsbefugnis: Das Bundesgericht prüft die Anwendung von kantonalem und kommunalem Recht nur unter dem eingeschränkten Gesichtspunkt der Willkür (BGE 147 I 433 E. 4.2). Eine Entscheidung ist willkürlich, wenn sie eine klare und unbestrittene Norm oder einen Rechtsgrundsatz grob verletzt oder das Gerechtigkeits- und Billigkeitsempfinden in stossender Weise widerspricht.
- Anwendung von Art. 2 Abs. 3 LC: Das Kantonsgericht hatte gestützt auf den Gesetzestext und die Botschaft zur Gesetzesänderung festgestellt, dass Art. 2 Abs. 3 LC nur dann greift, wenn die Gemeinde Eigentümerin des Grundstücks ist oder durch ein dingliches Recht in das Projekt involviert ist. Die angebliche "Garantie" oder Auskunft eines Gemeindeangestellten erfüllt diese Voraussetzungen nicht und begründet keinen Interessenkonflikt im Sinne dieser Bestimmung. Die Argumentation des Beschwerdeführers, die Gemeinde habe ihren eigenen Mitarbeiter "desavouiert" und sei daher in einem Interessenkonflikt, wurde als bloss appellatorisch und nicht geeignet zur Begründung von Willkür erachtet.
Das Bundesgericht wies daher die Rüge der Verletzung kantonalen Rechts ab.
2.3. Rüge der Verletzung des Grundsatzes von Treu und Glauben (Art. 5 Abs. 3, Art. 9 BV)
Der Beschwerdeführer sah in der E-Mail des Gemeindeangestellten D.__ vom 15. März 2019 eine verbindliche Zusicherung, auf die er vertraut habe.
- Voraussetzungen des Vertrauensschutzes: Das Bundesgericht rief die kumulativen Voraussetzungen für den Vertrauensschutz nach Art. 9 BV in Verbindung mit Art. 5 Abs. 3 BV in Erinnerung (BGE 150 I 1 E. 4.1):
- Die Behörde, die die Auskunft erteilt hat, muss dazu zuständig sein oder vom Bürger aus hinreichenden Gründen als zuständig betrachtet werden dürfen.
- Die Auskunft muss sich auf eine konkrete Angelegenheit beziehen, die den Bürger betrifft.
- Der Bürger durfte die Unrichtigkeit der Auskunft nicht leicht erkennen.
- Der Bürger muss aufgrund der Auskunft Dispositionen getroffen haben, die er nicht ohne Nachteil rückgängig machen kann.
- Die Rechtslage muss sich seit der Auskunftserteilung nicht geändert haben.
- Anwendung im vorliegenden Fall:
- Zuständigkeit: Der Gemeindeangestellte D.__ war nicht zuständig für die Erteilung von Baubewilligungen, und der Beschwerdeführer konnte ihn auch nicht als dazu befugt ansehen.
- Konkretheit der Auskunft und Dispositionen: Die E-Mail bezog sich auf einen "auf 3 Seiten offenen" Unterstand, während der Beschwerdeführer einen "auf 2 Seiten offenen" Unterstand baute. Zudem bezog sich die Auskunft auf die "mise à l'enquête" (öffentliche Auflage), nicht aber auf die Bewilligungspflicht als solche. Dies bedeutet, dass die Auskunft nicht dazu berechtigte, gänzlich ohne Baubewilligung zu bauen. Der Beschwerdeführer hatte seine Handlungsweise nicht gemäss der erhaltenen Auskunft ausgerichtet.
Angesichts dieser Umstände sah das Bundesgericht die Voraussetzungen für den Vertrauensschutz nicht erfüllt und wies die Rüge als unbegründet (und teilweise ungenügend substanziiert gemäss Art. 106 Abs. 2 BGG) ab.
2.4. Rüge der Verletzung der Eigentumsgarantie (Art. 26 BV) und des Verhältnismässigkeitsprinzips
Der Beschwerdeführer monierte, die Wiederherstellungsverfügung stelle eine Verletzung seiner Eigentumsgarantie dar, da kein öffentliches Interesse an der Wiederherstellung des rechtmässigen Zustands bestehe oder sein privates Interesse überwiege und die Massnahme nicht verhältnismässig sei.
- Ungenügende Substantiierung: Das Bundesgericht stellte fest, dass die Kritik des Beschwerdeführers appellatorisch sei und nicht den erhöhten Begründungsanforderungen von Art. 106 Abs. 2 BGG für Verfassungsrügen genüge. Er habe nicht dargelegt, inwiefern sein privates Interesse die vom Kantonsgericht genannten öffentlichen Interessen überwiegen sollte.
- Fait accompli: Das Bundesgericht erinnerte daran, dass jemand, der die Behörde vor vollendete Tatsachen stellt, erwarten muss, dass diese sich mehr um die Wiederherstellung eines rechtmässigen Zustands kümmert als um die Vermeidung der für ihn daraus resultierenden Nachteile (BGE 123 II 248 E. 4a; Urteil 1C_179/2024 vom 10. Februar 2025 E. 4.2).
Diese Rüge wurde daher als unzulässig erklärt.
2.5. Rüge der Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes (Art. 8 Abs. 1 BV)
Schliesslich machte der Beschwerdeführer eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes geltend, indem er auf eine Pergola verwies, die die Beschwerdegegner auf einem Nachbargrundstück errichtet hätten und die ebenfalls die Grenzabstände nicht einhalte, ohne dass die Gemeinde deren Wiederherstellung angeordnet hätte.
- Gleichheit im Unrecht: Das Bundesgericht betonte, dass der Grundsatz der Legalität grundsätzlich dem Grundsatz der Gleichbehandlung vorgeht. Ein Bürger kann sich nur dann auf Gleichheit im Unrecht berufen, wenn die Behörde in einer konstanten Praxis vom Gesetz abweicht und keine überwiegenden öffentlichen oder privaten Interessen der Einhaltung der Legalität entgegenstehen (BGE 146 I 105 E. 5.3.1).
- Vergleichbarkeit der Fälle: Das Kantonsgericht hatte festgestellt, dass der Unterstand des Beschwerdeführers die Grenzabstände erheblich verletzte (62 cm, 2.37 m, 1.79 m statt 4 m). Die Pergola der Beschwerdegegner hingegen befand sich 3.73 m von der Grenze entfernt und hatte ein vollständiges Baubewilligungsverfahren durchlaufen. Die Fälle waren somit nicht vergleichbar. Zudem konnte der Beschwerdeführer keine konstante Praxis der Gemeinde nachweisen, die Grenzabstandsvorschriften zu ignorieren.
Die Rüge der Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes wurde daher als unbegründet abgewiesen.
3. Schlussfolgerung und Entscheid
Aufgrund der dargelegten Erwägungen wies das Bundesgericht die Beschwerde in dem geringen Umfang ihrer Zulässigkeit ab. Die Gerichtskosten wurden dem Beschwerdeführer auferlegt, und er wurde zur Zahlung einer Parteientschädigung an die obsiegenden Beschwerdegegner verpflichtet.
Zusammenfassung der wesentlichen Punkte:
- Unbewilligter Bau und Grenzabstandsverletzung: Der Beschwerdeführer hatte einen 44 m² grossen Unterstand ohne Baubewilligung errichtet, der zudem die kantonalen Grenzabstandsvorschriften erheblich verletzte.
- Keine Verletzung des rechtlichen Gehörs: Die Ablehnung weiterer Beweismittel durch das Kantonsgericht wurde vom Bundesgericht als zulässige antizipierte Beweiswürdigung bestätigt, da die vorgebrachten Argumente appellatorisch und nicht genügend substanziiert waren.
- Zuständigkeit der Gemeinde bestätigt: Die Gemeinde war für die Wiederherstellungsverfügung zuständig. Eine angebliche Auskunft eines Gemeindeangestellten führte nicht zu einem Interessenkonflikt im Sinne des kantonalen Baugesetzes, der die Zuständigkeit einer höheren Instanz begründet hätte.
- Kein Vertrauensschutz: Die Bedingungen für den Vertrauensschutz in eine angebliche Zusicherung eines Gemeindeangestellten waren nicht erfüllt. Die Auskunft bezog sich auf eine andere Bauweise (offen auf 3 Seiten vs. gebaut auf 2 Seiten) und auf die öffentliche Auflage, nicht auf die grundsätzliche Bewilligungspflicht, und der Auskunftgebende war nicht baubewilligungszuständig.
- Eigentumsgarantie und Verhältnismässigkeit nicht verletzt: Die Rüge der Verletzung der Eigentumsgarantie und der Unverhältnismässigkeit der Wiederherstellungsverfügung wurde mangels Substantiierung als unzulässig erachtet. Wer ein rechtswidriges fait accompli schafft, muss die Wiederherstellung des rechtmässigen Zustands in Kauf nehmen.
- Keine Gleichbehandlung im Unrecht: Die Fälle des Beschwerdeführers und der Beschwerdegegner (Pergola) waren nicht vergleichbar, da die Verletzung der Grenzabstände unterschiedlich schwerwiegend war und die Pergola ein vollständiges Bewilligungsverfahren durchlaufen hatte. Eine konstante Praxis der Gemeinde, die Vorschriften zu ignorieren, wurde nicht nachgewiesen.
Das Bundesgericht wies die Beschwerde ab und bestätigte die Wiederherstellungsverfügung der Gemeinde.