Zusammenfassung von BGer-Urteil 4A_270/2025 vom 15. Oktober 2025

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Gerne fasse ich das bereitgestellte Urteil des schweizerischen Bundesgerichts detailliert zusammen:

Detaillierte Zusammenfassung des Bundesgerichtsurteils 4A_270/2025 vom 15. Oktober 2025

1. Parteien und Gegenstand Die A._ AG (Beschwerdeführerin, Beklagte) mit Sitz in V._, tätig im Immobilien- und Treuhandbereich, reichte Beschwerde gegen ein Urteil des Kantonsgerichts Luzern ein. Beschwerdegegnerin ist die B._ AG (Klägerin), Herstellerin und Vertreiberin von Betonwaren mit Sitz in U._. Gegenstand des Verfahrens ist eine werkvertragliche Streitigkeit betreffend die Bezahlung von Balkonelementen aus Beton.

2. Sachverhalt (Kurzfassung) Die Parteien schlossen im September 2011 einen Werkvertrag über die Lieferung von Balkonelementen. Die Klägerin stellte am 13. Juni 2012 ihre Schlussrechnung über Fr. 218'803.70 aus. Die Beklagte bezahlte die Rechnung nicht, forderte Nachbesserung wegen angeblicher Mängel und liess diese später mittels Ersatzvornahme beheben. Eine 2016 von der Beklagten erhobene Klage auf Kostenübernahme ist nicht Gegenstand dieses Verfahrens. Die Klägerin klagte ihrerseits am 8. April 2021 auf Zahlung des Restwerklohnes von Fr. 218'803.70 nebst Zins (Hauptantrag) oder eventualiter auf Feststellung eines Verrechnungsanspruchs. Das Bezirksgericht Kriens verpflichtete die Beklagte zur Zahlung von Fr. 161'495.-- nebst Zins. Das Kantonsgericht Luzern bestätigte dieses Urteil mit Entscheid vom 5. Mai 2025.

3. Rechtliche Würdigung durch das Bundesgericht

Das Bundesgericht hatte im Wesentlichen vier Rügen der Beschwerdeführerin zu prüfen.

3.1. Rüge des Leistungsverweigerungsrechts (Art. 82 OR) * Argument der Beschwerdeführerin: Die Vorinstanz habe zu Unrecht ein von der Beschwerdeführerin geltend gemachtes "Rückbehaltungsrecht" im Sinne von Art. 82 OR verneint. Sie habe die Bezahlung der Restwerklohnforderung wegen mangelhafter Balkonelemente verweigert, und dies sei den Parteien bekannt gewesen, insbesondere durch ein Schreiben ihres Rechtsanwalts aus dem Jahr 2013, welches das "Rückbehaltungsrecht" festhielt und von der Beschwerdegegnerin in ihrer Klage sogar zitiert wurde, wodurch es prozessual anerkannt worden sei. * Begründung der Vorinstanz: Das Gericht dürfe Art. 82 OR nicht von Amtes wegen berücksichtigen. Der Schuldner müsse sich zumindest konkludent auf sein Leistungsverweigerungsrecht berufen. Eine solche Berufung sei im vorinstanzlichen Verfahren nicht erfolgt; die Ausführungen der Beschwerdeführerin zu Mängeln seien im Zusammenhang mit der Verjährungseinrede bzw. dem entstandenen Schaden erfolgt. * Entscheid des Bundesgerichts: Das Bundesgericht bestätigte die Sichtweise der Vorinstanz. Es hielt fest, dass Art. 82 OR eine anspruchshemmende Einrede darstellt, die prozesskonform erhoben werden muss (BGE 127 III 199 E. 3a). Die Feststellungen zum Prozesssachverhalt sind für das Bundesgericht grundsätzlich bindend (Art. 105 Abs. 2 BGG). Die Beschwerdeführerin konnte nicht willkürlich darlegen, dass sie die Einrede hinreichend erhoben hatte. Ein blosses Zitat aus einem Schreiben einer Drittperson durch die Gegenpartei in deren Rechtsschrift stellt keine automatische prozessuale Anerkennung des Inhalts dar. Es sei auch nicht ersichtlich, weshalb die Klägerin ein Leistungsverweigerungsrecht der Beklagten hätte anerkennen sollen, da sie sonst auf ihre Klage hätte verzichten können. Die vorinstanzliche Feststellung, dass die Einrede nach Art. 82 OR nicht erhoben wurde, wurde somit bestätigt.

3.2. Rüge widersprüchlicher Anträge der Klägerin (Doppelte Begründung) * Argument der Beschwerdeführerin: Die Vorinstanz sei fälschlicherweise davon ausgegangen, dass die Klägerin ihre Restwerklohnforderung selbstständig durchsetzen wolle, obwohl sie diese gemäss Klage primär nur verrechnungsweise der Hauptforderung der Beklagten entgegenstellen wollte. * Begründung der Vorinstanz: Die Vorinstanz stützte ihren Entscheid auf zwei selbstständige Begründungen: Einerseits sei der Einwand der angeblich widersprüchlichen Anträge verspätet vorgebracht worden (Hauptbegründung), weshalb darauf nicht einzutreten sei. Andererseits (Eventualbegründung) habe die Klägerin klar betont, dass sie ihre Forderung selbstständig durchsetzen wolle. * Entscheid des Bundesgerichts: Das Bundesgericht stellte fest, dass die Beschwerdeführerin sich in ihrer Beschwerde nur mit der Eventualbegründung auseinandersetzt und die Hauptbegründung der Vorinstanz, die für sich allein den Rechtsstreit hätte beenden können, nicht oder nicht rechtsgenüglich anficht (BGE 149 III 318 E. 3.1.3). Folglich konnte auf diese Rüge nicht eingetreten werden.

3.3. Rüge der Verjährungsfrist (Art. 128 Ziff. 3 OR vs. Art. 127 OR) * Argument der Beschwerdeführerin: Die Vorinstanz habe zu Unrecht die zehnjährige Verjährungsfrist (Art. 127 OR) anstatt der fünfjährigen Frist für Forderungen aus Handwerksarbeiten (Art. 128 Ziff. 3 OR) angewendet. Sie habe überhöhte Substanziierungsanforderungen gestellt. * Begründung der Vorinstanz: Auch hier gab es eine Haupt- und eine Eventualbegründung. In der Hauptbegründung führte die Vorinstanz aus, die Beschwerdeführerin habe in ihrer Klageantwort nicht substanziiert dargelegt, weshalb die Restwerklohnforderung eine Forderung aus Handwerksarbeit darstellen soll. Daher könne von der Beschwerdegegnerin auch keine substanziierte Bestreitung verlangt werden. Eventualiter wurden die Balkonelemente als nicht unter den Begriff der Handwerksarbeit fallend beurteilt. * Entscheid des Bundesgerichts: Das Bundesgericht bekräftigte, dass die behauptungsbelastete Partei (hier die Beschwerdeführerin für die kürzere Verjährungsfrist gemäss Art. 8 ZGB) die Tatsachen, die unter die das Begehren stützenden Normen fallen, zumindest in ihren wesentlichen Zügen behaupten muss (Art. 55 Abs. 1 ZPO; BGE 136 III 322 E. 3.4.2). Da die Beschwerdeführerin nach den verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz "mit keinem Wort" begründet hatte, weshalb die strittige Forderung der fünfjährigen Frist unterliegen sollte, sei sie ihrer Substanziierungslast nicht hinreichend nachgekommen. Das Bundesgericht hielt die Hauptbegründung der Vorinstanz für zutreffend, wodurch ein Eingehen auf die Eventualbegründung entfiel.

3.4. Rüge der Verzugszinsen (Art. 102 OR, SIA-Norm 118) * Argument der Beschwerdeführerin: Sie sei nicht zur Zahlung von Verzugszinsen verpflichtet, da die Beschwerdegegnerin sie zuvor nie in Verzug gesetzt habe (fehlende Mahnung). Sie verwies auf Art. 190 SIA-Norm 118, wonach eine Mahnung erforderlich sei und der letzte Tag der Frist kein Verfalltag. Auch sei die Fälligkeit gemäss Art. 155 Abs. 1 SIA-Norm 118 erst mit dem Prüfbescheid der Bauleitung eingetreten. * Begründung der Vorinstanz: Die Forderung sei am 5. Juli 2012 fällig geworden. Die Parteien hätten in ihrem Werkvertrag die Offerte vom 24. August 2011 zum Vertragsbestandteil gemacht, welche die Bezahlung des Werklohns innert 30 Tagen vorsah. Zudem sei in der Schlussrechnung die Zahlungskondition "45 Tage netto" angegeben worden. Dies stelle einen festen Verfalltag dar, weshalb eine Mahnung nicht erforderlich gewesen sei (Art. 102 Abs. 2 OR). Ausgehend vom Fälligkeitsdatum 5. Juli 2012 ergab sich der 18. August 2012 als Verfalltag. * Entscheid des Bundesgerichts: Das Bundesgericht bestätigte die vorinstanzliche Argumentation. Es präzisierte, dass der Schuldnerverzug zwar grundsätzlich eine Mahnung voraussetzt (Art. 102 Abs. 1 OR), es sei denn, ein fester Verfalltag sei vereinbart worden (Art. 102 Abs. 2 OR). Die im Vertrag einbezogene Offerte und die Schlussrechnung mit der Zahlungsfrist "45 Tage netto" stelle eine individualvertragliche Abrede eines festen Verfalltages dar. Diese individuelle Abrede überlagere die subsidiäre Regelung der SIA-Norm 118 (Art. 190 Abs. 1 SIA-Norm 118), die zwar grundsätzlich eine Mahnung fordert, aber Art. 102 Abs. 2 OR als Ausnahme explizit zulässt. Die Auslegung der Vorinstanz, wonach der 18. August 2012 als Verfalltag feststehe und somit ab dem 19. August 2012 Verzugszinsen geschuldet seien, wurde als bundesrechtskonform bestätigt.

4. Endentscheid Das Bundesgericht wies die Beschwerde in Zivilsachen ab, soweit darauf eingetreten werden konnte. Die unterliegende Beschwerdeführerin wurde kosten- und entschädigungspflichtig.

Kurze Zusammenfassung der wesentlichen Punkte:

  1. Leistungsverweigerungsrecht (Art. 82 OR): Das Bundesgericht bestätigte, dass die Beschwerdeführerin die Einrede des Leistungsverweigerungsrechts nicht prozesskonform erhoben hatte. Ein blosser Hinweis oder Zitat durch die Gegenpartei stellt keine Geltendmachung oder prozessuale Anerkennung dar.
  2. Unangefochtene Hauptbegründung: Das Bundesgericht trat auf Rügen, die sich gegen die Eventualbegründung der Vorinstanz richteten, nicht ein, da die zugrundeliegende, unangefochtene Hauptbegründung (z.B. verspäteter Einwand) den Entscheid bereits trug.
  3. Verjährung (Substanziierungslast): Die Beschwerdeführerin kam ihrer Substanziierungslast nicht nach, indem sie nicht begründete, weshalb die Werklohnforderung als "Handwerksarbeit" (Art. 128 Ziff. 3 OR) qualifiziert werden sollte. Die Hauptbegründung der Vorinstanz, die die fehlende Substanziierung rügte, wurde bestätigt, wodurch die zehnjährige Verjährungsfrist zur Anwendung kam.
  4. Verzugszinsen (Verfalltag): Das Bundesgericht bestätigte die Verpflichtung zur Zahlung von Verzugszinsen, da die Parteien mit der "45 Tage netto"-Frist einen festen Verfalltag individualvertraglich vereinbart hatten (Art. 102 Abs. 2 OR). Dies überlagert die Regelung der SIA-Norm 118, die grundsätzlich eine Mahnung vorsieht, aber die Ausnahme des Verfalltags anerkennt.