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Das vorliegende Urteil des Bundesgerichts (4A_43/2025) vom 20. Oktober 2025 befasst sich mit einer Beschwerde in Zivilsachen gegen ein Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich vom 6. Dezember 2024. Streitgegenstand ist die Werkeigentümerhaftung gemäss Art. 58 des Obligationenrechts (OR) im Zusammenhang mit einem Verkehrsunfall auf dem Autobahnstummel A3W ("Sihlhochstrasse") in Zürich. Die Beschwerdeführerin, A.__ SPA, Eigentümerin eines Autobusses, verlangt von der Schweizerischen Eidgenossenschaft (Beschwerdegegnerin), handelnd durch das Bundesamt für Strassen (ASTRA), Schadenersatz für den Totalschaden an ihrem Fahrzeug. Das Obergericht wies die Hauptklage ab und hiess eine negative Feststellungswiderklage der Eidgenossenschaft gut, womit es feststellte, dass der Klägerin keine Forderung zusteht. Die Beschwerdeführerin beantragte vor Bundesgericht die Aufhebung des vorinstanzlichen Urteils und die Gutheissung ihrer Klage.
2. SachverhaltAm 16. Dezember 2018, in den frühen Morgenstunden und bei winterlichen Verhältnissen mit Schneefall und schneebedeckter Fahrbahn, lenkte der Fahrer eines Autobusses der A.__ SPA auf der A3W in Zürich auf den links von der Fahrbahn befindlichen Autobahnstummel, der bogenförmig nach rechts verläuft. Der Bus kollidierte mit einer Betonmauer am Ende des Stummels, wobei zwei Insassen starben und weitere Personen verletzt wurden. Am Autobus entstand Totalschaden. Die Beschwerdegegnerin ist unbestritten Werkeigentümerin des Autobahnabschnitts gemäss Art. 8 des Bundesgesetzes über die Nationalstrassen (NSG).
3. Massgebende Rechtsgrundlagen und Prüfungsrahmen 3.1. Werkeigentümerhaftung nach Art. 58 ORDas Bundesgericht rekurriert auf seine ständige Rechtsprechung zur Werkeigentümerhaftung gemäss Art. 58 Abs. 1 OR. Demnach hat der Eigentümer eines Werks den Schaden zu ersetzen, den dieses infolge von fehlerhafter Anlage, Herstellung oder mangelhafter Unterhaltung verursacht. Ein Werkmangel liegt vor, wenn das Werk beim bestimmungsgemässen Gebrauch keine genügende Sicherheit bietet (BGE 130 III 736 E. 1.3; 126 III 113 E. 2a/cc). Die Beurteilung erfolgt nach objektiven Gesichtspunkten, unter Berücksichtigung des Verwendungszwecks des Werks und der vom Eigentümer vernünftigerweise zu erwartenden Massnahmen. Der Werkeigentümer muss nicht mit einem bestimmungswidrigen Gebrauch rechnen.
Wichtige Schranken der Sicherungspflicht bilden: * Selbstverantwortung: Der Eigentümer muss nicht jeder erdenklichen Gefahr vorbeugen. Risiken, die von den Benützern mit einem Mindestmass an Vorsicht vermieden werden können, dürfen ausser Acht gelassen werden (BGE 130 III 736 E. 1.3). * Zumutbarkeit: Die Kosten zur Beseitigung von Mängeln oder Anbringung von Sicherheitsvorrichtungen müssen in einem vernünftigen Verhältnis zum Schutzinteresse und dem Zweck des Werks stehen (BGE 130 III 736 E. 1.3).
Der Beweis für einen Werkmangel obliegt demjenigen, der sich auf Art. 58 OR beruft (Art. 8 ZGB).
3.2. Besondere Anforderungen an StrassenFür öffentliche Strassen gelten die allgemeinen Grundsätze der Werkeigentümerhaftung, jedoch mit Modifikationen. Von Strasseneigentümern dürfen keine allzu strengen Anforderungen bezüglich Anlage und Unterhalt gestellt werden, da ein Strassennetz nicht im gleichen Mass wie ein einzelnes Gebäude unterhalten werden kann (BGE 130 III 736 E. 1.4; 102 II 343 E. 1c). Es genügt, dass die Strasse bei Anwendung gewöhnlicher Sorgfalt ohne Gefahr benützt werden kann. Die Hauptverantwortung liegt beim Verkehrsteilnehmer, sein Verhalten den Strassenverhältnissen anzupassen, was das Sorgfaltsmass des Strasseneigentümers herabsetzt (BGE 130 III 736 E. 1.4). Die Zumutbarkeit von Sicherheitsvorkehrungen wird zudem differenziert beurteilt, je nachdem, ob es sich um eine Autobahn, eine verkehrsreiche Hauptstrasse oder einen Feldweg handelt. Ein Werkmangel kann auch im Fehlen einer notwendigen Signalisation von Gefahren liegen, die bei zumutbarer Aufmerksamkeit nicht rechtzeitig erkannt werden können (BGE 4A_479/2015 E. 6.1).
3.3. Prozessuale BesonderheitenDas Bundesgericht legt seinem Urteil den von der Vorinstanz festgestellten Sachverhalt zugrunde (Art. 105 Abs. 1 BGG) und kann diesen nur berichtigen oder ergänzen, wenn er offensichtlich unrichtig (willkürlich) ist oder auf einer Rechtsverletzung beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG). Neue Tatsachen und Beweismittel sind vor Bundesgericht grundsätzlich unzulässig (Art. 99 Abs. 1 BGG), es sei denn, erst der angefochtene Entscheid gebe dazu Anlass.
4. Rügen der Beschwerdeführerin und Erwägungen des Bundesgerichts 4.1. Ablehnung einer PraxisänderungDie Beschwerdeführerin rügte, die vorinstanzlich angewandte bundesgerichtliche Rechtsprechung, die bei Strassen einen weniger strengen Massstab als bei anderen Werken anlegt, sei in der Lehre zu Recht kritisiert worden. Das Bundesgericht wies diese Rüge ab. Es stellte fest, dass die Beschwerdeführerin die Voraussetzungen für eine Praxisänderung (vgl. BGE 145 III 303 E. 4.1.2) nicht im Ansatz darzulegen vermochte. Zudem äusserte das Bundesgericht Zweifel, ob der von der Beschwerdeführerin zitierte Autor tatsächlich einen strengeren Massstab fordere oder vielmehr die inkonsistente Anwendung von Kriterien auf verschiedene Werksarten kritisiere. Damit hielt das Bundesgericht an seiner etablierten Rechtsprechung fest.
4.2. Unvollständige Sachverhaltsfeststellung und willkürliche WürdigungDie Beschwerdeführerin beanstandete, die Vorinstanz habe den rechtserheblichen Sachverhalt unvollständig erhoben bzw. willkürlich gewürdigt und das ausserordentlich hohe Unfallpotential der fraglichen Stelle nicht hinreichend berücksichtigt. Das Bundesgericht verneinte dies. Es führte aus, dass die Vorinstanz die Umstände (bauliche Situation, Strassenverhältnisse, frühere Unfälle) durchaus berücksichtigt habe. Bei der Beurteilung der erforderlichen Sicherheitsvorkehrungen handle es sich um einen Ermessensentscheid des Sachgerichts, in den das Bundesgericht nur bei offensichtlicher Unbilligkeit oder grundloser Abweichung von anerkannten Grundsätzen eingreife (BGE 130 III 193 E. 2.3). Eine solche Ermessensüberschreitung habe die Beschwerdeführerin nicht dargelegt.
4.3. Relevanz der LärmschutzwandDie Beschwerdeführerin argumentierte, die Lärmschutzwand suggeriere optisch eine Weiterführung der Autobahn in Richtung Stummel und erhöhe somit die Gefährlichkeit. Das Bundesgericht schloss sich der Ansicht der Vorinstanz an, dass eine Lärmschutzwand keine Signalisation darstellt und anderen Zwecken dient. Ein Verkehrsteilnehmer könne sich bei bestimmungsgemässem Gebrauch einer Strasse nicht auf deren Verlauf zur Orientierung verlassen.
4.4. Sichtbarkeit der BodenmarkierungenDie Beschwerdeführerin rügte, die Vorinstanz habe die mangelnde Sichtbarkeit der Bodenmarkierungen zu Unrecht als unbeachtlich erachtet. Das Bundesgericht bestätigte, dass die Vorinstanz offengelassen habe, ob die Bodenmarkierungen sichtbar waren. Dies, weil sie zum Schluss kam, dass selbst bei deren Unsichtbarkeit kein Werkmangel vorläge. Die vorhandenen zwei Überkopfschilder (eines 500 Meter vor dem Streifenabbau, ein zweites unmittelbar beim Abbau) hätten den Verkehrsteilnehmern klar signalisieren müssen, dass fortan nur noch zwei Fahrstreifen bestehen.
4.5. Bedeutung früherer UnfälleDie Beschwerdeführerin sah in früheren Unfällen an derselben Stelle einen Hinweis auf einen Werkmangel. Das Bundesgericht verwarf diese Rüge, da die Beschwerdeführerin nicht hinreichend aufgezeigt habe, dass diese Unfälle eine vergleichbare Konstellation aufwiesen, aus der eine zwingende Verwechslungsgefahr betreffend den Verlauf der Fahrstreifen abzuleiten gewesen wäre. Es sei denkbar, dass andere Ursachen (z.B. übersetzte Geschwindigkeit) zu den Unfällen geführt hätten, zumal es sich um einen vielbefahrenen Autobahnabschnitt handle.
4.6. Bedeutung des RechtsfahrgebotsDie Beschwerdeführerin wandte ein, das Rechtsfahrgebot beziehe sich ausschliesslich auf ein allfälliges Verschulden des Fahrers und entlaste die Werkeigentümerin nicht. Das Bundesgericht widersprach dieser Ansicht vehement. Es hob hervor, dass das Rechtsfahrgebot (Art. 34 und Art. 35 des Strassenverkehrsgesetzes, SVG) entscheidend für die Frage ist, wie das Werk bestimmungsgemäss zu gebrauchen ist, und somit in die Prüfung des Werkmangels (namentlich der zumutbaren Aufmerksamkeit des Verkehrsteilnehmers) miteinzubeziehen ist. Die Vorinstanz habe dieses Gebot überzeugend in ihre Beurteilung einbezogen. Die Behauptungen der Beschwerdeführerin zu abweichendem Fahrverhalten bei hohem Verkehrsaufkommen um 4 Uhr morgens wurden zudem als verspätet abgewiesen.
4.7. Massnahmen nach dem Unfall (Jersey-Elemente)Die Beschwerdeführerin führte an, die nachträgliche Abtrennung des Stummels mit Jersey-Elementen aus Beton sei als Eingeständnis eines Werkmangels zu werten. Das Bundesgericht wies dies zurück. Es sei nicht massgebend, ob nachträglich höhere Sicherheit hätte geschaffen werden können, sondern ob die vor dem Unfall getroffenen Massnahmen ausreichend waren. Aus nachträglichen Verbesserungen kann in der Regel kein Eingeständnis eines zuvor bestehenden Mangels abgeleitet werden, um Werkeigentümer nicht davon abzuhalten, präventive Massnahmen zur Vermeidung zukünftiger Unfälle zu ergreifen (vgl. Urteile 4C.53/2000 E. 4d; BREHM, Berner Kommentar, N. 64a zu Art. 58 OR).
5. Schlussfolgerung des BundesgerichtsDas Bundesgericht kam zum Ergebnis, dass die Beschwerdeführerin nicht darzulegen vermochte, dass die Vorinstanz einen Werkmangel des streitgegenständlichen Autobahnabschnitts zu Unrecht verneint hat. Die vorinstanzliche Würdigung der Situation und die Verneinung eines Werkmangels wurden als bundesrechtskonform befunden. Die Beschwerde wurde daher abgewiesen, soweit darauf eingetreten wurde.
6. Kurze Zusammenfassung der wesentlichen Punkte