Zusammenfassung von BGer-Urteil 5A_55/2025 vom 29. Oktober 2025

Es handelt sich um ein experimentelles Feature. Es besteht keine Gewähr für die Richtigkeit der Zusammenfassung.

Gerne fasse ich das bereitgestellte Urteil des schweizerischen Bundesgerichts (5A_55/2025 vom 29. Oktober 2025) detailliert zusammen:

Einleitung und Verfahrensüberblick

Das Urteil betrifft eine Beschwerde in Zivilsachen des Vaters (A._, Beschwerdeführer) gegen ein Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich (Vorinstanz) vom 29. November 2024. Gegenstand sind Unterhalt und weitere Kinderbelange, insbesondere die elterliche Obhut und der persönliche Verkehr (Besuchsrecht) für den 2017 geborenen Sohn (C._). Die Eltern sind unverheiratet und trennten sich während der Schwangerschaft.

Ursprünglich hatten sich die Eltern auf die gemeinsame elterliche Sorge und ein ausgedehntes Besuchsrecht des Vaters geeinigt, das unter anderem Besuche jeden Montag, jedes zweite Wochenende (Fr-Mo) und vier Wochen Ferien umfasste. Das Bezirksgericht Bülach (Erstinstanz) hatte am 21. Dezember 2021 die alternierende Obhut angeordnet, die Erziehungsgutschriften hälftig verteilt und eine entsprechende Unterhaltsregelung getroffen, die auch Phasen vorsah, in denen die Mutter dem Vater Unterhalt schulden sollte.

Gegen dieses Urteil erhob die Mutter (B.__, Beschwerdegegnerin) Berufung beim Obergericht und beantragte die alleinige Obhut. Im Verlauf des obergerichtlichen Verfahrens erstattete die Mutter (und weitere Personen) Gefährdungsmeldungen und eine Strafanzeige gegen den Vater wegen mutmasslichen physischen und sexuellen Missbrauchs des Sohnes. Dies führte zunächst zu einer richterlichen Beschränkung des Besuchsrechts auf begleitete Kontakte. Nachdem sich die Vorwürfe nicht bestätigten und die Staatsanwaltschaft das Verfahren einstellte, wurde dem Vater wieder ein unbegleitetes, wenngleich eingeschränktes Besuchsrecht (jedes zweite Samstag von 9:00 bis 19:00 Uhr) eingeräumt.

Das Obergericht entschied schliesslich am 29. November 2024, die alleinige Obhut der Mutter zuzusprechen und regelte das Kontaktrecht des Vaters (zunächst eingeschränkt, dann jedes zweite Wochenende Sa-Mo Schulbeginn, Feiertage, vier Wochen Ferien). Die Erziehungsgutschriften wurden der Mutter angerechnet und der Vater zur Leistung von Kindesunterhaltsbeiträgen an die Mutter verpflichtet, wobei die Beträge im Vergleich zum erstinstanzlichen Urteil durchweg höher ausfielen und keine Phasen mehr vorgesehen waren, in denen die Mutter Unterhalt schulden sollte.

Der Beschwerdeführer (Vater) beantragte vor Bundesgericht primär die Aufhebung des obergerichtlichen Entscheids und die Bestätigung der erstinstanzlichen Anordnung der alternierenden Obhut. Eventualiter verlangte er die alternierende Obhut mit leicht abweichenden Unterhaltsbeiträgen und Subeventualiter eine bestimmte, ebenfalls ausgedehnte Besuchsrechtsregelung.

Kognition des Bundesgerichts und prozedurale Aspekte

Das Bundesgericht prüft Rechtsverletzungen mit freier Kognition, ist aber an den vorinstanzlich festgestellten Sachverhalt gebunden, es sei denn, dieser sei offensichtlich unrichtig (willkürlich) oder beruhe auf einer anderen Bundesrechtsverletzung (Art. 105 Abs. 1, 97 Abs. 1 BGG). Bei Ermessensentscheiden, wie sie im Kindesrecht häufig sind (Art. 4 ZGB), greift das Bundesgericht nur ein, wenn die Vorinstanz von ihrem Ermessen falschen Gebrauch gemacht hat, d.h., sie von anerkannten Grundsätzen abwich, unzulässige Gesichtspunkte berücksichtigte oder rechtserhebliche Umstände ausser Acht liess, oder das Ergebnis offensichtlich unbillig ist (BGE 142 III 612 E. 4.5).

Das Bundesgericht trat auf die vom Beschwerdeführer nach Fristablauf eingereichten echten Noven (Art. 99 Abs. 1 BGG) sowie auf neue, über den ursprünglich in der Berufung gestellten Antrag hinausgehende Unterhaltsbegehren (Art. 99 Abs. 2 BGG) nicht ein.

Massgebende Punkte und rechtliche Argumente

  1. Zur Anordnung der alternierenden Obhut (E. 3):

    • Rechtliche Grundlagen: Das Bundesgericht rekapitulierte die Kriterien für die Anordnung der alternierenden Obhut (BGE 142 III 612 E. 4.3): Erziehungsfähigkeit beider Eltern, Kommunikations- und Kooperationsfähigkeit, geografische Situation, Stabilität und Kontinuität der Betreuung, Alter des Kindes, Wunsch des Kindes, Einbettung in das soziale Umfeld. Die Erziehungsfähigkeit ist stets notwendige Voraussetzung.
    • Erziehungsfähigkeit: Die Vorinstanz bejahte die grundsätzliche Erziehungsfähigkeit beider Elternteile, stellte aber bei beiden eine eingeschränkte Bindungstoleranz aufgrund der gegenseitigen Ablehnung fest. Die vom Beschwerdeführer gerügte willkürliche Sachverhaltsfeststellung oder Beweiswürdigung in Bezug auf die Erziehungsfähigkeit der Mutter wies das Bundesgericht zurück. Der psychodiagnostische Befund betraf das Kind, nicht die Eltern, und die Schlussfolgerungen des Beschwerdeführers aus dem Strafverfahren wurden als nicht haltbar erachtet.
    • Stabilität und Kontinuität: Die Vorinstanz sah die (neue) Stabilität bzw. Kontinuität der Verhältnisse als gegen die alternierende Obhut sprechend an, da das Besuchsrecht aufgrund der Missbrauchsvorwürfe eingeschränkt war. Der Beschwerdeführer rügte, dies sei eine unbillige Konsequenz der falschen Anschuldigungen der Mutter, die darauf abgezielt hätten, eine alternierende Obhut zu verhindern. Das Bundesgericht hielt dem entgegen, dass Entscheidungen über die Obhut allein dem Kindeswohl dienen und nicht dazu, Elternteile zu belohnen oder zu bestrafen (Urteil 5A_928/2022 E. 4). Massgebend sei die aktuelle Situation. Da ohnehin nie eine alternierende Betreuung bestanden habe und die Mutter stets die Hauptbezugsperson war, sei die Argumentation der Vorinstanz nicht zu beanstanden.
    • Geografische Distanz: Die Vorinstanz gewichtete die Distanz von 16.6 km (ca. 25 Min. Autofahrt) zwischen den Wohnorten als gegen die alternierende Obhut sprechend, da das Kind fünf- bis sechsmal pro Woche hätte chauffiert werden müssen, was für ein Schulkind weder zweckmässig noch zumutbar sei. Der Beschwerdeführer rügte, diese pauschale Schlussfolgerung sei nicht nachvollziehbar und stehe im Widerspruch zur bundesgerichtlichen Rechtsprechung, wonach solche Distanzen nicht per se unzumutbar seien (Urteil 5A_345/2020 E. 5.4.1 und 5.4.3). Das Bundesgericht gab dem Beschwerdeführer hier Recht: Die Vorinstanz habe ihre Schlussfolgerung nicht genügend begründet, indem sie nicht dargelegt habe, weshalb die Fahrten für das konkrete Kind unzumutbar wären.
    • Kommunikations- und Kooperationsfähigkeit: Die Vorinstanz verneinte die für eine alternierende Obhut notwendige Kommunikations- und Kooperationsfähigkeit aufgrund der tiefen Feindseligkeit und Hochstreitigkeit der Elternbeziehung, insbesondere seit den Missbrauchsvorwürfen. Die Kommunikation erfolge primär über den Beistand. Das Bundesgericht bestätigte diese Einschätzung. Es sei zwar denkbar, dass eine Kommunikation über den Beistand ausreichen kann, doch die vorliegend festgestellte hochstrittige und belastete Elternbeziehung rechtfertige die Annahme fehlender Kooperationsfähigkeit, insbesondere bei einem schulpflichtigen Kind und der gegebenen Distanz (E. 3.1). Die vom Beschwerdeführer vorgebrachten Argumente, die Mutter sei für den Kontaktabbruch verantwortlich, wurden als unzulässige Abweichung vom Sachverhalt zurückgewiesen oder als irrelevant für das Kindeswohl erachtet.
    • Gesamtfazit zur alternierenden Obhut: Trotz der mangelhaften Begründung hinsichtlich der geografischen Distanz erachtete das Bundesgericht den vorinstanzlichen Entscheid, die alternierende Obhut abzulehnen, im Ergebnis als nicht zu beanstanden, da die mangelnde Stabilität der Verhältnisse und insbesondere die fehlende Kommunikations- und Kooperationsfähigkeit der Eltern stark gegen eine alternierende Obhut sprechen.
  2. Zu den Unterhaltsbeiträgen (Feststellung der Zahlungen) (E. 4):

    • Der Beschwerdeführer rügte eine Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art. 29 Abs. 2 BV) und der Untersuchungsmaxime (Art. 296 Abs. 1 ZPO), weil die Vorinstanz ihm keine Frist zur Einreichung der von ihm offerierten Zahlungsbelege für bereits geleisteten Unterhalt angesetzt hatte.
    • Das Bundesgericht wies diese Rüge zurück. Der Beschwerdeführer sei seiner Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen, indem er die Belege trotz Ankündigung nicht eingereicht habe und die von der Beschwerdegegnerin eingereichten Belege nicht als unvollständig gerügt habe. Die Untersuchungsmaxime entbindet die Parteien nicht von ihrer Mitwirkungspflicht.
  3. Zur Ausgestaltung des persönlichen Verkehrs (Besuchsrecht) (E. 5):

    • Der Beschwerdeführer rügte, die Vorinstanz habe grundlos von den gutachterlichen Empfehlungen (ausgedehntes Besuchsrecht wie ursprünglich vereinbart) abgewichen und nur ein eingeschränktes Besuchsrecht angeordnet, obwohl die Missbrauchsvorwürfe nicht bestätigt wurden. Dies stelle einen Ermessensfehler und eine willkürliche Verletzung des Anspruchs auf persönlichen Verkehr dar.
    • Das Bundesgericht gab dem Beschwerdeführer hier Recht (teilweise Gutheissung). Es hielt fest, dass die Vorinstanz zwar nicht primär an Gutachten gebunden sei. Jedoch habe sie ihren Entscheid zur Ausgestaltung des Besuchsrechts nicht ansatzweise begründet. Es sei nicht ersichtlich, weshalb nach der Entkräftung der Missbrauchsvorwürfe nicht an das vor den Vorwürfen gelebte und zwischen den Parteien vereinbarte, ausgedehntere Kontaktrecht angeknüpft werden konnte. Diese fehlende Begründung stelle eine Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art. 29 Abs. 2 BV) dar. Die Angelegenheit wurde daher zur Neubeurteilung des persönlichen Verkehrs an die Vorinstanz zurückgewiesen.

Entscheid und Kostenfolgen

Die Beschwerde wurde teilweise gutgeheissen. Dispositiv-Ziffer 2 des vorinstanzlichen Urteils, betreffend die Ausgestaltung des persönlichen Verkehrs zwischen Vater und Sohn, wurde aufgehoben und die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückgewiesen. Im Übrigen wurde die Beschwerde abgewiesen.

Angesichts des geringen Obsiegens des Beschwerdeführers wurden ihm drei Viertel (Fr. 4'500.--) und der Beschwerdegegnerin ein Viertel (Fr. 1'500.--) der Gerichtskosten auferlegt. Der Beschwerdeführer hat die Beschwerdegegnerin mit einer reduzierten Parteientschädigung von Fr. 3'000.-- zu entschädigen.

Zusammenfassung der wesentlichen Punkte:

Das Bundesgericht bestätigte die Ablehnung der alternierenden Obhut durch die Vorinstanz, da die mangelnde Kooperations- und Kommunikationsfähigkeit der Eltern sowie die aktuelle (nicht primär durch die Missbrauchsvorwürfe verursachte) Instabilität der Verhältnisse das Kindeswohl bei einer alternierenden Obhut gefährden würden. Die Rüge der unzureichenden Begründung zur geografischen Distanz allein vermochte das Gesamtergebnis bezüglich der Obhut nicht zu ändern. Eine Rüge betreffend die Feststellung der bereits gezahlten Unterhaltsbeiträge wies das Bundesgericht aufgrund fehlender Mitwirkung des Beschwerdeführers zurück. Hingegen gab das Bundesgericht dem Beschwerdeführer Recht bezüglich der Ausgestaltung des persönlichen Verkehrs: Es hob die vom Obergericht angeordnete Besuchsrechtsregelung auf und wies die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurück, da die Vorinstanz ihren Entscheid, von einem früher ausgedehnten Kontaktrecht abzuweichen, nach Entkräftung der Missbrauchsvorwürfe nicht ausreichend begründet hatte, was eine Verletzung des rechtlichen Gehörs darstellt.