Zusammenfassung von BGer-Urteil 7B_760/2024 vom 2. Oktober 2025

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Gerne fasse ich das Urteil des Schweizerischen Bundesgerichts 7B_760/2024 und 7B_761/2024 vom 2. Oktober 2025 detailliert zusammen.

Detaillierte Zusammenfassung des Urteils des Schweizerischen Bundesgerichts 7B_760/2024 und 7B_761/2024 vom 2. Oktober 2025

1. Einleitung und Verfahrensvereinigung Das Bundesgericht befasste sich in den vorliegenden, aufgrund ihres engen sachlichen Zusammenhangs zu einem Verfahren vereinigten Beschwerden (Art. 71 BGG i.V.m. Art. 24 Abs. 2 lit. b BZP), mit zwei separaten Beschwerden der Beschwerdeführerin A.__. Diese richteten sich gegen Beschlüsse des Obergerichts des Kantons Zug vom 4. Juni 2024, welche Ausstandsgesuche gegen eine Staatsanwältin sowie Beschwerden gegen die Einstellung zweier Strafverfahren abwiesen.

2. Sachverhalt und Verfahrenshistorie Die Beschwerdeführerin A._ ersuchte 2017 die IV-Stelle Zürich um eine Invaliditätsrentenrevision. Im Zuge dessen wurden Begutachtungen bei der C._ AG und bei Dr. med. B._ veranlasst. Im Dezember 2020 erstattete A._ Strafanzeige wegen Urkundenfälschung, sexueller Belästigung und weiterer Delikte gegen die Verantwortlichen der C._ AG (insbesondere Prof. Dr. med. D._) und Dr. med. B.__.

Die Staatsanwaltschaft des Kantons Zug (I. Abteilung) eröffnete daraufhin Strafuntersuchungen. Sie stellte beide Verfahren zunächst mit Verfügungen vom 25. März 2022 (C._ AG) und 12. September 2022 (Dr. med. B._) ein. Das Obergericht des Kantons Zug hob diese Einstellungsverfügungen mit Beschlüssen vom 4. November 2022 teilweise auf und wies die Staatsanwaltschaft an, den Verdacht einer Urkundenfälschung im Amt, insbesondere auch eine fahrlässige Tatbegehung, weiter abzuklären.

In der Folge stellte A.__ wiederholt Ausstandsgesuche gegen die untersuchende Staatsanwältin Monika Häfliger Arnold. Diese Gesuche wurden sowohl vom Obergericht als auch, soweit darauf eingetreten wurde, vom Bundesgericht (Urteil 7B_938/2023 vom 31. Januar 2024) abgewiesen.

Nach den gerichtlichen Rückweisungen stellte die Staatsanwaltschaft mit zwei separaten Verfügungen vom 22. September 2023 beide Strafverfahren erneut ein. A._ reichte dagegen Beschwerde beim Obergericht ein und beantragte unter anderem die Übertragung der Strafuntersuchung an eine unbefasste, eventuell ausserkantonale Staatsanwaltschaft. Das Obergericht wertete diese Anträge als erneute Ausstandsgesuche gegen Staatsanwältin Häfliger Arnold und wies diese sowie die Beschwerden gegen die Einstellung mit Beschlüssen vom 4. Juni 2024 ab. Dagegen gelangte A._ an das Bundesgericht.

3. Rechtliche Begründung des Bundesgerichts

3.1. Beschwerdelegitimation der Privatklägerschaft (Art. 81 Abs. 1 BGG) Das Bundesgericht prüfte zunächst die Beschwerdelegitimation der Beschwerdeführerin als Privatklägerin. Gemäss Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG ist die Privatklägerschaft zur Beschwerde in Strafsachen nur berechtigt, wenn sich der angefochtene Entscheid auf die Beurteilung ihrer Zivilansprüche auswirken kann. Als Zivilansprüche gelten solche, die ihren Grund im Zivilrecht haben (z.B. Schadenersatz und Genugtuung nach Art. 41 ff. OR). Öffentlich-rechtliche Ansprüche, wie solche aus dem Staatshaftungsrecht, können nicht adhäsionsweise im Strafprozess geltend gemacht werden und begründen keine Legitimation.

Das Bundesgericht stellte fest, dass die Beschwerdeführerin ihre Legitimation lediglich mit der allgemeinen Behauptung begründet hatte, sie sei geschädigt worden. Sie erklärte jedoch ausdrücklich, "keine Zivilforderung oder Zivilklage eingereicht" zu haben. Da die Beschwerdeführerin weder ihre Zivilansprüche substantiiert und beziffert hatte, noch aufgrund der untersuchten Straftat (Handlung im Auftrag einer IV-Stelle) solche Ansprüche ohne Weiteres ersichtlich waren, verneinte das Bundesgericht die Beschwerdelegitimation der Beschwerdeführerin in der Sache selbst (materiell).

3.2. Legitimation zur Rüge von Verfahrensrechten ("Star-Praxis") Ungeachtet der mangelnden Legitimation in der Sache, hielt das Bundesgericht fest, dass die Beschwerdeführerin gemäss seiner "Star-Praxis" berechtigt ist, die Verletzung von Verfahrensrechten zu rügen, die ihr nach dem Verfahrensrecht, der Bundesverfassung oder der EMRK zustehen und deren Missachtung eine formelle Rechtsverweigerung darstellt. Dies betrifft Rügen, die formeller Natur sind und von der Prüfung der Sache getrennt werden können. Die Beschwerdeführerin rügte eine Verletzung ihres rechtlichen Gehörs und die Ablehnung ihrer Ausstandsgesuche, weshalb das Bundesgericht auf die Beschwerden insoweit eintrat.

3.3. Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art. 318 Abs. 1 StPO) Die Beschwerdeführerin monierte, sie sei über die bevorstehende Einstellung der Strafverfahren nicht informiert worden, was eine Verletzung ihres rechtlichen Gehörs und von Art. 318 Abs. 1 StPO darstelle. Gemäss Art. 318 Abs. 1 StPO muss die Staatsanwaltschaft den Parteien den bevorstehenden Abschluss der Untersuchung schriftlich ankündigen und ihnen eine Frist zur Stellung von Beweisanträgen setzen. Diese behördliche Pflicht ist Teil des Anspruchs auf rechtliches Gehör und grundsätzlich zwingend. Das Bundesgericht liess offen, ob die Staatsanwaltschaft der Beschwerdeführerin tatsächlich keine solche Schlussverfügung zugestellt hatte. Entscheidend war, dass die Beschwerdeführerin weder vor der Vorinstanz noch vor Bundesgericht dargelegt hatte, welche Beweisanträge sie noch hätte stellen wollen. Wenn keine Beweisanträge beabsichtigt waren, sei nicht ersichtlich, inwiefern sich die angebliche Unterlassung zu ihrem Nachteil ausgewirkt haben könnte. Eine Rückweisung wegen eines solchen Formfehlers hätte lediglich zu einem "formalistischen Leerlauf" und unnötigen Verzögerungen geführt. Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs wurde somit mangels kausalen Nachteils verneint.

3.4. Ausstandsgesuch gegen Staatsanwältin Monika Häfliger Arnold (Art. 56 lit. f StPO) Die Beschwerdeführerin hielt die Staatsanwältin Häfliger Arnold weiterhin für befangen. Sie rügte im Wesentlichen, die Staatsanwältin habe sich trotz gegenteiliger Anweisung des Obergerichts geweigert, die Strafverfahren mit der gebotenen Tiefe durchzuführen, sei nicht gewillt gewesen, die Delikte zu untersuchen, habe falsche Begründungen in den Einstellungsverfügungen geliefert und die Verfahren verschleppt, wodurch eine Verjährung eingetreten sei. Zudem habe sie die Beschwerdeführerin nicht über den Abschluss der Untersuchung informiert. Das Bundesgericht verwies auf seine ständige Rechtsprechung zu Art. 56 lit. f StPO, wonach Befangenheit angenommen wird, wenn objektiv Umstände vorliegen, die Misstrauen in die Unparteilichkeit einer Untersuchungsleitung erwecken können. Dies ist jedoch nicht leichthin anzunehmen und erfordert "besonders krasse oder ungewöhnlich häufige Fehlleistungen", die eine "schwere Verletzung der Amtspflichten" darstellen und sich "einseitig zulasten einer der Prozessparteien" auswirken. Gegen beanstandete Verfahrenshandlungen seien primär die zur Verfügung stehenden Rechtsmittel auszuschöpfen. Die Rügen der Beschwerdeführerin wurden vom Bundesgericht aus verschiedenen Gründen abgewiesen: * Ein Grossteil der Kritik setzte nicht an den Erwägungen der Vorinstanz an (Verletzung der Rügepflicht gemäss Art. 42 Abs. 2 BGG). * Teile der Kritik zielten direkt auf die materiellen Einstellungsverfügungen ab, für deren Anfechtung die Beschwerdeführerin mangels Legitimation nicht befugt war. * Der grundsätzliche Vorwurf der mangelnden Untersuchungsbereitschaft war bereits rechtskräftig mit dem Bundesgerichtsurteil 7B_938/2023 vom 31. Januar 2024 entschieden und abgewiesen worden. * Betreffend die angebliche Verschleppung der Strafverfahren wegen fahrlässiger Urkundenfälschung im Amt stellte das Bundesgericht fest, dass dieser Straftatbestand nach den unkritisierten Ausführungen der Vorinstanz bereits vor den gerichtlichen Rückweisungsbeschlüssen vom 4. November 2022 (nämlich am 11. Februar 2022 bzw. 2. Juni 2021) verjährt war. Somit konnte Staatsanwältin Häfliger Arnold nach dem 4. November 2022 keine Untätigkeit mehr vorgeworfen werden, die zur Verjährung geführt hätte. * Der verbleibende Vorwurf, die Beschwerdeführerin sei vor der Einstellung der Verfahren nicht über den Abschluss der Untersuchungen informiert worden, stellte isoliert betrachtet keine "krasse oder ungewöhnlich häufige Fehlleistung" dar, die einen Ausstandsgrund begründen würde. Folglich sah das Bundesgericht keine Rechtsverletzung seitens der Vorinstanz bei der Abweisung der Ausstandsgesuche.

4. Ergebnis und Kosten Die Beschwerden wurden, soweit darauf eingetreten werden konnte, abgewiesen. Die Gesuche um unentgeltliche Rechtspflege der Beschwerdeführerin wurden ebenfalls abgewiesen, da die Rechtsbegehren von vornherein als aussichtslos erachtet wurden (Art. 64 Abs. 1 BGG). Die Gerichtskosten von Fr. 1'200.-- wurden der Beschwerdeführerin auferlegt, wobei ihrer finanziellen Situation Rechnung getragen wurde (Art. 65 Abs. 2 BGG).

Zusammenfassung der wesentlichen Punkte:

  1. Keine Legitimation in der Sache: Das Bundesgericht verneinte die Legitimation der Beschwerdeführerin als Privatklägerin zur materiellen Anfechtung der Einstellungsentscheide, da sie keine konkreten Zivilansprüche substantiiert hatte und solche auch nicht offensichtlich waren.
  2. Legitimation für Verfahrensrechte: Die Beschwerdeführerin war jedoch gemäss der "Star-Praxis" zur Rüge formeller Verfahrensrechte (Verletzung des rechtlichen Gehörs, Ausstand) legitimiert.
  3. Keine Verletzung des rechtlichen Gehörs: Der Vorwurf, nicht über den Abschluss der Untersuchung informiert worden zu sein (Art. 318 Abs. 1 StPO), wurde verworfen, da die Beschwerdeführerin keinen konkreten Nachteil (z.B. nicht gestellte Beweisanträge) darlegen konnte.
  4. Keine Befangenheit der Staatsanwältin: Die Ausstandsgesuche gegen die Staatsanwältin wurden abgewiesen. Massgebliche Gründe waren die ungenügende Begründung der Rügen, die bereits erfolgte rechtskräftige Abweisung ähnlicher Vorwürfe, und die Tatsache, dass die behauptete Verjährung der relevanten Delikte bereits vor den gerichtlichen Rückweisungen eingetreten war. Die fehlende Information über den Verfahrensabschluss allein reichte nicht für die Annahme einer krassen Amtspflichtverletzung aus.
  5. Beschwerden abgewiesen: Das Bundesgericht wies die Beschwerden ab und verweigerte die unentgeltliche Rechtspflege aufgrund der Aussichtslosigkeit der Rechtsbegehren.