Zusammenfassung von BGer-Urteil 1C_568/2024 vom 30. Oktober 2025

Es handelt sich um ein experimentelles Feature. Es besteht keine Gewähr für die Richtigkeit der Zusammenfassung.

Gerne fasse ich das bereitgestellte Urteil des Schweizerischen Bundesgerichts detailliert zusammen:

Parteien: * Beschwerdeführende: A._ und B._, vertreten durch Rechtsanwalt Michael Schumacher. * Gegenparteien: Gemeinde Beromünster, Regierungsrat des Kantons Luzern (vertreten durch das Bau-, Umwelt- und Wirtschaftsdepartement), Kantonsgericht Luzern.

Gegenstand: Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten richtet sich gegen ein Urteil des Kantonsgerichts Luzern betreffend die Gesamtrevision der Ortsplanung der Gemeinde Beromünster, insbesondere die Festsetzung einer Verkehrszone für eine geplante kantonale Strassenumfahrung.

I. Sachverhalt und Verfahrensgeschichte

Die Stimmberechtigten der Gemeinde Beromünster beschlossen am 27. November 2022 eine Gesamtrevision der Ortsplanung (bestehend aus Zonenplan Siedlung, Zonenpläne Landschaft Nord und Süd sowie Bau- und Zonenreglement (BZR)). Diese Revision diente unter anderem der Umsetzung der Interkantonalen Vereinbarung über die Harmonisierung der Baubegriffe (IVHB) und der Zusammenführung der Ortsplanungen fusionierter Ortsteile.

Ein zentraler Punkt der Revision war die Festsetzung einer Verkehrszone für die geplante Ost- und Westumfahrung des Ortskerns ("Fleckens") von Beromünster. Diese Umfahrung ist Gegenstand eines kantonalen Strassenprojekts, das bereits vom 23. August bis 21. September 2021 öffentlich aufgelegt worden war. Beromünster ist im Bundesinventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz von nationaler Bedeutung (ISOS) als Kleinstadt/Flecken eingetragen.

Das Grundstück Nr. 139 der Beschwerdeführenden liegt in der Ortskernumgebungszone und im Perimeter der überlagernden Ortsbildschutzzone. Ein südlicher Streifen dieser Parzelle kommt mit der Revision in die neu festgesetzte Verkehrszone zu liegen.

Die Beschwerdeführenden erhoben Verwaltungsbeschwerde gegen den Beschluss vom 27. November 2022. Der Regierungsrat des Kantons Luzern genehmigte am 9. Januar 2024 die Ortsplanungsrevision und wies die Beschwerden ab. Auch das Kantonsgericht Luzern wies die Beschwerde der Grundeigentümer am 12. August 2024 ab, soweit es darauf eintrat. Dagegen wurde Beschwerde an das Bundesgericht erhoben.

II. Wesentliche Rechtsfragen und Argumente des Bundesgerichts

1. Beschränkung der Beschwerdebefugnis (E. 3)

Die Beschwerdeführenden rügten eine unzulässige Einschränkung ihrer Beschwerdebefugnis im vorinstanzlichen Verfahren, da das Kantonsgericht auf ihre Rügen zu Auswirkungen der Ortsplanungsrevision auf das ISOS-Schutzobjekt ohne direkten Bezug zu ihrem Grundstück Nr. 139 (z.B. durch die Umsetzung der IVHB) nicht eingetreten sei.

  • Rechtliche Grundlage: Gemäss Art. 33 Abs. 3 lit. a RPG und Art. 111 Abs. 1 BGG muss die kantonale Legitimation dem Umfang von Art. 89 Abs. 1 BGG entsprechen. Danach ist ein schutzwürdiges Interesse nur gegeben, wenn ein praktischer Nutzen aus dem Obsiegen resultiert und nicht lediglich ein allgemeines öffentliches Interesse an der richtigen Rechtsanwendung verfolgt wird (BGE 141 II 50 E. 2.1).
  • Begründung des Bundesgerichts: Das Bundesgericht stellte fest, dass die Beschwerdeführenden unstreitig zur Anfechtung der ihr Grundstück betreffenden Verkehrszone befugt sind. Ihre pauschale Rüge, das ISOS sei generell ungenügend berücksichtigt worden, ohne konkreten Bezug zu ihrem Grundstück oder schlüssige Darlegung eines praktischen Nutzens (z.B. dass eine ISOS-Rüge bzgl. IVHB-Umsetzung die Verkehrszone aufheben würde), genügt den Anforderungen an ein schutzwürdiges Interesse nicht. Das Kantonsgericht durfte die Beschwerdebefugnis auf die Verkehrszone für die neue Umfahrungsstrasse beschränken.

2. Verletzung des rechtlichen Gehörs (E. 4)

Die Beschwerdeführenden machten geltend, der Regierungsrat sei auf Teile ihrer Verwaltungsbeschwerde nicht eingetreten, was eine Verletzung des rechtlichen Gehörs darstelle.

  • Hintergrund: Die Beschwerdeführenden reichten mehrere Eingaben ein, darunter zwei identische, als "Verwaltungsbeschwerde" bezeichnete Schreiben (datiert 18. September 2022) am 14. Dezember 2022, sowie eine gemeinsam unterzeichnete Verwaltungsbeschwerde am 17. Dezember 2022. Der Regierungsrat behandelte die beiden ersteren Eingaben als blosse Wiederholung der früheren Einsprachen und nahm sie als ergänzende Begründung zur Beschwerde vom 17. Dezember 2022 entgegen, ohne formell darüber zu entscheiden.
  • Begründung des Bundesgerichts: Das Bundesgericht hielt fest, dass an die Begründung einer Verwaltungsbeschwerde, insbesondere durch Laien und bei einem nicht begründeten Stimmberechtigtenentscheid, keine hohen Anforderungen gestellt werden dürfen. Die Frage, ob die blosse Wiederholung einer Einsprache als Begründung genügt, liess es jedoch offen. Entscheidend war, dass die Beschwerdeführenden eine fristgerechte, ausführlich begründete Beschwerde vom 17. Dezember 2022 eingereicht hatten, auf die der Regierungsrat materiell eingetreten ist. Die früheren Eingaben wurden zudem nicht ignoriert, sondern als ergänzende Begründung berücksichtigt. Ein Nachteil für die Beschwerdeführenden sei dadurch nicht entstanden und auch nicht dargelegt worden. Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs wurde verneint.

3. Umfassende Interessenabwägung und ISOS-Berücksichtigung bei Festsetzung der Verkehrszone (E. 5)

Dies bildete den Kern der bundesgerichtlichen Prüfung. Die Beschwerdeführenden rügten eine fehlende umfassende Interessenabwägung gemäss Art. 3 RPV und eine ungenügende Berücksichtigung des ISOS bei der Festsetzung der Verkehrszone. Sie argumentierten, die Verkehrszone sei eine definitive Umzonung und präjudiziere das Strassenprojekt, weshalb eine detaillierte ISOS-Prüfung bereits im Nutzungsplanverfahren erforderlich gewesen wäre, insbesondere angesichts der geplanten Brücke über die Wyna.

  • Position der Vorinstanzen:

    • Regierungsrat: Die Verkehrszone sei lediglich zu Harmonisierungszwecken mit einem Bundes-Geoinformationsmodell eingeführt worden und bezwecke nicht, materiell über die Bewilligungsfähigkeit einer Strasse zu entscheiden. Sie habe keine eigenständige oder präjudizierende Bedeutung für das Strassenprojekt. Gemäss Luzerner Planungs- und Baugesetz (§ 52 Abs. 2 PBG/LU) verweise die Strassengesetzgebung auf das Projektbewilligungsverfahren (§§ 67 ff. StrG/LU), in dem alle notwendigen Begutachtungen und Interessenabwägungen (z.B. UVP, Variantenprüfung, ENHK-Gutachten) zu behandeln seien. Die Verkehrszone sei auch keine raumplanerische Voraussetzung für das Strassenbauprojekt. Die vorgängige Festlegung sei zulässig und zweckmässig, aber nicht zwingend.
    • Kantonsgericht: Stützte die Auffassung, dass die Verkehrszone vorgängig zur Bewilligung eines Strassenprojekts festgesetzt werden kann, wobei ihr eine sichernde Funktion zukomme, ähnlich einer Planungszone. Über bauliche Massnahmen und deren Auswirkungen auf das Ortsbild werde jedoch erst im strassenrechtlichen Projektbewilligungsverfahren entschieden. Es sei zulässig gewesen, von einer vertieften Auseinandersetzung mit dem ISOS im Nutzungsplanverfahren abzusehen, da die Sach- und Rechtslage nicht mit Sondernutzungsplänen (wie Gestaltungsplänen mit starkem Projektbezug, vgl. Urteil 1C_328/2020 vom 22. März 2022) vergleichbar sei.
  • Begründung des Bundesgerichts (E. 5.6-5.9):

    1. Trennung der Verfahrenskompetenzen: Die Rechtsauffassung der Vorinstanzen, dass Kantonsstrassen keiner vorgängigen Festlegung einer Verkehrszone im kommunalen Nutzungsplan bedürfen, sei korrekt. Das kantonale Strassengesetz (StrG/LU) sehe für Planung, Projektierung und Sicherung von Strassen eigenständige Instrumente (Strassenplan, Strassenprojekt, Baulinien, Planungszonen) vor. Die Kompetenz für Kantonsstrassen liege allein beim Kanton (Regierungsrat), der die gesamthafte Interessenabwägung vornehme und auch die erforderlichen bundesrechtlichen Spezialbewilligungen erteile, einschliesslich der Prüfung des NHG und allenfalls des Einholens von ENHK-Gutachten.
    2. Sicherungsfunktion der Verkehrszone: Zum Zeitpunkt der kommunalen Beschlussfassung waren bereits Baulinien durch den kantonalen Strassenplan festgelegt (seit 2007/2012), und mit der öffentlichen Auflage des Strassenprojekts (2021) war eine kantonale Planungszone in Kraft getreten. Die kommunale Verkehrszone war daher nicht erforderlich, um eine planerische Grundlage oder den Raum für das Strassenprojekt zu sichern. Ihre eigenständige Bedeutung käme ihr nur zu, wenn das kantonale Strassenprojekt scheitern sollte (z.B. bei Ablehnung des Kredits). Die Gemeinde selbst habe die Verkehrszone als "Nachvollzug" und zur "Koordination" mit dem bereits öffentlich aufgelegten Strassenprojekt bezeichnet.
    3. Umfang der ISOS-Prüfung im Nutzungsplanverfahren: Da bereits ein konkretes Strassenprojekt öffentlich aufgelegt war und die Verkehrszone primär eine nachvollziehende und allenfalls sekundär sichernde Funktion hatte, erübrige sich eine detaillierte Prüfung der Vereinbarkeit des Strassenprojekts (inkl. Brücke) mit dem ISOS bereits im kommunalen Nutzungsplanverfahren. Es genüge zu prüfen, ob ein ISOS-konformes Projekt innerhalb des durch die Verkehrszone gesicherten Rahmens realisiert werden könnte.
    4. Ergebnis: Das Bundesgericht bejahte diese Möglichkeit. Es verwies auf die Akten, aus denen hervorgehe, dass im Strassenprojektverfahren zahlreiche Varianten geprüft und die Linienführung unter Beteiligung der Denkmalpflege optimiert wurde, um die Strasse vom historischen Flecken abzurücken. Dass auf diesem Trassee eine ISOS-konforme Umfahrungsstrasse, allenfalls mit anderer Brückenform oder geringerer Fahrbahnbreite, realisiert werden könnte, sei nicht von vornherein ausgeschlossen. Die kantonsgerichtlichen Erwägungen seien von Bundesrechts wegen nicht zu beanstanden. Die detaillierte Auseinandersetzung mit dem ISOS, der Variantenprüfung und der Einholung von Gutachten obliege dem kantonalen Strassenprojektverfahren.

4. Verletzung der Eigentumsgarantie (E. 6)

Die Beschwerdeführenden rügten, die Verkehrszone stelle eine Eigentumsbeschränkung dar, deren Verhältnismässigkeit nicht genügend geprüft worden sei, insbesondere bezüglich des Flächenumfangs.

  • Begründung des Bundesgerichts: Das Bundesgericht bestätigte, dass die Zuweisung eines Streifens von 70 m² ihres Grundstücks in die Verkehrszone formell eine Eigentumsbeschränkung darstellt. Es relativierte jedoch die Bedeutung des Eingriffs, da die Bebaubarkeit des Grundstücks bereits durch seit 2007 bestehende kantonale Baulinien und die seit 2021 geltende kantonale Planungszone eingeschränkt war. Zudem greife die Verkehrszone weniger tief in das Grundstück ein als der bisherige Strassenabstand der bestehenden Kantonsstrasse.
  • Verhältnismässigkeit: Angesichts des geringfügigen Eingriffs seien an das öffentliche Interesse keine hohen Anforderungen zu stellen. Die Verkehrszone diene dem Nachvollzug des kantonalen Strassenprojekts und weise daher logischerweise dessen Flächenmasse auf. Sollte sich das Strassenprojekt wesentlich ändern, bestünde die Möglichkeit, eine Anpassung der Verkehrszone zu verlangen. Die Eigentumsgarantie sei nicht verletzt.

III. Schlussfolgerung des Gerichts

Das Bundesgericht wies die Beschwerde vollumfänglich ab. Die Beschwerdeführenden wurden kostenpflichtig.

IV. Kurze Zusammenfassung der wesentlichen Punkte

Das Bundesgericht bestätigte die Festsetzung einer kommunalen Verkehrszone für eine geplante kantonale Strassenumfahrung. Es hielt fest, dass für kantonale Strassenprojekte die detaillierte Interessenabwägung, einschliesslich der Berücksichtigung des ISOS, der Variantenprüfung und der Einholung von Fachgutachten (z.B. der ENHK), im kantonalen Strassenprojektbewilligungsverfahren und nicht bereits im kommunalen Nutzungsplanverfahren zu erfolgen hat. Die kommunale Verkehrszone dient in diesem Kontext primär dem Nachvollzug eines bereits existierenden oder in Planung befindlichen kantonalen Projekts und hat eine lediglich nachgeordnete oder subsidiäre Sicherungsfunktion. Eine detaillierte materielle Prüfung der Projektverträglichkeit mit dem ISOS ist im kommunalen Nutzungsplanverfahren nur insoweit geboten, als nicht von vornherein ausgeschlossen sein darf, dass ein ISOS-konformes Projekt innerhalb des gesicherten Rahmens realisiert werden könnte. Der geringfügige Eingriff in die Eigentumsgarantie durch die Verkehrszone, zumal bereits vorbestehende Baulinien und eine kantonale Planungszone die Bebaubarkeit des Grundstücks einschränkten, wurde als verhältnismässig erachtet.