Zusammenfassung von BGer-Urteil 2C_63/2025 vom 6. Oktober 2025

Es handelt sich um ein experimentelles Feature. Es besteht keine Gewähr für die Richtigkeit der Zusammenfassung.

Gerne fasse ich das bereitgestellte Urteil des schweizerischen Bundesgerichts detailliert zusammen:

Zusammenfassung des Urteils des Bundesgerichts 2C_63/2025 vom 6. Oktober 2025

1. Einleitung und Verfahrensgegenstand Das Bundesgericht hatte über eine Beschwerde gegen den Widerruf der Niederlassungsbewilligung (Ausweis C) und die damit verbundene Wegweisung aus der Schweiz des Beschwerdeführers A._ zu befinden. A._, ein 1959 geborener türkischer Staatsangehöriger, reiste 1985 in die Schweiz ein und erhielt zunächst Asyl. Seit 1993 besass er die Niederlassungsbewilligung. Aufgrund mehrfacher Aufenthalte in der Türkei wurde ihm 2009 die Flüchtlingseigenschaft aberkannt.

Der Verfahrensgegenstand bildete die migrationsrechtliche Massnahme infolge erheblicher Straffälligkeit des Beschwerdeführers.

2. Sachverhalt Der Beschwerdeführer trat zwischen 2012 und 2020 viermal strafrechtlich in Erscheinung und wurde zu Geldstrafen verurteilt. Die entscheidende Verurteilung erfolgte am 25. Januar 2021 durch das Kantonsgericht Basel-Landschaft wegen mehrfacher qualifizierter Widerhandlungen gegen das Betäubungsmittelgesetz, Geldwäscherei und Widerhandlung gegen das Waffengesetz im Zeitraum von April 2012 bis Juni 2015. Die Strafe belief sich auf eine Freiheitsstrafe von 7.5 Jahren und eine Geldstrafe. Dieses Urteil wurde am 9. Dezember 2022 vom Bundesgericht (6B_1395/2021) bestätigt. Eine weitere Verurteilung wegen Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz erfolgte am 14. Dezember 2022 per Strafbefehl, wobei von einer Zusatzstrafe abgesehen wurde. Der Beschwerdeführer befand sich vom 10. Juni 2015 bis 4. September 2018 in Untersuchungshaft bzw. im vorzeitigen Strafvollzug und trat den restlichen Strafvollzug am 6. September 2023 an.

Das Amt für Migration und Bürgerrecht des Kantons Basel-Landschaft widerrief daraufhin am 20. April 2023 die Niederlassungsbewilligung und verfügte die Wegweisung. Kantonale Rechtsmittel, einschliesslich der Beschwerde an das Kantonsgericht Basel-Landschaft, blieben erfolglos.

3. Zulässigkeit der Beschwerde Das Bundesgericht bejahte grundsätzlich die Zulässigkeit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art. 82 lit. a BGG), da der Beschwerdeführer einen Anspruch auf Weitergeltung seiner Niederlassungsbewilligung geltend machte (Art. 83 lit. c Ziff. 2 BGG e contrario; BGE 135 II 1 E. 1.2.1).

Ausgeschlossen wurde jedoch die Prüfung des Eventualbegehrens auf Erteilung einer Härtefallbewilligung nach Art. 30 Abs. 1 lit. b AIG. Diese Bestimmung vermittelt keinen Bewilligungsanspruch, sondern bildet lediglich eine Grundlage für kantonale Ermessensbewilligungen. Das Bundesgericht ist in solchen Fällen gemäss Art. 83 lit. c Ziff. 2 BGG auf die Prüfung von Anspruchsbewilligungen beschränkt. Rügen verfahrensrechtlicher Natur, die im Rahmen einer subsidiären Verfassungsbeschwerde (sog. "Star"-Praxis) zulässig wären, wurden vom Beschwerdeführer nicht vorgebracht.

4. Rechtliche Grundlagen und Prüfungsrahmen des Gerichts

4.1. Widerrufsgrund (Art. 63 Abs. 1 lit. a i.V.m. Art. 62 Abs. 1 lit. b AIG) Das Bundesgericht hielt fest, dass der Widerrufsgrund gemäss Art. 63 Abs. 1 lit. a i.V.m. Art. 62 Abs. 1 lit. b AIG unbestrittenermassen gegeben ist, da der Beschwerdeführer zu einer längerfristigen Freiheitsstrafe von 7.5 Jahren verurteilt wurde (praxisgemäss ab einem Jahr). Da die zugrunde liegenden Delikte vor dem 1. Oktober 2016 begangen wurden, fanden die Bestimmungen über die Landesverweisung gemäss Art. 66a ff. StGB und Art. 63 Abs. 3 AIG keine Anwendung (BGE 146 II 1 E. 2.1.2).

4.2. Verhältnismässigkeitsprüfung und Art. 8 EMRK Nachdem ein Widerrufsgrund feststand, musste das Gericht die Verhältnismässigkeit der aufenthaltsbeendenden Massnahme prüfen (Art. 96 Abs. 1 AIG). Da der Beschwerdeführer sich seit über 40 Jahren in der Schweiz aufhält, tangiert der Widerruf der Niederlassungsbewilligung sein Recht auf Achtung des Privatlebens (Art. 13 Abs. 1 BV, Art. 8 Ziff. 1 EMRK). Es war daher eine Interessenabwägung gemäss Art. 8 Ziff. 2 EMRK durchzuführen, die sich mit der Verhältnismässigkeitsprüfung nach Art. 96 AIG deckt (BGE 144 I 266 E. 3.7). Ein Anspruch auf Achtung des Familienlebens war nicht betroffen, da der Beschwerdeführer weder verheiratet ist noch Kinder in der Schweiz hat und kein besonderes Abhängigkeitsverhältnis zu seiner in der Schweiz lebenden Mutter oder seinen Geschwistern besteht.

4.3. Kriterien der Interessenabwägung Bei der Interessenabwägung sind gemäss ständiger Rechtsprechung die individuellen Interessen des Betroffenen an einem Verbleib in der Schweiz und die öffentlichen Interessen an seiner Wegweisung sorgfältig gegeneinander abzuwägen. Massgebende Kriterien sind dabei: 1. Art und Schwere der Straftat und ob sie als Jugendlicher oder Erwachsener begangen wurde. 2. Aufenthaltsdauer im Land. 3. Seit der Tat vergangener Zeitraum. 4. Verhalten des Ausländers während dieses Zeitraums. 5. Soziale, kulturelle und familiäre Bindungen zum Aufnahmestaat und zum Herkunftsland. 6. Gesundheitszustand. 7. Dauer der mit der Massnahme verbundenen Fernhaltung. 8. Dem Betroffenen und seiner Familie drohende Nachteile bei einer Ausreise in den Heimat- oder Drittstaat. (BGE 139 I 145 E. 2.4; vgl. auch Urteile des EGMR, z.B. B.F. gegen Schweiz, P.J. und R.J. gegen die Schweiz).

Bei langjährig anwesenden Personen mit Niederlassungsbewilligung ist ein Widerruf nur mit Zurückhaltung anzuordnen (BGE 144 I 266 E. 3.9). Jedoch kann auch in solchen Fällen ein überwiegendes öffentliches Interesse an der Beendigung des Aufenthalts bestehen, wenn hochwertige Rechtsgüter verletzt oder gefährdet wurden oder der Ausländer sich von straf- und ausländerrechtlichen Massnahmen nicht beeindrucken lässt und damit zeigt, dass er sich auch künftig nicht an die Rechtsordnung halten wird (BGE 139 I 16 E. 2.1).

5. Würdigung der Sach- und Rechtslage durch das Bundesgericht

5.1. Schwere des Verschuldens und öffentliches Interesse Das Bundesgericht stufte das migrationsrechtliche Verschulden des Beschwerdeführers als sehr schwerwiegend ein. Dies begründete es mit der 7.5-jährigen Freiheitsstrafe für die Beteiligung im obersten Kaderbereich des international organisierten Marihuanahandels (mind. 2.2 Tonnen, Umsatz ca. Fr. 14 Mio., Gewinn ca. Fr. 3.4 Mio.), dem Besitz von Waffen und Munition sowie der Einschüchterung von Zeugen. Obwohl Cannabis als "weiche" Droge gilt, stelle der Handel in grossem Stil eine ernsthafte Gefährdung der öffentlichen Gesundheit dar. Erschwerend kam hinzu, dass der Beschwerdeführer nicht aus Not oder Sucht handelte, sondern zur Finanzierung eines gehobenen Lebensstils.

Besonders betont wurde die Uneinsichtigkeit und das Rückfallverhalten des Beschwerdeführers: Nach seiner Entlassung aus dem vorzeitigen Strafvollzug wurde er erneut wegen Drogenbesitzes verurteilt. Seine nachträglichen Relativierungen und Bestreitungen wurden vom Bundesgericht als nicht stichhaltig erachtet. Das Gericht kam zum Schluss, dass der Beschwerdeführer die öffentliche Gesundheit und Sicherheit in hohem Mass gefährdet hat und sich weder von Strafe noch von ausländerrechtlichen Konsequenzen beeindrucken lässt. Es bestand somit ein erhebliches öffentliches Interesse daran, seinen Aufenthalt in der Schweiz zu beenden.

5.2. Private Interessen des Beschwerdeführers Der Beschwerdeführer machte geltend, dass er mit 25 Jahren in die Schweiz kam, sein gesamtes Erwachsenenleben hier verbracht hat, die deutsche Sprache beherrscht und seine Mutter sowie Geschwister hier leben. Er habe ein gewichtiges Interesse am Verbleib. Das Bundesgericht anerkannte zwar die Härte der Konsequenzen einer Wegweisung, kam aber zum Schluss, dass seine privaten Interessen nicht ausreichen, um das hohe öffentliche Interesse zu überwiegen.

Die Argumentation des Bundesgerichts hierzu umfasste: * Mangelnde Integration: Trotz langer Anwesenheit wurde die wirtschaftliche und berufliche Integration als nicht gelungen erachtet. Der Beschwerdeführer wies per 2024 hohe Verlustscheine und offene Betreibungen auf, war von 2002 bis 2015 nicht erwerbstätig und lebte von einer IV-Rente. Seine Behauptung, in den fünf Jahren zwischen Entlassung aus der Haft und Strafantritt erwerbstätig gewesen zu sein, konnte er nicht belegen. * Fehlende Kernfamilie: Es bestand keine örtliche Trennung von Mitgliedern der Kernfamilie oder von ihm abhängigen, hilfsbedürftigen Familienmitgliedern. * Zumutbarkeit der Wiedereingliederung im Heimatland: Der Beschwerdeführer verliess die Türkei mit 25 Jahren und verbrachte seine prägenden Jahre dort. Er reiste auch nach der Aberkennung seines Flüchtlingsstatus und vor Strafantritt mehrfach in die Türkei. Er ist mit Sprache und Kultur vertraut, hat entfernte Verwandte und einen erwachsenen Sohn dort. Seine unbelegte Behauptung, in der Türkei Folter erlebt zu haben, wurde angesichts seiner Reisen als nicht stichhaltig abgewiesen. Wirtschaftlich verliere er seine Rentenansprüche aufgrund des Sozialversicherungsabkommens Schweiz-Türkei nicht und verfüge über Vermögen in der Türkei. Die Wiedereingliederung wurde als herausfordernd, aber möglich und zumutbar eingestuft.

5.3. Abwägung und Fazit zur Verhältnismässigkeit In der Gesamtschau kam das Bundesgericht zum Ergebnis, dass trotz des grossen Interesses des Beschwerdeführers am Verbleib in der Schweiz keine "aussergewöhnlich schwerwiegenden Umstände" vorliegen, die das erhebliche öffentliche Interesse am Widerruf der Niederlassungsbewilligung aufwiegen könnten. Seine schwere Delinquenz, die fehlende berufliche und wirtschaftliche Integration sowie die Zumutbarkeit der Wiedereingliederung in der Türkei gaben den Ausschlag zugunsten des Widerrufs und der Wegweisung.

5.4. Zum Eventualbegehren auf Rückstufung Das Gericht lehnte das Eventualbegehren auf Rückstufung der Niederlassungsbewilligung in eine Aufenthaltsbewilligung ab. Nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung ist eine Rückstufung nicht als "mildere" Massnahme anzuordnen, wenn die Voraussetzungen für den Widerruf der Niederlassungsbewilligung mit einer Wegweisung erfüllt sind. Der Widerruf mit Wegweisung geht in diesem Sinne der Rückstufung vor (BGE 148 II 1 E. 2.5).

6. Kostenfolgen Das Gesuch des Beschwerdeführers um unentgeltliche Rechtspflege und Rechtsverbeiständung wurde abgewiesen, da er keine Angaben zu seinen Einkommens- und Vermögensverhältnissen machte, die eine Mittellosigkeit belegen könnten, und stattdessen selbst angab, erwerbstätig gewesen zu sein und über Vermögen in der Türkei zu verfügen. Die umständehalber reduzierten Gerichtskosten wurden dem Beschwerdeführer auferlegt.

Zusammenfassung der wesentlichen Punkte:

  • Widerrufsgrund: Die Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von 7.5 Jahren wegen schwerer Drogen-, Geldwäscherei- und Waffendelikte erfüllte unbestreitbar den Widerrufsgrund nach Art. 62 Abs. 1 lit. b AIG.
  • Anwendbares Recht: Die neuen Bestimmungen zur Landesverweisung (Art. 66a ff. StGB, Art. 63 Abs. 3 AIG) kamen aufgrund des Deliktszeitpunkts nicht zur Anwendung, wodurch eine umfassende Verhältnismässigkeitsprüfung erforderlich war.
  • Öffentliches Interesse: Das Gericht stufte das Verschulden als sehr schwerwiegend ein, insbesondere aufgrund des grossen Umfangs der Delikte, der führenden Rolle des Beschwerdeführers, seiner Uneinsichtigkeit, des Rückfallverhaltens und der Gefährdung der öffentlichen Gesundheit und Sicherheit. Ein erhebliches öffentliches Interesse an der Wegweisung wurde bejaht.
  • Private Interessen: Die privaten Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib in der Schweiz, obwohl er über 40 Jahre hier lebte, wurden als nicht ausreichend erachtet. Dies wurde mit seiner mangelnden wirtschaftlichen und beruflichen Integration, dem Fehlen einer Kernfamilie in der Schweiz und der Zumutbarkeit einer Wiedereingliederung in seinem Herkunftsland (Türkei) begründet.
  • Interessenabwägung: Das Bundesgericht kam zum Schluss, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des Aufenthalts die privaten Interessen des Beschwerdeführers überwiegt und der Widerruf der Niederlassungsbewilligung sowie die Wegweisung verhältnismässig sind.
  • Rückstufung: Eine Rückstufung der Bewilligung wurde als unzulässig erachtet, da die Voraussetzungen für den vollständigen Widerruf mit Wegweisung erfüllt waren.
  • Kosten: Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wurde mangels Nachweises der Mittellosigkeit abgewiesen, und die Gerichtskosten wurden dem Beschwerdeführer auferlegt.