Detaillierte Zusammenfassung des Urteils des Schweizerischen Bundesgerichts (6B_706/2024, 6B_743/2024) vom 12. November 2025
I. Einleitung und Verfahrensgegenstand
Das vorliegende Urteil des Bundesgerichts betrifft zwei Beschwerden in Strafsachen, die gegen ein Urteil der Cour d'appel pénale des Tribunal cantonal des Kantons Waadt vom 19. Juni 2024 erhoben wurden. Die Beschwerdeführer A._ (nachfolgend: Beschwerdeführer 1) und B._ (nachfolgend: Beschwerdeführer 2) wurden von der kantonalen Instanz wegen fahrlässiger schwerer Körperverletzung verurteilt, nachdem das erstinstanzliche Polizeigericht sie freigesprochen hatte. C.__ (nachfolgend: Geschädigter) ist das Opfer des Unfalls und Beschwerdegegner im Zivilpunkt.
Die zentralen Streitfragen vor Bundesgericht bildeten die Vorinstanzliche Sachverhaltsfeststellung (insbesondere die Wirksamkeit eines Unterlegkeils), die Erfüllung der objektiven und subjektiven Tatbestandsmerkmale der fahrlässigen schweren Körperverletzung (Art. 125 StGB), insbesondere die Frage der Sorgfaltspflichtverletzung und der adäquaten Kausalität, sowie die Abgrenzung zwischen Kommissions- und Unterlassungsdelikt und der Bedeutung einer allfälligen Garantenstellung.
II. Sachverhalt
Der Sachverhalt, wie er von der kantonalen Instanz festgestellt und vom Bundesgericht im Wesentlichen bestätigt wurde, lässt sich wie folgt zusammenfassen:
- Auftrag und Fahrzeug: Ende Juli 2015 wurde die Firma D._ des Beschwerdeführers 2 in U._ damit beauftragt, Dachziegel eines Schulgebäudes zu entfernen und zu entsorgen. Hierfür mietete der Beschwerdeführer 2 von der Firma E.__ SA einen "Manitou", eine Teleskoplader-Baumaschine mit einer Gabel zum Anheben von Paletten.
- Fahrerlaubnis und Instruktion: Weder der Beschwerdeführer 2 noch sein Angestellter, der Beschwerdeführer 1, besassen die erforderliche Maschinistenbewilligung für das Führen eines solchen Fahrzeugs. Der Beschwerdeführer 2, der selbst nur begrenzte Erfahrung mit solchen Maschinen hatte und das Handbuch nicht konsultiert hatte, instruierte seinen Angestellten, den Beschwerdeführer 1, ebenfalls nicht. Der Beschwerdeführer 1 konsultierte seinerseits das Handbuch nicht.
- Unfallhergang am 24. Juli 2015: Der Beschwerdeführer 1 belud den "Manitou" mit einer Kiste für Ziegelbruch und fuhr das Fahrzeug auf eine Zugangsrampe südwestlich des Schulkomplexes, die ein Gefälle von mindestens 12 % aufwies. Er parkierte das Fahrzeug mit der Gabel nach vorne in der Neigung. Er betätigte die Feststellbremse, verliess das Führerhaus und entfernte sich, ohne eine zweite Sicherheitsmassnahme zu ergreifen oder den vorhandenen Unterlegkeil zu verwenden. Vor dem Fahrzeug, am unteren Ende der Rampe, arbeitete der Geschädigte, ebenfalls Angestellter des Beschwerdeführers 2, damit, Ziegelbruch in die Kiste zu legen.
- Unfallursache: Nach kurzer Zeit setzte sich der "Manitou" aufgrund der unzureichenden Feststellbremse und des fehlenden Unterlegkeils in Bewegung. Er überrollte den Geschädigten und quetschte dessen rechte Körperseite gegen die Gebäudewand am unteren Ende der Rampe.
- Verletzungen: Der Geschädigte erlitt ein Polytrauma mit traumatischer Subamputation des rechten Beins, einem Beckenbruch und einer Läsion des linken Iliosakralbandes. Er wird lebenslang eine Prothese tragen müssen, was chronische Schmerzen verursachen kann. Sein Leben war durch den Unfall ernsthaft in Gefahr.
- Fehlende Aufsicht: Der Beschwerdeführer 2 überwachte den Beschwerdeführer 1 nicht, als dieser das Fahrzeug bediente.
- Sachverständigengutachten: Eine technische Inspektion des "Manitou" und ein Ergänzungsgutachten ergaben, dass die Verwendung eines Unterlegkeils das Inbewegungsetzen des Fahrzeugs verhindert hätte, selbst bei defekter Bremse und Beladung (ca. 500 kg).
III. Rechtsbegehren vor Bundesgericht
Die Beschwerdeführer A._ und B._ beantragten jeweils, das kantonale Urteil aufzuheben und sie von der Anklage der fahrlässigen schweren Körperverletzung freizusprechen. Entsprechend sollten sie auch von jeglichen zivilrechtlichen Forderungen des Geschädigten freigestellt werden und die Kostenverteilung der ersten Instanz wiederhergestellt werden. Eventualiter verlangten sie die Rückweisung der Sache an die Vorinstanz zur Neubeurteilung.
IV. Erwägungen des Bundesgerichts
1. Formelle Aspekte
Die beiden Beschwerden wurden aufgrund des gleichen Sachverhalts und zusammenhängender Rechtsfragen vereinigt (Art. 71 BGG i.V.m. Art. 24 Abs. 2 BZP). Die Anträge auf aufschiebende Wirkung wurden bereits abgewiesen.
2. Rüge der willkürlichen Sachverhaltsfeststellung (Beschwerdeführer 1)
Der Beschwerdeführer 1 rügte eine willkürliche Sachverhaltsfeststellung (Art. 9 BV). Er argumentierte, es sei nicht hinreichend glaubwürdig, dass die Verwendung eines Unterlegkeils das Inbewegungsetzen des Fahrzeugs verhindert hätte. Ferner habe die Vorinstanz durch das Nichtanfordern ergänzender Beweise ihr Sachverhaltsermittlungsrecht verletzt.
Das Bundesgericht wies diese Rüge ab. Es stellte fest, dass die Vorinstanz das Gutachten und dessen Ergänzung sowie die Aussagen des Experten detailliert gewürdigt hatte. Die Vorinstanz habe schlüssig dargelegt, warum Zweifel an der Wirksamkeit eines Unterlegkeils in diesem Fall ausgeräumt werden konnten. Der Experte hatte bestätigt, dass ein Keil allein ein 10 Tonnen schweres Fahrzeug auf dem fraglichen Gefälle hätte halten können. Die zusätzliche Ladung von 500 kg (max. 5 % des Fahrzeuggewichts) und die Tatsache, dass die Bremsen nicht vollständig versagt hatten, stützten die Annahme der Vorinstanz, dass ein Keil in Kombination mit den noch teilweise wirksamen Bremsen ausgereicht hätte. Die vom Experten geäusserten "leichten Vorbehalte" in Bezug auf die Beladung seien lediglich auf das Fehlen einer Testsituation mit Beladung zurückzuführen gewesen und nicht geeignet, die Gesamtschlussfolgerung zu entkräften. Das Bundesgericht bekräftigte, dass der Beschwerdeführer 1 lediglich seine eigene Beweiswürdigung derjenigen der Vorinstanz entgegenstelle, ohne Willkür aufzuzeigen. Folglich sei auch die Rüge des Nichtanforderns zusätzlicher Beweise unbegründet.
3. Fahrlässige schwere Körperverletzung (Art. 125 StGB)
Beide Beschwerdeführer bestreiten ihre Verurteilung wegen fahrlässiger schwerer Körperverletzung.
3.1 Allgemeine Grundsätze der Fahrlässigkeit und Kausalität
Das Bundesgericht rekapitulierte die Voraussetzungen der fahrlässigen schweren Körperverletzung gemäss Art. 125 Abs. 1 und 2 StGB:
1. Fahrlässigkeit (Art. 12 Abs. 3 StGB): Diese liegt vor, wenn der Täter aus schuldhafter Unvorsichtigkeit die Folgen seines Handelns nicht bedacht oder nicht berücksichtigt hat. Schuldhaft ist die Unvorsichtigkeit, wenn der Täter die durch die Umstände und seine persönlichen Verhältnisse gebotenen Vorsichtsmassnahmen nicht beachtet hat. Es muss eine Sorgfaltspflichtverletzung und eine Vorhersehbarkeit des schädlichen Erfolgs gegeben sein. Das Mass der Sorgfaltspflicht bemisst sich daran, ob eine vernünftige Person in der gleichen Situation und mit gleichen Fähigkeiten den Ablauf der Ereignisse im Grossen und Ganzen hätte vorhersehen und Massnahmen zur Vermeidung des Schadens hätte ergreifen können. Bei speziellen Sicherheitsnormen (z.B. VUV, Strassenverkehrsregeln) indiziert deren Verletzung eine Sorgfaltspflichtverletzung.
2. Kommissions- vs. Unterlassungsdelikt (Art. 11 StGB): Eine fahrlässige Körperverletzung kann auch durch Unterlassen begangen werden, wenn der Täter eine rechtliche Pflicht zum Handeln hatte (Garantenstellung gemäss Art. 11 Abs. 2 StGB). Wenn jedoch eine gefährliche Tätigkeit ohne ausreichende Sicherheitsvorkehrungen ausgeführt wird, liegt grundsätzlich ein aktives Tun (Kommissionsdelikt) vor. Dabei steht die Ausführung der Handlung als solche im Vordergrund, nicht die blosse Unterlassung der Sicherheitsmassnahmen. In solchen Fällen ist keine Garantenstellung erforderlich.
3. Arbeitgeberpflichten: Der Arbeitgeber ist gemäss Art. 328 Abs. 2 OR und Art. 82 UVG verpflichtet, das Leben, die körperliche Integrität und die Gesundheit seiner Arbeitnehmer zu schützen. Dies beinhaltet die sorgfältige Auswahl (cura in eligendo), angemessene Instruktion (cura in instruendo) und Überwachung (cura in custodiendo) der Mitarbeiter, insbesondere bei gefährlichen Arbeiten (vgl. auch Art. 8 Abs. 1 VUV). Auf Baustellen sind die Projektleiter zur Einhaltung der Regeln der Baukunst verpflichtet und haften auch für Unterlassungen (z.B. mangelnde Überwachung).
4. Verkehrsregeln auf Baustellen: Obwohl die Strassenverkehrsregeln (z.B. VRV) nicht direkt auf Baustellen ausserhalb öffentlicher Strassen anwendbar sind, können sie analog zur Konkretisierung der Sorgfaltspflicht herangezogen werden. Insbesondere Art. 22 VRV regelt die Sicherung von Fahrzeugen bei Gefälle.
5. Kausalität: Es muss ein natürlicher und adäquater Kausalzusammenhang zwischen der schuldhaften Sorgfaltspflichtverletzung und den eingetretenen Körperverletzungen bestehen.
* Natürliche Kausalität: Eine Handlung ist natürlich kausal, wenn sie conditio sine qua non für den Erfolg ist.
* Adäquate Kausalität: Eine Handlung ist adäquat kausal, wenn sie nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge und der allgemeinen Lebenserfahrung geeignet ist, einen Erfolg der eingetretenen Art herbeizuführen. Eine Unterbrechung der Kausalität liegt nur vor, wenn eine andere Ursache (z.B. höhere Gewalt, Verhalten des Opfers oder Dritter) derart aussergewöhnlich ist, dass sie sich als die wahrscheinlichste und unmittelbarste Ursache aufdrängt und die ursprüngliche Handlung in den Hintergrund drängt. Bei Unterlassungen muss die hypothetische Kausalität mit hoher Wahrscheinlichkeit gegeben sein, d.h., die Vornahme der unterlassenen Handlung hätte den Erfolg sehr wahrscheinlich verhindert.
3.2 Spezifische relevante Normen
- Art. 8 Abs. 1 VUV: "Der Arbeitgeber darf Arbeiten, die mit besonderen Gefahren verbunden sind, nur Arbeitnehmern übertragen, die dafür besonders ausgebildet sind." Er muss diese Arbeitnehmer überwachen.
- Art. 22 VRV (Immobilisierung von Fahrzeugen):
- Abs. 1: Fahrer muss bei Verlassen des Fahrzeugs Motor abstellen und gegen unbeabsichtigtes Inbewegungsetzen oder unbefugten Gebrauch sichern.
- Abs. 2: Bei Gefälle ist eine zweite Sicherheitsmassnahme zu ergreifen (z.B. Gang einlegen, Räder gegen Hindernis lenken).
- Abs. 3: Bei starken Gefällen sind zusätzlich Unterlegkeile oder ähnliche Gegenstände zu verwenden. Für schwere Motorfahrzeuge, Lastzüge und abgekuppelte Anhänger sind Unterlegkeile auch bei geringem Gefälle anzubringen.
3.3 Anwendung auf den Beschwerdeführer 1 (A.
__)
- Sorgfaltspflichtverletzung:
- Der Beschwerdeführer 1 argumentierte, ihm könne lediglich eine Unterlassung (Nichtanbringen des Keils) vorgeworfen werden, und er habe keine Garantenstellung gegenüber dem Geschädigten gehabt.
- Das Bundesgericht widersprach dieser Argumentation. Es stellte fest, dass die Gefahr durch das aktive Tun des Beschwerdeführers 1 geschaffen wurde, indem er den mindestens 10 Tonnen schweren "Manitou" mit der Gabel nach vorne in einer Rampe mit 12 % Gefälle parkierte, während sich ein anderer Arbeiter ohne Fluchtweg davor befand. Dieses aktive, gefahrbegründende Verhalten absorbiert die Unterlassung, keine zusätzlichen Sicherungsmassnahmen (Unterlegkeil) ergriffen zu haben (wie oben unter Ziff. IV.3.1.3 dargelegt). Eine Prüfung der Garantenstellung erübrigt sich somit.
- Die Sorgfaltspflichtverletzung ergibt sich aus der Missachtung von Art. 22 Abs. 3 VRV, welcher auf einer Baustelle zumindest analog anwendbar ist (wie oben unter Ziff. IV.3.1.4 dargelegt). Das Parkieren eines schweren Fahrzeugs ohne Keil, selbst bei geringem Gefälle, stellt eine Verletzung dar. Hinzu kam die mangelnde Fachkenntnis des Beschwerdeführers 1 als unlizenzierter Fahrer ohne Instruktion.
- Kausalität:
- Adäquate Kausalität: Das Bundesgericht bejahte die adäquate Kausalität. Es entspricht dem gewöhnlichen Lauf der Dinge und der Lebenserfahrung, dass das Parkieren eines 10 Tonnen schweren Fahrzeugs mit 500 kg Ladung auf einem 12 % Gefälle ohne Unterlegkeil zum Inbewegungsetzen des Fahrzeugs und zur Verletzung eines davor arbeitenden Arbeiters führt, insbesondere wenn die Bremsen Mängel aufweisen.
- Kausalitätsunterbrechung durch Bremsmängel: Der Beschwerdeführer 1 machte geltend, die Bremsenmängel hätten den Kausalzusammenhang unterbrochen. Das Bundesgericht verneinte dies. Der Zweck von Art. 22 Abs. 3 VRV (Unterlegkeile) ist gerade die Verhinderung eines unbeabsichtigten Inbewegungsetzens des Fahrzeugs, auch bei Versagen der Bremsen. Zudem hatte der Beschwerdeführer 1 am Unfalltag bemerkt, dass die Bremse "ein wenig knackte", was die Unvorhersehbarkeit der Bremsenmängel entkräftet. Ein solcher Mangel war nicht derart aussergewöhnlich, dass er den Kausalzusammenhang unterbrechen würde.
3.4 Anwendung auf den Beschwerdeführer 2 (B.
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- Sorgfaltspflichtverletzung:
- Der Beschwerdeführer 2, als Arbeitgeber und Bauleiter, war verpflichtet, die Sicherheit seiner Mitarbeiter zu gewährleisten (wie oben unter Ziff. IV.3.1.4 und IV.3.2.1 dargelegt). Das Führen eines "Manitou" ist eine gefährliche Arbeit im Sinne von Art. 8 Abs. 1 VUV, die eine spezielle Ausbildung erfordert (Art. 52a VUV).
- Der Beschwerdeführer 2 verletzte seine Pflichten erheblich: Er beauftragte den Beschwerdeführer 1 mit dem Führen des "Manitou", obwohl dieser weder die erforderliche Lizenz noch eine entsprechende Ausbildung besass und auch nicht instruiert wurde. Der Beschwerdeführer 2 selbst hatte keine Ausbildung als Maschinist und keine Erfahrung als Bauleiter. Es wurde auch nicht geprüft, ob der Beschwerdeführer 1 überhaupt befugt war, ein solches Fahrzeug zu führen.
- Die Argumentation des Beschwerdeführers 2, die verletzte Norm (Art. 22 VRV) sei keine Baustellennorm und daher nicht ihm als Arbeitgeber zuzurechnen, wurde verworfen, da die Strassenverkehrsregeln auf Baustellen zumindest analog anwendbar sind (wie oben unter Ziff. IV.3.1.4 dargelegt). Seine Hauptpflichtverletzung lag in der mangelhaften Auswahl und Instruktion seines Mitarbeiters (cura in eligendo und cura in instruendo).
- Kausalität:
- Die Argumentation des Beschwerdeführers 2, es sei nicht möglich zu behaupten, dass die Anbringung eines Keils den Unfall verhindert hätte, wurde als rein appellatorisch zurückgewiesen.
- Das Bundesgericht bejahte die Kausalität: Durch die Delegation des "Manitou" an einen ungeschulten und unlizenzierten Mitarbeiter und die fehlende Instruktion wurden die Sicherheitsregeln missachtet, die nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge und der Lebenserfahrung den Unfall verhindert hätten.
- Kausalitätsunterbrechung durch Bremsmängel/fehlende Information: Der Beschwerdeführer 2 machte geltend, das Bremsenproblem in Kombination mit seiner Unkenntnis darüber, dass die Bremsen "knackten", unterbreche den Kausalzusammenhang. Das Bundesgericht verneinte dies. Wie für den Beschwerdeführer 1 bereits dargelegt, waren die Bremsenmängel nicht derart aussergewöhnlich, dass sie den Kausalzusammenhang unterbrechen würden (wie oben unter Ziff. IV.3.4.3 dargelegt). Seine Unkenntnis der Bremsenprobleme ändert nichts, da seine primäre, schwere Pflichtverletzung in der unzureichenden Auswahl und Instruktion des Mitarbeiters lag. Das Fehlverhalten des Mitarbeiters (Beschwerdeführer 1) exkulpiert den Arbeitgeber (Beschwerdeführer 2) nicht von dessen eigenen Pflichtverletzungen; im Strafrecht gibt es keine Kompensation der Fehler.
3.5 Fazit zur fahrlässigen schweren Körperverletzung
Das Bundesgericht kam zum Schluss, dass die Vorinstanz beide Beschwerdeführer zu Recht wegen fahrlässiger schwerer Körperverletzung verurteilt hat.
4. Strafzumessung und Zivilforderungen
Die Beschwerdeführer fochten die Höhe der Strafen nicht gesondert an. Die Anträge bezüglich der Freistellung von zivilrechtlichen Schmerzensgeldforderungen und der Verteilung der Verfahrenskosten waren an den Freispruch gekoppelt und wurden daher mit der Abweisung der Beschwerden gegenstandslos.
V. Kurze Zusammenfassung der wesentlichen Punkte
Das Bundesgericht hat die Verurteilung beider Beschwerdeführer wegen fahrlässiger schwerer Körperverletzung bestätigt.
- Beschwerdeführer 1 (A.__, der Fahrer): Ihm wurde ein aktives, gefährdendes Tun vorgeworfen (Parkieren des schweren "Manitou" auf einem starken Gefälle ohne ausreichende Sicherung, insbesondere ohne Unterlegkeil, mit einem Arbeiter davor). Dieses aktive Tun absorbiert die Unterlassung der Sicherung und macht eine Garantenstellung überflüssig. Die Sorgfaltspflichtverletzung (analog Art. 22 Abs. 3 VRV) war offensichtlich. Die Bremsmängel unterbrachen den Kausalzusammenhang nicht, da der Zweck des Unterlegkeils gerade die Kompensation solcher Mängel ist und die Mängel dem Fahrer bekannt waren.
- Beschwerdeführer 2 (B.__, der Arbeitgeber): Seine Fahrlässigkeit lag in der Verletzung seiner Arbeitgeberpflichten (cura in eligendo und cura in instruendo). Er übertrug eine gefährliche Arbeit (Führen eines "Manitou", Art. 8 Abs. 1 VUV) an einen Mitarbeiter, der dafür nicht ausgebildet und nicht lizenziert war, und instruierte diesen nicht. Dies war die kausale Ursache für den Unfall. Auch hier wurde die fehlende Information über Bremsmängel nicht als kausalitätsunterbrechend angesehen, da der Grundfehler in der unzureichenden Delegation und Instruktion lag und im Strafrecht keine Fehlerkompensation stattfindet.
- Sachverhaltsfeststellung: Die Rüge der willkürlichen Sachverhaltsfeststellung bezüglich der Wirksamkeit des Unterlegkeils wurde abgewiesen, da die Vorinstanz die Beweise (Expertengutachten) umfassend und schlüssig gewürdigt hatte.
- Rechtliche Prinzipien: Das Urteil bekräftigt die Abgrenzung von Kommissions- und Unterlassungsdelikten, die strengen Arbeitgeberpflichten bei gefährlichen Arbeiten und die analoge Anwendbarkeit von Strassenverkehrsregeln auf Baustellen zur Konkretisierung der Sorgfaltspflicht. Die Anforderungen an eine Kausalitätsunterbrechung durch Zwischenursachen bleiben hoch.