Zusammenfassung von BGer-Urteil 2C_649/2024 vom 4. November 2025

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Gerne fasse ich das Urteil des Schweizerischen Bundesgerichts 2C_649/2024 vom 4. November 2025 detailliert zusammen:

Detaillierte Zusammenfassung des Urteils des Bundesgerichts 2C_649/2024 vom 4. November 2025

Verfahrensbeteiligte: * Beschwerdeführer: A.__ (kosovarischer Staatsangehöriger) * Gegenparteien: Migrationsamt des Kantons Zürich, Sicherheitsdirektion des Kantons Zürich

Gegenstand: Nichtverlängerung der Aufenthaltsbewilligung

I. Sachverhalt und Verfahrensgeschichte

Der Beschwerdeführer, ein 1976 geborener kosovarischer Staatsangehöriger, reiste 1999 in die Schweiz ein und ersuchte erfolglos um Asyl. Nach der Heirat mit einer französischen Staatsangehörigen erhielt er zunächst eine Aufenthalts- und später, nach seinem Umzug in den Kanton Zürich im Juli 2007, eine Niederlassungsbewilligung. Die Ehe wurde 2008 geschieden. Bis September 2019 lebte er mit einer schweizerischen Lebenspartnerin und den gemeinsamen zwei minderjährigen Kindern (geb. 2011 und 2015), die die Schweizer Staatsbürgerschaft besitzen, zusammen.

Die ausländerrechtliche Vorgeschichte des Beschwerdeführers ist geprägt von erheblichen Problemen: * Finanzielle Verpflichtungen: Im März 2019 erfolgte eine ausländerrechtliche Verwarnung wegen Nichterfüllung öffentlich- und privatrechtlicher Verpflichtungen, basierend auf 55 Verlustscheinen über rund CHF 140'000. Bis April 2020 stiegen die Betreibungen und Verlustscheine auf rund CHF 180'000. Zudem bezog er zwischen 2011 und 2018 Sozialhilfegelder in Höhe von CHF 79'653.40. * Strafrechtliches Verhalten: Zwischen 2011 und 2019 wurde er mehrfach strafrechtlich belangt.

Aufgrund dieser Verfehlungen widerrief das Migrationsamt des Kantons Zürich mit Verfügung vom 26. November 2020 die Niederlassungsbewilligung und wies den Beschwerdeführer aus der Schweiz weg. Die Sicherheitsdirektion hiess den Rekurs teilweise gut und wies das Migrationsamt an, dem Beschwerdeführer im Sinne einer Rückstufung eine auf ein Jahr befristete Aufenthaltsbewilligung zu erteilen. Die Verlängerung dieser Bewilligung wurde an die Bedingungen "lückenlose Erfüllung der finanziellen Verpflichtungen" und "strafrechtlich einwandfreies Verhalten" geknüpft. Das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich bestätigte diese Rückstufung wegen mutwilliger Verschuldung mit Urteil vom 17. Februar 2022, welches rechtskräftig wurde. Daraufhin wurde dem Beschwerdeführer im Mai 2022 eine einjährige Aufenthaltsbewilligung erteilt.

Im Dezember 2022 ersuchte der Beschwerdeführer um Verlängerung seiner Aufenthaltsbewilligung. Dieses Gesuch wurde vom Migrationsamt, der Sicherheitsdirektion und schliesslich vom Verwaltungsgericht des Kantons Zürich (Vorinstanz) mit Urteil vom 7. November 2024 abgewiesen. Gleichzeitig wurde die Wegweisung aus der Schweiz und dem Schengen-Raum verfügt.

Gegen dieses Urteil des Verwaltungsgerichts gelangte der Beschwerdeführer mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht.

II. Rechtliche Würdigung durch das Bundesgericht

Das Bundesgericht prüfte die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten, wobei es die Rüge des Beschwerdeführers, das Recht auf Achtung des Familienlebens (Art. 8 Abs. 1 EMRK) verschaffe ihm einen Aufenthaltsanspruch, als zulässigen Anfechtungsgrund erachtete (E. 1.1). Der Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens war die Frage, ob der Beschwerdeführer den Widerrufsgrund der mutwilligen Verschuldung erfüllt und ob er über ein Aufenthaltsrecht gestützt auf Art. 8 EMRK verfügt. Die bereits erfolgte Rückstufung der Niederlassungs- zu einer Aufenthaltsbewilligung war aufgrund des rechtskräftigen Urteils vom 17. Februar 2022 einer erneuten Überprüfung entzogen (E. 3).

1. Erfüllung des Widerrufsgrundes der mutwilligen Verschuldung (Art. 62 Abs. 1 lit. c AIG i.V.m. Art. 77a Abs. 1 lit. b VZAE)

Der Beschwerdeführer rügte eine willkürliche Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz bezüglich der Höhe der Neuverschuldung und der Kausalität seiner Spielsucht.

1.1. Sachverhaltsfeststellung und mutwilliges Verhalten * Definition: Ein mutwilliges Verhalten im Sinne von Art. 77a Abs. 1 lit. b VZAE liegt vor, wenn die ausländische Person aus Absicht, Böswilligkeit oder qualifizierter Fahrlässigkeit ihren Verpflichtungen nicht nachkommt. Eine blosse Schuldenwirtschaft genügt nicht; die Verschuldung muss selbst verschuldet und damit qualifiziert vorwerfbar sein (BGE 137 II 297 E. 3.3). * Feststellungen der Vorinstanz: Die Vorinstanz stellte fest, dass sich der Beschwerdeführer nach der rechtskräftigen Rückstufung und dem Urteil vom 17. Februar 2022 um mindestens CHF 53'821.75 neu verschuldet hat. Dies umfasste Unterhaltsschulden, Verlustscheine aus seiner GmbH (B.__ GmbH, über die Konkurs eröffnet werden musste) und weitere Schulden, abzüglich eines geringen Schuldenabbaus. Zudem bezog er wiederholt Sozialhilfe. * Bundesgerichtliche Überprüfung: Das Bundesgericht erachtete die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz als nicht willkürlich (E. 4.3.3). * Der Beschwerdeführer konnte nicht belegen, dass bestimmte Verlustscheine bereits im früheren Urteil berücksichtigt worden waren. * Seine Behauptung einer rentablen selbständigen Erwerbstätigkeit widersprach den festgestellten, erheblichen Verlusten und dem Konkurs seiner GmbH. * Bezüglich der geltend gemachten Spielsucht und des kognitiven Unvermögens war das Bundesgericht an die Feststellungen des rechtskräftigen Urteils vom 17. Februar 2022 gebunden. Demnach gab es keinen direkten Zusammenhang zwischen der Spielsucht und der erfolglosen selbständigen Erwerbstätigkeit. Angesichts seines bisherigen Verhaltens durfte die Vorinstanz zumindest auf ein qualifiziert fahrlässiges und damit vorwerfbares Verhalten schliessen (E. 4.3.2).

1.2. Rechtliche Würdigung der Neuverschuldung * Prinzipien zur selbständigen Erwerbstätigkeit: Bei selbständig Erwerbstätigen sind wirtschaftliche Rückschläge nicht ohne Weiteres vorwerfbar. Wenn eine Person jedoch trotz ausländerrechtlicher Verwarnung und dem Festhalten an einer wirtschaftlich nicht zielführenden Tätigkeit weitere Schulden anhäuft, kann dies auf mutwilliges Verhalten schliessen lassen (Urteile 2C_227/2024, 2C_1043/2022, 2C_823/2021; E. 4.4.1). * Anwendung auf den Beschwerdeführer: Der Beschwerdeführer hatte in der Vergangenheit bereits mehrere Firmen in den Konkurs geführt und war wegen Konkursdelikten verurteilt worden. Trotz der vorangegangenen Verwarnung und der mit der Rückstufung verbundenen Bedingung der lückenlosen Erfüllung der finanziellen Verpflichtungen hielt er an seiner unrentablen selbständigen Tätigkeit fest. * Schlussfolgerung: Das Bundesgericht bestätigte, dass die Vorinstanz bundesrechtskonform von einer mutwilligen Neuverschuldung ausgehen durfte und damit der Widerrufsgrund von Art. 62 Abs. 1 lit. c AIG als erfüllt galt (E. 4.4.3).

2. Aufenthaltsanspruch gestützt auf Art. 8 EMRK / Art. 13 Abs. 1 BV (Recht auf Achtung des Familien- und Privatlebens)

Der Beschwerdeführer berief sich auf sein Familienleben mit seinen minderjährigen Schweizer Kindern und seine lange Anwesenheit in der Schweiz (rund 25 Jahre).

2.1. Schutz des Familienlebens (Art. 8 Abs. 1 EMRK) * Grundsatz: Art. 8 Abs. 1 EMRK garantiert grundsätzlich keinen Anspruch auf Aufenthalt in einem Konventionsstaat. Ein Anspruch kann jedoch bestehen, wenn das Zusammenleben mit in der Schweiz aufenthaltsberechtigten Familienangehörigen verunmöglicht wird und diesen die Ausreise nicht zugemutet werden kann (BGE 144 I 91 E. 4.2). Der Schutz bezieht sich primär auf die Kernfamilie (Ehegatten, minderjährige Kinder; E. 5.1). * Kriterien für nicht sorge- oder obhutsberechtigte Elternteile: Ein nicht sorge- oder obhutsberechtigter Elternteil kann nur dann ein Aufenthaltsrecht beanspruchen, wenn kumulativ vier Kriterien erfüllt sind (BGE 144 I 91 E. 5.2): 1. Eine in affektiver Hinsicht besonders enge Beziehung zum Kind besteht. 2. Eine in wirtschaftlicher Hinsicht besonders enge Beziehung zum Kind besteht. 3. Diese Beziehung wegen der Distanz zum Heimatland praktisch nicht aufrechterhalten werden könnte. 4. Das bisherige Verhalten der ausländischen Person in der Schweiz zu keinerlei namhaften Klagen Anlass gegeben hat, d.h., sich diese tadellos verhalten hat. * Anwendung auf den Beschwerdeführer: * Die Vorinstanz anerkannte, dass der unmittelbare Kontakt zu den Kindern erschwert wird, da diesen eine Ausreise nicht zumutbar ist (E. 5.4.2). * Das Bundesgericht liess offen, ob eine besonders enge affektive Beziehung besteht. Entscheidend war, dass der Beschwerdeführer das Kriterium des tadellosen Verhaltens aufgrund seiner mutwilligen Verschuldung und der Nichteinhaltung der Bedingungen seiner Aufenthaltsbewilligung nicht erfüllt. * Auch das Kriterium der besonders engen wirtschaftlichen Beziehung war nicht erfüllt, da der Beschwerdeführer seit Längerem keinen Unterhalt für seine Tochter mehr bezahlte (E. 5.4.2). * Die Beziehung zu seinen Kindern hatte den Beschwerdeführer auch nach der Rückstufung nicht davon abgehalten, weitere Schulden anzuhäufen. * Zumutbarkeit der Rückkehr: Trotz der Schwierigkeiten einer Wiedereingliederung nach 25 Jahren in der Schweiz, hat der Beschwerdeführer die prägenden Kindheits- und Jugendjahre im Kosovo verbracht, kehrt regelmässig dorthin zurück und ist mit seinem Heimatland kulturell, sprachlich und gesellschaftlich verbunden, zumal seine Eltern und zwei Geschwister dort leben. Eine medizinische Versorgung ist im Kosovo gewährleistet, und er konnte nicht darlegen, warum ein Aufenthalt in der Schweiz für seine Behandlung zwingend wäre (E. 5.4.3). * Schlussfolgerung: Das Recht auf Achtung des Familienlebens verschafft dem Beschwerdeführer unter diesen Umständen keinen Aufenthaltsanspruch. Das öffentliche Interesse an der Aufenthaltsbeendigung überwiegt sein privates Interesse (E. 5.4.4).

2.2. Schutz des Privatlebens (Art. 8 Abs. 1 EMRK) * Grundsatz: Nach einer rechtmässigen Aufenthaltsdauer von rund zehn Jahren kann von engen sozialen Beziehungen ausgegangen werden, die besondere Gründe für eine Aufenthaltsbeendigung erfordern (BGE 144 I 266). Allerdings kann die Integration im Einzelfall zu wünschen übrig lassen (E. 5.2). * Anwendung: Das Bundesgericht äusserte Zweifel, ob der Beschwerdeführer angesichts seiner mutwilligen Verschuldung und mangelhaften Integration überhaupt in seinem Recht auf Privatleben betroffen ist. Es liess diese Frage jedoch offen, da ein allfälliger Eingriff in das Recht auf Privatleben angesichts der bereits vorgenommenen Interessenabwägung und der Rechtfertigung für die öffentliche Sicherheit und Ordnung als verhältnismässig erachtet wurde. Es gab keine zusätzlichen, relevanten Elemente (E. 5.5).

3. Erfordernis einer vorgängigen Verwarnung (Art. 96 Abs. 2 AIG)

Der Beschwerdeführer beantragte eventualiter eine vorgängige Verwarnung als milderes Mittel.

  • Rechtliche Grundlagen: Gemäss Art. 96 Abs. 2 AIG kann eine Person unter Androhung einer Massnahme verwarnt werden, wenn diese Massnahme begründet, aber den Umständen nicht angemessen ist. Bei langfristigem Aufenthalt ist eine Verwarnung eher zu verlangen. Sie kann jedoch unterbleiben, wenn der Bewilligungswiderruf aufgrund klar überwiegender öffentlicher Interessen verhältnismässig ist, die betroffene Person bereits auf mögliche Folgen hingewiesen wurde oder eine nennenswerte Wirkung der Verwarnung nicht absehbar ist (E. 6.2).
  • Anwendung auf den Beschwerdeführer: Im vorliegenden Fall wurde die Verlängerung der auf ein Jahr befristeten Aufenthaltsbewilligung des Beschwerdeführers rechtskräftig an die Bedingungen der lückenlosen Erfüllung der finanziellen Verpflichtungen und des strafrechtlich einwandfreien Verhaltens geknüpft (Art. 62a Abs. 2 VZAE; E. 6.1). Das Bundesgericht hielt fest, dass der Beschwerdeführer durch diese Bedingungen bereits klar auf die Konsequenzen eines Fehlverhaltens hingewiesen wurde. Nachdem er sich auch nach der Rückstufung und entgegen den gestellten Bedingungen erheblich mutwillig neu verschuldet hatte, war es bundesrechtlich nicht zu beanstanden, von einer weiteren Verwarnung abzusehen, da eine nennenswerte Wirkung nicht mehr zu erwarten war (E. 6.4).

III. Ergebnis

Das Bundesgericht wies die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten als unbegründet ab. Der Beschwerdeführer hat die Gerichtskosten zu tragen.

Kurze Zusammenfassung der wesentlichen Punkte:
  1. Widerrufsgrund der mutwilligen Verschuldung: Der Beschwerdeführer hat sich nach der rechtskräftigen Rückstufung seiner Niederlassungs- zu einer Aufenthaltsbewilligung erneut in erheblichem Umfang (min. CHF 53'821.75) mutwillig verschuldet. Dies wurde auf qualifiziert fahrlässiges Verhalten, insbesondere auf das Festhalten an einer unrentablen selbständigen Erwerbstätigkeit trotz früherer Warnungen und Bedingungen, zurückgeführt. Der Widerrufsgrund gemäss Art. 62 Abs. 1 lit. c AIG i.V.m. Art. 77a Abs. 1 lit. b VZAE ist damit erfüllt.
  2. Kein Aufenthaltsanspruch über Art. 8 EMRK: Ein Aufenthaltsanspruch aus dem Schutz des Familienlebens mit seinen minderjährigen Schweizer Kindern wurde verneint. Der Beschwerdeführer erfüllt das Kriterium des "tadellosen Verhaltens" aufgrund seiner mutwilligen Verschuldung nicht. Auch eine besonders enge wirtschaftliche Beziehung zu den Kindern konnte mangels Unterhaltszahlungen nicht festgestellt werden. Der Kontakt zu den Kindern kann mittels moderner Kommunikationsmittel und Besuchen aus dem Heimatland aufrechterhalten werden. Die Rückkehr in den Kosovo ist ihm zumutbar.
  3. Keine weitere Verwarnung notwendig: Der Antrag auf eine vorgängige Verwarnung wurde abgewiesen. Die Bedingungen, an welche die Verlängerung seiner Aufenthaltsbewilligung nach der Rückstufung geknüpft war (lückenlose Erfüllung der finanziellen Verpflichtungen und strafrechtlich einwandfreies Verhalten), stellten bereits eine ausreichende und klare Warnung dar. Angesichts der fortgesetzten Verfehlungen war eine weitere Verwarnung nicht als zielführend oder notwendig erachtet.